1. One Shot- Mechanikerin im Werden
Es war 6:30 morgens. Ab heute würde dies meine übliche Zeit sein, um zur Arbeit zu erscheinen. Eigentlich lag mir das frühe Aufstehen nicht, aber ich hatte mich fest dazu entschlossen Mechanikerin zu werden und ich hatte großes Glück, bei meinem Opa lernen zu dürfen.
„Nervös?", mein Großvater parkte den Firmenwagen hinter der Werkstatt und sah zu mir auf den Beifahrersitz.
„Etwas", antwortete ich ihm und gähnte, „außerdem bin ich müde."
„An das frühe Arbeiten wirst du dich schnell gewöhnen, ich rate dir abends bald ins Bett zu gehen."
Leise lachend antwortete ich ihm: „Du weißt, das gehört nicht unbedingt zu meinen Stärken!"
„Na komm! Normalerweise stehe ich um die Zeit schon in der Werkstatt und drehe meine Runde!", er stieg aus dem Auto und ich folgte ihm sogleich.
Meinen Rucksack von der Rückbank schnappend, spürte ich die Aufregung und Motivation in mir.
Ich trat ein in die Werkstatt und zog sofort verliebt den Duft ein. Ich weiß, die meisten Leute fanden den Geruch von Öl, Benzin und Schmiermittel widerlich, ich liebte ihn!
Ich verband den Geruch schon immer mit meiner Leidenschaft für Autos, speziell meine Leidenschaft für Oldtimer. Ob ich hier auch mal welche sehen durfte?
„Jungs, kommt schon her, ich habe euch was zu sagen!", mein Opa trommelte seine Angestellten zusammen, wir waren insgesamt 12 Leute, wenn man die beiden Damen für die Organisation im Büro weg rechnete und meinen Opa, 8 Mechaniker und ab heute meine unwissenden Wenigkeit.
„Einigen habe ich es schon gesagt, das ist [Name] meine Enkelin und nun unser neues/r Lehrmädchen/Azubi", so stellte mich mein Opa vor und die müden Augen der Männer musterten mich.
„Hallo, freut mich", fügte ich hinzu und einige nickten.
„Kid, du wirst dich hauptsächlich um sie kümmern!"
Der rothaarige, von dem mir mein Großvater schon ein paar mal erzählt hat, antwortete: „Von mir aus."
Kid war Opas letzter Azubi und sein ganzer Stolz. Angeblich ist er schon viel begabter als er selbst und das mit so jungen Jahren.
„Bring deine Sachen in den Spind und dann kannst du gleich mit Kid eine Runde durch die Werkstatt drehen!"
„Opa, ich bin hier groß geworden, ich kenne mich aus", lachte ich.
„Aber er wird dir zeigen, was du ab nun alles zu tun hast. Ich habe wenig Zeit für dich."
Schließlich verschwand er und ich begab mich schnell in die Umkleide. Ich hatte sie ganz für mich alleine als einzige Frau hier, die in der Werkstatt arbeitete, also breitete ich mich entsprechend aus. Als ich meinen Rucksack verstaut hatte, ging ich wieder in den größten Teil der Werkstatt, wo Opa mich gerade eben noch vorgestellt hatte. Mein Blick huschte durch den Raum, ich konnte den rothaarigen aber nicht finden.
„Hätte nicht gedacht, dass der Meister es ernst meint, als er sagte, dass seine Enkelin hier anfängt~ ich bin Sentomaru!", von der Speckschwarte hatte mir Opa bereits erzählt, unguter Typ, aber er konnte gut arbeiten, „bist du dir da ganz sicher, dass du das schaffst du kleiner Zwerg? Frauen haben hier in einer Werkstatt nichts verloren!"
„Aber du könntest dich doch ums Essen kümmern!", stimmte ein zweiter mit ein und beide lachten, „Wisch hier mal ordentlich durch, putz die Toiletten und dann machst du uns was Feines zu Mittag, was hältst du davon?"
Ich hörte im Hintergrund noch jemanden lachen, er kam zu uns und hatte wohl das Bedürfnis auch noch seinen Senf dazu zu geben: „Am besten verpisst du dich gleich wieder, das hier ist kein Ort für kleine Mädchen!"
Am liebsten hätte ich ihnen allen drei die Eier püriert, aber ich wollte nicht gleich am ersten Tag Probleme bereiten.
Sentomaru trat einen Kanister mit Öl um und grinste schief. „Na los, wisch das auf!"
Entnervt sah ich ihn an und erkannte plötzlich jemanden hinter ihm.
Man sah wie Kid von hinten seinen Kopf packte und ihn auf den Boden drückte.
„Man muss dich wohl wie einen scheißenden Köter behandeln, hm Sento? Schön mit dem Gesicht in den Dreck, dann lernen sie es angeblich." Ohne großem Kraftaufwand hielt er ihn am Boden und drückte sein Gesicht ins Öl, ehe er es noch schön verrieb.
Ich fing an zu lachen und war begeistert, wie sich der Mistkerl nicht wehren konnte.
„Will noch jemand etwas zu unserem Neuling sagen, oder haben wir die Begrüßungs-Runde beendet?"
Die zwei werten Kollegen machten schnell einen Abgang und als Kid von Sentomaru schließlich abließ, verkroch sich dieser ebenfalls fluchend, während er mit einem Lappen versuchte das Öl in seinem Gesicht los zu werden.
„Danke!"
„Kein Ding. Ich wüsste ich nicht, was du mit einem Schwanz in der Hose besser machen solltest, als ohne. Ups, du bist noch minderjährig was?", der rothaarige grinste, „dann anders: Lass dich nicht unterkriegen von den Arschlöchern. Du wirst das schon packen Mädchen!"
„Schon gut, ich habe nicht wirklich ein Problem mit ...Ehm...Geschlechtsteilen?!"
Kid lachte und zeigte mir mit einer Handbewegung, dass ich ihm folgen sollte: „Komm!"
Ich folgte ihm durch die Werkstatt, er zeigte mir meinen neuen Arbeitsplatz und etwa gegen Mittag waren wir fertig mit der allgemeinen Einführung.
„Eine Tatsache kann ich nicht verhindern, als Azubi bist du nun einmal der Trottel für die Drecksarbeit, die keiner machen will. Da muss jeder durch."
„Schon klar, war zu erwarten. Da habe ich auch nichts dagegen, ich bin motiviert und interessiert!", antwortete ich ihm lächelnd und er erwiderte mit einem breiten Grinsen.
„Gute Einstellung."
[...]
Ein Jahr verging, ich hatte mich gut eingelebt in der Werkstatt und die drei Idioten ließen mich dank Kids Hilfe schnell in Ruhe. Die anderen Kollegen waren freundlich und hilfsbereit.
„Hey Kleines!", so nannte mich Kid schon ab dem 2. Tag, „Ich habe hier was für dich! Komm her!"
Sofort huschte ich von meiner ˋIdiotenarbeit', so betitelte ich sie gerne, denn ich kümmerte mich momentan um die Endreinigung eines Autos, zu Kid, welcher sich um ein anderes Fahrzeug kümmerte.
„Ja?"
„Was läuft hier schief?",fragte er und deutete auf den Motorblock.
Interessiert beäugte ich das Ding und rätselte über den Schaden. Bei Kid spürte ich keinen Druck, er konnte unglaublich gut erklären und ich fühlte mich nicht wie ein Fußabtreter.
„Also eines kann ich sagen, der ist komplett im Arsch!"
Der rothaarige fing an zu lachen, „Gehts vielleicht etwas präziser?"
„Nein, ich weiß nicht."
„Gut, ich erklär's dir. Klassischer Fall von Leistungsoptimierung. Das kommt davon, wenn man einen Pfuscher am Auto werken lässt. Chiptuning...Man.....einbaut sollte..."
Eigentlich hätte ich seiner Erklärung zuhören sollen, aber ich war zu sehr von ihm als Person abgelenkt. Es war mittlerweile Hochsommer, Kid hatte seine Arbeitshose hochgekrempelt, sodass man seine festen Waden sah. Sein ärmelloses Shirt war mit Öl und etwas Schweiß befleckt, er stützte sich mit seinen starken Armen am vorderen Teil des Autos ab, mein Blick folgte dieser einen charakteristischen Vene an seinem Arm, Gott mir war erst vor ein paar Wochen aufgefallen, wie verdammt sexy-
„Verstanden Kleines?"
Ich schreckte leicht auf und mir stieg die Röte ins Gesicht.
„Ehm....nein. Ich ...ich habe es nicht verstanden", antwortete ich ihm schnell und eine seiner Augenbrauen hob sich.
„Was hast du nicht verstanden? Das war doch nicht schwer, das hast du doch normal schnell begriffen?!"
„Tut mir leid Kid", antwortete ich beschämt, „ich habe nicht ganz aufgepasst." Ich wollte ehrlich zu ihm sein, wenn ich schon seine Zeit verschwendete.
„Was ist los?", Kid stellte sich aufrecht hin und wischte sich den Dreck des Autos von seinen Händen ins Shirt, „das passt nicht wirklich zu dir."
„Sorry meine Gedanken sind einfach wo anders. Tut mir leid."
„Wo?"
„Was?", musste er denn so nachhaken? Nervös biss ich mir auf die Unterlippe.
„Wo sind deine Gedanken?"
„Eben nicht bei der Arbeit!", sagte ich schnell und wollte mein hochrotes Gesicht weg von ihm drehen.
„Was lenkt unser fleißiges Bienchen so ab, dass sie sogar bei der Arbeit unaufmerksam ist?", Kids Grinsen wurde breiter, „was los mit dir? Du hast doch ständig nur die Autos im Kopf!"
„Ab und zu eben nicht!", sagte ich ihm und nahm wieder den Schlauch meines Staubsaugers in die Hand, „ich muss da drüben wieder weiter machen!"
So schritt ich mit dem rollenden Staubsauger wieder zu dem Auto, welches gereinigt werden muss und versuchte die Tatsache zu ignorieren, dass Kid grinsend den Kopf schüttelte.
[...]
Als ich am Abend meinen letzten Handgriff getätigt hatte, atmete ich erleichtert durch und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Ab nach Hause und unter die Dusche!
Ich nahm meine Wasserflasche und sah mich kurz in der Halle um, nur mehr Kid und ich waren übrig. Es war Urlaubszeit und der Rest der Leute waren heute schon fertig.
Manchmal hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich als Lehrling nicht länger bleiben „durfte", wie die anderen. Kid würde heute bestimmt noch einige Stunden schieben.
Ich wollte mich gerade von ihm verabschieden, da hörte ich plötzlich seine Stimme. „Verdammte Scheiße!"
Erschrocken drehte ich mich um und sah Kid unter einem Auto hervor kommen mit einem stark blutenden Arm.
Das Blut tropfte auf den Boden und er drückte schnell seine Hand gegen die offene Stelle.
Ich lief zu ihm hinüber und griff schnell nach einem Tuch um die Blutung damit zu stoppen, aber es erschien mir nicht gerade als sauber.
„Keine gute Idee!", meinte Kid und ging Richtung erste Hilfe Kasten. Ich lief ihm schnell voraus und öffnete ihn, ehe ich ihm einen Druckverband anlegte.
„Was hast du denn angestellt?", fragte ich besorgt, als ich schon mein Handy heraus holte um die Rettung zu rufen.
„Übertreib mal nicht!", lachte er und nahm mir das Smartphone aus der Hand, „bist wohl nicht die einzige die tagträumt bei der Arbeit Kleines. Ich bin abgerutscht und habe mich geschnitten."
Seine Erklärung ergab nicht viel Sinn für mich, da ich keine Ahnung hatte, was er an dem Fahrzeug arbeitete, aber das war auch nicht so wichtig.
„Geht's dir gut?", fragte ich besorgt und drückte ihn sachte auf einen Stuhl.
„Klar, ist nicht so schlimm. Sei nicht so panisch!", sein amüsiertes Gesicht gefiel mir nicht. Ich motze ihn daraufhin gleich an: „Spiel nicht den starken Mann, dein halber Unterarm ist verletzt!"
„Das wird schon. Übertreib nicht, ist nicht das erste Mal."
Seufzend setzt ich mich neben ihn und beobachtete den Verband. Was wenn er durchblutete?
„Drück noch zusätzlich fest drauf!", sagte ich und er grinste erneut.
„Kleines, du übertreibst!"
Ich verdrehte die Augen und tat es eben selbst. So griff ich nach seinem Arm und drückte fest gegen den Verband.
„Das gehört außerdem desinfiziert und vermutlich genäht! Wenn du nicht mit der Rettung fahren willst, dann bringe ich dich ins Krankenhaus!"
Kid verdrehte die Augen, stand dann allerdings doch seufzend auf und meinte: „Na schön du Quälgeist!"
Ich packte schnell alles zusammen, schloss die Werkstatt ab und Kid stieg zusammen mit mir in sein Auto.
„Nicht dass du mir meinen Wagen ruinierst!", meinte er scherzhaft.
„Ich habe den Führerschein nun seit drei Wochen!", antwortete ich stolz und gleichzeitig auch etwas scherzhaft, ich bin nicht blöd, ich wusste dass das keine lange Zeit war.
„Willst du mit dem Arm fahren?", fragte ich dann noch sarkastisch nach.
„Schon gut, ich verzichte!"
So fuhr ich Kid vorsichtig zum Krankenhaus auf die Unfallstation und wartete draußen im Gang. Eine Schwester motzte mich an, dass ich langsam gehen könnte, immerhin war ich nur eine Arbeitskollegin und kein Familienmitglied, aber das war mir egal. Nach etwa einer halben Stunde kam Kid wieder zu mir, sein gesamter Unterarm war vernünftig verbunden und ich lächelte zufrieden.
„Sieht doch gleich besser aus, als der halbherzige Scheißverband aus der Werkstatt."
Kid schmunzelte und schließlich gingen wir wieder zum Auto. „Was haben die Ärzte gesagt, wenn ich fragen darf?", wollte ich wissen, als ich das Auto aus dem Parkdeck steuerte.
„Ich geb's nicht gern zu, aber war gut, dass wir her gekommen sind Kleines. Sag mal was hast du jetzt vor?"
„Na was wohl, ich bringe dich nach Hause und dann gehe ich zu Fuß heim", antwortete ich ihm. „Du weißt wo ich wohne? Ganz schön creepy!"
Ich verdrehte die Augen und antwortete: „Ich weiß wo du wohnst, weil Opa dich, als du noch bei ihm gelernt hast, oft nach Hause gebracht hat weil es am Weg lag. Er hat mir davon erzählt. Und wie super toll du nicht bist!"
„Das bin ich doch auch!", lachte der rothaarige.
„Ja ganz toll, vor allem mit dem aufgeschlitzten Arm!"
Als wir Kids Wohnhaus erreichten, lotste er mich in die Einfahrt und in den entsprechenden Parkplatz für seine Wohnung. Wir stiegen aus dem Auto aus und ich überreichte ihm den Autoschlüssel.
„Danke Kleines. Warst zur Abwechslung mal eine große Hilfe!"
„Witzig", antwortete ich ihm trocken und überlegte bereits, wie ich am besten nach Hause kam. Es würde sogar ein Bus fahren.
In Gedanken merkte ich nicht, wie Kid zu mir schritt und sah überrascht zu ihm nach oben.
Er war so riesig. Eine Frechheit.
„Hast du noch ein bisschen Zeit?"
„Für?"
Er rothaarige grinste und meinte: „Lass mich meiner Lebensretterin zumindest einen ausgeben!"
Verlegen sah ich ihn an, er drehte sich schon um und ging voraus. „Wenn du mich in der Arbeit schon die ganze Zeit so anstarrst, nutze die Chance heute~"
Verdammt.
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