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... Wir bestehen daher auf die Eheschließung am Samstag, dem 10. August und auf die Einhaltung des damit abgeschlossenen Vertrages ...
Wollte mich dieser alte Hurenbock eigentlich verarschen?
Erst besaß er die Dreistigkeit und entführte MEIN Mädchen und denkt nun allen Ernstes, dass ich seinen Forderungen nachgebe?
Mit einem wütenden Aufschrei schleuderte ich den massiven gläsernen Briefbeschwerer gegen die Wand und das klirrende Zersplittern verschaffte mir für den Bruchteil einer Sekunde immense Befriedigung.
Meine Mutter kam in das Büro geeilt und sah für einen Herzschlag geschockt drein, bevor sie ihre Mimik wieder im Griff hatte.
„Willst du mir erzählen, was Sache ist?", fragte sie mit einem ergebenen Seufzer und schob mit ihrem High Heels die Scherben in eine Ecke.
Blitzschnell traf ich die Entscheidung für meine Zukunft ...
Mir war schon länger klar, dass ich die Hochzeit mit dem blondierten Gift nicht durchziehen konnte, doch nun wusste ich, dass ich dies auch ohne den Segen meiner Eltern machen würde.
„Ich werde die Hochzeit mit Sarina absagen, Mutter. Mir ist klar, dass dies gegen Vaters Willen ist, aber ich führe die Suderow Bratwa jetzt und ich werde dies mit einer Frau an meiner Seite tun, die ich mir selbst aussuche!"
Meine Mutter hob eine Augenbraue, setzte sich in den Ohrensessel bei der Bibliotheksecke und betrachtete mich nachdenklich.
„Na, endlich!"
Okay, jetzt war ich dann doch ein wenig verwirrt.
„Setz dich, Maxim, bevor du umfällst! Und guck mich nicht so entgeistert an ... weder dein Vater noch ich sind blind und ja, auch wenn die Verbindung mit den Smirnows der Familie viele Vorteile bringt, so ist selbst deinem traditionsbewussten Vater klar, dass wir uns im 22. Jahrhundert befinden und du mit der Frau an deiner Seite leben musst und nicht er. Also ist es deine Entscheidung ... Aber vergib mir meine Neugierde ... hast du jemanden bestimmten im Sinn?"
Ich brauchte da dann doch schon einen Moment, um mich zu sammeln. Das war wesentlich einfacher gewesen als befürchtet. Erleichtert - trotz des ganzen Chaos mit der Familie meiner werten Ex-Verlobten - lehnte ich mich an meinen Schreibtisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen, als ich an meine kleine Diebin dachte.
„Ihr Name ist Alessia. Du hast sie kurz kennengelernt. Sie ist die Mutter des Zuckerstücks, welches meinem Mann fürs Grobe eine verdammte Perlenkette um den Hals gehängt hat und mit uns allen Teeparty gespielt hat!"
Die Augen meiner Mutter leuchten auf. Ihr wurde schlagartig klar, dass zusammen mit der wunderschönen und freundlichen Schwiegertochter auch das erste Enkelkind dann direkt mitgeliefert wurde.
Glücklich klatschte sie in die Hände und rief: „Oh, welch ein wundervolles Mädchen! Und das Kind erstmal! Ich habe von deinem Vater von den beiden erzählt, und er war auch sehr angetan. Ich werde ihn anrufen und ihm sagen, dass er herkommen muss! Oh, ich kann's kaum erwarten, dass er die beiden kennenlernt ... Ich muss eine Hochzeit vorbereiten! Oh, und ich muss das Kinderzimmer einrichten! Und Alessias Zimmer! Nein, streich das! Sie wird ja bei dir schlafen ... ach, ein Enkelkind! Und so ein Süßes noch dazu! Und denk doch nur, wie unendlich niedlich dieses Engelchen als Blumenmädchen wäre ..."
Die letzten Worte hörte ich schon kaum noch, denn meine Mutter flog regelrecht aus dem Büro und brüllte auf dem Weg bereits nach dem Hauspersonal.
Ich schüttelte fassungslos den Kopf und folgte ihr ein wenig langsamer.
Ihr aufgeregtes Geschnatter erfüllte mich erstaunlicherweise mit einem Gefühl der Befriedigung und Zufriedenheit.
Ein Gefühl, das ich für genau zwei Minuten und sechsunddreißig Sekunden genießen konnte.
Dann wurden draußen Autotüren zugeschlagen und Diego marschierte im Stechschritt ins Haus, ein kleines Kind auf dem Arm, welches sich an ihn gekuschelt hatte, als wäre mein Cheffolterer ein verfluchtes lebensgroßes Plüschtier.
Meine Mutter fuhr herum und für einen Augenblick leuchteten ihre Augen vor Freude auf, dann nahm sie den verwahrlosten Zustand der kleinen Maus wahr und schon war die furchtlose Ehefrau eines Bratwa Pakhans wieder unter uns.
Und verdammt, was war sie wütend!
Dennoch schluckte sie all diese Wut herunter und trat zu Diego und streichelte dem kleinen Mädchen zärtlich über die Wange.
„Hey, mein süßes Kind. Weißt du noch, wer ich bin?" flötete Mama und konzentrierte die Aufmerksamkeit der Kleinen auf sich, sodass sie den Blickaustausch zwischen mir und Diego nicht mitbekam.
Nur die Anwesenheit des traumatisierten Kindes hielt mich davon ab, meine Knarre zu ziehen und wie ein hirnloser Choleriker auf meine eigenen Leute zu feuern!
„Tante Irira ...", flüsterte das Mädchen und dann begann sie zu weinen.
„Mami hat gesagt, ich soll mich verstecken, damit die bösen Menschen mich nicht finden! Dann haben alle herumgeschrien und meine Mami ist jetzt im Himmel bei meiner Mama ... und ich bin ganz allein ... Ich will zu meiner Mamiiiii..." jammerte sie und meine Mutter nahm kurzerhand den Winzling aus den Armen meines mittlerweile extrem angepissten Mann fürs Grobe und kuschelte sie an ihren Busen.
Ich konnte deutlich sehen, dass Diego sich schwertat, das Mäuschen meiner Mutter zu überlassen, die sich jetzt zu mir umdrehte, mit einer Hand das freie Ohr des Kindes bedeckte und zischte: „Mach diese Wichser platt! Niemand tut meinem Enkelkind etwas und überlebt!"
Dann rauschte sie mit dem schluchzenden Kleinen davon, gefolgt von Pieter, unserem Haus und Hofmeister, der bereits länger treu meiner Familie diente, als ich auf der Welt war.
„Wie?", knurrte ich und funkelte meinen ältesten Freund an. Der Plan war gut gewesen...
Leider hatten einige unaufschiebbare andere Probleme verhindert, dass ich mich persönlich einmischte, aber gerade war ich in der Stimmung, diese Gott verfluchte Stadt auf die Grundfesten niederzubrennen, weil meine Frau verletzt worden war.
Und warum dachte das Kind, ihre Mami sei im Himmel?
WAS ZUM VERFICKTEN FUCK WAR HIER LOS?
„Anscheinend hat der alte Smirnow den Braten gerochen und wesentlich mehr Wachen zurückgelassen als üblicherweise. Etwas, was keiner von uns eingerechnet hat. Ich konnte gerade verhindern, dass seine hirnlose Tötungsmaschine eine Kugel in deine Diebin feuert. Keine Sorge, der Bastard lebt noch... Du kannst ihm später einen Besuch abstatten. Deine Frau liegt mittlerweile im St. Andrews. Aber es sieht wohl nicht so gut aus..."
Knurrend drehte ich mich und brüllte: „SCHLÜSSEL!"
Und eine Angestellte rannte mir mit dem Schlüssel für die Corvette entgegen. Diego verzog das Gesicht. Es hatte schon einen Grund, warum ich normalerweise mit einem Chauffeur unterwegs war. Straßenregeln fand ich, gelinde gesagt, überflüssig, Geschwindigkeitsbegrenzung ziemlich unnötig und andere Verkehrsteilnehmer im besten Fall nervig. Meine beiden Freunde lernten grundsätzlich zehn neue Schimpfwörter, wenn sie mit mir irgendwo hinfuhren und das Pech hatten, dass ich am Steuer saß.
Als wir am St. Andrews ankamen, hatte mein Cheffolterer einen leicht grünlichen Einschlag im Gesicht und sah so aus, als wolle er die Krankenhauskapelle aufsuchen, um etwa zwei Stunden lang diverse Ave-Marias zu beten!
Ich machte mir nicht die Mühe, auf dem Parkplatz zu parken, sondern hatte direkt vor dem Haupteingang gehalten.
Sollten die es doch mal wagen, mein Auto abzuschleppen... Alles, was ich heute für einen klassischen Rampage brauchte, war ein winziger Funke!
Mein Freund warf mir einen skeptischen Blick zu und ich grollte nur: „WAS?"
Wir waren doch lebend angekommen, oder etwa nicht? Und das auch noch ohne irgendwelche Unfälle zu verursachen!
Der Mann sollte sich mal nicht so anstellen...
„Was? Echt jetzt? Du hast eine alte Dame angeschrien und sie als beschränkte Dummmöse, mit zu wenig Grips ihre Beine zu benutzen beschimpft!"
„Und?"
Diego verdrehte die Augen und maulte: „Sie saß im Rollstuhl und durch dein Gehupe und Rumgebrülle hat ihr Pfleger sie in Panik allein auf dem Zebrastreifen zurückgelassen!"
Ok, ok... nicht gerade eine Sternstunde für mich, aber ich stand ein wenig neben mir heute!
Ich gelobte Besserung, ein Vorhaben, welches ungefähr zwanzig Sekunden anhielt; dann hatte ich auch schon einen der Ärzte an der Kehle gepackt und in die nächste Wand befördert.
Sehr höflich und lediglich einundzwanzig Schimpfwörter benutzend erklärte ich ihm, welch ein Blut-durchtränktes Donnerwetter ich über die Angestellten hier entfesseln würde, sollte meine Alessia das Gebäude auf eine andere Art verlassen als geheilt und gesund in meinen Armen.
„Vielleicht solltest du den Mann dann mal seine Arbeit machen lassen, Pakhan," sagte Sergej und trat auf uns zu.
Ich wandte meine Aufmerksamkeit meinem Stellvertreter zu und fauchte: „BERICHT!"
Während mich mein Freund aufklärte, löste ich meine Hand vom Hals des inkompetenten Volldeppen.
Der sackte leicht bläulich eingefärbt zu Boden und röchelte mild vor sich hin...
Anscheinend brauchten wir selbst hier für größere Geschütze, also signalisierte ich Diego, dass er Dr. Calvers herbeizitieren sollte.
Der Mann war eine Koryphäe auf dem Gebiet der Gehirnchirurgie und war zudem Experte für stumpfe Traumata. Darüber hinaus stand er seit Jahren in unseren Diensten und hatte bereits die Hälfte meiner Männer nach der letzten Übernahme einer verfeindeten Familie zusammengeflickt.
Wenn einer meine kleine Diebin retten konnte, dann war er das.
Ich würde nun nach Alessia sehen und dann würde ich mich um die Smirnows kümmern. Oh, und ich hatte auch schon einige sehr, sehr interessante Ideen für diese Emporkömmlinge. Vor allem Diego würde sich freuen...
Hatten doch ein paar sehr talentierte Handwerker der Familie einige Herzenswünsche für ihn nachgebaut.
Unter anderem eine Streckbank, Daumenschrauben und spanische Stiefel...
Ich wagte zu behaupten, dass unschöne Zeiten für die Familie meiner Ex-Verlobten vorstanden.
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