19. Kapitel
"Warum lächelt er?", fragte Abygail unsicher.
Der Fremde sah mir jetzt direkt in die Augen.
Er lächelte noch immer, kein freundliches Lächeln eher ein Siegessicheres.
"Hör auf zu lächeln! Du hast verloren!" Jason versuchte ernst zu klingen, doch auch seine Unsicherheit war nicht zu überhören.
Die Augen des Fremden zuckten zu Jason herüber.
"Ich glaube nicht, daß ich es bin der verloren hat."
Erstaunt starrten wir ihn an.
Es klang nicht so als wäre es seine angeborene Sprache, jedoch sprach er diesen Satz flüssig aus.
"Du kann also sprechen?", fragte Abygail.
"Und warum denkst du, du könntest uns jetzt noch besiegen?", spuckte Lilly dem Fremden ins Gesicht.
Dieser verzog das Gesicht, vermutlich von dem Schmerz des Pfeiles, der immernoch in seinem Schenkel steckte.
Doch das Lächeln kehrte schnell zurück.
"Weil ich nicht alleine bin."
Ich fuhr herum, starrte zwischen die Bäume, versuchte durch die Büsche zu spähen, doch da war nichts.
"Lügner!" Jason wurde immer ungeduldiger, hielt dem Feind das Messer noch stärker an die Kehle.
Der Mann hob eine Hand, ich zielte wieder auf ihn, doch er schnipste nur.
Verwirrt sahen wir ihn an.
Das war unser Fehler.
Hinter mir raschelten etwas, ich wandte mich um, richtete den Bogen auf das was da kam.
Es war ein weiterer Fremder, nur dieser hielt einen Bogen in der Hand, den er genau auf mich gerichtet hatte.
Zwei andere Gestalten traten aus den angrenzenden Büschen, zielten mit ihren Bögen auf meine Freunde.
Sie hatten keine Kapuzen an und ich konnte ihre Gesichter sehen.
Doch diese wiesen keinen Unterschied zu unseren vor.
Sie sahen gepflegt aus, sowie die schwarze enge Kleidung, die sie trugen.
"Legt die Waffen nieder", sagte die Gestalt die den gespannten Bogen auf mich gerichtet hatte laut.
Ich zeigte keine Reaktion.
Wenn sie uns erschießen wollten, hätten sie es schon getan.
Das wussten auch die anderen, denn sie blieben in den gleichen Positionen.
Ich spannte meinen Bogen ein wenig mehr, genau auf die Brust des Fremden gerichtet.
Dieser wiederholte seine Worte noch ein weniger lauter.
"Legt die Waffen nieder, oder ihr werdet sterben!"
Sie hatten unser Dorf verwüstet, hatten viele Menschen getötet und so langsam glaubte ich das die letzte Warnung sich bewahrheiten könnte.
Ich sah kurz zu Jason herüber.
Er presste sein Messer immernoch an die Halsschlag Ader des Fremden, doch sein Griff wurde von mal zu mal lockerer.
"Wollt ihr mich wieder gefangen nehmen?", schrie Lilly die Feinde an.
Niemand von ihnen antwortete, doch das hatte Lilly anscheinend auch nicht erwartet.
"Dann kriegt mich doch!"
Ein Bogen war auf Lilly gerichtet, trotzdem rannte sie los, sprang hinter dem nächsten Baum in Deckung.
Pfeile zischten, bohrte sich in die knorrige Rinde.
Aus den Gebüschen hinter den drei Fremden stürtzten weitere Feinde hervor, zwei rannten Lilly hinterher, welche schon lange aus der Sicht war.
Die anderen - mindestens fünf- richteten ihre Waffen, hauptsächlich Bögen, aber auch Messer und Schwerter auf uns.
Wir waren in der Unterzahl.
Neben mir ertönte ein Rascheln und ich sah gerade noch wie Abygails Messer in den gelben Blättern auf dem Boden verschwand.
Peter tat es ihr nach.
Ich wandte meinen Blick entmutigt zu Jason, der nur langsam den Kopf schüttelte.
Er löste den Griff um den Fremden und stieß ihn zu den anderen Fremden.
Sein Messer schleuderte er auf den Boden, sah mich verzweifelt an.
Ich spürte das zarte Holz meines Bogens unter meinen Fingern.
Er passte perfekt in meine Hand, es war mein Bogen.
Mein Vater hatte ihn mir damals angefertigt und er hatte sich bis heute gehalten.
Sie sollten ihn mir nicht wegnehmen.
Ich zielte weiterhin auf die Feinde, kurz davor den Pfeil loszulassen-
kurz davor einem dieser Fremden den Pfeil in die Brust zu schießen.
Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter.
Es war Abygail.
"Wir sind nicht so. Wir morden nicht." Ihr Blick huschte zu Jason und sie fügte leise hinzu: "Wenn wir es nicht müssen."
Ich ließ meinen Bogen langsam sinken, ließ meinen Blick noch einmal darüber schweifen, streichelte das zarte Holz mit den Fingern.
Dann ließ ich ihn fallen.
Sofort kamen die Feinde auf uns zugerannt, sie packten mich an den Schultern.
Ich spürte wie sie meine Hände mit Seilen auf dem Rücken zusammen banden.
Es war so wie im Dorf, als sie mich für eine Mörderin hielten und mich in das kleine Häusschen sperrten.
Doch dieses Mal hätte ich es verhindern können.
Ich hätte verhindern können das meine Freunde und ich Gefangen genommen wurden.
Plötzlich stürmten drei rabenschwarze Pferde, mit ebenso schwarz gekleideten Reitern zwischen den Bäumen hervor.
Für einen Moment blieb mein Mund offen stehen, meine Augen bewunderten diese Wunderschönen, erhabenen Tiere, die wir auf diesem Planeten noch nie gesehen hatten.
Alte Aufnahmen und Malereien hatten mir in der kleinen Bibliothek zuhause gezeigt, wie sie aussahen, doch trotzdem hatte ich es nicht so erwartet.
Die Pferde waren kräftig gebaut.
Sie scharrten mit den Hufen und bliesen schnaubend Atemwolken in die kalte Herbstluft.
Die Reiter trugen auch keine Kapuzen.
Ihre Gesichter sahen aus wie die unseren, jedoch konnten wir jetzt ihre hasserfüllten Blicke sehen.
Einer der Männer, die auf dem Boden standen nickte den Reitern respektvoll zu.
"Wir bringen sie zu ihm", erhob einer der Reiter die Stimme.
Er hatte braune schulterlange Haare und nickte abschätzigen zu uns hinüber.
"Er soll entscheiden was mit ihnen passiert."
Die drei Fremden banden unsere Fesseln an längere Seile und knoteten diese an den Sätteln der Pferde fest.
Ich und Jason hinter eins der Tiere- Peter und Abygail hinter das andere.
Wir ließen es geschehen, nur Jason rüttelte widerwillig an den Seilen.
Meine Gedanken waren viel zu verstreut um sie alle zu ordnen.
Brachten die Fremden uns jetzt zu den Bergen, und wer war er, der entscheiden sollte was mit uns passierte?
Würden sie uns töten?
Oder uns gefangen nehmen so wie Lilly?
War Lilly überhaupt entkommen, nachdem sie weggerannt war?
Ich spürte wie etwas in meinem Bauch schmerzte - Lilly hatte uns im Stich gelassen.
Die drei Reiter schnaltzten mit der Zunge und die rabenschwarzen Pferde setzten sich in Gang.
Von dem Ruck, den das loslaufen an meinen Fesseln verursachte wurde ich fast von den Beinen gerissen.
Wir wurden hinter den Pferden hergezogen, zwischen den Bäumen hindurch.
"Evelyn...", setzte Jason plötzlich an. "Es tut mir-"
"Seid still!" Der braunhaarige Reiter wandte sich zu uns um, sein Blick schien mich zu durchboren.
Jason warf mir einen verzweifelten Blick zu und plötzlich verstand ich was er fühlte.
Er fühlte sich schuldig, weil er von diesem Baum gesprungen war.
Vielleicht dachte er jetzt, wir hätten ohne von den Feinden entdeckt zu werden zu den Bergen kommen können.
Doch das wäre unmöglich gewesen.
Sie hätten uns entdeckt, da war cih mir ziemlich sicher.
Es waren schon mehrere Stunden vergangen und ich merkte wie sehr meine Handgelenke schmerzten und meine Beine versagen wollten.
Jason neben mir lief schleppend hinter dem Pferd her, den trüben Blick auf den Boden gerichtet.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie oft Abygail stolperte.
Sie sah erschöpfter aus als wir anderen.
Plötzlich blieben die Pferde stehen, zwei der Reiter sprangen ab und kamen auf uns zu.
Der dritte mit den dunklen Haaren an dessen Pferd niemand gebunden war starrte auf uns hinab.
Er war offensichtlich der Anführer von der kleinen Gruppe, doch sie wollten uns zu jemanden bringen, der in einer viel höheren Position war, so viel würde mir klar, denn sonst hätte der dunkelhaaruge sofort entschieden was sie mit uns machen sollten.
"Was wollt ihr von uns?", schrie Abygail den zweien entgegen, die Erschöpfung in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
Die Fremden sagten nichts, fischten nur vier Stofffetzen aus ihren Taschen.
Der Mann, der noch auf dem Pferd saß hob kurz die Hand und die beiden Fremden blieben stehen.
"Das wollten wir euch auch fragen, als das passiert ist, was passiert ist."
Ich hörte seine Worte, doch ich verstand sie nicht.
Wir waren es nicht, die die Fremden zuerst angegriffen hatten- sie hatten unser Dorf zerstört.
Sie hatten mein Leben zerstört- Alan getötet.
Plötzlich war einer der Fremden neben mir, er Band mir den Stofffetzen über die Augen.
"Was soll das?", Jasons Stimme erklang, doch ich konnte ihn nicht sehen.
Ich konnte nichts mehr sehen.
Mit einer Bewegung meiner Hände versuchte ich den Stoff reflexartig vom Gesicht zu wischen, doch meine Hand wurde mit einem festen Griff zurückgehalten.
Es erklang eine Stimme, direkt an meinem Ohr.
Sie stammte von einem der Fremden, der jetzt wohl auch meinen Arm festhielt.
"Wenn Du das nocheinmal versuchst, bist du tot.
Dann seid ihr alle tot."
Hallöchen!
Willkommen zu einem neuen Kapitel!
Wie hat es euch gefallen?
Ich danke euch von ganzem Herzen für die 1k Reads! ❤️❤️❤️❤️❤️
Dazu gibt es jetzt auch ein kleines special auf meinem 2. Account Bookworld_4
Schaut doch mal rein! 🥰
Viel Spaß noch beim weiterlesen!
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