33.
"Na dann. Es wird Zeit Abschied von Las Vegas zu nehmen, immerhin geht unser Trip ja noch weiter."
"Wann erzählst du mir denn endlich wo wir hinfahren?"
"Ähmm lass mich kurz überlegen.....gar nicht."
Beleidigt verschränkte ich meine Arme und schaute Kyle finster an, doch das machte ihm reichlich wenig aus. Ganz im Gegenteil, vielmehr schien er sich mal wieder über mich zu amüsieren. Aber immerhin ignoriert er mich nicht mehr so wie anfangs, wobei ich mich frage, ob mir das nicht doch besser gefallen hätte, als immer dumm da zustehen bei ihm.
Kyle hatte vorhin kurz am Straßenrand geparkt und gab irgendeine Adresse in sein Handy ein, für welches er letztens von Hunter eine neue SIM-Karte bekommen hatte. Seither wollte er mir einfach nicht sagen, wohin wir fahren. Als würde es ein Unterschied machen, ob ich es jetzt erfahre oder später.
Na wenigstens hoffe ich, dass diese Spannung sich im Nachhinein lohnt.
Wir fuhren mittlerweile schon über zwei Stunden, in denen Kyle immer wieder mal einen verstohlenen Blick auf mein Outfit warf. Jedes Mal schaute er mich kurz von oben bis unten an und richtete seinen Blick wieder auf die Straße, wobei er ganz sachte mit dem Kopf immer schüttelte.
Auch jetzt schon wieder.
Genervt blickte ich ihn direkt an und zog fragend eine Augenbraue hoch.
"Was ist, Kyle?!"
"Hast du darunter noch was an?"
Mein Atem stockte und ich schaute perplex zu ihm. Seine abrupte Frage kam sehr plötzlich.
"Trägst du etwa unter deinem Bademantel Klamotten?"
"Ich meine, da wo wir hinfahren wäre es ein bisschen unangebracht, wenn du so halbnackt aufkreuzt, findest du nicht?"
"Bitte? Und was soll ich deiner Meinung nach sonst tragen?"
"Was weiß ich? Warum hast du deine Klamotten nicht mitgenommen? Ich hab immerhin meine Sachen auch dabei im Koffer."
"Du hast mir nicht mal die Zeit gelassen dafür?! Wann hätte ich das machen sollen?"
Ich schaute ihn entrüstet an und verstand diesen komischen Jungen mal wieder nicht.
"Oh Gott. Das heißt jetzt also, ich muss nun auch noch mit dir shoppen gehen. Und das auch noch auf mein Nacken." er seufzte und legte seinen Kopf in den Nacken, während er das Steuer fest in den Händen hielt.
"Anscheinend schon." dieses Mal bin ich diejenige, die breit grinst.
Ich schaute ihn wieder von der Seite an und betrachtete sein Gesicht. Seine Haare lagen wieder einmal verwuschelt in seiner Stirn und seinen Anzug hatte er auch schon längst wieder zu einen großen Pullover und Jeans gewechselt. Er sah ziemlich erschöpft aus und die Augenringe dazu waren nicht zu übersehen. Immerhin hat er letzte Nacht kaum ein Auge zu gemacht.
Plötzlich erinnerte ich mich daran, dass mir Kyle im Fahrstuhl noch erzählen wollte, wie es eigentlich überhaupt zu dem Vorfall heute Morgen gekommen war.
Ich blickte wieder zu ihm und dieses Mal prangt der blaue Fleck auf seiner Wange noch mehr als zuvor und auch seine Fingerknochen sahen nicht gerade gesund aus. Sie waren mit Kratzern und ein par getrockneten Blutspuren übersäht.
"Kyle?"
"Hmm?"
"Du wolltest mir im Fahrstuhl noch erzählen, wie der Typ uns gefunden hatte."
"Hmm."
Ich sah ihn gespannt an und wartete auf eine Antwort seinerseits, aber wie immer kam nichts.
"Und? Wie?"
"Naja, es hatte an der Zimmertür geklopft und ich dachte es wäre nur der Zimmerservice. Also hatte ich die Tür geöffnet und der Typ ist mit einer Waffe auf mich losgerannt. In der Zeit, wo ich mich verteidigen musste, warst du ja so schön unter der Dusche und hast mal wieder nichts mitbekommen.
"Oh. Tut mir leid, hab wohl wegen dem Wasser nichts gehört und war zu sehr in meinen Gedanken."
Ich schaute beschämt auf meine Hände, die in meinem Schoß vergraben waren. Dabei spürte ich, wie er mich von der Seite anblickte.
"Worüber hast du denn nachgedacht, dass du so abwesend warst?"
Nun schaute ich zu ihm und meine Wangen färbten sich wahrscheinlich rot in diesem Moment. Dass ich an ihn gedacht hatte und die ganzen Momente, die gestern Abend passiert waren, oder seine Fürsorglichkeit gestern.... Einfach alles hier. Das ist so surreal, was ich in den letzten paar Tagen erlebt habe. Und dass das erst die Hälfte vielleicht ist, macht mir einfach nur mehr Angst.
Werden wir es überhaupt noch gesund und heil hier rausschaffen? Oder was wird zwischen uns passieren, wenn das alles hier vorbei ist? Denn je mehr man mit einer Person Zeit verbringt, desto mehr wird die Person einem wichtiger und Kyle.....keine Ahnung was ich über ihn denken soll.
Mal ist er so ein Arsch und mal ist er wieder so unglaublich nett. Und genau das meinte glaub ich Sava, dass es schwer se ihn zu durchblicken, aber die Menschen die ihm was bedeuten, lässt er an sich ran.
"Grace? Worüber denkst du denn schon wieder nach?"
Ich zuckte bei seiner Stimme zusammen und merkte, dass ich schon wieder wegen ihm in Gedanken versunken war.
"Ähm nichts. Ich habe Hunger, können wir nicht irgendwo anhalten, wo man essen kann?"
Er sah mich stirnrunzelnd verwirrt an, aber schließlich nickte er einfach nur schlicht und hackte nicht weiter nach, wofür ich ihm insgeheim dankbar war.
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"Ich kann so doch nicht aussteigen?"
"Warum nicht?"
"Weil ich vielleicht nur ein Bademantel trage?!"
Wir waren nach zwei weiteren Stunden endlich an einem Restaurant angekommen, bis dahin lag kein einziger Fastfood laden oder derartiges auf der Stecke, nur zig Tankstellen. Wo waren wir nur gelandet?
Ich saß gerade noch im Auto und Kyle stand vor mir draußen und stützte sich an der geöffneten Tür und an dem Autodach ab, während er umher blickte.
"Kyle, kannst du nicht einfach dort reingehen und Essen holen?"
"Tzz hoff mal nicht."
Er wendete sich von mir ab und ging ein paar Schritte zurück. Ich schaute ihn verwirrt an als er plötzlich seinen Pullover auszog und ihn mir hinhielt. Als er merkte, dass ich ihn nicht annahm, sondern ihn immer noch fragend anschaute, ließ er ein Seufzen raus.
"Soll ich dir jetzt auch noch helfen dich auszuziehen?"
Er sah mich abwartend an und ich rollte die Augen, ehe ich ausstieg und ihm den Pullover aus der Hand riss.
"Tzz hoff mal nicht." wiedergab ich seine eigenen Worte zuvor.
Mit diesen Worten drehte ich mich wieder um, während ich sein raues Lachen hinter mir wahrnahm. Ich war gerade dabei wieder ins Auto zu steigen, damit ich mich umziehen konnte, dabei machte Kyle jedoch keine Anstalten sich irgendwie umzudrehen und mir wenigstens diese eine Privatsphäre zu schenken.
Ich sah ihn abwartend an, damit er sich umdrehte, ehe er genervt nachgab und hinters Auto verschwand. Währenddessen stellte ich sicher, dass mich keiner von draußen sah. Wenigstens hatte Kyle in einer Ecke nähe des Gebüsches geparkt, sodass hier zu meinem Glück keiner vor dem Auto war.
Eilig zog ich meinen Bademantel aus und gleich darüber seinen Pullover. Sofort hüllte mich sein angenehmer Duft ein und dass ich noch einmal mit verschlossenen Augen daran roch, konnte ich einfach nicht lassen. Mit einem Blick in den Rückspiegel, richtete ich meine Haar nochmal und band sie zu einem Dutt.
Nur in einem Pullover und Badelatschen stieg ich aus dem Auto und sah an mir herunter. Sein Pullover war mir deutlich zu groß, sodass er mir bis zur unterhalb meiner Oberschenkeln reichte, genauso waren auch die Ärmel viel zu riesig.
Aber immer noch besser als vorher.
Mit langesamen Schritten ging ich zögerlich zu Kyle, der hinten am Kofferraum lehnte und durch die Gegend schaute. Als ich mich vor ihm stellte, schenkte er mir seine Aufmerksamkeit. Sofort fuhr sein Blick einmal über meinen gesamten Körper, doch anders als normalerweise war es mir diesmal überhaupt nicht unangenehm. Ich fühlte mich wohl und hatte keinen Selbstzweifel, dass ich mich irgendwie über mein Aussehen und meinen Körper schämen musste. Denn das war nicht nötig, da jeder mit sich selber zufrieden sein sollte, erst dann wurde das Selbstbewusstsein gestärkt.
Als Kyles Augen wieder meine trafen, schlich sich ein zartes Lächeln auf seinen Lippen, was mich nun auch automatisch lächeln ließ. Doch dieses Lächeln verschwand wieder von seinen Lippen und er stemmte sich vom Auto ab, ehe er sich Richtung des Restaurants bewegte. Ich schaute ihn verwirrt an, weil ich diesen Typen einfach nicht verstand. Was lief eigentlich in seinem Kopf ab?
"Kommst du Kleine? Ich dachte du hast Hunger."
Ich nickte ihm zu und eilte zu ihm, sodass ich neben ihm lief. Meine Gedanken drehten sich wieder um ihn, weil ich seine Stimmungen und seine Verhalten einfach nicht zuordnen kann.
"Werde ich jemals erfahren, was in deinem Kopf eigentlich vorgeht?" es war nur ein flüstern meinerseits, aber er hatte es verstanden. Er schaute überrascht zu mir, ehe sich sein Gesicht zu einem Grinsen wechselte.
"Ich bezweifle, dass du es wirklich wissen willst." er machte eine kurze Pause als wir beim Eingang angekommen waren. Er hielt mir die Tür auf, während er sich dabei noch einmal zu mir hinunterbückte und mir was ins Ohr flüsterte "Das ist nämlich nichts für kleine Mädchen. Verstehst du?"
Mit diesen Worten schob er mich ins Restaurant, wobei ich zuerst geschockt war, dann aber meine Augen verdrehte und ihm den Mittelfinger zeigte. Er lachte nur amüsiert über mich und schon wieder konnte mich dieser Typ einfach nicht ernst nehmen.
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