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6) Verschwommene Erklärungen

"Sie ist verwirrt. Es war schwierig mit ihr", gestand Jost. "Du hattest Recht, Bertha. Ich hätte dich mitnehmen sollen. Eine weibliche Begleitung wäre sicherlich -"

Ich hatte genug. "Schluss jetzt mit dem Theater!", schrie ich, seinen Redeschwall unterbrechend. Und mit einem Blick auf die verschüchtert dreinschauende Sophie fügte ich hinzu, "Und ich bin nicht verrückt! Wenn, dann seid ihr das!" Ich konnte es mir gerade noch verkneifen, mit dem Fuß aufzustampfen.

Meine Tirade hatte sie nicht vom Gegenteil überzeugt, sie verharrte hinter dem Rücken der Frau, die Jost Bertha genannt hatte.

Berthas trübblauen Augen erfassten meine Beine, die unter meinem knielangen Kleid hervorblickten. Zumindest waren meine Beine rasiert, stellte ich mit einem schnellen Blick fest und atmete erleichtert aus. Bertha hingegen runzelte die Stirn. Jost folgte ihrem Blick und errötete leicht.

"Immerhin wurde sie erst 1998 geboren. Die Mode hat sich verändert."

Bertha schüttelte den Kopf und hob den Blick von meinen Füßen zu meinem, im Gegensatz zu ihrem, doch recht großzügigen Dekolleté. "Die Mode und das Benehmen. Ein Glück, 1870 geboren worden zu sein. Möchte man meinen." Ihre Stimme klang streng.

Sophie verfolgte alles aus ihrem sicheren Versteck. Ihr plapperndes Mundwerk verstummt.

Ich räusperte mich. "Ich darf doch sehr bitten. Wenn wir schon vom Manieren sprechen. Wer hat mich denn gegen meinen Willen entführt?"

Berthas stechende Augen ließen von mir ab und senkten sich auf Jost. "Du warst doch hoffentlich höflich und hast ihr alles erklärt?"

Jost hob die Schultern zu einer erklärenden Geste. "Ich fand keine Gelegenheit. Sie hat mir nicht zugehört."

Bertha seufzte. "Kann man dich denn auch gar nichts alleine machen lassen." Sie machte ein paar Schritte auf mich zu. "Luise, das alles muss dir sehr seltsam vorkommen. Lass es mich erklären."

"Na gut. Eine Chance gebe ich dir. Vielleicht kannst mich besser überzeugen als er." Ich vollführte eine anklagende Geste in Josts Richtung und folgte der Frau in einen weiteren Raum. Es war eine Art Esszimmer mit gemusterten Tapeten an den Wänden, schweren Vorhängen zu jeder Seite der Fenster. In der Raummitte stand ein großer, runder Tisch. Teller, Besteck, Gläser, Karaffen und edle Stoffservietten lagen bereit. Dazwischen ein üppiges Blumengesteck. Zu dem süßen Duft der Rosen gesellte sich der Geruch nach Zwiebeln und Braten. Gegen meinen Willen lief mir das Wasser im Mund zusammen.

"Setzen wir uns doch." Bertha bot mir einen Platz. Das Dienstmädchen sprang eilfertig herbei und zog mir den Stuhl heran. Noch immer völlig benommen ließ ich mich nieder. Bertha folgte meinem Beispiel, Sophie in einem gebührenden Abstand und Jost zu meiner Linken. Für einen kurzen Moment stieg Panik in mir auf. Sie hatten mich eingekesselt. Vermutlich wäre es das Klügste, meinen früheren Plan wieder aufzugreifen, und die Beine in die Hand zu nehmen. Dann atmete ich tief durch und beruhigte mich. Mein Blick glitt über die mit Ornamenten und Blumenmuster verzierte Tapete in jeden Winkel des Raumes. Ich suchte die Kameras. Sie mussten wirklich gut versteckt sein. Das Mädchen schenkte mir Wasser aus einer Glaskaraffe ein, dann Bertha, Sophie und dem einzigen Herren am Tisch.

Ich wartete, bis Bertha das Glas zum Mund geführt hatte und ich sicher war, dass sie geschluckt hatte, bevor ich ebenfalls trank. Es schmeckte wie Wasser. Klar und rein. Ich konnte nichts Komisches daran ausmachen. Gierig leerte ich das Glas in einem Zug. Kaum hatte ich es hingestellt, war das Mädchen erneut heran und schenkte mir nach. Ich bedankte mich knapp.

"Ich höre." Jemand war mir eine Erklärung schuldig. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, und besser es wäre eine verdammt gute.

Bertha räusperte sich. "Du befindest dich im Jahr 1892", fuhr sie fort und ihre Worte ließen mich nicht unbeeindruckt.

Das Blumengesteck verschwamm vor meinen Augen, ihre Wort verblurrten zu einem unverständlichen Singsang. Ich klammerte mich an der Tischkante fest, sodass meine Knöchel hervortraten. Da war er wieder, dieses Schwindelgefühl, das ich schon beim Einsteigen in die Kutsche gespürt hatte. Doch das Wasser? Ich blinzelte. Versuchte krampfhaft nicht vom Stuhl zu kippen, während sich der Raum um mich herum zu drehen begann.

"Es ist der erste September." Berthas Stimme drang von weit her zu mir durch. "Hamburg wird seit Wochen von einer Cholera-Epidemie heimgesucht." Ich hörte die Worte, aber mir gelang es nicht, den Sinn dahinter zu erfassen. "Es ist furchtbar. Tausende sind gestorben. Viele aus der Stadt geflüchtet. Die Straßen sind leer." Ich presste die Hände auf die Ohren, aber sie sprach weiter. Alles verschwamm. Eine männliche Stimme mischte sich dazwischen. "Wir sind deine Vorfahren." Ich wimmerte. "Die Stadt wird nie wieder so sein wie zuvor." Die Stimme wollten nicht verschwinden, sprachen einfach weiter. Auch das Zimmer weigerte sich beharrlich, sich in Luft aufzulösen, es schwirrte vor meinen Augen. Gemusterte Tapete, Vorhang, Blumenarrangement. Sogar der Duft war geblieben.

"Das Leben wird nie wieder so sein, wie wir es kennen."

Ich fühlte mich wie erstarrt, gefangen in einem Strudel der Zeit. Unfähig zu entfliehen.

"Es ist Zeit, dass die Menschen enger zusammenrücken." Kein klarer Gedanke war mir möglich. "Dass wir aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen."

Ich versuchte, etwas zu sagen, brachte aber keinen Laut hervor.

"Sie ist verrückt, oder?" Eine piepsende Mädchenstimme.

"Sie kommt aus einer anderen Zeit. Auch dort gibt es eine Seuche."

Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass es aufhören würde. Bescheuerte Erklärung. Berthas Gesicht tanzte vor meinen Augen, ihr Mund bewegte sich. Erst dann registrierte ich, dass ich auf dem Boden lag. Die weiße Decke über mir. Dann ein anderes Gesicht in meinem Blickfeld. Der Mann mit den dunklen Haaren. Eine Strähne fiel ihm ins Auge. Er wischte sie unwirsch weg.

"Ich habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten für jeden Ansteckungskeim angetroffen wie in den sogenannten Gängevierteln, die man mir gezeigt hat, am Hafen, an der Steinstraße, an der Spitalerstraße oder an der Niedernstraße." Jetzt war er mir ganz nah. "Du musst uns helfen! Wir müssen etwas unternehmen!"

Eine andere Stimme dazwischen. "Lass sie. Merkst du nicht, dass es zu viel für sie wird."

"Stirbt sie?" Die Kleinmädchenstimme. Das dazugehörige Mädchen nicht zu sehen. Warum hörte der Raum nicht endlich auf, sich zu drehen. Unentwegt.

"Jost, leg sie auf das Kanapee. Es hat keinen Sinn." Starke Arme griffen unter mich, hoben mich hoch. "Wir müssen abwarten, bis sie ganz angekommen ist. Es war eine lange Reise."

Der Raum schwankte. Jemand trug mich. Dann änderten sich die Raumverhältnisse erneut. Das Licht wurde dämmrig.

Jemand hatte die Vorhänge zugezogen.

"Lasst sie ausruhen, danach wird es ihr besser gehen."

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