Eltern
Der Rest der Konferenz mit den Zwergen verlief problemlos. Im wesentlichen wurden nur noch einige organisatorische Fragen abgehandelt und Eragon konnte das Gespräch bald beenden. Natürlich hatte er mit seiner Tochter vereinbart, dass sie sich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal privat unterhalten würden. Immerhin stand sein eigen Fleisch und Blut kurz davor der größten Herausforderung ihres bisherigen Lebens entgegenzutreten. Eragon vermied es lediglich sie vor den Zwergen in Verlegenheit zu bringen indem er sich als über fürsorglicher Vater präsentierte.
Nun da das Gespräch beendet war und er mit Arya, Solenbum und Angela allein war beschloss der Anführer der Drachenreiter einige Fragen zu stellen die ihm auf der Seele brannten. Er wechselte kurz einen Blick mit Arya und erkannte, dass auch die Elfe einige Fragen hatte. Sie beschloss jedoch sich zunächst im Hintergrund zu halten da ihr Gefährte, der ja ebenfalls ein Pilger war, schlichtweg besser mit ihrer langwierigen Verbündeten umzugehen verstand.
Als er zu der Kräuterfrau hinüber blickte hatte sich der Werkater bereits von seiner menschlichen in seine tierische Form verwandelt, klemmte sich seine Murmel gerade zwischen die Spitzen Vorderzähne und verschwand anschließend mit einem eleganten Satz aus dem Fenster welches Bild der Abendluft Eragons Arbeitszimmer einließ.
"Ich hoffe du wirst nicht auch gleich mit einem Satz aus dem Fenster verschwinden."
"Sehe ich aus wie eine junge Gazelle?"Erwiderte Angela und begann damit ihre Stickarbeit in ihrer Umhängetasche zu verstauen. "Außerdem sieht ihr beide noch so aus als hättet Ihr noch einige Fragen. Lasst mich etwas vorgreifen. Wie ihr bestimmt bereits vermutet hat mein alter Lehrer Tenga seine Finger im Spiel gehabt. Prophezeiung des Pilgers! Ha! Dieser Name hätte ihn bestimmt gefallen."
"Zweifellos." schmunzelte Eragon. "Hat er die sonst noch etwas an Informationen hinterlassen das Marlena nützlich sein könnte bei ihrem Vorhaben? Ich weiß dass du Geheimnisse nicht bereitwillig preisgibst aber wenn es um das Wohlergehen meiner Tochter geht fühle ich mich verpflichtet nachzufragen."
"Mit Nachdruck." fügte Arya hinzu die gedankenverloren aus dem Fenster blickte. Draußen verabschiedete sich gerade die Sonne hinter den Horizont und tauchte den Himmel in Rot und Gold."Und bitte Angela, ich achte dich als weise Frau aber ich bin heute nicht in der Stimmung für Scherze oder nebulöse Andeutungen."
"Ach Kindchen! Glaubst es macht mir Spaß in Rätseln zu reden? Gut, es macht mir Spaß aber manchmal kann ich es auch einfach nicht besser ausdrücken. Hast Du eine Vorstellung davon über welchen langen Zeitraum unser alter Freund Tenga diese Angelegenheit hier geplant hat? Er hat diese Prophezeiung gemacht, fast 100 Jahre bevor dein Volk zum ersten Mal seinen Fuß auf die Erde Alagaesias gesetzt hat."
Arya drehte sich nun zu der Kräuterhexe Unglaube flackerte kurz über ihr Gesicht. Sie trat auf Angela zu und einen Augenblick lang musste sich die beiden Frauen einfach nur.
"Wie mächtig bist du eigentlich? wollte Arya von Angela wissen. "Wie mächtig muss sein Lehrer gewesen sein wenn er über der artige Abgründe der Zeit hinweg die Ereignisse der heutigen Tage vorhersehen konnte?"
Angela lächelte nur milde und Tätschelte Aryas Wange.
"Nicht so mächtig wie du jetzt befürchtest Kindchen. Du hast auch eine falsche Vorstellung davon was es bedeutet diese Ereignisse voraus zu sehen. Das ist doch völlig in Ordnung. Es belegt nur, dass du denkst bin nun einmal jedes Lebewesen auf dieser Welt. Ist dir schon mal aufgefallen dass man eigentlich alles um uns herum durch drei Begriffe definieren kann? Höhle, Länge, Breite und was eine Vorstellung davon wie ein Objekt aussieht. Die Zukunft existiert für dich noch nicht und auch für mich ist sie nicht in Stein gemeißelt. Ich erlebe er gerade selbst was es bedeutet jemanden zu unterrichten, dem die Fähigkeiten, die auch ich habe, mitgegeben worden sind. Die Anwendung von Magie wird deinen jungen Nichte fast genauso schnell lernen wie du Eragon. Aber die Zeit.... das ist viel schwieriger. Trotz meines blendenden Aussehens, meiner überdurchschnittlichen Intelligenz und meiner Fähigkeiten bin auch ich keine Göttin. Viele Dinge die noch hinter dem Mantel der Zeit verborgen sind kann ich nicht wirklich benennen oder in Worte fassen sondern nur erspüren. Ebenso spüre ich wenn ich die Ereignisse beeinflusse. Wenn ich bestimmte Komponenten zusammen bringe und den Strom der Ereignisse in eine gewisse Richtung lenke steigt die Wahrscheinlichkeit das es letztendlich ein gutes Ende nimmt. Letzten Endes jedoch hat jedes Lebewesen seinen freien Willen. Ich kann dir sagen, dass es eine gute Idee wäre durch die rechte Tür zu gehen aber letztendlich ist deine Entscheidung ob du den Rat annimmst oder deinen eigenen Instinkten folgst."
Angela macht eine kurze Pause und trat noch einen Schritt näher an Arya heran.
"Du bist gut darin deine Gefühle zu verbergen. Aber ich sehe, dass zu sehr besorgt um deine Tochter bist. Wir auch schon darüber gesprochen, dass du es nicht gern hast, dass ich euch, oder eurem Schüler oder erst recht deinen Augapfel zu einem Werkzeug in meinem Spiel mache. Wir müssen das also nicht nochmal erörtern. Ich glaube auch, dass ich dir gegenüber glaubhaft ausführen konnte, dass du, dein Gefährte und eure Tochter weit mehr für mich Seite als nur Spielfiguren."
"Das hast du." bestätigte Arya und ihre Stimme klang etwas weicher. Eragon trat nun an ihre Seite und ergriff das Wort.
"Wäre es dein Spiel, wären wir wohl auch nicht so besorgt. Wir wissen dass du uns freundlich gesonnen bist aber diese Partie wurde von deinem Lehrer Tenga vorbereitet. Er hat uns nur flüchtig gekannt und Marlena überhaupt nicht. Es würde uns daher interessieren ob er dir Informationen hinterlassen hat die Marlena noch nützen könnten. Schließlich hat er ja wohl auch Klimpertod an dich weitergereicht. Und warst es nicht du, die mir einmal gesagt hat dass man Tenga nicht vertrauen könnte."
Angela lächelte nur verschmitzt.
"In diesem Punkt muss ich wohl meine eigenen Worte wieder schlucken. Ich hab dem alten Fuchs noch nicht alles verziehen aber auch er war niemand, der Leben leichtfertig aufs Spiel gesetzt hätte. Leider kann ich euch keine weiteren Informationen geben. Ich besitze schlichtweg keine. Was ich euch aber sagen kann ist, dass eure Tochter zwar noch etwas jung und unsicher ist aber sehr gute Entscheidungen getroffen hat. Ich werde euch nicht belügen. Die Situation ist gefährlich und es kann eine Menge schief gehen aber ich denke, dass die Dinge auf einem guten Weg sind."
Arya blickte Angela noch einige Sekunden in die Augen, dann entfernte sie sich in Richtung des Bücherregals.
"Wir sind wir dankbar für deine Offenheit uns gegenüber." antwortete Eragon und war sich sicher, auch im Namen seiner Gefährtin zu sprechen. "Wenn wir das nicht so offen zeigen, dann nur deshalb weil......."
"Weil ihr zwei eben einfach nicht aus eurer Haut könnt."vollendete Angela. "Ich verstehe schon Jungchen. Ihr seid nun mal Marlenas Eltern. Habt Ihr noch irgendwelche Fragen?"
"Mich würde interessieren warum Tenga nicht direkt etwas gegen Marantera unternommen hat. Er muss ja wohl offensichtlich gewusst haben dass das Wesen den Kampf mit den Zwergen überlebt hat. Warum ist er nicht unmittelbar gegen die Gefahr vorgegangen?"
"Eine berechtigte Frage Junge ganz sicher kann ich es nicht sagen. Vielleicht hat er gespürt, dass Geduld die Dinge zu einem besseren Ende führen würde als alles was er tun könnte. Du hast inzwischen genug Erfahrung und zu wissen, dass es für ein Problem stets mehr als nur eine Lösung gibt. Vielleicht hätte er nur die Möglichkeit gehabt die Situation zu bereinigen indem er die Existenz der Kreatur, die wir nun Marantera nennen, zu beenden. Vielleicht konnte er sie auch nur sicher einsperren und die Welt auf diese Weise vor ihr schützen. Auch ich habe schon mehr als einmal erkennen müssen, dass es mir nur gegeben ist ein Problem zeitweilig zu lösen und die endgültige Bereinigung der Angelegenheit möglichst gut vorzubereiten. Ich weiß, dass euch das nicht wirklich weiterhilft aber so ist es leider. Warum auch immer Tenga getan hat was er damals Tat, er muss es schlicht für die beste Lösung gehalten haben."
"Warum hat er eigentlich Klimpertod mit in diese Prophezeiung eingebunden? Was ist das Geheimnis dieses Schwertes?"
Angela lachte.
"Jungchen! Dieses Schwert hatten mehr als nur ein Geheimnis. Albiter ist selbst älter als die Zwerge oder die Drachen. Es wurde Tengas Lehrmeister von einem der letzten des grauen Volkes übergeben. Eben jenes Volk dass die alte Sprache geschaffen hat. Er erhielt es bevor die letzten Mitglieder der Rasse "gegangen" sind."
"Gegangen? Du meinst sind gestorben?" erkundigte sich Eragon.
"Nein Junge ich meine gegangen. Wenn ich sage gegangen meine ich gegangen und wenn ich sage gestorben meine ich gestorben. Willst Du es vielleicht eine Ohrfeige wenn du deiner Elfe ein Küsschen gibst? Na siehst Du! Das graue Volk ist nicht gestorben. Es ist nur an einen anderen Ort gegangen. Wohin willst Du nicht wissen. Zurückkehren werden sie von dort eher nicht. Es ist hier jetzt einfach zu wenig Platz für sie."
"Zu wenig Platz?"
"Viel zu wenig!" erwiderte Angela bestimmt. "Aber du wolltest doch glaube ich wissen, warum Tenga ausgerechnet Klimpertod für die Prophezeiung verwendet hat oder? Nun ich denke nicht dass er das getan hat weil eure Marlena das Schwert unbedingt brauchen wir. Ich denke eher, dass es verwendet hat um sicherzustellen, dass sie klar als Teil seiner Prophezeiung erkannt werden würde. Eine Waffe wie Klimpertod hat es vor seiner Erschaffung nie gegeben und es wird auch nie wieder eine solche Waffe geben solange Albiter existiert. Das grauenvoll kannte die Sprache der Magie wie kein anderes Volk in Alagaesia. Du weißt, dass man die Essenz eines Gegenstandes beschwören kann. Du hast soweit ich weiß einmal die Essenz deines Schwertes heraufbeschworen und deine Elfe die von Silber. Albiter ist nicht nur irgend ein Schwert. Es ist das Schwert. Der Urvater aller Schwerter. Der Inbegriff von allem was ein Schwert ausmacht. Stärke, Schärfe, Erhabenheit. Tenga wusste, dass niemand in Alagaesia ganz gleich wie lange es dauern würde in der Lage sein würde ein zweites Schwert wie Klimpertod herzustellen oder es zu kopieren. Energie dir gewirkt hatte die jede Fälschung sofort entlarvt. Das graue Volk konnte diese war verschaffen, weil ihm Worte in der alten Sprache bekannt waren die heute längst vergessen sind. Dieser Trottel Galbatorix glaubte, alles über die alte Sprache zu wissen weil er ihren wahren Namen ergründet hat. Wenn Du und deine Drachenreiter und die schöne Elfen mit all ihrem Wissen um die alte Sprache gerade mal an der Oberfläche kratzen, dann ist es Galbatorix durch die Entdeckung des Namens der Sprache vielleicht gerade mal gelungen einen Finger bis zum Ansatz des Handtellers in einen See zu stecken die mehrere 100 m tief ist. So, jetzt reicht aber. Für heute habe ich dich genug verwirrt."
Angela tätschelte nun auch Eragon die Wange und verschwand dann durch die Tür. Kopfschüttelnd blickte Saphiras Reiter der Kräuterfrau nach. Ganz würde er sie wohl nie verstehen.
Der Anflug von Heiterkeit der in ergriffen hatte verflüchtigte sich aber als er sich zu Arya um blickte. Es überraschte Eragon nicht, dass sie das Wunschbild mit den Augenblicken aus Marlenas Kindheit in den Händen hielt.
Leise trat er hinter seine Gefährtin und legte die Arme um Aryas Hüften. Der warme Körper in seinen Armen entspannte sich fast augenblicklich und Eragon spürte wie sich die Elfe, leicht wie eine Feder an ihn lehnte. Sie schlug das Buch auf und gemeinsam betrachteten sie noch einmal den bisherigen Lebensweg ihres Kindes. Keiner von beiden sagte etwas. Es war nicht nötig dass sie sich über ihre Gefühle austauschen. Sie wussten genau was den jeweils anderen bewegte.
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