6. Die Bitte der Königin Teil 2
Nasuada unterbrach ihre Ausführungen kurz um einen Schluck Wasser zu trinken. Nachdem sie das Glas wieder auf dem kleinen Beistelltisch abgestellt hatte fuhr sie fort.
"Ich verkünde dir nun wirklich kein Geheimnis Marlena wenn ich dir sage, dass dein Onkel Murtagh und ich seit langem heimlich verheiratet sind. Um es ganz offen und präzise zu sagen ist er der einzige Mann in meinem Leben gewesen und ich bereue nichts. Wir haben eine erfüllte und glückliche Beziehung geführt. Über unserer Bindung lag jedoch immer ein kleiner Schatten. Murtagh ist ein Drachenreiter und als solcher nahezu unsterblich. Ich jedoch, bin es nicht."
"Das ist mir bewusst. Ich habe meine Eltern einmal darüber sprechen hören." erklärte Marlena. "Soweit ich weiß hatte ihr und Murtagh doch beschlossen dass er nach eurer Abdankung als Königin euer Leben durch seine Magie verlängern wollte."
"Sehr richtig Kind." Nasuada lächelte Marlena dankbar an. Offenbar war sie froh darüber die Situation nicht in allen Einzelheiten erklären zu müssen. "Doch sieh mich einmal an. Auf wie viele Sommer glaubst du bringe ich es inzwischen?"
Marlena rutschte etwas verlegen auf ihrem Stuhl hin und her, ein Umstand der Nasuada nicht verborgen blieb. Die ehemalige Königin lachte leise.
"Keine Sorge. Ich nehme es dir nicht übel wende dich mit dem Alter ein wenig verschätzt."
So ermutigt begann die junge Halbling zu rechnen.
Aus dem Geschichtsunterricht ihres Vaters wusste sie, dass Nasuada bei ihrer Thronbesteigung 26 Jahre alt gewesen war. In ihrem 27. Sommer war ihr Vater damals in den Osten aufgebrochen um in der Ostmark den Orden der Reiter nur zu gründen. Über ein halbes Jahr später war Marlenas Mutter ihm gefolgt. Zum ersten Mal hatte der Orden der Drachenreiter sich am vierten Jahrestag von Nasuadas Thronbesteigung mit seinen neuen Mitgliedern im Ilirea eingefunden um die damals noch junge Königin zu ehren. Demnach muss der Nasuada zu diesem Zeitpunkt 30 Sommer gesehen haben. Diese Ereignisse waren lange Jahre des Friedens gefolgt. Das nächste bedeutsamer Ereignisse für den Orden der Drachenreiter war der Kampf gegen den Schatten Netor gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war Nasuada in ihrem 42. Sommer gewesen. Etwa zur selben Zeit war Marlena damals geboren worden.
- "77 kleine Halbling."- raunte Alonvy schließlich in die Gedanken ihrer Reiterin.
"Meine Drachendame hat gerade wieder bewiesen, dass sie es besser versteht mit Zahlen umzugehen als ich." schmunzelte Marlena. "Nach Alonvys Meinung müsstet ihr etwa in eurem 77 Sommer sein."
"Deine Drachendame hat recht." lächelte Nasuada und dann noch einen Schluck Wasser. "Und sehe ich deiner Meinung nach aus wie eine Frau in ihrem 77. Sommer?"
"Nein. Vom Gesicht erwirkte wesentlich jünger." stellte Marlena fest.
"Siehst du. Murtagh hat mir in der Tat eine zweite Jugend ermöglicht nachdem ich abgedankt hatte. Eine gewisse Zeit lang waren wir auch sehr glücklich aber....."
Nasuada unterbrach sich und stützte müde den Kopf in die Hände.
"Möchtest du dich vielleicht erst etwas ausruhen Mutter?" erkundigte sich Jalhod sichtlich besorgt ob der plötzlichen Schwäche den Nasuada an den Tag legte.
Diese jedoch schüttelte den Kopf.
"Nein mein Junge. Dafür habe ich nicht mehr genug Zeit."
Der Blick der müden Augen der ehemaligen Königin ruhte nun wieder auf Marlena.
"Wie gesagt, eine Zeit lang waren Mutter und ich sehr glücklich aber du musst verstehen Marlena. Ich bin ein Mensch. Wir Menschen sind nicht für die Unsterblichkeit geschaffen. Und daran kann auch Murtaghs Magie nichts ändern. Ich mag äußerlich jung aussehen aber ich fühle mich alt und müde. Müde auf eine Weise, die nichts mit Schlafmangel oder körperliche Erschöpfung zu tun hat. Um zu begreifen was ich meine musste zunächst einmal die Art und Weise verstehen wie Murtagh mein Leben verlängert hat. Es ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. Im Grunde muss jedes Stück meines Körpers mit neuer Lebensenergie aufgeladen werden sonst stellt sich der Verfall des Alters wieder ein. Deswegen sind auch die Elfen unsterblich. Ihr ganzes Volk ist von Magie durchdrungen. Bei mir jedoch verhält es sich mehr wie mit diesem Glas"
Nasuada deutete auf das Gefäß, welches auf dem kleinen Beistelltisch stand.
"Mir muss Murtagh in regelmäßigen Abständen von außen Energie zuführen damit meine Jugend erhalten bleibt. Von Mal zu Mal hatte ich das Gefühl, dass ihnen nie etwas dagegen protestiert auf diese Weise am Leben gehalten zu werden. Nicht mein Körper ist müde Marlena sondern meine Seele. Erschwerend kommt noch hinzu dass man nicht genau vorhersagen kann wie schnell sich die magische Energie verbraucht wie Murtagh mir spendete. Das richtete sich stets danach wie sehr ich mich körperlich beansprucht habe. Anstrengungen führten dazu dass sich die Energie schneller verbrauchte. Kannste sicher nicht vorstellen, was für ein Gefühl ist ist abends ins Bett zu gehen und nicht zu wissen werde ich am nächsten Morgen im Spiegel Anblicken wird. Es konnte sein, dass ich mich als 20 jährige zur Ruhe begab aber als altes Weib aufwachte. Einfach weil sich die Energie über Nacht erschöpft hatte ohne dass ich es gemerkt habe. Sie die einmal meine Hände an."
Die junge Drachenreiterin ergriff die Hände die die Königin ihr einladend entgegenstreckte und betrachtete sie. Bei näherem hinsehen fiel ihr eindeutig ein Unterschied auf. Die Haut die Nasuadas rechter Hand umspannte wirkte eher wie die einer Greisin während ihre linke Hand einer wesentlich jüngeren Frau zu gehören schien.
"Du erkennenst es nicht wahr?"
Marlena blickte die Königin an und nickte.
"Ihr seid eine Rechtshänderin, oder?"
Nasuada nickte erneut.
"Ich schreibe mit rechts, ich pflege mein Schwert mit rechts zu führen.... um es kurz zu machen: Meine rechte Hand hat einen weit geschäftigeren Tag als meine linke. Einzeln sind die Aufgaben die es zu bewältigen gilt nur kleine Handgriffe. Ein Dokument unterschreiben oder mein Siegel unter ein Schriftstück setzen..... doch auf die Dauer machte sich bemerkbar dass sich meine rechte Hand öfter beanspruche als die linke. Zunächst ließ ich mich von Murtagh dadurch beruhigen, dass er den Zauber einfach nur besser formulieren müsste oder das ist eine Sache der Erfahrung sei zu ergründen wie lange eine bestimmte Energiemenge für mich ausreichend war. Zunächst habe ich mich damit beschwichtigen lassen aber das Gefühl in mir wurde immer stärker. Das Gefühl, etwas unnatürliches und falsches zu tun. Ich weiß, dass es für jemanden der so jung ist und das Blut eines unsterblichen Volkes in sich trägt schwer zu verstehen ist. Vielleicht kann es niemand verstehen er sich nicht in meiner Situation befindet aber ich spüre einfach, dass meine Zeit abläuft. Wenn Murtagh der neue Energie spendet habe ich mehr und mehr das Gefühl als ob etwas tief in mir gequält aufgestöhnt. Es ist, als ob sich tief in mir etwas gegen diese künstliche Jugend und gegen die Verlängerung meines Lebens wehrt. Ich kann dieses Gefühl nicht wirklich in Worte fassen. Ich glaube einfach, dass meine Seele spürt, dass meine Zeit gekommen ist. Wie ich schon gesagt habe Marlena: ich bin müde auf eine Weise die nichts mit Erschöpfung oder Schlaf zu tun hat. Ich habe Murtagh schließlich gebeten mir keine weitere Energie zu spenden und versucht ihm begreiflich zu machen was ich dir nun zu erklären versuche. Ich habe ihn gebeten mich gehen zu lassen. Er hat es nicht verstanden. Wir sind in Streit geraten. Heftiger als je zuvor in unserer Beziehung. Murtagh es schließlich davon gestürmt und hat sich in seine Burg zurückgezogen die dem Reich als Ausbildungsstätte für die Magier dient. Ich habe zwar versucht mit ihm in Kontakt zu treten aber er blockiert jeden magischen Spiegel. Briefe von mir beantwortet er nicht."
Nasuada schluckte schwer und ein feuchter Glanz Tat in ihrer müden Augen. Dankbar registrierte sie, dass ihr Sohn ihrer Hand ergriffen hatte.
"Was genau wollte jetzt von mir Nasuada? Aus dem was sie mir bisher erzählt hat schließe ich, dass Ihr mich nicht um eine weitere Energiespende bitten wollt. Ich muss auch sagen, dass ich mir einen so komplexen Zauber noch nicht wirklich zutraue."
Die ehemalige Königin winkte ab und unterbrach damit Marlenas Redefluss.
"Das möchte ich auch nicht. Wie gesagt: ich erwarte meinen Tod ohne Angst. Ich blicke auf ein langes Leben zurück und wenn man von den Jahren des Krieges absieht war es eine wundervolle Zeit. Mir wurde die Möglichkeit gegeben den Menschen dieses Reiches zu dienen und ihr Leben nachhaltig zu verbessern. Dafür bin ich mit der Liebe des Volkes belohnt worden. Trotz unseres Streites liebe ich Murtagh und er hat mein Leben erfüllt unglücklich gemacht. Dazu hat er meinen Sohngeschenk auf den ich sehr stolz bin."
Mutter und Sohn lächelten sich kurz an, dann rückte wieder Marlena ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
"Es gibt nur eines, das mit Kummer bereitet. Murtagh ist der einzige Mann wenig geliebt habe und wie die Dinge im Moment stehen wurden die letzten Worte die wir miteinander gesprochen haben im Zorn gewechselt. Das ist ein Gedanke, der unerträglich für mich ist. Ich weiß, wie viel ich von ihm verlange aber es würde mir unendlich viel bedeuten wenn er in meinen letzten Tagen und Stunden an meiner Seite wäre. Deshalb möchte ich dich bitten Marlena in den Buckel zu reisen, zu Murtagh. Sprich bitte mit ihm! Versuch es ihm verständlich zu machen. Ich will ihn nicht im Stich lassen und es ist auch nicht so, dass ich ihn nicht mehr liebe aber ich spüre einfach tief in meiner Seele das meine Zeit gekommen ist."
Nasuadas letzte Worte waren fast zu einem verzweifeltem Flehen geworden. Die Aufregung war offenbar zu viel für die ehemalige Königin denn erneut schien ihre Kräfte sie zu verlassen. Fast wäre sie vornüber aus ihrem Sessel gestürzt. Ihr Sohn Jalhod stützte sie gerade noch rechtzeitig und half ihr das Gleichgewicht wieder zu finden. Dankbar schenkte die ehemalige Königin ihrem Sohn ein müdes Lächeln und schloss dann die Augen.
Einen schrecklichen Moment glaubte Marlena, dass die ehemalige Herrscherin von Alagaesia vielleicht jetzt schon sterben würde. Glücklicherweise erkannte sie schon nach wenigen Augenblicken, dass die dunkelhäutige Frau lediglich eingeschlafen war. Ihr Sohn legte ihr behutsam eine Decke über und bedeutete dann der junge Drachenreiterin ihm zu folgen. Leise verließen die beiden das Gemach Nasuadas und traten in den Flur hinaus. Vorsichtig schloss der junge König die Tür und wandte sich dann an Marlena.
"Ich hoffe, du wirst dem Wunsch meiner Mutter entsprechen. Ihre Zeit ist knapp bemessen und nur ein Drachenreiter kann die Burg meines Vaters überhaupt noch rechtzeitig erreichen."
Marlena trat unschlüssig von einem Fuß auf den anderen. Natürlich wollte sie Nasuada helfen aber so sehr sie es auch versuchte, sie konnte nicht nachvollziehen wie jemand den Tod dem Leben vorziehen konnte.
- "Du musst den Wunsch Nasuadas auch nicht verstehen." - Alonvys Stimme war wie ein Leuchtfeuer, das Marlenas passende Gedanken beruhigte. - "Es ist nicht wichtig ob du nachvollziehen kannst wieso Nasuada entschieden hat wie sie entschieden hat. Niemand hat das Recht ihr ein Leben aufzuzwingen, dass sie nicht mehr führen möchte. Sag ihrem Sohn, dass er zu deinem Onkel reisen." -
- "Aber ich weiß überhaupt nicht was ich ihm sagen soll." - hielt die junge Halbling verzweifelt dagegen. - "Wie soll ich meinen Onkel von etwas überzeugen, dass ich auch nicht verstehen kann." -
- "Ich verstehe die Königin. Sag ihrem Sohn dass wir in den Buckel reisen." - Forderte Alonvy in einem Ton, der keinen Widerspruch mehr duldete. Selten hatte Marlena ihrer Drachendame so unnachgiebig erlebt. Etwas weicher fügte die Weiße dann hinzu: - "Vertrauen mir kleine Halbling. Ich denke, ich kann die erklären was du jetzt noch nicht verstehst." -
"Du hast keine mit einer Drachendame gesprochen oder Marlena?" Erkundigte sich Jalhod. "Ich hoffe sehr keine Einwände. Ich weiß, das meine Mutter und ich dir sehr viel aufbürden Marlena aber wir wissen uns sonst keinen Rat mehr. Meine Mutter hatte sich schon gesagt: Vater blockiert die Möglichkeit über den Spiegel zu kommunizieren und jeden Boden der ihm einen Brief überbringen wollte hat er wieder fortgeschickt. Einer anderen Drachenreiterin wieder zu noch seine Nichte ist kann er nicht einfach die Tür vor der Nase zuschlagen."
Obwohl Marlena von ihrer Mission noch nicht wirklich überzeugt war hatte sie genug Vertrauen zu Alonvy um schließlich zu nicken.
"Wir werden noch heute aufbrechen."
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