Lallybroch
Als er sich von mir löst, streicht er mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Ein Lächeln ziert sein Gesicht und seine Augen leuchten wie die Sterne über uns am Himmelszelt. Mein Herz schlägt wie verrückt gegen meine Brust und hört gar nicht mehr auf. Ich spüre seinen Atem auf meinen Lippen, die sich etwas geschwollen anfühlen.
„Das war schön", sage ich leise. Fergus lächelt und nickt, seine Hand ruht auf meiner Wange und mit seinem Daumen streichelt er mir darüber, was einen Schauer über meinen Rücken jagt. „Wir sollten zurück, sonst fällt es auf." Ich nicke, obwohl ich noch nicht gehen will, denn alles was ich in diesem zauberhaften Moment will, ist mit ihm hier zu stehen und uns anzuschauen. Doch er hat recht, es ist Zeit zurück zu den anderen zu gehen. „Warte einen Augenblick bis du zum Lager gehst, ja?" Wieder nicke ich, er küsst mich auf die Stirn und verlässt den kleinen Bach und lässt mich in der Stille der Nacht zurück.
Doch das ist mir gleich, in meinem Bauch flattern Schmetterlinge und lassen mich beinahe über die Wiese schweben. Ich warte einige Minuten, danach gehe ich wieder zurück zum Lager, wo ich Fergus mit Jamie reden sehe. Er sieht nicht einmal auf, als ich an ihnen vorbei gehe, was mich etwas kränkt. Doch vielleicht ist es so am besten, auch wenn es mir lieber wäre, wenn er mich die ganze Zeit ansieht. „Du warst ganz schön lange weg, ich habe mir bereits Sorgen gemacht." Robert steht neben mir und hilft mir mit dem Geschirr, dankbar lächle ich ihn an und kämpfe das schlechte Gewissen nieder, das in mir aufsteigt. „Ich wollte etwas für mich sein", erwidere ich und verräume das Geschirr in die Taschen.
„Es ist bereits spät, ich sollte mich schlafen legen. Gute Nacht Robert." Ich lächle ihn noch einmal an und gehe danach zu meinem Schlafplatz, kuschle mich in das Fell und betrachte die Sternenbilder die sich mir am Himmel offenbaren. Immer wieder kreisen meine Gedanken um den Kuss und wieso er sich so benimmt. Doch auch nach Stunden der Grübelei, komme ich zu keiner Antwort. Irgendwann siegt die Müdigkeit und ich gleite in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Doch ich werde viel zu früh wieder geweckt, denn ich werde von zwei lauten Stimmen aus dem Schlaf gerissen.
Blinzelnd schäle ich mich aus dem Fell und sehe mich suchend um. Was ich sehe, erschreckt mich zutiefst, denn Fergus und Robert scheinen wegen irgendetwas an einander geraten zu sein. „Ich habe euch gesehen, du tust ihr nicht gut. Siehst du das denn nicht, du störrischer Esel?", brüllt Robert und funkelt ihn wütend an. So schnell ich kann stürme ich auf die zwei zu, doch sie sind zu sehr in ihren Streit verwickelt, als das sie mich bemerken. „Ach ja? Woher willst du das denn wissen? Hm?" Fergus schubst Robert, der nach hinten taumelt sich aber auf den Beinen halten kann.
„Sie verdient etwas besseres als dich, du stinkender Franzmann!" Robert fixiert Fergus mit seinem Blick, sein ganzer Körper ist angespannt. Nichts deutet mehr auf seine Ausgeglichenheit, die ich immer so an ihm bewundert habe. Davon ist nichts mehr übrig. Wie gelähmt stehe ich da und starre die beiden an, kann mich nicht von meinem Platz bewegen und bin dazu verdammt den Streit mit anzusehen. „Nenn mich nicht so, du engstirniger Schotte! Weißt du wie sich ihre Lippen anfühlen? Hm? Nein, also reiss dein Maul nicht so weit auf", spuckt Fergus ihm ins Gesicht. Mit offenem Mund starre ich die beiden an und bemerke Jamie erst, als er mir die Hand auf die Schulter legt.
Ich traue mich kaum ihm in die Augen zu sehen, aber ich tue es trotzdem und sehe eine Entschlossenheit darin, die mich beruhigt. Er wird die beiden Streithähne auseinander bringen, was gut ist, denn ich bin fest davon überzeugt, dass die beiden auf eine Prügelei zusteuern. „Ich bin mir sicher, dass sie sich von dir eingeschüchtert fühlt, und wie viele Weiber du schon geküsst oder beglückt hast, will ich gar nicht wissen und Faith auch nicht. Also halt dein Maul." Fergus lacht und schüttelt den Kopf, so dass seine braunen Locken vom Wind hin und her geweht werden. „Wer hat sie denn von den Schergen bewahrt, die ihre Unschuld rauben wollten? Du etwas? Nein, du warst ja damit beschäftigt zu deiner Familie zurück zu kehren und hast dich einen feuchten Dreck um ihre Sicherheit gekümmert. Ich war es, du mieser kleiner Bauerssohn, und nicht du, also pass auf was du sagst. Glaubst du wirklich, dass sie dich mir vorzieht? Ich hab zwar schon Weiber bestiegen, aber ich weiss immerhin wie man sie glücklich machen kann."
Das ist zu viel für Robert, denn er stürzt sich schreiend auf Fergus, der zwar zu Boden gerissen wird, aber um einiges stärker und kampferfahrener als Robert ist. Als sich Fergus dreht und mit der Faust ausholen will, stoppt ihn Jamie, der ihn auf die Beine zieht und all seine Kraft einsetzen muss, um Fergus zu beruhigen. Ich eile schnell zu Robert und helfe ihm auf die Beine, auch wenn ich auf beide gleich viel sauer bin, so kann ich es nicht ausstehen wenn jemand am Boden liegt. „Hört auf alle beide! Ihr benehmt auch wie Kinder, obwohl ihr beide erwachsene Männer seid. Wen ich küsse geht immer nur mich etwas an, also seid still und zwar alle beide", zische ich und lasse sie stehen.
Ich höre wie Jamie etwas zu seinem Ziehsohn sagt, doch ich kann nicht verstehen was es ist und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht. Ich bin einfach nur wütend und enttäuscht, sollen sie sich doch ihr Frühstück selbst zubereiten. Ich setze mich an das noch immer leicht lodernde Feuer und will niemanden mehr sehen. Die Zeit verstreicht keiner sagt etwas, alles ist still. Auch dann, als wir aufbrechen. Dieses Mal reite ich alleine, Jamie und Fergus führen uns an, danach kommt Robert und das Schlusslicht bilde ich. Was mir ganz recht ist, so kann ich über alles in Ruhe nachdenken. Doch die Zeit reicht nicht um mir klar darüber zu werden, für wen ich was empfinde.
Denn schon kurz nach Mittag erreichen wir die letzte Erhebung bevor wir das Anwesen meiner Familie erreichen. Mir wird auf einmal ganz flau im Magen, als wir in einer Reihe den schmalen Pfad entlang reiten. Was soll ich ihnen sagen? Werden sie mich akzeptieren, oder werden sie mich meiden? Solche Fragen kreisen in meinem Kopf herum, lassen ihn schwerer und schwerer werden. Mein Herz beginnt heftiger zu klopfen, als ich lautes Bellen vernehme. Kleinere und grössere Jagdhunde springen an den Pferden rauf und scheinen uns freudig zu empfangen. Wenigstens sie mögen mich, denke ich im Stillen, als ich das Tor durchreite. In einiger Entfernung kann ich jemand ausmachen, es sieht aus wie eine Frau. Ist das meine Tante Jenny? Sie sieht zu jung aus um meine Tante zu sein, vielleicht ist sie meine Cousine, wahrscheinlich wird sie das sein. Denn das Haar der Frau leuchtet in einem dunklen Braun und weist keine einzige graue Strähne auf.
Als ich Brimstone anhalte, spüre ich den Blick der Frau auf mir ruhen, augenblicklich wird mir übel. Ich atme gegen das Gefühl an und versuche mich zu beruhigen, Robert hilft mir vom Pferd und sieht mir für einen Moment tief in die Augen. „Und bereit?", fragt er leise. Ich schüttle den Kopf und senke den Blick, Robert ergreift sanft meine Hand und führt mich zu den anderen. „Wo ist denn deine Mutter, Jenny?", fragt Jamie die junge Frau, die ihn freundlich anlächelt. „Sie ist drinnen und streitet sich mit Ian. Er ist schon wieder abgehauen, Vater weiss auch nicht mehr weiter", erwidert sie. Als ihr Blick wieder auf mich fällt, dreht sich Jamie zu mir um und winkt mich zu sich. „Liebes, würdest du deine Cousine etwas herumführen? Ich muss zuerst mit deiner eigensinnigen Mutter reden."
Sie nickt und kommt auf mich zu, hilfesuchend schaue ich Jamie hinterher, der ohne ein weiteres Wort zu sagen, ins Haus geht. „Du bist also meine verschwundene Cousine Faith. Na schön, ich zeig dir alles." Sie wirkt sehr nett, was mich etwas erleichtert. Sie nickt Fergus zu und nimmt mich an die Hand um mir alles zu zeigen. Während der nächsten Stunde verbringen wir Zeit miteinander und ich muss sagen, Jenny ist wirklich nett. Hoffentlich ist ihre Mutter ebenfalls so freundlich zu mir. „Und wer ist der nette junge Mann, der euch begleitet?", fragt sie beifällig und pflückt sich eifrig ein paar Blumen.
„Robert...nun ja...er hat mir geholfen." Ich erzähle ihr meine Geschichte, während sie emsig die gepflückten Blumen zu einem Kranz flechtet. Ihre Augen werden gross, als ich das von den zwei Schurken erzähle und noch grösser, als ich ihr von Fergus Verletzung erzähle. „Aye, der Raufbold hat schon einige Verletzungen einstecken müssen, aber dazugelernt hat er nichts." Lachend setzt sie mir den Kranz auf den Kopf und nickt anerkennend. „Sieht hübsch aus." Dankbar lächle sie an, ich will sie gerade etwas fragen, als ein etwa acht Jahre alter Junge auf uns zu kommt.
„Jenny, Mutter will, dass ihr nach Hause kommt", ruft er uns zu und winkt noch einmal. „Aye, dann sollten wir wieder zurück zum Haus." Sie steht auf und streckt mir ihre Hand hin, die ich ergreife und zusammen gehen wir zum Haus zurück. Je näher wir dem grossen Anwesen aus Stein kommen, desto flauer wird es mir im Magen. Draussen vor der Tür befreien wir unsere Schuhe vom Kieselstaub und betreten anschliessend den grosszügigen Eingangsbereich. Über all hängen Bilder an den Wänden und schon in der Diele riecht es schon köstlich nach einem reichhaltigen Eintopf. Nach einigen beschwerlichen Tagen auf der Reise, sehne ich mich nach einer warmen Mahlzeit und einem richtigen Bett.
Fergus taucht aus der Dunkelheit auf und sieht mich für eine Weile stumm an, dann zeigt er auf die Tür. „Du solltest rein gehen. Sie will mir dir reden." Ich schlucke schwer und spüre wie sich der Knoten in meinem Magen noch fester zusammen zieht. Mit zittrigen Händen drücke ich die Klinke runter und erhasche einen ersten Blick auf meine Tante Jenny.
Oh je, wie das Gespräch wohl werden wird?
eure Amanda
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