Dann realisiere ich, dass Tim statt mich zu umarmen bloß die Gabel aus meiner Hand genommen hat und nun in die Soße taucht. Ich trete auch die Seite, damit er sich über den Herd beugen kann und nicht auf mich tropft, da eine Gabel für eine Soße nun wirklich nicht geeignet ist. Während er probiert, ordnet sich das Chaos in mir langsam und ich auch meine Vitalfunktionen normalisiert sich.

Was ist heute bitte los?! Warum bringt er mich so aus dem Konzept? Und warum habe ich mir gewünscht, dass er mich umarmt? STOP, ich habe mir NICHT gewünscht, dass er mich umarmt!! Es wäre bloß eine logische Konsequenz seiner Bewegung, die ich da in betracht gezogen habe. Keine unterbewussten Wünsche!!

Genervt von meinen eigenen Gedanken schüttle ich den Kopf. Es bringt doch nichts darüber weiter nachzudenken, viel eher steigere ich mich in irgendwelche seltsamen Dinge rein. „Ist was?", fragt Tim verwirrt der meine Bewegung wohl bemerkt hat. „Nein, alles gut. Wie ist die Soße?", lenke ich von meiner Situation ab. „Keine Ahnung, woher soll ich das wissen?", meint er schulterzuckend. Hat er die nicht gerade probiert? „Weil du sie gerade zufällig probiert hast vielleicht?" Er schaut verwirrt zwischen der Pfanne und der Gabel in seiner Hand hin und her. „Ähm ja... natürlich... war gut!", erklärt er. Seltsam... so verteilt kann ja selbst er nicht sein, dass ist doch erst ein paar Sekunden her... Ich lasse es auf sich beruhen und widme mich den Nudeln.

Mit einem langen Holzlöffel rühren ich die weichgewordenen Spaghetti mehrfach um. Ich blicke Tim auffordernd an und diesmal scheint seine Leitung nicht so lang zu sein, sodass er mir direkt die Gabel reicht. Ich fische eine weitere Nudel aus dem Wasser und diesmal hat sie die perfekte Konsistenz. Ich drehe den Herd aus. „Die Nudeln sind auch fertig." Ich nehme den Nudelsieb aus dem Regal und halte sie über das Spülbecken. „Kannst du den Nudeltopf nehmen?", fordere ich Tim auf, welcher dies sogleich tut.

Langsam lässt er das Nudelwasser aus dem Topf fließen. „Soll ich die direkt drin lassen?", will er wissen. Das meint er jetzt doch nicht ernst? Hat er noch nie jemandem wenigstens zu geschaut, wie man Nudeln abschüttet? „Ne, lass die jetzt im Topf drinnen besser", antworte ich ironisch, während er bereits die Nudeln in den Sieb gegeben hat. „Echt?", fragt er verwirrt. Wie glaubt er bitte, wofür man den Sieb denn sonst verwendet? „Nein, natürlich in den Sieb rein.", kläre ich meine sarkastische Antwort auf. „Boah, deine Ironie versteht man nicht!", beschwert er sich mit beleidigtem Unterton. Aber was kann ich dafür, wenn. Er nicht mal weiß wie ein Nudelsieb verwendet wird? Das weiß doch jedes Kleinkind, wenn es einmal mit in der Küche war.

Gemeinsam decken wir den Tisch. „Hast du eigentlich Brasilikum da?" „Brasilikum?", hake ich nach. Er meint doch wohl Basilikum? „Ja, Brasilikum", wiederholt er. „Basilikum", korrigiere ich ihn grinsend. „Hä, das heißt doch Brasilikum? Wegen Brasilien.", erklärt er ernsthaft und ich kann mein lachen nicht mehr verhindern. „Stimmt das nicht oder wie?" Ich beruhige mich wieder. „Nein, diese Pflanze heißt Basilikum und hat nichts mit Brasilien zu tun. Wer auch immer dir diesen Schwachsinn erzählt hat, hat dich wohl verarscht." Überrascht schaut er mich an. „Aber ich nenne das schon mein Leben lang Brasilikum und nie hat jemand etwas gesagt." „Tja, die haben sich wohl immer einen Spaß daraus dich in diesem Wissen zu lassen.", meine ich wieder lachend.

„Die werden was zu hören bekommen", kündigt Tim an, während er zu dem gedeckten Tisch rüber geht. „Ach komm, ist doch witzig und so abwegig war die Bezeichnung nicht." „Trotzdem! Wer weiß wie oft ich das schon falsch vor Leuten gesagt habe, die nicht wussten, dass ich verarscht wurde und mich jetzt für komplett dumm halten." „Damit liegen sie ja nicht allzu falsch...", stichle ich vorsichtig weiter. „Hallo?!? Ich. Bin. Nicht. Dumm.", konstatiert er langsam und deutlich. „Das hat das kochen gerade ja total bewiesen", antworte ich ironisch. „Ja viellicht nicht in der Küche... aber ich habe immerhin ein Abitur!", gibt er zu. „Das glaube ich auch erst, wenn ich es gesehen habe.", halte ich dagegen. „Okay, abgemacht, ich zeige dir mein Abitur." Und damit scheint das Thema beendet zu sein.

„Guten!", wünscht mit Tim mit einer Sing-Sang-Stimme und Gisela gibt mit derselben Satzmelodie ein freundliches „Fick dich!" Zurück, bevor auch ich ihm einen guten Appetit wünsche. Ich merke jetzt erst das Loch in meinem Bauch und bin froh ein frisches und selbstgekochtes Essen vor mir auf dem Teller zu haben. Hungrig beginne ich zu essen.

„Was ist das denn für ein Spaghetti Haufen?", fragt Tim belustig und zieht aus seinem Teller einen Berg zusammenklebender Spaghetti. „Der ist vielleicht doch nicht lang genug gekocht.", sage ich. Tim beginnt zu lachen. Ich stochere in meinem Teller herum, aber bei mir ist alle normal. „Ja, das geht schon." Wir essen weiter.

„Wie war deine Fortbildung so?", breche ich die Stille. „Sehr langweilig. Und dann hat mir der Dozent irgendwann das Handy weggenommen, weil ich mehr da drauf geschaut habe, als auf seine PowerPoint-Präsentation." Das erklärt auch, warum er heute Mittag so plötzlich nicht mehr geantwortet hat, obwohl er wollte, dass ich online bleibe. „Oha, der darf das einfach machen? Ich mein das ist doch nicht die Schule und es sind alles erwachsene Menschen." „Keine Ahnung, ob er es wirklich gedurft hätte, aber ich wollte da kein großes Drama machen und habe es ihm einfach ausgehändigt.", erläutert er. „Und was ist bei dir so spannendes passiert?" „Eigentlich nicht wirklich was."

-----

Das Kapitel ist heute um Mitternacht entstanden, also verzeiht mir, wenn viele Fehler drin sind. Um die Uhrzeit lässt bei mir die Konzentration bereits nach.

Und schon wieder haben sie nicht geredet... dieser Abend wird echt noch lang, wenn Jan nicht langsam mal in die Pötte kommt!!!

Schönen Freitag euch!!