38. Warmes Wilkommen
Mit einer tiefen Unruhe im Herzen folgte man lehne den beiden Schwestern bis zum Rand einer kleinen Waldlichtung. Wieder wurde sie mit Tod und Trauer konfrontiert. Eigentlich hatte sie gehofft diesen Dingen hier für einige Tage entkommen zu können.
- "Nun warte es doch erstmal ab kleine Halbling." - Die Gedanken der Weise Drachendame Alonvy wurden von einer Welle der Zuversicht begleitet.
Ganz konnte Marlena nicht verstehen wie ihre Seelenschwester unter diesen Umständen eine optimistische Einstellung haben konnte. Im Geist ging die Drachenreiterin bereits die Themen durch, die sie in der Gegenwart von ihrer Tante Katrina unbedingt vermeiden wollte. Gerade das Thema Eltern und Familie sollte sie wohl möglichst nicht anschneiden.
Während Eragons Tochter noch so vor sich hin überlegte traten die drei Frauen bereits auf die Lichtung hinaus und blieben am Rand stehen.
Marlena entdeckte ihre Tante sofort. Die Gräfin des Palancartals stand vor einem kleinen, fast unscheinbaren Grabhügel und hatte diesen offenbar gerade vom Unkraut befreit das sich zwischen die violett blühenden Büschel von Heidekraut geschlichen hatte. Direkt gegenüber der Gräfin war eine einfache Holztafel in den Boden gespießt worden auf der Sloan dessen Name, sowie der Tag seiner Geburt und der seines Ablebens vermerkt war.
Etwas unsicher musterte Marlena ihre Tante. Sie erinnerte sich gut an die Besuche bei ihren Verwandten in Palancar Tal. Obwohl diese nicht so zahlreich gewesen waren, gehörten sie doch zu Marlenas schönsten Erinnerungen. Stets war sie dort mit ihren Eltern sehr herzlich aufgenommen worden. Ihr Onkel Roran und seine Frau hatten eine ganz besondere Fähigkeit die Marlena erst mit dem Alter wirklich zu schätzen gelernt hatte:
Sie vermochten es, einem Gast wirklich das Gefühl zu geben willkommen zu sein und für die Dauer seines Aufenthalts fest zur Familie zu gehören. Längst nicht überall hatte Marlene dieses Gefühl verspürt und es in so kurzer Zeit so wenigen Gelegenheiten immer in dieser Wärme und Herzlichkeit aufleben zu lassen war nach Meinung der jungen Drachenreiterin eine echte Gabe.
Marlena erkannte, dass ihre Tante seit ihrer letzten Begegnung durchaus gealtert war. Das Haar der alten Gräfin, welches einmal so strahlend kupferfarbenen wie das von Ismira gewesen war, war nun von einer deutlichen Note von grau durchzogen. Fast schien es als hätte sich ein sanfter Schleier über das Haupt von Ismiras Mutter gelegt. Ihr Gesicht blies einige Falten auf aber verdeutlichte immer noch welche Schönheit dieser Frau in der Blüte ihrer Jahre gewesen sein musste. Ein wenig erleichterte es Ismira auch, wie aufrecht ihre Tante dastand. Noch stehen sie die Last ihrer Jahre nicht zu erdrücken.
Die junge Halbling vermutete, dass das auf Ismiras Pflege zurückzuführen war.
"Mutter! Sie mal wenig im Wald von einem Baum geschüttelt habe!"
Unwillkürlich zuckte Marlena zusammen als Selena das Wort an die alte Gräfin richtete. Sie hatte angenommen, dass es angebracht wäre, dass an diesem Ort respektvolle Stille herrschte. Selenas Ausruf war so lebensfroh und unverblümt, dass man lehne sich fast fühlte als hätte man ihr einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf gegossen. Fast befürchtete die Reiterin, dass nun ein Donnerwetter über sie hereinbrechen würde beide sich unangemessen verhalten hatten.
Als Gräfin Katrina sich jedoch zu ihnen umdrehte schwand diese Befürchtung schnell. Kaum hatte die Gräfin nämlich die beiden Neuankömmlinge erkannt glitt ein strahlendes Lächeln über ihr Gesicht und sofort ging sie zu der Gruppe die am Rand der Lichtung wartete hinüber.
Auch Katrinas Bewegungen ließen darauf schließen, dass diese Frau noch einige Sommer vor sich hatte. Ihre Bewegungen waren fließend und sicher zu sein. Zwar rannte die alte Gräfin nicht auf ihre Töchter und ihre Nichte zu aber ihr Schritt brachte durchaus noch vorhandene Vitalität zum Ausdruck.
Zunächst zu Katrina ihre älteste Tochter in einer Umarmung und flüsterte ihr mit einer Stimme, die von Wärme und Erfahrung geprägt war ein "Willkommen zurück zu."
Dann richtete sich der gütige Blick der alten Adligen auf Marlena und ihr Lächeln wurde, wenn das überhaupt möglich war, noch herzlicher.
"Marlena! Wie schön!" immer noch etwas überwältigt und unsicher fand sich Marlena plötzlich in einer herzlichen Umarmungen wieder. "Dann hast du deiner Ausbildung zur Reiterin also abgeschlossen und ist jetzt auf deiner großen Reise nicht wahr? Schön dass du uns mal wieder besuchst. Wie geht es deinen Eltern?"
Marlena fühlte sich als wäre ein ganzer Donner von Drachen über sie hinweggetrampelt. Die Stimme ihrer Tante brachte soviel Wärme und ehrliche Freude zum Ausdruck, dass die junge Reiterin einfach überwältigt war. Dazu kam noch, dass Katrina ohne zu zögern das Thema Eltern und Familie angesprochen hatte was Marlena sich bereits strikt verboten hatte.
"Gut...... ich hab sie gerade erst in Ilirea getroffen sie lassen grüßen."
Sanft schob Katrina ihre Nichte von sich und Marlena wurde mit einem etwas skeptischem Blick bedacht.
"Hat deine alte Tante sich etwa zu forsch überfallen? Du wirkst etwas verunsichert! Lass das bloß deine Mutter nicht sehen! Selbstbewusstsein ist ihr sehr wichtig."
Marlena öffnete etwas hilflos den Mund, schoss ihn aber gleich wieder bei ihr einfach nicht einfallen wollte was sie erwidern konnte.
Neben sich hörte sie das zweistimmige Kichern ihrer beiden Cousinen.
"Ich glaube Lenchen fühlt sich wirklich etwas überfallen." erklärte Ismira immer noch glucksend und betonte dabei Marlenas Spitznamen besonders. "Du musst wissen Mutter, sie hat harte Zeiten hinter sich. Lenchen und ihrer Drachendame sind nach Ilirea gereist um sich dort die Völkerspiele anzusehen und sind dann mitten in einer Familientragödie gelandet. Du weist er das Onkel Murtagh und Nasuada zunächst im Streit auseinandergegangen waren. König Jalhod hat Marlena gebeten mit Murtagh zu reden und ihn zu überzeugen sich der letzten Wache an Nasuadas Totenbett anzuschließen. Von seiner Nichte konnte der Sturkopf sicher nicht so einfach abwenden. Das war natürlich keine leichte Aufgabe."
"Nein, natürlich nicht. Das wäre jedem schwer gefallen aber es ist gut das du Erfolg gehabt hast." sagte Gräfin Katrina und legte ihre Nichte liebevoll die Hände auf die Schultern. "Lass mich raten: Jetzt bist Du hier um das Leben wieder genießen zu lernen nach all dem Abschied und Tod, richtig?"
Marlena nickte und fand ihre Sprache wieder: "Aber nur wenn ich nicht störe."
Unwillkürlich glitt der Blick der jungen Drachenreiterin zu der Grabstätte von Sloan. Eilig bemühte sich Marlena dies zu verbergen doch als sie ihre Tante ansah lag ein wissendes funkelnden in ihren gütigen Augen. Die alte Gräfin ging noch einen Schritt auf ihre Nichte zu und nahm Marlenas Gesicht in ihre Hände. Sanft Strich sie mit dem Daumen über die Wangen der junge Halbling.
"Es ist sehr lieb von dir, das du dich um deine alte Tante sorgst aber in diesem Fall ist es unbegründet mein Kind. Mein Vater ist im Frieden mit mir, sich selbst und der Welt schon vor vielen Sommern von uns gegangen. Wenn dieser Tag sich jährt besuche ich ihn hier aber mach dir keine Sorgen. Wie ich gesagt habe ist sein Tod schon eine Weile her und nicht nur er war im Frieden mit sich als er starb sondern wir konnten vor seinem Tod so manchen Geist der Vergangenheit hinter uns lassen."
Das Lächeln mit dem die alte Gräfin ihre junge Verwandte nun bedachte war so ehrlich und herzlich, dass Marlena gar nicht anders konnte als es zu erwidern.
Zufrieden legte Katrina den Arm um ihre Nichte und ihre nachhause zurückgekehrt Tochter und lenkte die beiden mit sanfter Gewalt in eine bestimmte Richtung.
"So, jetzt präsentieren wir unseren Besuch den Rest der Familie und dann erzählt ihr dieser alten Frau mal was so in der großen weiten Welt los ist!"
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro