Unerwartete Begegnung
Erneut hatte Gintar seinen Unterschlupf verlassen und schritt durch die Überreste der ehemaligen Stadt der Drachenreiter. Sein Glaubensbrüdern in der Heimat hatte er berichtet, dass er die Suche auf Vroengard aufgenommen hatte. Was er im Zuge dieses Berichtes erfahren hatte beunruhigte den Zwerg zutiefst. Offenbar aufgestachelt durch den eher losen Zwerge Burod, der sich mit einem Drachen verbunden hatte, war das Leben recht schwer geworden für die Anhänger der großen Göttin. Die Clanversammlung war sich einig wie selten zuvor, dass man etwas gegen das was sie ketzerischer Weise als Sekte bezeichneten Vorgehen musste.
Es traf Gintar sehr, dass das Volk der Knurlan sich so geschlossen gegen die Göttin wandte. Bisher hatte er in der Weigerung ihren Namen auszusprechen und in der stillschweigenden Duldung ihres Glaubens immer eine Form von versteckten Respekt gesehen. Die Zwerge kannten die größte Marantera und spürten, dass man ihr mit Ehrfurcht begegnen musste. Das zumindest hatte Gintar bisher geglaubt.
Nun jedoch belehrte ihn die Realität eines besseren. Auf Anregung König Orik hin hatten die Priester er den Heiligen Messen verkünden lassen, dass Knurlan die nützliche Informationen über die dunkle Sekte hätten von nun an Berechtigte seien sich unter dem Siegel der Verschwiegenheit er die Priesterschaft zuwenden und das Thema mit ihnen zu erörtern ohne eine unverzeihliche Beleidigungen fürchten zu müssen. Zwar hatte der Glauben an die wahre Göttin auch unter den Priestern einige Anhänger doch vermochten diese wenigen nicht alle Informationen, die an den Klerus herangetragen wurden abzufangen. Es war wohl nur eine Frage der Zeit bis sensible Informationen den falschen Ohren erreichten.
Dieser Umstand frustrierte Gintar denn die Suche gestaltet sich schwieriger als er es angenommen hatte. Nicht nur die unsichtbare Kraft gegen die er sich stützen musste behinderte den Zwerg sondern auch die reinen Ausmaße der ehemaligen Reiterstadt waren schlichtweg gewaltig. Sie war immerhin so konstruiert worden, dass Reiter und vor allem Drachen aller Altersstufen sich hier frei bewegen konnten. Die Anzahl der möglichen Verstecke war nahezu unbegrenzt.
Gintar hatte schließlich beschlossen methodisch vorzugehen. Es brachte nichts jedes einzelne Gebäude zu durchsuchen. Häuser die beispielsweise lediglich Angehörigen von Reitern dienten ließ er aus. Es war unwahrscheinlich, dass der Orden hochsensible Schriftstücke in einem Haus versteckt hätte, dass beispielsweise einer Bäckerfamilie gehörte. Der Zwerg ging lieber direkt in den Teil der Stadt, in dem hauptsächlich die Reiter gelebt hatten. Dort allerdings sah er sich wirklich gezwungen jede Behausung zu durchsuchen. Es war immerhin möglich, dass das damalige Oberhaupt des Ordens, Vrael, einen Reiter ausgewählt hatte und ihm diese Schriften anvertraut hatte. Natürlich genügte es auch nicht einfach nur das Gebäude zu durchsuchen. Gintar musste nach magischen versteckten Ausschau halten und nach geschickten Zaubern um solche Verstecke zu verbergen.
Eine langwierige und schwierige Tätigkeit. Gerade näherte sich der Zwerg einem weiteren Haus welches er am heutigen Tag zu durchsuchen gedachte. Dieses Gebäude musste einem älteren Reiter und seinem Drachen gehört haben. Glücklicherweise war es größtenteils von den Zerstörungen die Vroengard heimgesucht hatten verschont geblieben. Das steinerne Gebäude war zweifellos mit der Kunstfertigkeit der Elfen errichtet worden. Die Spitzohren bevorzugten zwar Gebäude aus Holz die sie mit ihrer Magie erschufen doch in einer Stadt, in der auch feuerspeihende Drachen lebten war Holz wohl kaum das geeignete Baumaterial. Das Gebäude welches Winter am heutigen Tag zu durchsuchen gedachte hatte drei Stockwerke. Es war komplett durchzogenen von einer kreisrunden Öffnung durch die der Drache des betreffenden Reiters einfliegen konnte. Das Wesen musste eine stattliche Größe gehabt haben den offensichtlich gingen die Architekten davon aus, dass der Drache sich nur aufsetzten musste um in die höheren Etagen blicken zu können. Das Erdgeschosses im wesentlichen eine große Halle die eine Höhle erinnerte. Offenbar das Hauptdomizil der feuerspeihenden Echse die hier gelebt hatte. Der Boden bestand aus weichem Sand in denen noch einige Schuppen zu finden waren. Der betreffende Drache musste offensichtlich von grüner Farbe gewesen sein. Direkt dem Eingang gegenüber führte eine breite Treppe in das erste Stockwerk hinauf. Gintar hatte sich bereits am gestrigen Tag einen ersten Überblick über das Haus verschafft um seine Suche genau planen zu können. Der erste Stock des Gebäudes war eine Ansammlung von recht offiziellen Räumlichkeiten. Der Reiter hatte eine private Bibliothek unterhaltenen indem einige Arbeitstische standen. Vermutlich hatte der Reiter hier seine Schüler unterwiesen. Es gab auch ein Arbeitszimmer mit breitem Schreibtisch und ein Raum der größtenteils leer zu sein schien. Erst als Gintar den Staub der den Boden bedeckte mit dem Fuß etwas beiseiteschoben hatte er schloss sich ihm der Sinn dieses Raums. Der Boden war übersät mit Linien die einige Meister der Klinge verwendeten um Schülern die Kunst des Schwertkampfes beizubringen. Offenbar handelte es sich hier um einen solchen Trainingsraum.
Das oberste Stockwerk waren die privaten Wohnräume des Reiters. Sehr zu Gintars Überraschung waren sie recht spartanisch gehalten. Es gab ein Badezimmer, ein Schlaf-beziehungsweise Wohnzimmer und einen Raum der ebenfalls mit einem Bett aus gestartet war aber eher wirkte als sei er Gästen vorbehalten.
Gintar beschloss den Morgen damit zu verbringen die Unterkunft des unbekannten Drachen zu durchsuchen. Zwar konnte der Zwerg die geradezu kindische Hingabe der Reiter an die Tiere auf denen sie ritten nicht nachvollziehen doch das musste er auch nicht. Er verstand genug um zu wissen, dass es durchaus möglich war, dass der Reiter ihm anvertraute Dokumente in der Nähe seines Sculblaka versteckt hatte. In diesem Punkt lag sogar eine gewisse Logik in der Hingabe der Reiter. Welcher Dieb würde es schon wagen in die Wohnstätte eines feuerspeihenden Sculblaka einzudringen der von solch gewaltiger Größe war, dass er sich nur aufsetzten und seinen langen Hals recken musste um ins dritte Stockwerk der Behausung seines Reiters zu blicken?
Gintar postierte sich im Zentrum der künstlichen Höhle, atmete einmal tief durch und begann seine ersten Zauber zu sprechen. Tatsächlich stieß er schon bald auf einige alte magische Barrieren. Er war sich aber ziemlich sicher, dass diese nichts mit den Schriften die er suchte zu tun hatten. Die Schutzwälle waren um einiges zu plump und einfach. Kein Reiter hätte einen so schwachen Schutz um Objekte gelegt, die ihm vom Oberhaupt des Ordens anvertraut worden waren.
Außerdem hatte Gintar bereits in anderen Häusern vergleichbare Schutzwälle gefunden. Zu Beginn seiner Suche auf Vroengard hatten ihn diese Funde noch in Aufregung versetzt. Hoffnungen waren erwacht und mit fiebriger Begeisterung hatte der Zwerg die Schutzwälle gelöst. Er war stets bitter enttäuscht worden. Es hatte sich meist um Aufbewahrungsorte für Werkzeuge gehandelt mit denen der Reiter die Schuppen seines Drachen pflegte oder um Eingänge zu einer Sattelkammer. Gänzlich unbedeutende Funde also.
Inzwischen geriet der Magier des Zwergenvolkes nicht mehr in Aufregung wenn er auf einen solchen Schutzwall stieß. Ohne viel Mühe an den Tag zu legen entfernte er meist diese Schutzwälle da sie seine Untersuchungen nur Behinderten. Meist musste er sich dann eine kurze Pause mit etwas essbarem gönnen da es ihn einige Kraft gekostet hatte diese Zauber zu wirken. Wenn er zu neuen Kräften kommen war begann er dann mit einer gründlichen Untersuchung der Räumlichkeiten um sicher zu gehen, dass er nichts übersehen hatte. Besonders in dem Teil der Behausung wo sich die Drachen normalerweise aufhielten war es des Öfteren eine langwierige Aufgabe alles zu durchsuchen. Zwar Behinderten keine Möbel oder sonstige Gebrauchsgegenstände die Suche aber Drachen waren nun einmal Wesen denen eine gewisse magische Kraft innewohnte. Diese färbte auf die Umgebung ab und lag wie ein Nebel über dem ganzen Ort. Es bedurfte großer Genauigkeit und Konzentration um zu trennen was ein wirklicher magischer Bann war und wobei sich nur um freie Energie handelte.
Als der Morgen sich schließlich dem Ende zuneigte hatte Gintar jedoch seine Durchsuchung des Erdgeschosses beendet. Leider war sie ergebnislos geblieben. Enttäuscht stapfte der Zwerg die Freitreppe hinauf und kaute dabei an einem trockenen Leib Brot herum, der noch aus den Vorräten der unglücklichen Ostwind stammte. Gintar verschwendete kaum noch einen Gedanken an das Schiff und die Tote Besatzung. Sie hatten ihren Zweck erfüllt und ihre Beseitigung war problemlos verlaufen. Warum also sich weiter sorgen?
Im ersten Stock angekommen blickte hinter sich einen Augenblick um. Schließlich entschied er sich zunächst die private Bibliothek des Reiters zu durchsuchen und sich anschließend dem Arbeitszimmer zuzuwenden. Als letztes wollte er einen Blick in den Trainingsraum für die Schwertkämpfe werfen. Letzterer schien ihm der unwahrscheinlich der Aufbewahrungsort zu sein. Eine Trainingsanlage für den Umgang mit der Waffe erforderte keine Magie. Dort magische Schutzwälle zu errichten wäre um einiges zu offensichtlich und hätte nur unerwünschte Aufmerksamkeit auf das gezogen, was man zu verstecken hoffte.
Gintar stopfte die Reste des Brotes zurück in seinen Rucksack und stieß die Tür zu der Bibliothek des Reiters auf. In Gedanken ging er bereits die magischen Beschwörungen durch, die er nun anzuwenden gedachte. Die Mittagssonne schien durch die noch intakten aber schmutzigen Fenster des Raums und die Bücherregale, Arbeitstische und Stühle warfen lange Schatten durch den Raum.
Mit einem mal stutzte Gintar. Etwas hier war nicht so wie es sein sollte. Der Blick des Zwergs glitt über den Boden und blieb an einem Schatten hängen den er keinem der Möbelstücke in dem Raum zuordnen konnte. Schließlich entdeckte er die Quelle und der Magen des Zwergs krampfte sich unangenehm zusammen. Vor einem der hohen Fenster stand eine hoch gewachsene Gestalt die in offenbar erwartet hatte.
"Ich grüße euch Herr Zwerg." sagte der Unbekannte mit einer Stimme wieso melodiös klang, dass sich hinter sicher war es mit einem Spitzohr zu tun zu haben.
Der Unbekannte trat vom Fenster zurück und ging mit gemäßigten Schritten auf Gintar zu. Nach einigen Metern hatte der Effekt des Gegenlichts soweit abgenommen, dass der Knurlan erkennen konnte, dass seine Vermutung zutreffend war. Es handelte sich in der Tat um einen Elfen der fortgeschrittenen Alters zu sein schien. Er trug ein dunkelblaues Kuttengewand und eine fein gearbeitete Klinge in der rechten Hand.
"Mein Name ist Altovan." erklärte der Fremde. "Ich bin mir seit längerem eurer Präsenz auf dieser Insel bewusst. Eurer Ankunft war schließlich blutig genug. Ich habe euch beobachtet und bin mir nun bewusst mit wem ich es zu tun habe und ich weiß was ihr sucht. Auch wenn ich den Aberglauben eures Volkes ablehne so habe ich doch nicht die Absicht einem Mörder zu gestatten irgend etwas auf dieser Insel in Besitz zu nehmen."
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