Die Zisterne
Die Gruppe setzte ihren Weg fort und jeder ging seinen eigenen Gedanken nach. In stiller Übereinkunft verzichtete man auf weitere Gespräche. Immerhin wusste man nicht in welches unbekannte Gebiet vorstieß und es schien klüger nichts zu tun was die falsche Art von Aufmerksamkeit erregen würde.
Nach etwa einer Stunde bemerkte Marlena, dass der Tunnel sich veränderte. Glücklicherweise blieb er vom Durchmesser hier die ganze Zeit konstant so dass die beiden Drachendame der Gruppe keine Probleme hatten ihren Reiterinnen zu folgen. Die Änderung die Marlena feststellte bezog sich auf andere Faktoren. Bisher hatte der Tunnel steht in einer sanften Kurve in die Tiefe geführt. Es hatte die junge Halbling unwillkürlich an eine natürlich entstandene Wendeltreppe erinnert. Nun jedoch schien der Weg gereist Gefährten nicht weiter in die Tiefe zu führen. Auch legte sich der Tunnel nicht länger in einer Kurve sondern führte, abgesehen von einigen kleinen Unregelmäßigkeiten, beständig in eine Richtung.
Alonvy behauptete das ihr Weg sie nun beständig nach Norden führen würde. Marlena akzeptierte diese Aussage ihrer Drachendame. Sie wusste dass die Sculblaka eine natürliche Fähigkeit dafür hatten die Himmelsrichtung zu erkennen. Die Forschungen ihres Vaters hatten ergeben, dass diese Fähigkeit unabhängig war von Orientierungshilfen wie landschaftlichen Merkmalen oder den Gestirnen. Auf Nachfrage seiner Tochter hin hatte Eragon spekuliert, dass die Orientierungsfähigkeit der Drachen mit der von Vögeln zu vergleichen war die über den Winter zielstrebig in wärmere Regionen flogen. Diese Tiere war nicht klug genug um mathematische Berechnungen anzustellen aber fanden ihr Ziel mit schlafwandlerischen Sicherheit. Der Anführer der Reiter war der Meinung, das ist bei Drachen ähnlich sei.
Marlena hatte Alonvy einmal gefragt woher sie so genau wüsste, welche Himmelsrichtung sie auf ihrem Weg gerade verfolgen würde. Die damals noch halbwüchsige Drachendame hatte geschraubt und gefragt woher Marlena wüsste wie sie ihre Ohren zu benutzen hätte. Ebenso natürlich sei die Fähigkeit der Drachen zu erkennen man sich gerade aufhielt.
Die Reisegemeinschaft setzte ihren Weg noch etwa eine Stunde fort. Dann jedoch versperrte ihnen eine Felsformation das weitere vorwärtskommen. Keiner der Gefährten schien jedoch ernsthaft zu glauben man das ihr Weg in einer Sackgasse enden würde. Inzwischen hatten sie ein gewisses Vertrauen zur Prophezeiung des Pilgers entwickelt. Außerdem fiel selbst Marlena und Svenaja, die sich mit Höhlen und Gestein nicht so gut auskannten wie der Zwerg Atalet, dass die Gesteinsformation zwar den Weg blockierte aber keinesfalls massiv zu sein schien. Sie bestand aus einer Reihe von Stalakmiten mieten und Stalaktiten die ein natürliches Gitter den Tunnel verschlossen.
Nach kurzer Beratung kamen überein, sich den Weg frei zu räumen. Natürlich erboten sich die beiden Drachendame ihre Kraft einzusetzen um das bisschen Gestein aus dem Weg zu fegen doch Marlena bat sie dies nicht tun. Selbstverständlich vor der sowohl Alonvy als auch Kyra eine Erklärung von der jungen Halbling und diese versicherte ihren schuppigen Begleiterinnen, dass sie in keiner Form an der Kraft der beiden Sculblaka zweifeln würde. Die Drachenreiterin hielt es nur für angebracht möglichst leise zu bleiben da sie das sichere Gefühl hatte, dass sie sich ganz in der Nähe ihres Ziels befanden. Auf keinen Fall wollten sie Marantera das Gefühl von Bedrohung vermitteln und einen Angriff provozieren. Mit dieser Erklärung gaben sich Alonvy und Kyra zufrieden da auch Atalet den beiden Drachendame bestätigte, dass sie sich zweifellos dem Ende ihres Weges nähern würden.
Marlena entschied sich deshalb noch einmal auf Klimpertod zurückzugreifen. Mit der kristallenen Klinge durchtrennte sie die natürlichen steinernen Säulen so mühelos als würde sie mit einer Sense Gras schneiden. Schon nach wenigen Minuten konnte die Gruppe ihren Weg fortsetzen und die Höhle begann sich zu weiten. Bereits wenige Schritte nach dem natürlichen Hindernis eröffnete sich der Blick in eine riesige Grotte die nur zum Teil natürlichen Ursprungs war. Am Boden war ein gewaltiges steinernes Becken welches bis zum Rand mit Wasser gefüllt war. Die klare Flüssigkeit ran an einer schneeweißen Gesteinsformation herunter. Atalet erklärte seinen beiden Begleiterinnen, dass sie sich tatsächlich in der alten Zwergenstadt Orthíad befanden. Marlena hatte sich im Vorfeld über die Geschichte der Stadt informiert und begriff, dass sie sich in der riesigen Zisterne unterhalb der Statue der Göttin der Seen und Meere befinden mussten. Ihr wurde das Nutzwasser für die Stadt gesammelt. Das Ende des Tunnels der sie an diesen Ort geführt hatte lag in einer Felsnische in der Nähe der Decke. Zweifellos hatten die Zwerge die diese Stadt einst errichteten ihm wenig Beachtung geschenkt. Wenn sie Felsnische erforscht hatten waren sie auf ein natürliches Hindernis gestoßen. Die Gesteinsformation der Marlena mit Klimpertod durchtrennt hatte muss bei flüchtiger Betrachtung wie ein überwiegendes Hindernis erscheinen. Außerdem war der Tunnel durch den sie gekommen waren kaum geeignet um eine angreifende Armee in die Stadt zu führen. Sein Beginn war schließlich durch eine massive Felswand und Eis verschlossen gewesen und das Ende an dem sie nun standen befanden sich knapp unterhalb der Decke der unterirdischen Zisterne. Der Boden unter Sammelbecken für das Wasser waren circa fünfzig Meter tief unter der Öffnung im Feld und die Wände der Grotte waren keineswegs geeignet um daran herunter zu klettern.
Für Marlena und ihre Begleiter war dieser Umstand natürlich kein Hindernis. Alonvy und Kyra ließen die anderen Mitglieder ihrer Reisegruppe aufsteigen, stießen sich vom Rand der Felsnische ab und entfalteten nachdem sie einige Meter Abstand zur Felswand gewonnen hatten ihre schwingen. Die Grotte der Zisterne war Genug für die beiden Drachendame um bequem darin fliegen zu können. Um möglichst lautlos zu bleiben vermieden es die beiden Drachen jedoch mit den Flügeln zu schlagen sondern segelten praktisch lautlos über die spiegelglatte Oberfläche des Wassers, wendeten in einer sanften Kurve und setzten schließlich auf dem Boden, am Rande des Sammelbeckens direkt unterhalb der Felsnische durch diese hereingekommen waren wieder auf. Dort ließen sie ihre Passagiere absteigen und die Gruppe blickte sich vorsichtig innerhalb der Zisterne um. Auch hier zeigte sich beeindruckender Baukunst der Zwerge. Die Wände waren von Steinmetz bearbeitet worden. Man verzichtete auf auf Fresken oder Ornamente sondern verlieh dem Ort durch die schiere Größe der Arbeiten eine ehrfurchtgebietender Atmosphäre. Nischen die bis zur Decke reichten waren in den Fels getrieben und die Steinmetze hatten dafür gesorgt, dass der natürlichen Stein aussah die gewaltige Säulen. Entweder der Nischen stand das gewaltige Standbild eines Zwergs. 13 verschiedene Standbilder waren in die Wände eingearbeitet und alle Zwerge blickten mit ehrfurchtgebietender Strenge über das Wasser in Richtung der weißen Marmorformation über ihnen das Standbild der Gottheit bildete der diese Stadt geweiht war. Marlena erkannte, dass die Statue an der Stirnseite des Bauwerks direkt der Marmorformation gegenüberstand. Dieser Zwerg trug die traditionellen Insignien des Königs der Knurlan.
"Das ist Begamoth!" erklärte Atalet auf Nachfrage seiner beiden Begleiterinnen hin. "Unter seiner Herrschaft wurde diese Stadt errichtet und dabei standen ihm natürlich die Oberhäupter der Clans bei. Diese werden durch die übrigen Statuen dargestellt."
Kyra und Alonvy schenkten der Baukunst der Zwerge nur wenig Beachtung. Solche Dinge interessierten sie einfach nicht. Die beiden Drachendame hatten zunächst an dem kühlen Nass der Zisterne ihren Durst gestillt und zogen nun schnaubend die Luft des Ortes ein um ein Bild von ihrer Umgebung zu gewinnen. Dieses Verhalten war durchaus natürlich und deshalb wurde Marlena erst wieder auf ihre Seelengefährtin aufmerksam als diese die Zähne fletschte und ein leises aber eindeutig aggressives Knurren von sich gab. Kyra zeigte das gleiche angriffslustige Verhalten.
Marlena trat sofort zu ihrer Seelenschwester und legte ihr beruhigende Hand auf die zitternde Flanke.
- "Was hast du Große?"-
- "Es riecht nach Tod und Verwesung hier unten!" - knurrte Alonvy.
- "Es kommt von da drüben"- fügte Kyra hinzu und ließ sowohl ihrer Reiterin als auch Marlena ihre Worte hören.
Es bedurfte keiner langen Diskussion unter den Reisegefährten. Dieser Umstand musste untersucht werden. Svenaja hielt ihr goldenes Schwert noch immer in der Hand und festigte lediglich ihren Griff etwas. Marlena zog Garcí d' Esterní hervor. Die weiße Klinge mochte nicht ganz so gefährlich sein wie die von Klimpertod doch im Kampf war Marlena diese Waffe einfach vertrauter.
Unter Marlenas Führungsschritt die Gruppe voran und bereits nach einigen Metern nahmen auch die scharfen Sinne der jungen Halbling den süßlichen Geruch von Verwesung war. Bald schon hatten sie die Quelle entdeckt.
Zu Füßen einer der Statuen lagen die Knochen von mehreren kleinen Tieren. Felderreste wiesen sie als Überbleibsel von Mäusen und Ratten aus. Der Verwesungsgeruch stammte von einigen wenigen Fleischfetzen die immer noch an den Knochen klebten.
"Nun diese kleinen Schlägeklinge bedeuten wohl keine Gefahr mehr für uns." brummte Atalet und machte Anstalten sein Kurzschwert wieder an der Scheide an seinem Gürtel zu verstauen.
"Diese Kreaturen wohl nicht." murmelte Marlena und ging neben den Überresten der Tiere in die Hocke. "Aber vielleicht derjenigen der diese Wesen getötet hat."
"Was meint ihr Silberhand?" erkundigte sich Atalet und beschloss offenbar, dass sein Schwert in seiner Hand doch noch besser aufgehoben war.
Marlena kämpfte gegen den eigenen Ekel an als sie einen der Knochen aufhob um ihn im Schein des Wehrlichts besser betrachten zu können. Svenaja hockte sich neben sie.
"Jemand hat das Fleisch von diesem Knochen abgenagt. Seht ihr hier...... Bissspuren."
"Aber das Fleisch war noch roh!" erkannte Svenaja als sie die Fleischfetzen betrachtete die noch am Knochen hafteten.
"Offenbar ist jemand hier unten gewesen. Jemand der nicht riskieren wollte durch ein Feuer Aufmerksamkeit auf sich zu lenken aber auf Nahrung angewiesen ist."
"Eine der Kreaturen der dunklen Göttin?" vermutete Atalet schien jedoch selbst nicht wirklich an diese Theorie zu glauben.
"Ich glaube nicht dass sich diese Wesen so ernähren." murmelte Marlena. "Svenaja und ich haben sie schließlich im Kampf gesehen. Ihr ganzer Kopf besteht praktisch aus einem riesigen Auge. Sie haben keinen Mund mit dem sie Fleisch abgenagt könnten. Nein ich glaube hierbei jemand anders."
Die beiden Drachenreiterrinnen erhoben sich und ließen gemeinsam mit ihren Begleitern den Blick durch die Zisterne schweifen. Das schaurige halbdunkel des riesigen Gewölbes wirkte mit einem mal um einiges bedrohlicher.
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