Die Sonne prasselte mit all ihrer Kraft auf die Köpfe der Schüler der Klasse 9b. Samantha lief dicht hinter Melanie und Nora, um ja kein Wort der beiden Freundinnen zu verpassen. Dabei liefen ihr Schweißperlen über die Nase, die sie hektisch wegwischte.
"Ich finde es total scheiße, unsere Klassenfahrt in dieses saublöde Bosnien machen zu müssen", ärgerte sich Melanie.
"Ja, warum können wir nicht einfach wie jede andere Klasse auch nach Mallorca oder Barcelona fahren!", jammerte Nora.
"Dieser olle Riedel! Warum muss gerade ER unser Klassenlehrer sein!" Bei Melanies Worten blieben die beiden Mädchen abrupt stehen und Samantha stieß von hinten gegen sie. "Sorry!"
Die beiden Freundinnen lächelten Samantha zu und wandten ihren Blick wieder nach vorne. Zu dem hageren, kleinen Lehrer mit Hornbrille. Wenn man sich einen typischen Geschichtslehrer vorstellen müsste, würde man wohl immer automatisch Herrn Riedel vor sich sehen, dachte Samantha.
"Wie ihr wisst, ist Sarajewo nicht nur für seine wunderschöne Architektur bekannt, sondern auch...?", damit wandte Herr Riedel sich an seine Klasse und hoffte, dass jemand wohl die richtige Antwort auf seine Frage parat hätte. Es gab da zwei, drei Geschichtsliebhaber in der 9b, auf die er sich meist verlassen konnte. Aber, wie immer bei solchen uneindeutigen Fragen, meldeten sich die besonders witzigen Schüler zu Wort: "Für die hübschen Mädels?", rief Marc, einer der großen, coolen Jungs. "Oder extrem starken Sonnenschein?", kicherte Lukas und seine roten Locken wallten auf und nieder als er über seinen eigenen Witz lachte.
"Nein, natürlich nicht", antwortete Herr Riedel genervt. "Vielleicht hast du eine Idee, Samantha?"
"Ich? Öhh... es ist die Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina?", war sich Samantha unsicher.
"Ich merke schon, Geschichtsunterricht läuft bei Ihnen", amüsierte sich Frau Lutz, die als zweite Lehrkraft mit auf Klassenfahrt gekommen war. Sie unterrichtete Deutsch und Geografie und freute sich sichtlich, dass wenigstens einer der Schüler, die Hauptstädte Europas kannte.
Mit einem bissigen Seitenblick auf Frau Lutz rief Herr Riedel gut hörbar für alle: "In Sarajewo entzündete sich der entscheidende Funke, der den Ersten Weltkrieg entflammen ließ!"