Eine der Ältesten Teil 2
Inzwischen war es Abend geworden und die Dunkelheit der auf ziehende Nacht senkte sich über das Lager das Marlena und ihre Begleiter aufgeschlagen hatten. Ihre Drachendame hatten ihren Hunger in den umliegenden Wäldern gestellt und auch die beiden Reiterinnen hatten ein einfaches aber schmackhaftes Abendessen verzehrt.
Den beiden jungen Frauen war nicht wirklich danach sich noch lange zu unterhalten. Die vielen neuen Eindrücke die Svenaja in den letzten Tagen gesammelt hatte machten sich nun in einer bleiernen Müdigkeit bemerkbar. Die junge Frau aus dem Norden hatte sich schon auf ihren Decken zusammengerollt und ruhige gleichmäßige Atemzüge verrieten, dass sie bereits einen leichten Schlaf gefallen war.
Zwar Marlena auch nicht wirklich nach einer Unterhaltung zu Mute gewesen aber aus anderen Gründen. Die Drohungen die der Zwerg Gintar gegen sie ausgesprochen hatte waren durch die Tatsache, dass sie eine mögliche Spur verfolgten wieder sehr präsent im Marlenas Geist. Auch drängten sich nun die Einzelheiten der Berichte die sie aus Tronjheim erhalten hatten stärker in ihr Bewusstsein. Hoch im Norden war es einfach gewesen die Dinge nicht wirklich an sich heranzulassen doch nun lagen die Dinge anders.
Irgendwie fühlte Marlena sich ein wenig verantwortlich für die Todesfälle dies in der Zwergenhauptstadt gegeben hatte. Natürlich sagte sie sich sachlich, dass sie erstens überhaupt nichts dafür konnte und zweitens die Toten allesamt überzeugte Mitglieder einer dunklen und gefährlichen Glaubensgemeinschaft waren. Trotzdem war da ein irrationaler Teil ihres Bewusstseins, der trotz allem den Verlust dieser Leben bedauerte. Schließlich hatte ihr Vater Eragon Burod und Beoram nur deshalb zu den Zwergen geschickt, weil man sie, seine Tochter, bedroht hatte.
Auf der anderen Seite sagte Marlena sich aber, dass diese Angelegenheit aufgeklärt werden musste. Der Gedanke, dass die Ermittlungen die sie nun führten vielleicht dazu beitragen konnten diese ganze Angelegenheit zu bereinigen hatte etwas beruhigendes für die junge Halbling.
Sie musste sich allerdings eingestehen, dass ein Teil ihrer Unruhe auch von der Tatsache herrührte, dass sie bereits einen ganzen Tag auf eine Reaktion von Askasis Schwester Mulenarí. Immer wieder rief sich Marlena die warnenden Worte ihrer Mutter ins Gedächtnis und erinnerte sich, dass es schon ein äußerst kurzer Zeitabschnitt wäre, wenn eine Reaktion innerhalb der gesetzten Frist von drei Tagen erfolgen würde. Ganz konnte sie das aber nicht beruhigen. Vielleicht lag es daran, dass ihr Blut nur zum Teil elfischen Ursprungs war. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen sich so vom Leben abzuwenden, dass man trage dazu brauchen würde um zu entscheiden ob man ein Gespräch führen würde. Was war in Notfällen? In Situationen, in denen schnelle und unmittelbarer Entscheidungen unumgänglich waren?
Auf der anderen Seite erinnerte sich Marlena daran, dass die Ältesten vielleicht gerade deshalb eine Autorität waren die abseits des Königs und der Königin, sowie ihres Thronrates stand. Eben die Entscheidungen, die Marlena nun vorschwebt wurden von jüngeren Elfen getroffen die eigentlich über weniger Erfahrung verfügten aber eben einen besseren Kontakt zum täglichen Geschehen hatten.
Solche und ähnliche Gedankengänge verhinderten, dass die junge Halbling Ruhe fand. Ihrer Drachendame, Kyra und ihrer Freundin Svenaja schien das auf der anderen Seite nicht schwer zu fallen. Besonders die Geräusche wie die beiden Drachendame von sich gaben Sprachen eine deutliche Sprache. Das zweistimmige Schnarchen war zwar nicht besonders Damenhaft aber ein unverkennbares Zeichen für einen tiefen erholsamen Schlaf.
Marlena gab den Versuch einzuschlafen schließlich auf. Leise erhob sich von ihrem Nachtlager und griff sich aus ihrem Gepäck einen kleinen in Leder eingewickelten Gegenstand. Leise entfernte sie sich daraufhin von ihren Begleitern um diese nicht in ihrer Ruhe zu stören. Unweit des Lagers suchte sich ein kleiner Bach munter plätschernd seinen Weg durchs Unterholz. Er versorgte das Lager der Drachenreiter mit Frischwasser und auf einem flachen Stein am Ufer ließ sich Marlena nieder. Da sie sich ohnehin nicht die Mühe gemacht hatte ihre Stiefel über zu streifen ließ sie gemütlich die Füße in das kühle Wasser baumeln und genoss es wie die Strömung sie sanft umspülte. Mit einem löslichen seufzen lehnte sich die junge Drachenreiterin zurück bis sie flach auf dem Boden lag. Der flache Uferstein schien sich geradezu perfekt an ihren Rücken zu schmiegen und strahlte noch eine angenehme Wärme ab dir aus den Sonnenstrahlen bis dahin scheidenden Tages aufgesogen hatte. Fast schien es als ob der ganze Wald bemüht sei seinen Gästen Ruhe und Frieden ein zu impfen. Eine Weile genoss Marlena einfach die Stille und den Frieden. Mit ihren Zehen erkundete die junge Halbling das Flussbett, stieß einen kantigen Kiesel zu Seite und ließ ihre Füße schließlich in den weichen Schlamm am Grunde des Flussbetts sinken.
Endlich beruhigten sich ihrer rasenden Gedanken und schließlich fühlte sich Marlena in der Lage das zu tun warum sie eigentlich diesen Ort aufgesucht hatte. Sie griff neben sich ins Gras und hob das kleine Lederbündel auf. Ein warmes Lächeln breitete sich auf Marlenas Gesicht aus als sie die fein geschnitzte Panflöte enthüllte die das Leder bisher in ihrem Reisegepäck geschützt hatte. Sie konnte sich noch sehr gut daran erinnern woher dieses Instrument stammte. An ihren 10. Geburtstag hatte Marlena ein sehr eigentümliches Geschenk von ihrem Vater erhalten. Im Grunde bestand der Inhalt des Paketes, welches die junge Halbling mit kindlicher Begeisterung öffnet hatte nur aus ein paar Werkzeugen und einigen gleichmäßigen Holzstücken. Lächelnd hatte ihr Vater sie auf den Schoß genommen und ihr erklärt, dass dies alles sei was man bräuchte um sich eine Panflöte herzustellen. Plötzlich waren die seltsamen Utensilien für Marlena sehr interessant denn bereits als Kind hatte sie sich sehr für Musik begeistern können. Das hoch heilige Versprechen ihres Vaters mit ihr gemeinsam ein Instrument aus diesen Einzelteilen herzustellen hatte den Geburtstag für Marlena perfekt gemacht. Vater und Tochter hatten fast eine Woche gebraucht doch schließlich konnte Marlena ihren mit eigenen Händen hergestellten Instrument die ersten Töne entlocken. Wie genau man spielte hatte ihre Mutter ihr beigebracht. Der Unterricht den sie von diesem Tag an erhielt war Aryas Anteil an dem Geschenk.
So wundervoll und wärmend dieser Erinnerungen auch waren zunächst schob die junge Halbling sie nun beiseite. Sie entspannte sich, senkte ihre geistige Schilde und ließ ihren Geist das Leben um sich herum berühren. Immer tiefer tauchte sie in das Meer der Empfindungen um sie herum ein und ließ zu, dass sich die einzelnen Wahrnehmungen der Geschöpfe um sie herum immer weiter entfalteten. Wie ein aus vielen Strängen geflochtene Seil spaltete sich jedes noch so kleine Lebewesen in Empfindungen, Erinnerungen und Eindrücke auf, die in diesem Augenblick das Leben um sie herum beherrschten. Alles floss ineinander. Die Vergangenheit dieses Ortes in der auch der Tod eine Rolle spielte der diese Stadt heimgesucht hatte. In den Erinnerungen der Tiere war dieser Ort noch sehr stark mit seinen vorherigen Bewohnern verknüpft. Über Generationen hatte man sich an die Präsenz der Elfen hier gewöhnt. So wurde die Melancholie von Umbruch und Veränderungsteil dessen was jedes Lebewesen an diesem Ort nun fühlte. Auch die umgestürzten Bäume die noch Spuren von Elfischenhäusern enthielten steuerten ihre ganz eigene Noten zu dem Lied des Lebens bei, dass sich langsam in Marlenas Kopf formte. Die einzigartigen Lebewesen die das tote Holz bevölkerten sowie die Pflanzen wie die umgestürzten Bäume überwucherten und langsam verzehrten all das ging einher mit dem Konzert welches typisch war für einen gesunden atmen den Wald.
Immer tiefer ließ sich Marlena in dieses Lied sinken und erkannte schließlich die in der Melodie die von den unterschiedlichen Zielsetzungen und Lebensgewohnheiten der einzelnen Waldbewohner herrührten. An diesem Punkt führte sie mit schlafwandlerischen Sicherheit ihre Panflöte an die Lippen und begann sanft zu blasen. Die Klänge des Instrumentes schlugen Brücken über die Lücken in der Melodie und verschmolzen alles zu einem perfekten großen Ganzen. Zeitgefühl hatte Marlena schon längst verloren. In diesem Zustand spielte es einfach keine Rolle. Lediglich daran, dass sich das Konzert der Tiere um sie herum langsam zu verändern begann als der Tag endgültig in die Nacht überging verdeutlichte der jungen Halbling, dass in der Tatzeit verstrichen war.
Als Marlena schließlich an einen Punkt gelangte wo sie glaubte die höchstmögliche Harmonie mit allem um sich herum erreicht zu haben zog sie ihren Geist zurück in den eigenen Körper und schlug die Augen auf. Etwas überrascht erkannte sie, dass sie nicht mehr alleine war. Alonvy, Kyra und Svenaja saßen um sie herum. Die goldene Drachendame beäugte sie neugierig mit schief gelegten Kopf während in Alonvys Blick so etwas wie Besitzerstolz lag.
- "Das ist meine kleine Halbling." - verkündete die weiße Drachendame schließlich und bestätigte damit Marlenas Einschätzung.
"Das war wunderschön." Svenajas Stimme erschreckte Marlena ein wenig den sie zitterte eindeutig. Erst jetzt erkannte sie, dass die andere Drachenreiterin feucht glänzende Augen hatte und auch einige Tränenspuren auf den Wangen. Trauer schien jedoch nicht der Ursprung dieser Trend zu sein.
"Entschuldigt, ich wollte euch nicht wecken....." setzte Marlena an doch ihre Begleiterinnen winkten sofort ab.
"Du hast uns nicht gestört." versicherte Svenaja entschieden. "Ich habe nur noch nie so etwas wundervolles gehört. Wie hast du das gemacht? Der ganze weiter praktisch mit dir gesungen!"
Marlena schmunzelte über die Neugier ihrer Schülerin und ließ sich nicht lange bitten.
"Du siehst das falsch herum. Nicht der Wald hat mit mir gesungen sondern ich mit ihm. Du hast mich doch einmal gefragt warum der Elfen das hören im Geist das Lied des Lebens nennen. Nun, das ist der Grund. Wenn man nur lange genug gelauscht erkennt man das alles Leben um einen herum in einer großen Harmonie miteinander verbunden ist. Ich habe nur alles mit meiner Flöte verknüpft und in eine Form gebracht die ein jeder begreifen kann."
"Wie gesagt es war wunderschön." Svenaja schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. "Können das alle Elfen?"
Marlena hatte bereits den Mund geöffnet um zu antworten doch eine andere, kristallklare Stimme kam ihr zuvor:
"Bei weitem nicht alle Elfen junge Drachenreiterin. Nur die wenigsten können dies und nur eine Hand voll solcher Perfektion."
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