Verluste Teil 2
Obwohl Marlena und ihrer Reisegefährten so etwas bereits befürchtet hatten traf sie die Nachricht vom Ableben ihrer beiden Ordensschwestern wie ein Schlag ins Gesicht. Aylon und Altovan senkten den Blick und gedachten in aller Stille dem gefallenen Gespann von Drache und Reiter.
"Was genau passiert?" Fragte Ismira schließlich mit belegter Stimme.
Burod seufzte, nahm auf dem Vorderbein seines braunen Drachens Platz und begann zu berichten. Beoram unterstützte die Bemühungen seines Reiters in dem er Bilder aus seiner Erinnerung an die Neuankömmlinge übermittelte.
"Zunächst schien alles zu laufen wie geplant. Die Anhänger von Marantera griffen uns an als wir uns dem Haupttempel der alten Zwergenstadt näherten. Sie kämpften mit großem Fanatismus aber wir konnten uns gegen sie durchsetzen. Erst als wir den Tempel betraten wurde uns klar, dass der Angriff im Grunde Teil eines perfieden Plans war. Dieser Zwerg den ich und Prinzessin Moira lange beobachtet haben, Borien, scheint zum Anführer dieser Sekte aufgestiegen zu sein, da er ihnen die Texte von Vroengard überbrachte. Offenbar steckt wirklich einiges an Wahrheit in diesen dunklen Schriften. Der dunkle Kult hat in den Tiefen der Berge etwas gefunden. Ich weiß nicht recht wie ich es beschreiben soll."
Burod richtete Hilfe suchend den Blick auf Beoram und der braune Drache übermittelte ein Bild dessen was sein Reiter und seine Begleiter vorgefunden hatten als sie Borien in den Tempel verfolgten. An der Stelle wo normalerweise der Altar stand, der der Göttin Kíff geweiht war stand nun ein Objekt, das Marlena nicht sofort einen Ort man konnte. Gestein, welches das eigentliche Objekt immer noch wie eine Kruste teilweise bedeckte, verriet, dass die Anhänger Maranteras dieses merkwürdige Objekt offenbar aus tiefen Gesteinsschicht befreit hatten und im Tempel aufgebahrt hatten. Nur an einigen Stellen war die dunkle Kruste aus Gestein abgesprengt worden und offenbarte etwas, das auf den ersten Blick an einen Eldunari erinnerte. Bei genauerer Betrachtung verwarf jedoch Marlena diesen Gedanken. Ein Seelenhort der Drachen wirkte wie eine riesige Edelstein. Er hatte eine kristallartige Struktur. Dieses Objekt wirkte anders.
Es war etwa 2 m hoch und leuchtete in regelmäßigen Intervallen rot auf. Ein Geräusch wie ein Herzschlag schien von dem Objekt auszugehen. Anstelle der perfekten kristallartigen Oberfläche eines Eldunari schien es jedoch eher aus einer zäh flüssigen Masse zu bestehen die von einer unbekannten Kraft in einer ovalen Form gehalten wurde. Marlena kam nicht umhin das äußere dieses Objektes als abstoßend zu empfinden. An manchen Stellen überwucherten fasrige gelb grüne Triebe die Oberfläche des Objektes und schienen in der zähen Flüssigkeit Wurzeln zu schlagen.
"Nicht unbedingt ein Schmaus für die Augen oder?" hob Burod sarkastisch an. Während die anderen Drachenreiter und ihre Begleiter die Erinnerungen Beoram studierten hatte der Zwerg seine Pfeife hervorgeholt, selbige zu stopfen begonnen und entzündete sie nun mithilfe der Magie.
"Nein nicht wirklich." murmelte Ismira. "Was es dann passiert."
Burod lachte bitter auf.
"Diese Borien war von Anfang an klar, dass er einem Angriff von uns wenig entgegenzusetzen hatte. Offenbar sind die Mitglieder dieses verdammten Kultes mehr als bereit für ihre Sache zu sterben. Im Grunde war der Tod dieser Krieger ein geplanter Opfertod. Ob es mit oder ohne ihrem Wissen geschah kann ich nicht sagen aber sie alle waren offenbar mit einem Zauber belegt, der in den Sekunden bevor der Lebens Funke aufgrund einer tödlichen Verletzung erlischt die Energie an einen Kristall überträgt, der sich an der Spitze eines Staates befand, den Borien hielt."
"Moment mal!" ereiferte sich Svenaja nun. "Ich dachte die Fähigkeit magische Kraft in Kristallen oder Edelsteinen zu speichern wäre geheimes Wissen der Drachenreiter, oder?"
"Du bist die neueste Novizin des Ordens oder?" erkundigte sich Burod wohlwollend und begann die junge Frau und ihre goldene Seelenschwester zu Mustern. Zwar war ihm die Anwesenheit der beiden bisher nicht entgangen aber Burods Gedanken schienen so gefangen von den Ereignisse die hinter ihm lagen, dass ihm erst jetzt bewusst wurde, dass er es mit neuen Ordensmitgliedern zu tun hatte. Auch Beoram schien die Anwesenheit einer neuen, jungen Drachendame etwas aufzumuntern. Er hob den Kopf und sog noch einmal tief die Luft in seine Lungen. Offenbar um sich noch einmal auf Kyras Geruch zu konzentrieren.
"Du bist also unser Neuzugang aus dem Norden." lächelte Burod. "Svenaja richtig?"
Die jüngste Reiterin der Runde nickte und erwiderte das Lächeln des Zwerges etwas verlegen.
"Ich wünschte unser Treffen stünde unter einem glücklicheren Stern Kind." murmelte Beoram zweiter und zog an seiner Pfeife. "Nun im Grunde hast Du recht. Es ist eigentlich geheimes Wissen des Reiterordens aber auch die Drachenreiter haben diesen Umstand irgendwann einmal durch Studien entdeckt. Ich kann nur spekulieren aber ich denke Borien ist durch Zufall darauf gestoßen. Es spricht nichts dagegen dass ein hinreichend talentierter Magier diesem Geheimnis auf die Spur kommen könnte. Nachforschungen können wir schließlich nicht unterbinden und besonders mein Volk interessiert sich natürlich dafür Gesteine aller Art zu untersuchen. Noch heute versuchen er einige Priester nachzuweisen, dass es auch im ganz gewöhnlichen Steinen Spuren von Leben gibt. Spuren wie man es zum Beispiel Korallen findet. Edelsteine gelten bei uns als eine besonders perfekte Ausformung von Gestein. Borien gehörte einmal zur Kaste unserer Priester. Es ist nicht abwegig zu vermuten, dass der bei Untersuchungen des Gesteins darauf gestoßen ist, dass man magische Kraft dort hinterlegen kann. Der Allgemeinheit hatte dieses Wissen offenbar nicht zugänglich gemacht. Dieser um stand erklärt auch einige magische Kunststücke wie er bei seiner Flucht in Tronjheim vollbracht hat. Seit er uns dort entkommen ist frage ich mich wie er über eine immer größer werdende Entfernung ein Trugbild seiner eigenen Person aufrechterhalten konnte. Die Erklärung ist ganz einfach. Er hat den Zauber aus Kraftreserven gespeist. Sein Ebenbild trug neben einer schwarzen Kutte auch eine goldene Kette mit einem roten Anhänger. Ich vermute, dass er in diesem Stein magische Kraft gespeichert hatte die du Sohn aufrecht erhielt. Als das Trugbild sich schließlich auflöste haben wir nichts entdeckt, weil die Energie vermutlich verbraucht war."
"Eine logische Schlussfolgerung Silberhand." sagte Altovan. "Wenn man bedenkt, dass euch einige 100 Mitglieder des dunklen Kults angegriffen haben und er die gesamte Lebensenergie in seinen Speicher übertragen hat muss man von einer sehr deutenden Energiemenge ausgehen."
"In der Tat Herr Elf!" bestätigte der Reiter der Knurlan. "Allerdings war es nicht die Energie selbst, die uns zum Verhängnis geworden ist."
Es war Burod deutlich am Gesicht abzulesen, dass ihm der nächste Teil der Geschichte in sehr unangenehmer Erinnerung war. Beoram stieß ein verständnisvolles Summen aus und ersparte es seinem Reiter die vergangenen Ereignisse in Worte zu kleiden. Wie der empfingen Marlena und ihrer Reisegefährten Erinnerungen des braunen Drachen.
Die Bilder die Beoram übermittelte zeigten zunächst Borien der die kristallene Spitze seines Stabes gegen das pulsierende Objekt presste. Der vermeintliche Herzschlag oder lauter und das rote Leuchten steigerte sich um ein vielfaches und wurde schließlich so hell, dass Beoram geblendet worden war. Als sich die Sicht des braunen Drachens wieder klärte war Borien aus seinem Sichtfeld verschwunden. Ein Gefühl der Unsicherheit begleitete diese Bilder und Marlena interpretierte es so, dass das Schicksal dieses Zwerges noch ungewiss war. Ganz und gar jedoch wurde die Aufmerksamkeit des braunen Sculblaka nun von dem pulsierenden Objekt beansprucht. Die grünen Triebe die vorher nur etwa die Dicke von Haaren gehabt hatten wuchsen nun in die Breite, verflochten sich miteinander und bildeten drei mächtige Tentakeln die sich um das rot glühende Zentrum rankten und die Reste des Gesteins wegsprengten. Die Anblick kam Marlena von irgendwo her vertraut vor doch noch konnte sie es nicht richtig einordnen. Im Augenblick hatte sie auch nicht die Gelegenheit darüber nachzudenken den Ereignisse im Strom von Beoram Erinnerung überschlugen sich. Einer der Tentakeln peitschte um sich und traf die schwarze Drachendame Aragna. Der Trieb schleuderte die dunkle Sculblaka und ihrer Reiterin ein Stück von ihrem Kampfgefährten fort und Marlena spürte Beoram des Schrecken beim Anblick der Verletzungen seiner ehemaligen Nistpartnerin als den eigenen. Von ihrem rechten Flügel war nur noch eine verkrümmte Struktur übrig und das rechte Vorderbein war vollständig abgetrennt. Da auch für Beoram diese Erinnerungen schmerzhaft waren wurde der Strom den die anderen Reiter aus seinem Geist in Singen mehr und mehr zu einer Sammlung von Momentaufnahmen die zwar die Ereignissewiedergaben aber nicht jedes Detail. An den Tentakeln bildeten sich nun knospenartige Gebilde die in Sekundenschnelle an Größe zunahmen, schließlich aufplatzten und eine eitrige Flüssigkeit ausstießen. Aus dieser Flüssigkeit erhoben sich zweibeinigen Abkömmlinge dieser unbekannten Kreatur die etwa dieselbe Größe hatten wie die Zwerge. Die Größe war allerdings die einzige Gemeinsamkeit die diese Wesen mit den Knurlan aufwiesen. Es waren groteske Gestalten deren Körper mit gelb grünen Schuppen bedeckt waren. Ihre Arme endeten mit klauenbesetzten Fingern und statt eines Kopfes krönte ein riesiger, eitrig gelber Augapfel der von einigen fasrigen Trieben am Körper gehalten wurde. Marlena konnte das Aussehen dieses Wesens nur als grotesk beschreiben. Besonders der riesige Augapfel ergab für sie überhaupt keinen Sinn. Kein Mund war zu erkennen. Wie nahm dieses Wesen Nahrung zu sich oder kommunizierte? Deutlich spürte sie, dass auch Beoram und sein Reiter keine Antwort auf diese Frage hatten.
Kaum hatten sich die Kreaturen aus der eitrige Masse herausgeschält, als sie sich direkt auf die versammelten Zwergenkrieger stürzten. Wo immer sie ihre mächtigen Krallen in ungeschütztes Fleisch graben konnten offenbarten sie eine erschreckende Kraft. In Sekundenschnelle schienen die Betroffenen Zwerge um Jahrzehnte zu altern. Ihre Haare verloren jede Farbe und schließlich sanken sie als Leichen zu Boden. In Augenblicken absorbierten die grotesken Wesen alle Lebensenergie der Zwerge. Offenbar übertrugen sie die gestohlener Energie direkt an das Herz aus dem sie geschlüpft waren, denn weitere Knospen bildeten sich und neue Kreaturen wurden geboren.
Gerade als eine neue Angriffswelle sich auf die noch immer völlig schockierten Zwerge stürzen wollte prallten die Kreaturen an einer unsichtbaren Wand zurück. Beoram des Erinnerungen offenbarten, dass Togra einen Schutzwall zwischen ihren Gefährten und den Kreaturen aufgebaut hatte. Mit einer merkwürdig ruhigen Stimme forderte die Gehörnte ihre Mitstreiter auf sich zur Flucht zu wenden und das Volk der Zwerge zu warnen. Kurz trafen sich Beoram des Blick und der von Aragna. Eine bittere Erkenntnis erfüllte den braunen Drachen in dem Moment den Marlena und die anderen Reiter gerade aus seiner Perspektive erlebt. Die Drachendame würde nirgendwo mehr hingehen und ihrer Reiterin war fest entschlossen sie nicht im Stich zu lassen. Die beiden wussten was ihnen bevorstand und würden das letzte Stück des Weges gemeinsam gehen. Deutlich konnten alle Betrachter diese Erinnerungen Beoram des wider willen spüren sich mit den anderen Zwergen zur Flucht zu wenden. Die Rolle des Gejagten behagte keinen Drachen besonders aber die sein Reiter sah der braune Sculblaka die Notwendigkeit beim Volk der Knurlan ob dieser neuen Bedrohung Alarm auszulösen. Ein Sieg war hier unmöglich! Die grotesken Kreaturen vermehrten sich mit einer Geschwindigkeit die allen Gesetzen der Natur zuwider zu sein schien. Aus dem Dutzend welches den ersten Angriff geführt hatte waren bereits einige 100 der grotesken Wesen geworden. In wenigen Minuten würde ihre schiere Anzahl die Krieger der Zwerge schlichtweg überrollen. Nur ein wohl durchdachter, gut geplanter Gegenschlag konnte hielt den Sieg bringen.
So zog sich Beoram also mit dem Zwergen zur Statue der Göttin Kíff zurück und forderte sie auf aus ihrem Marschgepäck Seile über seinen Rücken zu werfen. Wie ein Dorn, während des großen Krieges wollte der braune Drache die Zwerge die sein Reiter unterstützt hatten durch die Öffnung in der Decke der Höhle zurück ans Tageslicht bringen. Auf diese Weise hofften die Zwerge und auch Beoram einen Vorsprung zu gewinnen. Weit würde der braune Drache mit dieser Last nicht fliegen können und auch würde er nicht alle Zwerge auf einmal tragen können aber mit ein oder zwei Anläufen war es möglich die Krieger des Zwerges der in Beoram des Erinnerungs Dunkward hiess in Sicherheit zu bringen. Der Strom der Erinnerung des braunen Drachens endete als er das Brüllen eines Artgenossen aus dem halbdunkel der Höhle zu sich herauf hallen hörte. Ein Brüllen, welches das Ende von zwei Lebenswegen verkündete.
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