54.
Ich hörte langsame Schritte hinter ihr, die aus der Küche immer näher kamen und genau so langsam wagte ich es auch einen Blick hinter ihre Schulter zu werfen.
Als ich dann die mir bekannte Person erblickte, setzte in dem Moment mein Herz völlig aus.
"Hey Kleine."
Kann mich jemand mal bitte kneifen?
Passierte das gerade wirklich oder befand ich mich mal wieder in einer meiner Träumen, die ich in letzter Zeit so oft hatte?
Mein Herz pochte inzwischen so laut, dass es bestimmt die zwei Personen vor mir, die ich am meisten auf dieser Welt liebte, hören konnten. Ich traute meinen Augen nicht. Meine Tränensäcke schienen sich wieder mit tonnenweisem Wasser zu füllen, die in wenigen Sekunden sicherlich ausbrechen würden.
Wie gelähmt versuchte ich meine geöffneten zittrigen Lippen zu einem Satz zu formen, doch wirklich gelingen tat es mir nicht.
Er war es. Die Person, die vor mir stand, war nicht blond und hatte grüne Augen. Er war nicht mit klotzweisen Muskeln aufgepumpt, oder hatte dieses schmierige Lächeln auf den Lippen. Er hatte mich nicht 'meine Schöne' genannt, wie sonst. Denn es war gar nicht Caleb, der vor mir stand, was ich eigentlich erwartet hatte.
Die Person, die vor mir stand, hatte die weichsten braunen Haare und die schönsten blauen Augen, die ich je zuvor gesehen hatte. Die Person, die vor mir stand, hatte den schönsten Charakter, den ich kennenlernen durfte und die perfekten muskelösen Arme, in denen ich mich am meisten wohl und sicher fühlte. Diese Person hatte mich wieder 'meine Kleine' genannt, was ich in letzter Zeit so sehr vermisst hatte.
Die Person, die vor mir stand, war die Person, in der ich mich unsterblich verliebt hatte.
Es war die Person, die ich meinen Freund nennen durfte.
"Willst du noch ewig dort stehen bleiben, oder endlich in meine Arme kommen?" seine tiefe und raue Stimme jagte mir eine Gänsehaut über meinen ganzen Körper , während dieser Blödmann, der mir in den letzten Tagen das schmerzhafteste Kummer meines Lebens zugefügt hatte, mich angrinste.
Mit einem mal wandelte sich die Trauer in mir in Wut um und mit langsamen Schritten ging ich auf ihn zu, während er noch immer mit ausgebreiteten Armen auf mich wartete.
Noch zwei Schritte bis ich ihn erreichen würde und das Lächeln auf seinen Lippen wurde immer größer.
Direkt vor ihm blieb ich stehen und er legte seine Arme um meine Taille, die die allbekannten Schmetterlinge in meinem Bauch hervorriefen. Doch anstatt, dass ich seine Umarmung erwiderte, was er eigentlich zu erwarten schien, hob ich meine rechte Hand und verpasste ihm eine heftige Schelle auf seine linke Wange.
"Auu, geht's noch?! Wofür war denn der?!" abrupt ließ er mich los und rieb sich schmerzerfüllt seine linke Wange, auf der sich ein roter Abdruck von meiner Hand abgebildet hatte.
"Wofür der war?! Das fragst du noch?! Der war dafür, da ich dachte du seist tot! Weißt du was ich in letzter Zeit alles durchmachen musste?!" meine Stimme zitterte zum Ende hin, bevor ich fast in Tränen ausbrach, währenddessen schaute er mich verzweifelt und schuldbewusst an.
"Grace, es tut-...."
Bevor er seine Entschuldigung zu Ende führen konnte unterbrach ich ihn. Seine Entschuldigung brauchte ich jetzt nicht, vielmehr brauchte ich gerade was ganz anderes.
Seinen Satz unterbrach ich indem ich meine Lippen stürmisch auf seine presste. Wie lange hatte ich diese vollen Lippen schon vermisst?
Kyle schien im ersten Moment ganz schön überfordert und brauchte einige Sekunden meine Tat zu realisieren, ehe er meine Hüfte mit seinen kräftigen Armen umschlang und mich gierig zurück küsste. Unsere Lippen bewegten sich im Einklang und jede verstaute Emotion seit letzter Zeit wurde in diesem Kuss hineingesteckt, angefangen mit Sehnsucht, Trauer, Verzweiflung, Gier und zuletzt Liebe.
Gerade als seine Zunge mich um Einlass bot, weckte uns eine unschuldige Stimme aus unserem Rumgemache.
"Ich lasse euch Kinder dann lieber mal alleine. Ich bin in der Küche." mit schnellen Schritte verschwand meine Oma aus dem Wohnzimmer und ließ uns somit alleine.
"Du hast ganz schön Stimmungsschwankungen, Kleine. Erst verpasst du mir eine und direkt darauf fällst du über mich her." er grinste gegen meine Lippen, während er seine Stirn gegen meine lehnte und meine Haare hinters Ohr strich. Auch ich musste leicht lächeln über mein Verhalten.
Was soll man machen? Dieser Junge brachte mich einfach um den Verstand.
Aber ich liebte ihn trotzdem.
"Komm mit in mein Zimmer." flüsterte ich ihm zu und griff nach seiner Hand, um ihn hinter mir her zu ziehen.
"Woah jetzt will sie auch noch unanständige Dinge mit mir anstellen. Gott sag mir, wozu hab ich das alles verdient?" er legte seine Hand spielerisch auf sein Herz und grinste mich anzüglich an, während ich ihm lachend auf die Brust schlug.
"Klappe Idiot. Das hätte auch schlimm kommen können. Meine Granni war nur vor uns." ich zwinkerte ihm zu, während er mich empört ansah.
In meinem Zimmer angekommen setzte ich mich auf mein Bett, während sich Kyle etwas umsah und sich dann auch setzte.
"Erzählst du mir jetzt endlich, was passiert ist? Wo warst du in letzter Zeit? Wie bist du aus dem Lager herausgekommen?" ich schaute ihn besorgt an, während er tief Luft holte und dann anfing zu erklären.
"Grace, zuerst einmal tut es mir unendlich Leid, dass ich dir so eine große Angst eingejagt habe. Du musst mir glauben, dass es nicht meine Absicht war. Ich wäre sofort zu dir gekommen, wenn das möglich gewesen wäre. Es war auch genauso schmerzhaft für mich von meiner Freundin solange getrennt zu sein. Als du damals aus der Halle gerannt warst, war ich noch in diesem Raum und wurde noch ein weiteres Mal von Noah attackiert. Ich konnte dem Schuss jedoch entfliehen und hatte den hinteren Ausgang als Rettung benutzt. Noch ein letztes Mal hatte ich mich zu ihm umgedreht und hatte zwei mal auf ihn geschossen. Das eine Mal hatte ich ihn getroffen, der zweite Schuss hatte jedoch eine dieser Gasflaschen hinter ihm getroffen, was diese kleine Explosion verursacht hatte."
Ich sah ihn geschockt an und nahm seine Hand in meine, ehe ich ihn aufforderte fortzufahren.
"Ich hatte mich noch rechtzeitig retten können und rannte in den Wald, wo mich einige CIA-Leute erwartet hatten. Sie hatten mir versichert, dass es dir gut ginge und du in Sicherheit wärst. Aufgrund meiner Schusswunde wurde ich in einer der Hubschrauber hineingefördert, der mich zu einem anderen Krankenhaus als bei dir gebracht hatte."
"A-aber, warum hatte die CIA mir verschwiegen wo du warst? Wo warst du die ganze Zeit?"
"Die meiste Zeit wurde ich im Krankenhaus gehalten. Dass sie mich dir verschwiegen hatten, hatte einen bestimmten Grund, Grace. Sie hatten eine Schweigepflicht was mich anging und wollten nur sicher gehen, dass wir nun komplett in Sicherheit waren. Die Verhaftung von Iwan Morosow und seinen Leuten mussten zuerst einmal richtig abgeregelt und gesichert werden. Zu dem mussten alle überbleibenden Beweismittel aus dieser Halle entsorgt werden, erst als diese Aufgaben erledigt wurden, durfte ich auf freien Fuß." er lächelte mich die ganze Zeit über an und streichelte meine Haare.
"Also ist dann alles wieder gut jetzt?" ich schaute zu ihm hinauf und er gab mir einen Kuss auf die Stirn. Wir hatten uns während des Gesprächs hingelegt, sodass mein Kopf auf seiner Brust lag und unsere Beine miteinander verschlungen waren.
"Es ist alles wieder gut Grace. Ich bin jetzt bei dir und so schnell wirst du mich nicht mehr los."
"Du meinst wohl NIE WIEDER."
"NIE WIEDER, Grace."
"Ich liebe dich Kyle."
Sofort legte sich die Stille im Raum.
Noch immer war es still, nur das Ticken der Uhr war zu hören.
Sein Atem hatte sich gewaltig verschnellert, genau so wie meiner. Die Worte waren mir so schnell herausgerutscht, sodass ich es zuerst nicht realisiert hatte. Jedoch bereute ich es nicht. Diese Worte waren mein voll und Ernst.
"Wiederhole das." seine Stimme war nur ein Flüstern und er starrte dabei die Luft anhaltend die Decke über uns an.
"Du meinst wohl nie wieder?" unschuldig mit einem fetten Grinsen schaute ich zu ihm hinauf. Mir war es sehr wohl klar, welche Worte er eigentlich hören wollte. Aber warum nicht ein bisschen den lieben Kyle zappeln lassen?
Plötzlich schnellte er hoch wie ein Blitz und stützte sich über mich, während er mich eindringlich ansah. "Nicht das! Das danach. Sag es noch mal."
Diesmal war ich es, die wie ein Blitz hoch schnellte und uns andersrum drehte, sodass ich nun rittlings auf ihm drauf saß. Langsam lehnte ich mich weiter zu ihm hinunter und strich meine Lippen federleicht über seine. Quälend sah er meine Lippen an und hob seinen Kopf um mehr zu bekommen, ich aber rückte meinen Kopf feindlustig zurück. Der Ausdruck, der sich nun auf seinem Gesicht abbildete, war mehr als nur amüsant.
Da ich jedoch auch nicht mehr abwarten konnte ihn endlich wieder zu küssen, tat ich ihm einfach den Gefallen.
"Ich liebe dich, Kyle Adams!"
Seine blauen Augen strahlten mehr als je zuvor und ein unbezahlbares Lächeln erschien auf seinen rosa Lippen. Er konnte es scheinbar selber noch nicht fassen, dass ich ihm meine Liebe endlich mal gestanden hatte, denn er schien glücklicher als eh und je zu sein.
"Ich liebe dich auch, Grace Bertha Monroe!"
Gerade als er unsere Lippen endlich vereinen wollte, zog ich meinen Kopf erneut zurück, ehe ich ihn stirnrunzelnd ansah.
"Woher kennst du meinen zweiten Namen?!" meine Stimme klang nun gefährlich ruhig, denn ich hasste diesen Namen über alles.
Unschuldig grinste er mich an und pikste mir in die Seiten. "Deine Granni"
"Natürlich doch! Wer auch sonst. Nenn mich nie wieder so, der Name ist hässlich."
"Ist notiert, Grace Bertha."
"Kyle!" lachend schlug ich ihn wieder, diesmal aber mehr als nur einmal, während Kyle mit Lachtränen in den Augen versuchte sich zu wehren.
"Ok ok, ich hör auf. Jetzt lass uns endlich diese Bett wackeln lassen." als wäre dies das Schlusswort, dreht er uns erneut um, drückte mich in meine Matratze und presste die Lippen auf meine.
Seinen letzten nicht ganz jugendfreien Kommentar ignorierte ich mal ausnahmsweise grinsend und erwiderte seinen Kuss gefühlvoll.
Und wie ich diesen Jungen auf mir liebte!
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