Ein Geschenk
Marlena und ihre Begleiter hatten das Binnenmeer ohne größere Schwierigkeiten überquert und erreichten am frühen Nachmittag das Palancartal. Marlena hatte jedoch entschieden, nicht direkt nach Carvahall zu fliegen sondern etwas außerhalb der Siedlung Rast zu machen.
Erst am späten Abend wollten sich die beiden Drachenreiterrinnen beim Haus von Graf Roran und Gräfin Katrina einfinden.
Der Grund hierfür war einfach. Marlena wollte Svenaja in Ruhe die erste Lektion im Speichern magischer Energie geben. Die junge Drachenreiterin befürchtete, dass dafür zunächst keine Zeit bleiben würde wenn man in den geschäftigen Mittagsstunden über Carvahall auftauchen würde.
Marlena hatte als Lagerplatz eine kleine Höhle in unmittelbarer Nähe der Wasserfälle ausgewählt. Hier hatte sich ihr Onkel Roran zunächst versteckt als das Imperium mit der Belagerung des Dorfes begann. Erst später als ein Kampf nicht mehr zu vermeiden war hatte er die Führung der Dorfgemeinschaft übernommen.
Marlena hatte mit einem Zauber dafür gesorgt, dass man weder ihrer Ankunft noch ihrer Rast in der Nähe der tosenden Wasserfälle bemerken würde. Von einem Felsvorsprung aus konnte sie das ganze Tal überblicken und stellte fest, dass das heutige Carvahall sich deutlich von dem unterschied, dass ihr Vater aus eben dieser Perspektive in einem Wunschbild verewigt hatte. Dieser Fairith ging solange Marlena denken konnte im Arbeitszimmer ihres Vaters über seinem Schreibtisch. Als Kind war sie oft auf Eragons Schoß gekrabbelt und hatte sich Geschichten über das kleine Dorf erzählen lassen. Hauptsächlich ging es um die Dinge die Roran und Eragon in ihrer Jugend so angestellt hatten.
Nicht nur der Angriff des Imperiums hatte jedoch dafür gesorgt, dass dieses malerische Dörfchen heute nur noch in den Erinnerungen von Marlenas Vater existierte. Roran hatte sich als gütiger und fähiger Herrscher des Tals herausgestellt so war Carvahall über die Jahre zu einer stolzen kleinen Stadt herangewachsen. Große landwirtschaftliche Nutzflächen erstreckten sich außerhalb der schützenden Stadtmauern und auch die Weidegründe von Roran Hammerfausts Pferdezucht waren ein beeindruckender Anblick. Der Hof in dem Marlenas Vater aufgewachsen war war nun ein Herrenhaus und außerhalb des Dorfes erhob sich eine Festungsanlage die auch bereits einige Sommer gesehen hatte. Marlena erinnerte sich, dass sie mit 15 Jahren ihre Eltern zur Neueinweihung dieser Festung begleitet hatte. Die ursprüngliche Konstruktion war inzwischen nicht mehr in der Lage allen Bewohnern des Dorfes Schutz zu bieten. Graf Hammerfaust hatte daraufhin die Stadtfestung vergrößern lassen. Die Erfahrungen aus dem großen Krieg waren in den Bau eingeflossen und Marlena hatte während ihrer Ausbildung genug über Burgen und Festungen gelernt um zu erkennen, dass dies ein nicht zu unterschätzendes Bollwerk war.
Oft schon hatte die junge Halbling ihren Onkel und ihren Vater beobachtet wie sie mit etwas Wehmut an die Zeiten zurückdachten in denen die Stadt nur ein Dorf gewesen war. In ihren Jugendjahren hatte Marlena das nicht wirklich verstanden. Erst jetzt da sie selbst die Last von Verantwortung auf ihren Schultern spürte schien ihr das Wunschbild über dem Schreibtisch ihres Vaters geradezu unglaublich einladen zu sein.
Marlena die sich vor dem Anblick der kleinen Stadt los und beschloss sich auf dem Unterricht zu konzentrieren den sie vorbereitet hatte. Auch wenn Carvahall gewachsen war würde man zweifellos auf einem herzlichen Empfang der beiden Drachenreiter bestehen und indem sie sich etwas zurückerhielten, hoffte Marlena den offiziellen Teil der Begrüßung auf den nächsten Tag verschieben zu können.
Svenaja hatte sich stets als gelehrig Schülerin herausgestellte und Marlena zweifelte nicht daran, dass sie die Grundbegriffe der Magiespeicherung schnell in sich aufnehmen würde.
Alonvy, Kyra und Svenaja erwarteten sie bereits als Marlena wieder zu Feuerstelle zurückkehrte.
"Dein Vater also seiner Drachendame Saphira aufgezogen und ist schließlich zum Kampf gegen das Imperium aufgebrochen.?"
Marlena beantwortete Svenajas Frage mit einem wohlwollenden Lächeln.
"Wenn wir morgen mit der offiziellen Begrüßung fertig sind werde ich dir ein paar Plätze zeigen die für meinen Vater von Bedeutung waren. Ich denke wir fangen mit seinem alten Geheimversteck im Wald an. Dort ist schließlich jetzt auf der Lagerplatz für ankommende Drachen. Jetzt wollen wir aber erstmal mit der heutigen Lektion fortfahren."
Svenaja zog ihr Schwert Neagling zu sich heran und betrachtete den gelben Diamanten im Knauf des alten Schwertes.
"Ich verstehe immer noch nicht wieso man in Edelsteinen Magie speichern kann. Kann man die Energie nicht auch in anderen Materialien hinterlegen?"
Marlena freute sich über die Frage denn sie war in der Tat ein guter Einstieg in das Thema.
"Man kann praktisch alles mit magischer Energie aufladen aber Edelsteine eignen sich am besten. Um das zu verstehen musst du wissen, dass Edelsteine von allen Materialien wie es in der Natur gibt die klarste und reinste Struktur haben. Wenn du einen Diamanten mit einem Stück Glas vergleichst sie das bloße Auge zunächst einmal fast keinen Unterschied. Wenn das Glas noch etwas farbig ist kamen es so schleifen das ist zweifellos aussieht wie Rubine, Smaragde oder Diamanten aber was passiert wenn man so einen falschen Edelstein fallen lässt?"
"Das Glas zerbricht sofort." erwiderte Svenaja.
"Ein Edelstein aber nicht oder?"
Die junge Frau ist im Norden schüttelte den Kopf.
"Daran erkennt du das ein Diamant vielleicht eine oberflächliche Ähnlichkeit mit Glas hat aber eine grundsätzlich andere Struktur und darauf kommt es an. Diese Struktur nämlich ist es die Fähigkeit bestimmt Magie zu speichern. Die von Edelstein ist so komplex, dass die Energie in ihr festgehalten wird und kontrolliert entnommen werden kann. Metall zum Beispiel eignet sich nicht so gut dafür. Die Energie entlädt sich wie ein Blitz. Völlig unkontrolliert. Je reiner und komplexer die Struktur ist, desto mehr Kraft kann in ihr gespeichert werden. Du könntest natürlich auch zum Beispiel ganz normale Kieselsteine nehmen um Kraft daran zu speichern aber sie vermögen das nur bis zu einem sehr begrenzten Grad. Wird die Energiemenge nämlich zu groß sprengte die Kraft die Struktur und zerstörte damit. Die Kraft die ein Kieselstein in sich aufnehmen kann bevor er zerbricht ist nicht wirklich eine lohnenswerter Vorrat. Deshalb eignen sich Edelstein am besten. Sie sind die härtesten Naturprodukte weil ihre Struktur ebenso komplex und rein ist."
- "Was ist mit Holz?" - fragte Kyra in die Runde.
- "Holz oder andere organische Materialien eignen sich überhaupt nicht zum Speichern von Magie junge Schwester." - antwortete Alonvy Ira Artgenossin.
"Warum darf es nichts organisches sein?" erkundigte sich Svenaja etwas überrascht.
"Weil Magie nicht, wie manche Leute glauben, etwas unnatürliches ist sondern etwas zutiefst natürliches. Es ist die Lebenskraft die von allen Wesen genutzt und auch erzeugt wird. Deshalb kostet dich jeder Zauber einen Teil deiner eigenen Kraft. Verbrauchs du mehr Kraft als dein Körper spenden kann stirbst du. In der Magie geht es um ein großes natürliches Gleichgewicht. Du kannst nicht mehr entnehmen als du gibst. Doch zurück zu deiner Frage. Holz ist eine natürliche Substanz die ihren eigenen Lebenszwecke hat. Ich schrecke etwas davor zurück es eigenen Willen zu nennen aber im Grunde ist es so etwas ähnliches. Du weißt vielleicht, dass Blumen ihre Blütenkelche immer nach der Sonne ausrichten. Daran erkennt man das Pflanzen etwas lebendiges sind, wenn sie reagieren auf ihre Umwelt. Das Material aus dem etwas lebendiges geschaffen ist trägt Sinn und Zielrichtung in sich. Wenn du also beispielsweise magische Energie in einem Stock speicherst, dann wird das Holz die Lebenskraft die ihm über antwortet wurde nutzen wie es seiner Natur entspricht."
"Also würde der Stock anfangen zu wachsen." vermutete Svenaja.
- "Aber man kann doch Holz beispielsweise verzaubern, dass es bestimmte Eigenschaften." - beharrte Kyra. - "Du hast uns erzählt Meisterin Marlena das dein Vater während des Krieges beispielsweise den Hammer deines Onkels so verzaubert hat, dass er nicht bricht." -
Hinter sich hörte Marlena Alonvy leise kichern. Seit der Begegnung mit ihren Eltern war Kyra dazu übergegangen Marlena mit Meisterin anzusprechen. Als sie allerdings bemerkt hatte, dass das der jungen Halbling etwas unangenehm war war sie zu einem goldenen Mittelweg übergewechselt. Sie verwendete kein förmliches "ihr" oder "euer" sondern blieb beim vertrauten "du". Das Meisterin jedoch befiehlt sie standhaft bei.
Marlena schluckte das Gefühl von Peinlichkeit herunter und antwortete lieber auf die Frage der jungen Drachendame.
"Jetzt bringst du zwei Sachen durcheinander Kyra. Wenn man Magie in einem Gegenstand speichert ist es etwas anderes als wenn man einen Gegenstand mit einem Zauber belegt. Ein Zauber hat eine Richtung. Diese Richtung ging an durch die Formel in der alten Sprache vor und sagt der Energie welche Aufgabe sie erfüllen soll. Beispielsweise eben dafür zu sorgen dass das Holz nicht bricht. Wie lange so ein Zauber anhält hängt von der Menge der Energie ab wie man verwendet. Wenn du aber magische Kraft speicherst diese Kraft keine Richtung. Es ist reine Energie und da organische Materialien, wie ich euch erklärt habe, ein gewisser Auftrag innewohnt geht die gespeicherte Kraft dazu über diesen Auftrag als den ihren anzusehen und zu erfüllen. Edelsteine sind zwar auch Materialien die durch einen natürlichen Prozess entstanden sind aber sie wurden geschaffen beide Hefte von außen auf sie eingewirkt haben. Vor allem Hitze und Druck."
Kyra schnaubte verstehend und legte den Kopf geduldig auf ihrem Pranken ab und weiter zuzuhören.
"Als erste Übung habe ich für euch folgendes vorbereitet" fuhr Marlena fort. "Ihr müsst zunächst lernen über eure geistige Wahrnehmungsfähigkeit auch die Struktur von Objekten erfassen zu können. Das ist der erste Schritt um zu lernen wie man Kraft in Edelsteinen hinterlegten."
"Man kann auch leblose Objekte mit dem Geist berühren?" wunderte sich Svenaja.
"Allerdings kann man das." bestätigte die junge Halbling. "Mein Vater hat diese Fähigkeit zum ersten Mal vor der Schlacht um Tronjheim gegen die Urgals benutzt. Um den Angriff besser unter Kontrolle zu haben verschlossen die Zwerge ein Tunnel die nach Tronjheim führten bis auf drei. Mein Vater unterstützte sie mit Magie und erkundete den Boden mit seinen geistigen Fühlern. Er suchte nach Schwachstellen in der Struktur der Erde und der Felsen und vergrößerte sie so dass die Tunnel einstürzten. Versuches ruhig einmal Svenaja. Konzentriere dich ganz auf den gelben Diamanten im Knauf seines Schwertes und öffne deinen Geist. Es ist gar nicht so schwierig. Meinem Vater hat das niemand beigebracht er hat es instinktiv vor der Schlacht angewendet in der er auch Durza getötet hat."
Svenaja nickte und ergriff ihre Schwert. Die Klinge hielt sie aufrecht in die Luft und den Blick konzentriert auf das gelbe Juwel gerichtet. Einige Sekunden geschah nichts dann allerdings stieß die junge Frau einen spitzen Schrei aus und schleuderte das Schwert von sich als wäre es glühend heiß.
Körpern fiel die Klinge zu Boden und Svenaja starrte sie völlig entgeisterd an.
- "Sei lieber froh, dass das die Tante meiner Reiterin nicht gesehen hat." - polterte Alonvy. - " Die hätte die was erzählt so mit einem ihrer Schwerter um zu springen. Was soll denn das du Küken?" -
Svenajas Aufregung hatte auch auf Kyra übergegriffen. Das goldene Drachenfräulein war aufgesprungen und fauchte das Schwert an als wolle es ihrer Reiterin angreifen.
"Nun mal alles mit der Ruhe." rief Marlena in die Aufregung hinein und war selbst überrascht die Autorität ihrer Stimmen lag.
Neben Svenaja ging die junge Halbling in die Hocke und legte die junge Frau die Hand auf die Schulter.
"Was ist los?" erkundigte sich Marlena besorgt als sie sah, dass die Augen ihrer Schülerin noch immer vor Schreck geweitet waren.
"Da..... ich weiß nicht! Es war wie ein Wirbelsturm." stammelte Svenaja entgeisterd.
Unschlüssig hob Marlena das goldene Schwert auf und konzentrierte sich nun selbst auf das gelbe Juwel. Sofort wurde ihr klar was Svenaja da gespürt hatte. Der gelbe Diamant war noch mit einem beträchtlichen Maß an Energie gefüllt. Es war weitaus mehr Kraft als Marlena beispielsweise in ihrem Schwert gespeichert hatte.
"Ach je!" lachte die junge Halbling leise. "Das hätte uns meine Patentante war wirklich sagen können."
"Was denn?" wollte Svenaja wissen.
"Du hast etwas mehr erhalten als du wolltest als du dich für dieses Schwert entschieden hast." erklärte die junge Drachenreiterin. "Ich habe jedoch von Oromis erzählt. Er hat deshalb fast ein Jahrhundert nicht an den Kämpfen gegen Galbatorix teilgenommen weil er keine Magie mehr wirken konnte. Zumindest konnte er keine starken Zauberwerk vollbringen. Er wusste aber, dass auch für ihn die Zeit kommen würde auf das Schlachtfeld zurückzukehren. Deshalb hatte sich der Technik der Speicherung von Kraft bedient. Fast 100 Sommer lang haben elfische Magier und der mächtige Drache Glaedr Tag für Tag soviel Kraft wie möglich in diesem Juwel gespeichert. Offenbar ist dir ein guter Teil von dieser Kraft erhalten geblieben. Oromis hat wohl nicht alles vor seinem Tod verbraucht. Ich glaube mit dieser Energie könnte Kyra von hier nach Vroengard und wieder zurück fliegen ohne auch nur einmal auf ihre eigene Körperkraft zurückgreifen zu müssen."
Lächelnd überreichte Marlena Svenaja wieder ihr Schwert.
"Wir werden wohl einen anderen Edelstein für dich zum üben finden müssen. Ich möchte dass du zunächst nicht mehr auf das Juwel im Knauf von Neagling zugreifst. Nicht solange du nicht weißt Du gespeicherte Energiemengen kontrollieren kannst. Diese Kraft ist ein sehr wertvolles Geschenk an dich. Sobald er sie beherrschst geh vorsichtig damit um."
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