Kapitel 2.
„Wir müssen akzeptieren, dass die Vergänglichkeit ein Teil unseres Lebens ist, ab dem Moment, an dem unsere Augen das erste Mal das Licht erblicken".
Ich lege meinen Kopf auf meinem Schreibtisch ab.
Warum zum Teufel hat man mir so ein unfassbar kompliziertes und zugleich spannendes Thema geben müssen?
Jede Nacht liege ich wach in meinem Bett, wegen dieses Themas.
Ich skippe noch einmal durch die mittlerweile 11 Seiten meiner Präsentation und stehe dann aber doch einigermaßen zufrieden auf.
Mein Blick schweift durch den Raum, auf der Suche nach meinem Rucksack. Ich gucke auf meinen riesigen Schreibtisch, der vor meiner Fensterbank mit dem großen, runden Fenster steht, auf meinen Kleiderschrank, der unordentlicher denn je in einer Ecke steht, mein Blick fällt auf mein Himmelbett, welches ich besitze, seit ich 14 bin und ich liebe es über alles.
„Meine Güte, wo hab ich den Rucksack denn hinge-"
Ich möchte jetzt ungern meinen Rucksack personifizieren, allerdings liegt er unschuldig wie eh und je auf meinem geliebten Bett. Ich bin echt ein Trottel und wahrscheinlich auch blind.
Mit einer flinken Handbewegung schnappe ich mir meinen Rucksack und gehe mit schnellen Schritten aus meinem Zimmer, zur Haustür.
Jess hat erst zur dritten Stunde Unterricht und ich entnehme dem lauten Schnarchen, dass ich mir wohl nicht die Mühe machen muss ihr 'Tschüss' zu sagen.
Ich reiße die Tür auf, will sie gerade hinter mir zuschlagen, als ich mein Handy klingeln höre. Allerdings kommt das unangenehme Klingeln nicht aus meiner Hosentasche, sondern aus meinem Zimmer.
„So ein Mist!", krakele ich lauthals.
Ich haste wieder in die Wohnung und schnappe mir flink mein Handy, jetzt endlich raus hier. Ich schließe die Haustür hinter mir und renne die Treppen runter. Währenddessen versuche ich mein Handy irgendwo zu verstauen, was mir nicht gelingt und ich höre nur ein lautes Gepolter. Das muss dann wohl mein Handy gewesen sein, welches gerade das gesamte Treppenhaus hinunter fällt.
Das Leben hasst mich heute, oder?
In der Hoffnung, mein Handy könnte diesen Sturz womöglich doch überlebt haben, sprinte ich die Treppe runter, als ich unten ankomme bin ich vollkommen außer Atem und schnappe nach Luft.
Schließlich hebe ich mein Handy auf und erblicke ein absolut kaputtes Display, super.
In meinen tiefsten Aggressionen versunken marschiere ich mit schweren Schritten aus dem Haus, auf mein Auto zu.
Ach du heilige Mutter Maria Gottes Jesus Christus im Himmel, ein paar hundert Meter vor mir sehe ich eine große Gestalt, mit hellbraunen Locken, welche mit selbstbewussten Schritten in meine Richtung geht.
Luke.
Das fehlt mir gerade noch. Schlimmer kann der Tag nicht mehr werden.
Ich mache auf dem Absatz kehrt und laufe wieder in Richtung meiner Haustür. Dort angekommen stelle ich mich mit dem Kopf in Richtung Tür, um ja nicht erkannt zu werden, hoffentlich hat er das auch noch nicht.
Der ist echt das aller letzte, was ich heute gebrauchen kann.
Ich will gar nicht wissen, wie bescheuert ich gerade aussehen muss, doch ist das ziemlich egal, denn ich werde an den Schultern gepackt und wie eine Schaufensterpuppe einfach umgedreht.
Ich. bringe. ihn. um.
Ich setze mein absolut genervtestes Gesicht auf, welches ich besitze und schaue in Luke's grüne Augen, die mich nur so fixieren und dabei herausfordernd anfunkeln.
„Wen haben wir denn da?
Katelynn Grayson".
Als er meinen Namen ausspricht wird seine Stimme ganz tief und rau. Ein Schauder fährt durch meinen Körper und ich hasse mich dafür, dass ich das leider unfassbar attraktiv finde.
„Was?", antworte ich genervt und ziehe eine Augenbraue in die Höhe.
„Mich interessiert es nur, vor wem du dich hier zu verstecken versuchst. Doch nicht etwa vor mir? Willst du der Entschuldigung aus dem Weg gehen", er macht einen Schritt auf mich zu und beugt sich zu mir runter, auf die Höhe meines Ohres, dann haucht er, „die du mir noch schuldest?"
Ich bekomme Gänsehaut. Das scheint Luke bemerkt zu haben, denn er grinst schelmisch. Mit einem Zwinkern dreht er sich um und geht in Richtung eines Autos, aus dem ich lautes Gebrülle hören kann. In diesem Auto sitzen gefühlt alle Schwanzgesteuerten Idioten unserer Uni.
Beschämt und absolut wütend auf mich selbst drehe ich mich zur Tür um und haue meinen Kopf einmal kräftig gegen das massive Holz.
Autsch. Das war ein Fehler.
Ich reibe mir meinen Kopf und verziehe mein Gesicht vor Schmerzen.
Während ich in mein Auto steige überlege ich, wie ich Luke diese Aktion von eben heimzahlen könnte. Warum will ich das überhaupt? Wenn ich ihn einfach in Ruhe lasse, wird er das mit der Zeit auch tun. Aber sowas lasse ich eben nicht mit mir machen.
Ich blicke in meinen Rückspiegel und bin überrascht, dass meine Stirn nur leicht gerötet ist. Eine Platzwunde kann ich heute wirklich nicht gebrauchen. Nein danke, ich verzichte.
⎈⎈⎈⎈⎈⎈⎈⎈
Mein armer Stift sieht ganz schön mitgenommen aus. Ich hatte die ganze Stunde ununterbrochen auf ihm rum gekaut.
Die Situation mit Luke will mir nicht aus dem Kopf gehen. Im Nachhinein fällt mir so viel ein, was ich als Wahnsinns Konter hätte benutzen können. Warum in Gottes Namen, fällt mir sowas denn immer erst danach ein?
Mr Anderson, mein Dozent, hat langsam auch keine Lust mehr, mich die ganze Zeit aus meinen Tagträumen wecken zu müssen und lässt es jetzt einfach.
Danke. Mit mir ist heute sowieso nichts mehr anzufangen.
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als mich plötzlich jemand antippt. Ich gucke nach rechts und blicke direkt in das bekannte Gesicht einer hübschen rothaarigen.
„Hey, ich will mal wieder nicht aufdringlich sein, aber du weißt doch bestimmt, ob Sam mittlerweile eine Freundin hat, oder?"
Schönheit bringt einem auch nichts, wenn man dumm wie ein Berg Stroh ist und nichts besseres zu tun hat, als mich jede Woche mindestens einmal nach Sam zu fragen.
Die Wut kocht in mir hoch.
„Nein, er hat einen Freund und jetzt zisch verdammt nochmal ab und hör endlich auf mich zu nerven, verdammt. Würde er was von dir wollen, wüsstest du es bestimmt", rutscht es mir raus.
Die rothaarige glotzt mich verblüfft an und scheint ganz verwirrt von meinen Worten zu sein. Sie wendet sich von mir ab und lauscht wieder den Worten unseres Dozenten.
Scheiße, ich hatte gerade Sam's größtes Geheimnis verraten. Das verbreitet sich doch jetzt schneller als ein Lauffeuer.
Wie soll ich ihm das bloß erklären?
Das sollte ich allerdings sobald wie möglich tun, bevor er es anderweitig erfährt.
Enttäuscht von mir selbst schlage ich mir mit der Hand gegen die Stirn, die daraufhin sofort zu pochen beginnt.
Obwohl mir mein Studium unfassbar wichtig ist, aber Sam es eben mehr ist und ich heute sowieso nicht aufgepasst hatte, stehe ich jetzt auf, sage kurz, dass es mir nicht gut geht und verschwinde dann aus dem Raum.
Ich laufe hinaus auf den Parkplatz und werfe einen Blick auf die riesige Uhr, die an der Steinmauer unseres Gebäudes befestigt ist. Zu meinem Glück ist gleich die zweite Stunde vorbei.
Ich weiß, dass Sam ebenfalls erst zur dritten Stunde kommen muss, da er genau wie Jess Jura studiert.
Entschlossen zu warten, setze ich mich auf eine der Stufen, vor unserem Gebäude. Um mir die Zeit zu vertreiben hole ich mein Laptop aus meinem Rucksack und lese mir noch einmal mein Referat durch.
Doch kann ich mich null auf das Referat konzentrieren, da ich mich vor dem Gespräch mit Sam fürchte. Er soll nicht denken ich rede über seine Geheimnisse, wo es mir gerade passt. Das würde ich niemals tun, das weiß er, hoffentlich. Aber Miranda hat mich so genervt, dass es mir eben rausgerutscht ist. Ich stütze mein Kinn auf meinen Händen ab und warte.
Schließlich klingelt es zur dritten Stunde und ich setze mich wieder etwas aufrechter hin.
Zwischen den vielen Schülern, die gerade eintrudeln, erkenne ich einen braunen Hut, unter dem sich tief schwarze Locken verbergen. Mein Herz beginnt immer stärker und schneller zu pochen und ich fürchte mich unfassbar.
Ich stehe auf und laufe Sam entgegen.
„Sam ich, ich muss mit dir reden. Ich habe was schlimmes geta-".
Als Sam an mir vorbei läuft, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, wird mir klar, dass er es bereits weiß. Er weiß, dass ich mich verplappert habe.
Mein Handy gibt ein Geräusch von sich und ich erwache so langsam aus meiner Schockstarre. Ich ziehe es ehrfürchtig aus meiner Hosentasche und entsperre es mit zitternden Händen.
Ich öffne Instagram und werde sofort mit etlichen Beiträgen über die Sexualität von Sam bombardiert.
Ich lese mir die Kommentare unter den Beiträgen durch.
Zu meiner Erleichterung sind die meisten von Mädchen, die einfach ziemlich traurig sind, dass sie jetzt eine Beziehung mit Sam vergessen können.
Allerdings gibt es auch nicht wenige homophone Kommentare, auf die ich direkt antworte, Sam verteidige und ihnen versuche Erziehung beizubringen.
Ich empfinde es als meine Pflicht dies zu tun, schließlich bin ich für diesen Schlamassel verantwortlich.
Wenn ich dieses Miststück Miranda in die Finger kriege, dann kann die was erleben.
Ganz verschlungen in meine Wut und Enttäuschung bemerke ich gar nicht, dass mir eine Träne über die Wange kullert.
Ich möchte Sam doch nicht verlieren.
Ich bemerke wie mich jemand anstarrt.
Nein, ich werde diesem Idioten Luke nicht auch noch die Genugtuung bieten, mich weinen zu sehen. Doch als ich zu ihm herüber schaue, ist sein Blick alles andere als schadenfroh, sondern ganz weich. Er guckt mich mit diesem bemitleidenden Blick an, ich hasse diesen Blick. Aber es geht hier weder um Luke noch um meine komische Meinung zu ihm, sondern ganz allein um Sam und darum, was ich veranstaltet habe.
Überwältigt von meinen ganzen Gefühlen renne ich zu meinem Auto und steige ein.
Schluchzend fahre ich los. Zu Sam nach Hause.
Wenn er schon nicht mit mir reden möchte, sollte er trotzdem wissen, dass es mir unsterblich leid tut.
Während der Fahrt versuche ich mich immer und immer wieder in Worte zu fassen.
Bis ich dann auch plötzlich in der gigantischen Einfahrt seiner Eltern stehe. Ich werfe einen kurzen Blick auf den Springbrunnen, den ich so liebe und gehe dann zur Haustür.
Zu meinem Glück habe ich den Zweitschlüssel für den Fall der Fälle immer bei mir. Jetzt war so ein Fall der Fälle.
Ich schließe auf und bin wie immer verblüfft von diesem riesigen, wunderschönen Haus.
Seine Eltern sind mal wieder nicht da. Weswegen ich ohne gestört zu werden weinen kann und währenddessen in Sam's Zimmer gehe. Dort angekommen schnappe ich mir einen Zettel und beginne zu schreiben.
Als ich fertig bin lege ich den Stift hin und lege den Zettel auf sein Bett.
Ich versuche mich ein bisschen aufzumuntern, indem ich mir ein paar Sätze meines Referates noch einmal durch den Kopf gehen lasse.
„Das schöne an der Vergänglichkeit ist, dass eben auch die vielen negativen Erfahrungen und Erlebnisse vergehen. Wir können sie nicht vergessen, erleben sie aber ein einziges Mal. Dann ist es vorbei".
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Hallo ihr Lieben,
ich hoffe sehr, dass ihr gesund und munter seid.
Ich muss mich zuerst mal zutiefst entschuldigen, dass ich mein Versprechen nicht halten konnte, regelmäßig zu updaten.
Das tut mir leid.
Jedenfalls ist dies jetzt das zweite Kapitel meiner aller ersten Lovestory. Ich bin nicht 100% zufrieden, aber das ist man nie, oder?
Ich hoffe trotzdem sehr, dass es euch gefällt und, dass ihr Lust habt weiter zu lesen und Luke und Lynn noch weiter zu begleiten.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich selber ziemlich gespannt bin, was diese Geschichte angeht. Ich habe zwar einen Plan, doch es kommt ja darauf an, wie ich ihn umsetze.
Zu viel Gerede.
Ich freue mich unfassbar über jeden einzelnen Kommentar und wollte euch allen auch nochmal danken, da ihr so viele liebe Kommentare beim letzten Kapitel da gelassen habt. 1000 Dank!!
Wie ihr wisst, freue ich mich auch immer über Verbesserungsvorschläge oder konstruktive Kritik.
Ich hab euch alle furchtbar lieb.
-charly <33
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