25. Ein Ernstes Wort
Eragon trat hinaus auf den Wehrgang der Festung Mor'raner. Zwar bewohnte er noch immer mit seiner Gefährtin das Haus auf der ehemaligen Schlüpflingswiese doch die inzwischen angewachsene Anzahl von Reitern machte seine Anwesenheit in der Festung öfter erforderlich. Deshalb hatte sich der Anführer des Ordens ein Arbeitszimmer eingerichtet welches er fast täglich aufsuchte. Gerade hatte er eine Unterhaltung mit Burod und Orik abgeschlossen und war nun auf der Suche nach Arya um sie über die neuesten Entwicklungen zu informieren. Außerdem lag ihm noch ein weiterer Punkt auf der Seele, der allerdings etwas schwieriger anzusprechen war.
- "Kleiner! Schwieriger ist dieser Punkt nur in deinem Kopf. Du bist längst zu einem vollwertigen Partner für Arya geworden und es sollte kein Problem sein diese Angelegenheit zu klären." -
Eragon schickte seiner Drachendame eine Welle von Dankbarkeit und beobachtete wie sie sich gemeinsam mit Aroc und einer Gruppe Jungdrachen in den Himmel erhob. Eragon vermutete, dass die drei halbwüchsigen Drachen zu den drei Schülern gehörten, die derzeit die jüngsten Mitglieder des Ordens waren. Eine Weibliche der Gehörnten, ein junger Elf und zwei Zwerge bildeten derzeit die neuste Generation der Drachenreiter.
Aroc leitete größtenteils fliegerische Ausbildung junger Reiterdrachen aber von Zeit zu Zeit schaltete sich Saphira immer noch in diesem Teil des Unterrichts ein. Schließlich sah sie sich immer noch als die maßgebliche Autorität in dieser Frage.
Eragon entdeckte Arya schließlich auf dem Wehrgang. Der Blick der Elfe wanderte in den hinter der Festung gelegen Innenhof hinab. Dort unterwies Tar gerade die Schüler des Ordens im Schwertkampf. Auch Eragon warf einen Blick über die Brüstung.
Die Schüler hatten sich in zwei Reihen vor dem Gehörnten aufgestellt. Die erste Reihe bildeten die vier jüngsten Schüler. Die Gehörnte Mocbar, der Elf Aris und die beiden Zwergenbrüder Grint und Zeckar. In der zweiten Reihe hatten sich die drei Schüler postierte, die schon ein Jahr länger ihrer Ausbildung vorangetrieben. Dabei handelte es sich um zwei Menschen und eine weibliche Elfe.
Tar hatte dieser Aufstellung ganz bewusst gewählt. Die älteren Schüler standen hinter den neueren, damit die Novizen des Ordens nicht einfach nur die Bewegungen der älteren Schüler nachgeahmten.
"Jeder muss seine eigenen Fehler machen." pflegte der Urgal der zu Eragons ersten Schülern gehört hatte stets zu sagen.
Eragon löste schließlich seinen Blick von der Gruppe und trat neben Arya.
Geduldig wartete er ab bis sich seine Gefährtin ihm zuwandte.
"Du hast mit Orik gesprochen?" Erkundigte sich die Elfe.
"Ja und es gibt einige Neuigkeiten. Bevor ich das allerdings zur Sprache bringen habe ich noch die Pflicht gegenüber Argetlam Arya meine Missbilligung zum Ausdruck zu bringen."
Arya drehte sich nun völlig zu ihrem Gefährten herum und verschränkt die Arme vor der Brust.
"Um welche Angelegenheit geht es Arget Un Eragon?"
Eragon konnte nicht anders als in sich hinein zu schmunzeln. So neutral Aryas Tonfall auch Klang, er war dennoch überzeugt dass die Elfe bereits genau wusste worum es ging. Ihre Körperhaltung verriet, dass sie nicht gedachte kampflos einzulenken.
"Nun, der Abgesandte der Dûr gimst Quan scheint der Auffassung zu sein, dass meine Stellvertreterin ihm ein unangemessenes Maß an Feindseligkeit entgegenbringt."
"Tut er das, ja? Mit welchem Wort dass ich gesagt habe hätte ich ihn denn beleidigt."
"Arya, wir beide wissen das man Honig süße Worte sprechen kann und trotzdem jemanden beleidigen kann. Ich weiß, dass der Glaube der Zwerge für dich ein schwieriges Thema ist aber....."
"Allerdings!" unterbrach die Elfe ihrem Gefährten. Ihr Tonfall ruhig, und neutral aber dennoch lag plötzlich eine große Entschlossenheit in ihrer Stimme. Jedem der ihre Worte hörte musste sofort klar sein, dass die Drachenreiterin hier aus tiefster Überzeugung sprach. "Eragon für deine Leistungen in den vergangenen Jahrzehnten hast du meine uneingeschränkte Bewunderung aber ich finde, dass du etwas zu nachsichtig bist wenn es um den Aberglauben der Zwerge geht. Du hast doch einen Blick in die Natur und ihre Gesetzmäßigkeiten erhalten wie nur wenige andere. Wie kannst du immer noch Glaubensgrundsätze tolerieren, die eindeutig widerlegt sind."
"Für dich sind sie widerlegt mein Stern. Weil Du dich auf die rationale Ebene beschränkst."
"Willst Du die Argumente der Priester der Zwerge ins Feld führen? Das Stein ein lebendes Material ist das wächst? So wie es Korallen tun? Du weißt das das mit Kleinstlebewesen zu tun hat! Bisher haben nur die Priester der Zwerge in normalen Steinen Kleinstlebewesen entdeckt und wenn wir Sie darauf hinweisen, dass wir offenbar nicht fähig sind diese Lebewesen wahrzunehmen sagen sie, dass es daran liegt dass wir ungläubig sind!"
Eragon unterbrach seine Gefährtin in dem er die Hände hob. Eindeutig hatte sich ein gewisses Maß an Missbilligung in Aryas Stimme geschlichen.
"Ich bezweifle die naturwissenschaftlichen Fakten nicht. Das Problem ist dass du jemanden von deinen Ansichten überzeugen willst der sich nicht auf der rationalen Ebene befindet sondern auch des spirituellen. Eine Diskussion die von so unterschiedlichen Ausgangspunkten geführt wird ist von Beginn an dazu verurteilt zu keinem Ergebnis zu führen. Jedes naturwissenschaftliche Fakt, das seinen Glauben widerlegt wird ein Priester der Zwerge immer damit begründen, dass sich diese Details ebenso Gläubigen offenbaren. Erinnerst du dich noch als Burod während seiner Ausbildung in eine Glaubenskrise geriet?"
Arya nickte. Natürlich erinnerten sich die beiden ältesten des Ordens an diese Situation. Zunächst hatte die damals noch junge Zwerg alles in seiner Macht stehende versucht um seinen Glauben zu beweisen. Schließlich jedoch hat er aufgeben müssen sich aber geweigert weiterhin am Unterricht teilzunehmen. Arya hatte damals Eragon zu strenge geraten doch der Anführer der Reiter hatte sich durchgesetzt und den Zwerg Zeit gegeben. Schließlich war Burod eines Morgens einfach wieder zum Unterricht erschienen. Er hatte akzeptiert, dass gewisse Teile seines Glaubens nicht wissenschaftlich beweisbar wahren aber trotzdem an seiner Religion festgehalten. Nach wie vor glaubte er, dass Götter das Schicksal der Welt lenkten und maßgeblich für die Entstehung des Zwergen Volkes verantwortlich waren.
"Ich habe damals nicht darauf bestanden das Burod zum Unterricht kommt weil es sinnlos gewesen wäre." erläuterte Eragon seinen Standpunkt. "Man kann niemanden dazu zwingen seinen Glauben aufzugeben oder seine Weltsicht in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ich wusste, dass sich Burod Zeit geben muss diese Dinge für sich selbst zu ordnen. Schließlich hatte die naturwissenschaftlichen Fakten akzeptiert und in seinen Glauben eingeflochten. Ein Glaube der Ehre, Tapferkeit und Brüderlichkeit predigt. Was ist daran so anstößig, dass du stets die Konfrontation mit den Priestern der Zwerge suchst?"
Inzwischen gingen die beiden Gefährten nebeneinander dem Wehrgang entlang und Aryas Blick wanderte über die Brüstung in die Ferne.
"Mit dem Glauben an sich habe ich keine Fehde Eragon. Er ist lebensbejahend und vermittelt ehrenwerte Tugenden. Es ist die Religion und die Priester mit denen ich ein Problem habe. Wusstest du, dass der Clan der Dûr gimst Quan durchschnittlich ein größeres Vermögen und mehr allgemeinen Wohlstand besitzt als die anderen Clans der Zwerge? Das liegt daran, dass sie von Abgaben im wesentlichen befreit sind. Sie selbst allerdings verlangen sehr wohl Abgaben für Land dass man von ihnen pachtet und lassen sich ihre obskuren religiösen Dienste gut bezahlen."
"Ich verstehe worauf die hinaus willst." lenkte Eragon ein. "Du glaubst, dass sie die Gläubigen ausnutzen."
"Das glaube ich nicht nur Eragon. Wenn ein Bauer der Zwerge einen Priester dafür bezahlt dass er seinen Acker segnet auf das dieser reiche Früchte trägt, so wird dieser Bauer um sein Geld betrogen. Der Priester erhält eine stattliche Summe und der Bauer keine Gegenleistung! Wir gemurmelte Segen eines Priesters hat nichts damit zu tun wie ertragreich die nächste Ernte wird."
"Der augenblickliche Grimsborith der Dûr gimst Quan verlangt sehr angemessene Summen Arya. Außerdem stecken sie dieses Geld nicht in die eigene Tasche sondern nutzen es für den Erhalt der Tempel und sie betreiben damit Einrichtungen in denen Alte und Kranke gepflegt werden. Außerdem ist es nicht wahr, dass jemand, der um einen Segen bittet, nicht erhält. Ist es falsch wenn ein Priester durch freundlichen Beistand jemanden der an der Schwelle zum Nichts steht in den letzten Stunden die Angst nimmt? Ist es so unangemessen, wenn man das Gefühl vermittelt bekommt in einer Situation die größer ist als das man sie beherrschen könnte etwas getan zu haben um zu helfen. Einfach indem man ein Gebet spricht?
"Gut! Das mag zutreffend sein." räumte nun Arya ein." Das gegenwärtige Oberhaupt des Clans ist ja auch ein ehrenhafter Mann. Ich habe aber schon Priester erlebt, die absolut unangemessene Summen verlangt haben und ist damit begründet haben, dass es der Wille der Götter sei! Pflege von Schwachen und Kranken mag auch ein wertvoller Beitrag zum Wohle aller seien aber der Bau von Tempeln? Welchem Zweck dient denn bitte ein solches Gebäude? Sinnlose Rituale werden darin abgehalten! Gold und Silber wird für den Bau verwendet während das einfache Volk hungert! Ist es richtig, dass ein Priester in teuren Seidengewändern herum läuft die nur seine eigene Eitelkeit befriedigen während das Geld, das für die Herstellung dieser Gewänder verprasst worden ist besser den Hunger der Notleidenden stillen sollte? Ich sehe in solchen Verhaltensweisen einer Ungerechtigkeiten gegen die die Drachenreiter vorgehen sollten. Du aber übt Nachsicht! Warum?"
Inzwischen hatten die beiden Gefährten einen Mauerabschnitt erreicht von dem aus sie über den See blicken konnten in dessen Zentrum die Ratsinsel lag.
Nach dem Eragon einige Minuten seine Gedanken gesammelt hatte antwortete er Arya.
"Du hast recht, das ist Kleriker gibt, die den Glauben ausnutzen um sich persönlich zu bereichern und ihrer Macht zu festigen. Zunächst aber scheint mir wichtig festzuhalten, dass das nicht in der Natur des Glaubens liegt sondern einen Missbrauch von etwas ist, das durchaus positive Eigenschaften hat."
Durch ein schlichtes nicken signalisierte Arya, dass sie diesen Punkt anerkannte. Eragon fuhr fort:
"Du bist aber im Irrtum mein Stern, wenn du denkst, dass ich Nachsicht mit solchen Elementen übe indem ich den Glauben nicht offen angreife. Das Problem vor dem wir stehen haben wir im Grunde schon angesprochen. Ein Gläubiger lässt sich nicht mit rationalen Argumenten von seinem Glauben abbringen und jemanden, der wie du, rational denkt sind religiöse Grundsätze wenig einleuchtend. Nehmen wir einmal an ich würde offen gegen den Glauben der Zwerge zu Felde ziehen. Denkst du die Priester der Dûr gimst Quan würden einfach ihre Vorrechte und Machtbefugnisse aufgeben? Das würden sie sicherlich nicht Arya! Ein Teil von ihnen, vermutlich sogar der größere Teil, würde seinen Glauben ebenso standhaft verteidigen wie Burod es getan hat als er versuchte dir zu beweisen, dass es Leben in normalen Steinen gibt. Dabei sucht er nicht seinen persönlichen Vorteil sondern er versucht nur das zu schützen was ihm von seinen Vätern als wahr, gerecht und anständig vererbt worden ist. Das nichts zu tun wäre für ihn ein Verrat an seinen Vätern. Die wenigen, die wirklich nur ihren persönlichen Vorteil durch den Glauben sehen würden eben diese rechtschaffenen Leute mobil machen um gegen unsere Einmischung vorzugehen. Wenn der Clan gegen die Priesterstellung beziehen werden auch sie uns als Feindbild betrachten und dieses Feindbild an die Gläubigen weitergeben die an ihren Lippen hängen. Unterschätzt die Konsequenzen nicht die sich daraus ergeben würden. Ich weiß, dass das für dich schwer nachzuvollziehen ist."
"Es ist in der Tat." murmelte Arya. "Aber ich begreife im Ansatz worauf du hinaus willst. Wenn wir den Gläubigen Zwergen Klinge auf die Brust setzen und eine Entscheidung erzwingen, werden sie sich eher dem altbekannten dass sie mit ihren Vätern verbindet öffnen als dem neuen was sie von vertrautem trennt."
"So ist es." Eragon Weingrunde freudig überrascht das Arya diesen Punkt so gut nachvollziehen konnte.
Die Elfe schien die Erleichterung ihres Gefährten zu bemerken. Der Blick ihrer smaragdgrünen Augen fingen den von Eragon ein und ein Anflug von Trauer war unverkennbar.
"Ich habe damals zugestimmt Königin zu werden weil ich glaubte eine Brücke zu meinem verstorbenen Vater entdeckt zu haben indem ich seinen Wünschen gerecht werde. Vor diesem Hintergrund sollte ich eigentlich besser verstehen warum man sich nicht einfach von einem Glauben trennen kann. Ich habe mich auch länger als es gut war an eine Position der klammert für die ich nicht geschaffen bin."
Eragon trat einen Schritt auf seine Gefährtin zu und legte ihr sanfte Hände auf die Schultern.
"Niemand von uns ist völlig ohne Fehl Arya. Ich denke du verstehst jetzt auch, dass ich nicht untätig bin wenn es um gewisse Ungerechtigkeiten geht die mit dem Glauben der Zwerge zusammenhängen. Würde ich offen dagegen protestieren würde ich die Macht der Priester stärken ebendiese Ungerechtigkeiten erschaffen. Doch hier bei uns leben Zwerge und auch im Orten gibt es bereits einige Mitglieder aus dem folgt der Knurlan. Sie alle haben das entdeckt was auch Burod vor vielen Jahren aufgefallen ist. Sie alle mussten dies in ihr Weltbild integrieren und damit ist im Grunde der Zugriff der Priester geschwächt worden. Der Zwerge, die jetzt ein neues Weltbild gewonnen haben werden es an ihre Kinder und Enkel weitergeben und so werden schließlich die Priester gezwungen sein müssen sich einer neuen Zeit anzupassen wenn sie sich nicht von ihren Gläubigen zu weit entfernen wollen."
"Ich sehe worauf du hinaus willst Eragon. Aber diese Methode scheint mir nicht besonders effektiv. Es wird Generationen dauern bis sich ein wirklicher Wandel eingestellt."
Eragon schmunzelte als er seine Gefährtin fragte: "Sag mir mein Stern, wie lange dein Volk zu Göttern gebetet bevor es sich so ganz von diesem Glauben gelöst hat?"
Arya stimmte in das Lächeln ihres Gefährten ein.
"Ich könnte dir jetzt wohl Zahlen nennen aber ich denke nicht das die von Bedeutung sind. Es reicht wohl wenn ich sage, dass wir wesentlich länger Trost in Gebeten fanden als in harten Fakten."
"Das genügt in der Tat." bestätigte Saphiras Reiter. "Und gerade in der jetzigen Situation möchte ich dich bitten nicht den offenen Konflikt mit der Dûr gimst Quan zu suchen. Die mögliche Gefahr, die wir erkannt haben stammend unverkennbar aus den Bereichen der Religion der Zwerge. Gerade jetzt brauchen wir die Kooperation ihrer Priester also."
Arya nickte.
"Offenbar haben die vielen Sommer die ich gesehen habe mich nicht immun gegen Fehlverhalten gemacht. Es tut mir leid wenn ich die Situation erschwert habe."
Eragon winkte ab.
"Ich denke nicht, dass die Situation wesentlich erschwert wurde. Orik steht fest auf unserer Seite."
"Hatte dir König der Zwerge sonst noch etwas mitzuteilen?"
Eragon spürte wie Sorgen in seinen Geist drängten. Zwar hatte er den schwierigen Teil der Unterhaltung hinter sich gebracht doch in der Tat hatte er einige Besorgnis erregende Fakten erfahren.
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