|ONE| - |FIVE|
Zu Ehren des Pride-Month 🏳️🌈
Ihr wunderbaren Menschen da draußen wart meine Inspiration für diese Geschichte! 🫶🏽👽
Triggerwarnungen im Infokapitel lesen!
ONE | 𝒮𝒾𝒹𝓃ℯ𝓎
Der aufgewirbelte Staub brannte tief in meinen Lungen und ich rang panisch nach Luft. Der Boden unter mir bebte und ich wusste nicht, wie mir geschah, - bis die Stimme meines Bruders gedämpft durch die dichten Steinmassen hindurchdrang.
»Sidney, geht's dir gut?!«
»Ja und dir?!«
»Ja, alles in Ordnung! Wir versuchen einen anderen Weg nach draußen zu finden!« Vermutlich blieb ihnen nichts anderes übrig. »Du musst es irgendwie schaffen zurück zur Basis zu kommen!«
»Auf keinen Fall werde ich dich hier zurücklassen! Herrgott, Sage, du bist mein Bruder!«
»Sidney! Hör mir zu!« Schnaubend versuchte ich seinen Worten zu lauschen, ohne ihn dabei zu unterbrechen. »Geh zurück zur Basis! Dort bist du sicher! Komm nicht nach uns suchen!«
Für einen kurzen Moment lang hatte ich geglaubt, dass wir allesamt lebendig begraben werden würden. Zwar war es erleichternd zu wissen, dass es Sage gut ging, aber die Tatsache, das diese billige Mel-Kopie von einem Alien bei ihm war, beunruhigte mich.
»Okay! Wenn du bis spätestens morgen früh nicht da bist, kommen wir dich suchen!«
»Nein, Sidney! Wenn wir bis dahin nicht aufgetaucht sind, sind wir tot!«
Dass er unnötigen Ballast abwerfen sollte, um schneller voranzukommen, ließ ich getrost weg. Der einzige Grund, weshalb sie noch lebte, war, dass sie aussah wie die Liebe seines Lebens. Denn andernfalls hätte er sie kaltblütig ermordet. So, wie sie es verdient hatte.
»Pass auf dich auf, Bruderherz!«, rief ich gegen die undurchlässigen Steinmassen an. »Wehe du stirbst, dann bringe ich dich eigenhändig um!«
Ich konnte förmlich spüren, wie ein Lächeln an Sages Mundwinkel zog.
»Das gilt auch für dich, Rotznase!«
Rasch wischte ich mir eine heiße Träne aus dem Augenwinkel. Bei dem Gedanken daran, dass ich ihn verlieren könnte, zog sich alles in mir zusammen. Er war die einzige Familie, die ich noch hatte.
Nachdem Mel gestorben war, machten es auch Mom und Dad nicht mehr lange mit. Unsere Großeltern waren bereits lange vor unserer Geburt gestorben. Wir hatten nie die Chance, sie kennenzulernen. Aber in Zeiten wie diesen, waren wir froh, uns um niemand anderen mehr Sorgen machen zu müssen, außer um uns selbst.
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TWO | 𝒮𝒾𝒹𝓃ℯ𝓎
Die Außerirdische Streitmacht zerstörte alles, was ihr vor die Linse lief. Ich fragte mich, was sie von uns wollten und ob es ihnen Spaß machte, unseren Planeten auszuradieren, wie einen falschgesetzten Bleistiftstrich.
Es kostete mich alles unbemerkt zur Basis zu gelangen. Doch als ich dort ankam war das Lager nicht nur komplett verwüstet, sondern auch verlassen. Verzweifelt versuchte ich Hinweise zu finden, wohin Zhura und die anderen gegangen sein könnten, - doch ohne Erfolg.
Und als ich gerade dabei gewesen war, die Hoffnung zu verlieren, flog mir ein Stück Pergament entgegen und verfing sich an meinem Schienbein. Zu meiner Überraschung handelte es sich um eine Karte. Es kam mir vor, wie ein Wink des Schicksals, als ich nach ihr griff, sie öffnete und feststellte, dass irgendjemand eine Untergrundbasis ganz in der Nähe darauf markiert hatte.
Die andere Basis war problemlos zu Fuß erreichbar gewesen. Das einzige Problem, das ich hatte, war, dass ich Sage irgendeinen Hinweis über meinen Aufenthaltsort hinterlassen musste. Denn andernfalls würde er mich nicht finden.
Ich zückte eines der Messer, welche ich an meinem dunkelbraunen Ledergürtel befestigt hatte und befestigte die Karte damit an einem Holzmast, den man bei weitem nicht übersehen konnte. Anschließend zündete ich mir eine Zigarette an, um die Asche zum Schreiben zu benutzen. Mit etwas Speichel versah ich die Karte mit den Worten »Sid ist hier« und rannte los, als keine zehn Meter neben mir etwas zu explodieren schien.
Wie von der Tarantel gestochen lief los. Glücklicherweise hatte ich ein fotografisches Gedächtnis, weshalb es nicht nötig gewesen war, die Karte mitzunehmen. Und ich hoffte wirklich inständig, dass die intergalaktische Streitmacht nicht unserer Sprache mächtig war. Denn andernfalls hätte ich nicht nur mich, sondern auch alle anderen in Gefahr gebracht.
***
Ich hatte es tatsächlich zu der anderen Basis geschafft. Man erzählte sich, dass an diesem Ort die Anführerin der Aquamarinianer enthauptet wurde, um an ihr ein Exempel zu statuieren. Allerdings hatte Sage mich damals versucht vor derartigen Dingen zu schützen, weshalb die Live-Übertragung komplett an mir vorbeiging.
Und nun hatte ich den Salat, dass meine Eltern und mein großer Bruder mich in einer rosaroten Blase großgezogen hatten. Behütet, sodass mir Nichts und Niemand etwas anhaben konnte und mir die Gefahren dieser grausamen Welt erspart blieben.
Ich hasste es. Immerhin war ich fast volljährig und kein Kind mehr. Selbst, wenn die Unendlichkeit die Welt zum Stehen gebracht hatte, entwickelte sich mein Mindset weiter.
Zögerlich setzte ich einen Fuß vor den anderen, als ich die Katakomben zu dem angeblichen Bunker betrat. Ich hoffte inständig, dass ich nicht von den Aliens überrascht werden würde. Denn genau das hätte mir zu allem übel noch gefehlt, - dass ich einen Kampf austragen musste.
Der Bunker war eindeutig verlassen. Das einzige, was ich vernahm, war das fiepen von Ratten und das Tropfen von Wasser.
Doch dann tat sich doch etwas. Ein leises wimmern erfüllte den kargen Raum, was dazu führte, dass ich abermals nach einem der Messer in meinem Gürtel griff. Sage erlaubte mir keine Schusswaffe zu tragen, weil ich seiner Meinung nach »noch nicht reif genug« dafür gewesen war.
Pah, wie lächerlich!
Jeder im Lager wusste, dass ich sehr wohl mit einer Schusswaffe umgehen konnte. Sie sahen alle das hilflose, kleine Mädchen in mir, das ich längst hinter mir gelassen hatte.
Als das Wimmern immer lauter wurde, machte ich mich auf alles gefasst. Das Licht in den trostlosen Gängen flackerte, was es mir zusätzlich noch schwerer machte, mich auf das Wesentliche zu fokussieren. Aber mir blieb nichts anderes übrig.
Wenn mein Gegenüber eine Schusswaffe bei sich hatte, würde ich verlieren. Falls nicht, wäre ich klar im Vorteil. Niemand konnte so gut mit einem Messer umgehen, wie ich.
»Bitte, t-tu mir nichts!« Eine junge Frau mit platinblonden Haaren saß zusammengekauert in einer Ecke, und zitterte wie Espenlaub.
Konnte es sein, dass ... Nein, unmöglich.
Für einen kurzen Augenblick lang hatte ich sie für einen dieser Aliens gehalten. Doch dann fiel mir ein, dass wir mit unserer Einheit alle, bis auf eine ausgelöscht hatten. Und die besagte Person war gerade mit meinem Bruder in einer Höhle eingesperrt gewesen.
»Keine Sorge, ich werde dir nichts tun, okay?«
In einer fließenden Bewegung drehte ich die scharfe Seite des Messers in meine Handinnenfläche und hob die Hände, um zu symbolisieren, dass ich nicht die Absicht hatte, eine Zivilistin zu töten.
Ich ließ meinen Blick entlang ihres Körpers wandern und musste feststellen, dass sie regelrecht mit blauen Flecken überseht gewesen war. Ihre Knie waren aufgeschlagen und unter ihrem linken Auge zeichnete sich ein dunkler Bluterguss ab.
»Du bist verletzt ...«, stellte ich fest. »Was ist passiert?«
Sie antwortete nicht, starrte bloß die Wände an und schluchzte weiter vor sich hin. Zwar hatte ich Mitleid mir ihr, allerdings war Geduld nicht gerade meine Stärke gewesen.
»Antworte gefälligst! Sonst kann ich dir nicht helfen!«, fauchte ich, was sie unweigerlich zusammenzucken ließ.
Verdammt, Sidney. Reiß dich zusammen, sie ist nur ein kleines Mädchen, das vermutlich Höllenqualen erlitten hatte.
»Entschuldige bitte ... War ein langer Tag. Intergalaktischer Angriff und so ...«
Dann schien ich plötzlich ihre Aufmerksamkeit zu haben.
»Die Erde wurde ... angegriffen?«
»Ja. Hast du das denn nicht mitbekommen?«
Sie schüttelte mit dem Kopf.
»Der Bunker ist so gut gedämmt, dass rein gar nichts zu hören ist.«
Sie hatte recht. Und trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass etwas an der ganzen Sache faul war.
»Wie lange bist du schon hier unten?«
Ich musterte sie scharf. Schließlich musste ich herausfinden, ob sie lügt.
»Eine ganze Weile schon ... Sie, ... ich meine, diese Kerle ... Sie haben mich und ...«
Sie schlug sich die Hände vors Gesicht und weinte bitterlich. Für mich klang es nach der Wahrheit. Deshalb wollte ich nicht weiter nachhaken.
Dann ging ich vor ihr in die Hocke, um ihr aufgeschlagenes Knie etwas genauer zu inspizieren. Diese Wunde schien recht frisch zu sein, denn das Blut auf ihrem anderen Knie war bereits vertrocknet gewesen.
Schnaubend zog ich mir mein Bandana vom Hals und öffnete den Reißverschluss meiner Bauchtasche. Ich kramte nach dem Fläschchen Jod, welches ich Jamal vor einer guten Woche entwendet hatte und öffnete es, um etwas davon auf das Halstuch zu tröpfeln. Anschließend wickelte ich die Tinktur um die Wunde und band die Enden fest zusammen, damit der Verband zumindest für einige Zeit hielt.
»Warum hilfst du mir?«, wollte sie von mir wissen. Dabei wischte sie sich mit zitternden Händen die Tränen aus den Augenwinkeln.
Ich schluckte schwer.
Tja, eine berechtigte Frage - wieso half ich ihr, wo sie doch nur Ballast für mich dargestellt hatte?
»Nächstenliebe«, entgegnete ich trocken, was natürlich kompletter Bullshit gewesen war.
Es war mir egal, was mit den anderen geschah. Dass war es mir von Anfang an. Mir war nur wichtig, wie es meinem Bruder ging.
Zumindest hatte ich das angenommen, bis mein Gewissen mich eines Besseren belehrte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ihr helfen zu müssen. Ich konnte es mir selbst nicht erklären, aber, es fühlte sich so an, wie ein innerer Zwang. Etwas, das mich schier dazu drängte, sie zu beschützen.
Gott, ich klang schon wie mein Bruder!
Er war ein hoffnungsloser Romantiker, wenn es darum ging, irgendwelche Frauen in Not zu helfen. Immer dann, wenn er einer hilflosen Frau begegnete, musste sie sich unwiderruflich in ihn verlieben und mit ihm schlafen, nur, um dann festzustellen, dass er sich in Zeiten wie diesen nicht binden wollte.
Sage behauptete immer, dass es ihn schwach machen würde. Als ich ihn danach fragte, weshalb er dann mit jeder Nächstbeliebigen schlief, sagte er nur, dass auch er Bedürfnisse habe.
Selbst jetzt musste ich innerlich die Augen verdrehen und einen saueren Brechreiz unterdrücken, wenn ich daran dachte.
»Warte, ich helfe dir auf. Im Inneren müsste es noch fließendes Wasser geben, oder zumindest etwas, womit wir deine Wunde richtig desinfizieren können.«
Ich griff nach ihrem Arm und legte ihn mir über die Schulter, was dazu führte, dass wir uns für einen kurzen Augenblick lang so nah waren, dass sich unsere Nasenspitzen beinahe berührten.
»Ich bin Nova«, wisperte sie. »Und ... du?«
»Sidney, aber alle nennen mich Sid.«
Mit viel Mühe versuchte ich den dicken Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte hinunterzuwürgen, ehe ich daran zu ersticken drohte. Ich wandte mich von ihr ab und half ihr auf.
Scheiße, was zur Hölle war das?!
Ein derartiges Gefühl hatte ich noch nie empfunden. Beinahe so, als hätte ich einen heftigen Stromschlag abbekommen.
Doch ich versuchte alles Unwichtige beiseite zu schieben und mich darauf zu konzentrieren, wie ich sie am besten in Sicherheit bringen konnte. Anschließend würde ich mir eine Verteidigungsstrategie überlegen.
Ich hoffte inständig, dass mein Bruder klarkam und nicht von Alien-Amelia übers Ohr gehauen wurde. Denn, falls sie ihm irgendetwas angetan haben sollte, würde ich dafür sorgen, dass sie leidet.
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THREE | 𝒩ℴ𝓋𝒶
Sidney war nicht der erste Mensch, der nett zu mir gewesen war. Wenn mich die Erfahrung auf der Erde jedoch eins lehrte, dann, dass sie nur so lange nett zu einem waren, ehe sie hatten, was sie wollten.
Wenn sie herausfinden würde, dass ich Aquamarinianerin bin, würde sie mich ohne mit der Wimper zu zucken umbringen. Dass stand definitiv fest.
Also müsste ich mich so lange bedeckt halten, bis ich aus eigener Kraft fliehen und zu unserem Raumschiff gelangen kann. Commander Caspia hatte mir vor ihrem Tod noch mitgeteilt, dass es eine Raumkapsel auf dem Mutterschiff geben würde. Diese wollten wir jedoch nicht nutzen, da sie nur einen von uns gerettet hätte.
Und ich bin mir ziemlich sicher, hätte Caspia von meinen Kräften gewusst, wäre ich die Letzte gewesen, der sie vor ihrem Tod davon erzählt hätte.
Telekinese ... Etwas, dass auf Aquamarin verpönt wurde, weil wir in Frieden miteinander gelebt hatten. Allerdings implizierte ewiger Frieden nicht automatisch, dass die Dinge immer perfekt liefen.
Aquamarinianer mit »besonderen Fähigkeiten« wurden ohne Wenn und Aber exekutiert. Zwar verkauften wir uns vor den Erdlingen als perfektes Volk, allerdings waren die Dinge nicht immer so, wie sie zu sein schienen. Um den Frieden zu wahren mussten Opfer gebracht werden. Denn so wie alles, forderte auch ein friedfertiges Leben seine Tribute. Jene, die aus der Reihe tanzten, mussten umgehend verschwinden. Und die Tatsache, dass wir als Volk nie gelernt hatten, uns zu verteidigen, schürte noch mehr Angst unter unseren eigenen Leuten.
Daher war ich im Nachhinein der Meinung, dass wir den Menschen gar nicht so unähnlich gewesen waren. Wir wussten es bloß besser zu verstecken.
»Bist du immer so ruhig?«, wollte Sidney von mir wissen.
»Nun ja, ... eigentlich ... nicht.«
Ich musste mir all diese Wunden selbst zufügen, weil ich Sidney bereits in einer Vision hatte kommen sehen. Ich war mir nur nicht zu einhundert Prozent sicher, ob sie mir als Freund oder Feind gegenübertreten würde.
»Du musst einen fürchterlichen Durst haben, wenn du schon so lange hier bist.«
Den hatte ich tatsächlich, allerdings gewöhnte man sich irgendwann daran, weder zu essen noch zu trinken. Die Ewigkeit härtete einen ungewollt ab.
»Es geht schon, danke.«
Sie wandte ihren Kopf in meine Richtung, um mich mit prüfender Miene zu mustern. Als würden mich ihre Blicke durchdringen, bekam ich plötzlich Panik und beschloss, mich so menschlich wie möglich zu verhalten.
»Okay, ja ... Ich habe ganz schrecklichen Durst, um ehrlich zu sein.«
»Verstehe. Wir finden was, keine Sorge. Diese Militärbasen sind alle gleich ausgestattet. Man muss nur an den richtigen Stellen suchen. Sie besitzen alle eine Notstromversorgung, sowie fließendes Wasser und irgendwelche Versorgungspakete.«
Wenn sie nur wüsste, dass ich versehentlich alles zerstört hatte ...
Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass - abgesehen von dem Bunker hier - noch irgendetwas davon übrig geblieben war.
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FOUR | 𝒮𝒾𝒹𝓃ℯ𝓎
Zum ersten Mal war ich mir nicht sicher, ob ich das Richtige tat. Ob sie wirklich eine von uns war, - also ein Mensch - oder doch ein Alien. Die Außerirdischen hatten etwas an sich, dass die Menschen faszinierte. Etwas, dass sie wie magisch anzog und für immer festhielt.
Komisch, denn genau dieses Gefühl schien sich gerade in mir auszubreiten, wie das Gift einer Schlange. Und dass, obwohl ich sie erst seit einigen Minuten kannte. Allerdings hatte ich bisher auch noch keinen Freund oder keine Freundin gehabt. Zugegebenermaßen hatte ich einmal heimlich mit Jamal rumgemacht, als er etwas angetrunken gewesen war. Denn andernfalls wäre ihm nie in den Sinn gekommen, Sages kleine Schwester zu penetrieren.
Es hatte gut getan, für einen Moment mal nicht als Kind betrachtet zu werden, sondern als junge Frau mit Bedürfnissen. Ich gab zu, dass ich mich häufig nach mehr sehnte. Nach einem Leben, fernab von all jenen Strapazen, die uns die Unendlichkeit - nein, die uns die Aliens mit ihr Anwesenheit eingebrockt hatten.
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»Ich hab' doch gesagt, dass hier drinnen noch irgendwas zum Futtern übrig geblieben ist!«
Voller Vorfreude durchwühlte ich in den Karton mit der dürftigen Militärnahrung und stellte fest, dass einige Packungen bereits vor der Eternity das Verfallsdatum bei weitem überschritten hatte. Dennoch würde ich lieber etwas zu mir nehmen, anstatt ewig zu hungern. Allein schon die Vorstellung sorgte dafür, dass mir ein eiskalter Schauder über den rücken lief.
»Jetzt brauchen wir nur noch Wasser. Wenn wir die Duschräume finden würden, wäre das perfekt! Zwar läuft hier alles auf Sparflamme, aber für einmal kalt duschen und ein paar Flaschen auffüllen müsste es reichen«, entgegnete ich vermutlich etwas zu euphorisch. »Wir müssen nur etwas für meinen Bruder aufheben.«
»Für deinen Bruder?«, hakte sie nach. Dabei legte sie den Kopf schief und starrte mich mit ihren großen, schönen Glubschaugen an.
Mein Herz machte einen Satz und ich räusperte mich, um wieder klarzukommen.
Reiß dich zusammen, Sid! Du bist kein vorpubertärer Teenie mehr!
»Japp. Er wurde gemeinsam mit so einer Alien-Tussi in einer Höhle verschüttet. Aber keine Sorge, er lebt noch. Den bringt so schnell nichts um. Nicht einmal eine Laune der Natur, geschweige denn ein intergalaktischer Angriff.«
Ihre Miene blieb starr. Es war ein Test, um sicher zu gehen, dass sie keine von ihnen war. Es beruhigte mich ein wenig, dass mich meine Intuition ihr gegenüber getäuscht hatte. Dennoch war ich mir sicher, auf der Hut bleiben zu müssen. Zumal ich nicht wusste, was uns alle noch erwarten würde.
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»Oh mein Gott! Das Wasser fließt ja tatsächlich!«
»Hast du etwa an meinen Worten gezweifelt? Das kränkt mich jetzt schon etwas, um ehrlich zu sein.«
»Oh«, entgegnete sie und hielt dabei beschwichtigend ihre Hände vor ihren Körper. »T-tut mir leid, ich wollte nicht ...«
»War bloß Spaß!« Ich machte mit meiner Hand eine Wegwerfbewegung, ehe ich nach ein paar der leeren Dosen griff, sie ausspülte und unter dem fließenden Wasser platzierte, damit sie sich langsam befüllten. »Du scheinst ja nicht gerade Sinn für Humor zu haben, was?«
»Na ja, ... nein. Ich meine ... Ich hatte in letzter Zeit nicht sonderlich viel zu lachen. Vermutlich habe ich verlernt, wie das geht.«
Ihr Mundwinkel zuckte. Und ich war wieder ein wenig verunsichert, was Novas Identität anging. Aber für den Moment wollte ich es darauf beruhen lassen und ausschließlich meine menschlichen Bedürfnisse befriedigen. Deshalb schälte ich mich aus meiner engen Lederhose und stülpte mein verschwitztes Top über den Kopf. Anschließend entledigte ich mich auch noch dem letzten Stückchen Stoff, welches meine intimsten Zonen bedeckte und ließ das eiskalte Wasser auf mein Gesicht niederrieseln. Ich stöhnte zufrieden auf, als ich spürte, wie das kühle Nass all das Elend der vergangenen Wochen von mir abspülte und mir ein Stückchen Normalität zurückgab.
Dann wandte ich mich wieder Nova zu, die mich von Kopf bis Fuß musterte. Sie schien zur Salzsäule erstarrt zu sein, also stellte ich das Wasser ab, wringte meine kurzen, roten Haare aus und sagte: »Du solltest auch duschen. Nutz es aus, ehe alles verbraucht ist oder wir nicht mehr die Chance auf eine schöne, eiskalte Dusche haben. Draußen ist es kochend heiß und hier drinnen sind wir zumindest vor der brühenden Hitze und irgendwelchen Laserstrahlen sicher.«
Nova warf einen Blick in Richtung Tür und schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. Sie drehte sich wieder in meine Richtung und seufzte, ehe sie sich unsicher auf ihre Unterlippe biss.
»Soll ich abschließen?«
Plötzlich erhellte sich ihr trostloser Gesichtsausdruck. »Das wäre ... Ich meine ... ja.«
Innerlich verdrehte ich die Augen. Sie war zwar verdammt niedlich, aber dieses Rumgedruckse ging mir allmählich ein wenig auf den Geist. In tapsenden Schritten näherte ich mich der Tür, welche ich anschließend ins schwere, eiserne Schloss fallen lies. Erst, als das Klacken des Schließmechanismus an Novas Ohren drang, schien sie sich wieder zu entspannen und in Erwägung zu ziehen, sich ihrer engen, schmuddeligen Klamotten zu entledigen.
Nun stand sie vor mir. Nackt. Viel zu perfekt, um wahr zu sein. Da wusste ich, dass sie kein menschliches Wesen sein konnte. Ihr Arsch und ihre Titten waren perfekt geformt, genauso, wie ihr schmale Taille. Auf ihrem Bauch zeichneten sich leichte Bauchmuskeln ab und ihre Pussy war so glatt, als wäre sie erst gestern beim Waxing gewesen. Nova war - bis auf die vielen Verletzungen - makellos.
Ich schluckte schwer, weil alles, was ich gerade gedacht und analysiert hatte, mich unfassbar scharf machte. Meine Mitte pochte wie wild, während meine Nippel sich schlagartig verhärteten.
Verfluchte Scheiße! Wieso hatte ich andauernd so ein Pech! Konnte es nicht ein einziges Mal gut für mich laufen?!
Nein, dass konnte es nicht, weil es mein Schicksal gewesen war, zu leiden.
Nova drehte mir den Rücken zu und verzog ihre Mundwinkel zu dem schönsten Lächeln, das meine Augen je eingefangen hatten.
Du musst du selbst bleiben, Sidney! Lass dich von ihr und von ihrem Aussehen verdammt nochmal nicht blenden!
Ich bückte mich nach meinem Gürtel und zog eines meiner Lieblingsmesser aus dem schmalen Lederschaft heraus. Groß, gut zum Werfen und so scharf, dass man selbst die Luft damit halbieren konnte, wenn man nur wollte.
Ich versteckte es hinter meinem Rücken, ging auf sie zu und wirbelte sie herum. Dann drückte ich sie gegen die Wand und hielt ihr das Messer an die Kehle.
Nova sah mich erschrocken an und fing sofort wieder an zu zittern. »B-bitte, Sidney ... T-tu das nicht!«
Unsere Körper klebten buchstäblich aneinander, während ihre harten Nippel meine streiften.
»Du bist eine von ihnen, oder?« Sie gab mich nicht sofort eine Antwort, was dazu führte, dass ich meinen Unterarm noch fester gegen ihr Dekolleté presste. »Lüg - mich nicht an, Nova! Sonst wird es ungemütlich für dich!«
»Ja«, quiekte sie. »I-ich hab es nicht gesagt, weil ich Angst hatte, dass du mich umbringst und ...«
»Und damit«, unterbrach ich sie, »hattest du auch vollkommen recht.«
Langsam vergrößerte ich den Abstand zwischen uns und führ mit der stumpfen Seite des Messers ihre Kehle entlang ihres Schlüsselbeins nach unten, hin zu ihrem Bauchnabel, ehe ich es fallen ließ. Es kam klirrend auf dem Boden auf, während wie uns unter dem fließenden Wasser gegenüberstanden und fassungslos anstarrten.
Scheiße, scheiße, scheiße! Was mache ich hier bloß?! War ich wirklich so dämlich, mich von meinen Trieben leiten zu lassen? Verdammt!
Ich schob meine Unterlippe zwischen meine Zähne und versuchte meine Lust zu bändigen, bis ich plötzlich eine Stimme in meinem Kopf hörte: »Lass los«, sagte sie. »Gib dich deinen Gefühlen hin und hör auf dein Herz.«
»Was ist das für eine kranke Scheiße?!«, zischte ich.
Ich schlug mehrmals mit der blanken Faust neben Novas Gesicht gegen die geflieste Wand. Doch Nova legte mir bloß eine Hand an die Wange. Beinahe so, als würde sie mir für irgendwas vergeben wollen, was ich noch nicht getan hatte, aber durchaus im Stande war zu tun.
»Was machst du da?! Manipulierst du mich mit irgendeiner abartigen Alien-Kraft?! Denn, sollte das der Fall sein, werde ich dich augenblicklich tö...«
Noch bevor ich meinen Satz zu Ende bringen konnte, lagen ihre weichen Lippen auf meinen. Sie schob mir ihre Zunge tief in den Mund und stupste sanft gegen meine Zungenspitze. Ich ignorierte alle Warnsignale ... blendete alles aus. Und dann, erwiderte ich den Kuss. Heiß und innig, als wären wir seit Jahren ein Paar.
Willig zwirbelte ich ihre linke Brustwarze zwischen Daumen und Zeigefinger umher, bis sie aufstöhnte. Ein süßes und unschuldiges Stöhnen, wie ich es noch nie zuvor gehört hatte. Und es gefiel mir. Ich wollte Nova. Alles von ihr. Ich wollte jene Dinge mit ihr ausprobieren, die mir bisher verwehrt geblieben waren. Wollte den Geschmack ihrer Haut und ihrer Mitte auf meiner Zunge spüren.
Doch dann holte mich die Realität wieder ein und ich drücke sie sanft von mir. »Warte. Ich wollte dich gerade umbringen, Nova. Wie kannst du also daran denken, mich einfach so zu küssen.«
Abermals fuhr sie mir durchs Haar. »Ich hatte eine Vision von dir, Sidney. Ich wusste, dass du kommen würdest, aber nicht, wie das hier ausgehen würde. Ich habe es so satt, mich nach irgendwelchen Prophezeiungen zu richten oder mein Leben von der Unendlichkeit bestimmen zu lassen.«
Ich presste meine Lippen fest aufeinander. »Ich habe es auch satt.«
»Als ich dich gesehen habe ... Ich meine, als du mich berührt hast, habe ich irgendetwas gespürt. Etwas, dass nicht sein dürfte. Zumindest nicht nach so kurzer Zeit. Da wusste ich, dass ich dich wollte, Sid. Aber ich hatte auch Angst. Angst, dass du mich töten würdest, wenn ich dir die Wahrheit sage. Dass du mich nicht akzeptieren könntest, weil ich anders bin.«
Mir stiegen heiße Tränen in die Augen, die von dem kalten Wasser aus dem Duschkopf rasch wegschwemmt wurden. »Ich war in Begriff dich zu töten, Nova. Bitte sei ehrlich und sag mir nicht, dass du das getan hast, damit ich dich verschone. Ich muss wissen, ob deine Worte der Wahrheit entsprechen oder nicht.«
Sie zwirbelte eine meiner Haarsträhne zwischen Daumen und Zeigefinger, ehe sie sagte: »Dann beweise ich es dir. Hier und jetzt.«
Und mit einem Mal war ich diejenige, die die eiskalte Wand an ihrem Rücken spürte. Das Adrenalin schoss durch meine Adern und mein Herzschlag vervierfachte sich. Nova sank langsam zu Boden, bis ihre Lippen auf der Höhe meiner Vagina waren. Dann versank sie in ihr. Zärtlich fuhr sie mit ihrer Zungenspitze meine Klitoris auf und ab und brachte mich dabei um den Verstand.
»Fuck, ja!«, schrie ich und verstand nun, wieso ihre Anhänger sie so sehr liebten. Wieso sie die Aquamarinianer für sich beanspruchen und immer mit ihnen zusammensein wollten.
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FIVE | 𝒮𝒾𝒹𝓃ℯ𝓎
Ich hatte sie gefickt. Hemmungslos uns wild. Und sie hatte mir das gegeben, wonach ich so lange gesucht hatte. Wir legten mehrere Runden ein, vergaßen, weshalb wir eigentlich hier gewesen waren. Dass wir im Grunde genommen verfeindet waren, oder zumindest angenommen hatten, es zu sein.
Und dann redeten wir. Sie erzählte mir alles über sich, Caspia und über ihre Fähigkeiten, die uns vermutlich retten oder das Leben kosten würden.
»Und sie haben jeden mit besonderen Fähigkeiten verbrannt?«
»Ja«, antwortete sie mit belegter Stimme. »Wir dachten, dass es falsch wäre, anders zu sein. Seitdem wir auf der Erde sind, haben wir begriffen, dass wir Unrecht hatten und eine vielfältige Bevölkerung genau das ist, was wir auf Aquamarin gebraucht hätten.«
»Nicht zu fassen ... Euer Volk wirkte so ...«
»Perfekt?«, vollendete sie meinen Satz.
»Ja.«
Sie wandte ihre Augen gen Decke. Dachte für einen Moment lang nach ehe sie sagte: »Perfektion ist eine Utopie, die selbst die Eternity nie erreichen könnte. Wir haben ein Ideal angestrebt, das in keinem Universum existiert.« Dann drehte sie sich wieder zu mit und hauchte mir einen sanften Kuss auf die Lippen. »Die Perfektion in etwas scheinbar Nicht-Perfektem zu sehen, ist dass, was wir hätten begreifen müssen. Aber es war zu spät.«
»Klingt es abwegig, wenn ich sage, dass ich ein Stück weit froh bin, dass es so weit gekommen ist? Denn andernfalls hätte ich dich nie kennengelernt ...«
»Abwegig? Nein.« Abermals ließ sie ihren Blick in Richtung Decke wandern. »Jeder wählt sein Glück selbst. Das ändert auch nichts daran, welche Umstände gerade herrschen.«
»Du bist so völlig anders als noch vor ein paar Stunden, Nova.«
Sie grinste. »Wenn man schon so lange in der Ewigkeit gefangen war, wie unser Volk, dann betrachtet man das Leben mit anderen Augen. Ein Tag, eine Stunde und ein einzelner Moment fühlen sich an wie Jahre. Wozu also Zeit vergeuden.«
Nova hatte recht. Es musste irgendwie vorangehen, denn andernfalls würden wir uns selbst im Wege stehen. Nicht die Ewigkeit hielt uns gefangen, sondern wir uns selbst.
»Denkst du, wir können unseren Planeten irgendwie retten?«
»Ich bin mir nicht sicher, was die Eindringlinge wollen. Aber ich vermute, dass sie nicht vorhaben, diese Welt so schnell wieder zu verlassen ...«
»Wir brauchen einen Plan.« Am besten noch bevor mein Bruder hier eintrifft.
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4400 Wörter.
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