Ein Plan
Nach dem Alonvy gesattelt war wickelten sich Marlena und Svenaja in gefütterte Umhänge und ließen sich von der weißen Drachendame in den Himmel tragen. In der sie der ständigen Wolkendecke über dem Tal kamen, desto aufgeregter wurde Kyra. Aufrecht stand sie vor Marlena an Alonvys Halsansatz und hatte die Flügel leicht abgespreizt. Sicherheitshalber hatte sie ihren Schwanz um Marlena Sattelhorn gewunden.
Auch wenn ihre Drachendame größtenteils in Gefühlen und Sinneseindrücken mit dem goldenen Drachenkücken kommunizierte erkannte Marlena doch, dass ihre Seelenschwester bemüht war möglichst viele Erfahrungen an ihre junge Artgenossnn weiterzugeben. Bei jedem Aufwind oder Luftloch blitzte das pure Vergnügen von Kyras Geist her auf. Während das junge Drachenmädchen den holprigen Flug durch die Wolkendecke in vollen Zügen genoss spürte Marlena, dass ihrer Reiterin den Griff um die Hüften der jungen Halbling verstärkte. Ein Umstand, den Marlena nicht wirklich nachvollziehen konnte. Solange sie zurückdenken konnte hatte sie sich auf dem Rücken fliegender Drachen wie zuhause gefühlt.
- "Na das ist auch kein Wunder." - tadelte Alonvy. - "Du bist ja auch schon mit deinen Eltern geflogen, noch bevor du laufen konntest. Ich denke, dass du dich deshalb so heimisch am Himmel fühlst." -
- "Hast du dagegen etwa Einwände." - lachte die Reiterin als Alonvy schließlich durch die Wolkendecke über dem Tal brach.
- "Natürlich hab ich nichts dagegen kleine Halbling aber du sollst nur bedenken, dass nicht jeder das Glück hatte so aufzuwachsen wie du. Das hier ist gerade mal Svenajas dritter Flug. Und das erstemal, dass es etwas rau wird." -
Dem konnte sich Marlena natürlich nur anschließen. Inzwischen jedoch hatte die Gruppe den Bereich der Turbulenzen verlassen und glitt wieder friedlich durch den Himmel. Unter ihnen erstreckte sich die Wolkenkuppel wieder Rücken eines gewaltigen Tieres.
- "Kann ich jetzt wieder selbst fliegen?" - quängelte Kyra ungeduldig.
- "Warte noch bis wir etwas tiefer sind." - riet Marlena dem jungen Drachenfräulein.
- "Wieso?" - erkundigte sich das Küken herausfordernd.
- "Meine Reiterin hat recht Schwester." - sagte Alonvy sanft und begann ihre Schülerin zu erklären, das je höher man stieg die Luft dünner wurde. Folglich war es für ein Drachenkind mit kleineren Flügeln sehr schwierig sich in der Luft zu halten.
Während die weiße Drachendame ihr Wissen an die nächste Generation weitergab sah sich Marlena suchend um und entdeckte die Stelle an der der Fluss, der ihnen den Weg zum Tal gewiesen hatte aus dem Felsen entsprang. Sie machte Alonvy darauf aufmerksam und die Drachendame begann im Laufe des Wassers zu folgen. Kaum hatten sie hinreichend an Höhe verloren als nichts mehr Kyra auf dem Rücken der weißen Drachendame hielt. Ausgelassen tollte sie schon Augenblicke später neben ihrer Lehrerin durch den Himmel.
Einige Minuten folgte die Reisegruppe im Verlauf des Flusses bis dieser schließlich zu zu frieren begann und unter dem Eis verschwand.
"Jetzt musst du uns weiterhelfen Svenaja. Wo verläuft der Fluss weiter und wie weit ist es noch bis zur Küste?"
Svenaja rückte etwas näher an Marlena heran und sprach direkt in das Ohr der jungen Halbling. "Bis zu Meer ist es nicht besonders weit. Da am Horizont! Die dunkelblaue Linie das ist das Meer."
Die Bewohnerinnen des Nordens hatte natürlich recht. Alonvy brauchte nur etwa 10 min bis sie über einer ausgedehnten dunkelblauen Wasserfläche schwebte die sich am Horizont verlor. Einige gewaltige Berge aus Eis trieben im Wasser und gerade als sich Marlena fragte die diese gewaltigen Brocken entstanden brach unter donnerndem Getöse eine große Eismasse von dem Gletscher ab der das Ufer bedeckte.
"Wo mündet jetzt der Fluss ins Meer?" wollte die junge Halbling von ihrer Begleiterin wissen.
"An mehreren Stellen." erklärte Svenaja. "Es bleibt nicht bei einem großen Strom der bis zum Meer fließt. Der Fluss spaltet sich in viele kleine Arme auf. Deshalb meiden wir diese Stellen auch wenn wir zum frischen ans Meer gehen. An den Stellen wo unter dem Eis warmes Wasser fließt trägt die Fläche manchmal nicht. Wenn man einbricht wird man von der Strömung leicht unter das Eis gezogen."
Marlena nickte und Svenaja zeigte ihrer Lehrerin genau an welchen Stellen der warmen Strom ins Meer floss. Jetzt wo sie wusste worauf Sie achten musste konnte Marlena tatsächlich erkennen wo sich das aufgeheizte Wasser auf die Eisfläche auswirkte. Auf gedanklichen Wege bat sie Alonvy von einem der größten Einmündungspunkte zurück richtung Tal zu fliegen. Aus der Luft schätzte die junge Halbling, dass es sich nur um eine Strecke von drei oder 4 Meilen handelte die tatsächlich von Eis bedeckt war. Darauf hatte Marlena gehofft. Sie signalisierte Alonvy am Ufer des Flusses zu landen und zwar genau an der Stelle wo das Gewässer zu zu frieren begann.
Augenblicke später setzte die weiße Drachendame auf. Kyra schwirrte noch einmal um ihre Lehrerin herum und wollte dann auf einem kleinen Schneehügel, der sich durch Verwehung gebildet hatte, zur Landung ansetzen. Dies erwies sich allerdings als eine nicht ganz so gute Idee. Der Schnee war zu locker um das Gewicht der jungen Drachendame zu halten und mit einem entsetzten Quietschen sackte die kleine goldene ein bis nur noch ihr Kopf und ihre Flügel aus dem Schneehaufen ragten.
Schmunzelnd eilte Svenaja ihrer jungen Seelenschwester zu Hilfe und befreite sie aus ihrer misslichen Lage. Auf der sicheren Schulter ihrer Reiterin hockend fauchte Kyra den nun recht zerwühlten Schneeberg wütend an und bekundete:
- "Schnee kann ich nicht leiden!" -
Ihrer Reiterin schmunzelte nur und begann ihr Küken mit Streicheleinheiten zu besänftigen.
"Was hast du denn nun für eine Idee Marlena?"
"Ganz einfach." antwortete die junge Halbling. Während Kyra für Ablenkung gesorgt hatte war Marlena nicht untätig gewesen. Durch einige Zauber und ihre geistige Wahrnehmungsfähigkeit hatte sie die Dicke des Eises geprüft und war zu dem Ergebnis gekommen, dass ihr Plan durchaus umsetzbar war.
Auf Svenajas Frage hin begann sie mit einem Finger Linien in den Schnee zu ziehen.
"Siehst du, dass hier ist euer Tal und dass der Fluss bevor er sich in kleinere Läufe aufspaltet. Er ist durchaus tief genug dass Schiffe im befahren können. Das Problem ist, dass die kleineren Ströme wesentlich flacher sind und natürlich weniger Wasser führen. Deshalb frieren sie zu. Sie kühlen einfach schneller aus. Meine Idee ist jetzt, dass wir einen Kanal anlegen. Ein künstlich geschaffenen Flusslauf, indem wir alles Wasser aus dem Hauptstrom bündeln und ins Meer leiten."
"Aber würde dir dann nicht auch zu frieren?"
Svenaja blieb erst einmal skeptisch.
"Ich denke nicht." beharrte Marlena. "Weist du, Flüsse verreisen nur recht selten. Sie tun dies nur dann, wenn die Fließgeschwindigkeit des Wassers zu gering ist oder das Wasser recht flach ist und deshalb schnell auskühlt. Wenn wir das Wasser, das sich in den kleineren Flussläufen verliert in einem Strom bündeln und den direkt zu mehr führen wird das Wasser tief genug sein das es schiffbar ist und so schnell fließen, dass es nicht gefriert. Schließlich stand der ganze Strom der aus einer heißen Quelle. Ich habe die kleineren Flussläufe untersucht. Sie winden sich in unendlich vielen Kurven. An manchen Punkten steht das Wasser geradezu. Kein Wunder dass es dann auskühlt und gefriert. So könne der Handel mit dem Rest von Alagaesia treiben! Will legen einen Hafen hier in der Nähe eures Tals an. Ankommende Schiffe gelangen so in die Nähe eures Tals und zurück zum Meer. Von dort aus Segeln sie dann einfach an der Küste entlang bis sie Ceunon erreichen. Die nördlichste Stadt des Reiches. Von dort aus können eure waren dann zum Beispiel nach Emfielion oder in andere Teile Alagaesias weiterverkauft werden."
"Die Idee ist gut." räumte Svenaja mit zunehmender Begeisterung ein. "Ich denke der Rat wird sich durchaus überzeugen lassen diesem Vorhaben zuzustimmen."
- "Nicht so stürmisch ihr zwei." - bremste Alonvy.
Die weiße Drachendame scharte mit ihren Krallen etwas Schnee zu Seite und kratzte anschließend über den steifgefrohrenen Boden.
- "Wie willst du denn hier Erdarbeiten durchführen. In dieser Erde zu graben dürfte fast unmöglich sein." -
Unsicher blickte Svenaja zu Marlena hinüber, diese jedoch blieb ruhig.
"Nun, dann müssen eben die Drachenreiter beim Bau helfen."
Marlena zögerte, sie durfte schließlich nicht das Wissen um die Eldunari enthüllen. Die Unterstützung der Seelenhorten wäre mit Sicherheit nötig und dieses Projekt zu verwirklichen.
"Der Orden hat für Notfälle Magiereseven angelegt. Wir werden hier einige zum Einsatz bringen müssen aber dann können wir den Kanal erschaffen. Ich muss es natürlich dem Ältestenrat vortragen aber ich bin sicher, dass der Orden euch unterstützen wird Svenaja. Es ist ja schließlich auch in unserem Interesse, dass ihr Handelsbeziehungen mit dem Rest von Alagaesia aufnehmen könnt."
- "Nun, mit zwei Mitgliedern des Ältestenrates wirst du gleich sprechen können." -
Fragend blickte Marlena ihre Drachendame an. Etwas anders südlichen Horizont schien ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Einige Augenblicke später entdeckte Marlena um was es sich handelte. Die unverkennbare Silhouette eines Drachen der so rot strahlte wie die aufgehende Sonne.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro