15. Legenden und ihre Schatten
Gedankenverloren blickte Eragon auf die geschlossene Tür, durch die der Erste Drachenreiter der Zwerge Burod soeben seine Behausung wieder verlassen hatte. Es war eine schwierige Unterhaltung gewesen die nun hinter dem Anführer der Drachenreiter lag. Ein Gespräch gestaltete sich nicht einfach wenn man ein bestimmtes Wort, in diesem Fall der Name der im Zentrum des Problems stand, nicht aussprechen durfte.
Burod hatte aufgrund seines Alters keine genaue Vorstellung um wen es sich bei Marantera handeln sollte. Der junge Zwerg hatte nicht einmal gewusst, dass es sich um einen Namen handelte. Was ihm allerdings schon von Kindesbeinen an beigebracht worden war, war die Tatsache, dass dieses Wort eine unverzeihliche Beleidigung war und es auszusprechen strafbar.
Dûrgmist Quan hatte den Drachenreitern klare Instruktionen gegeben unter welchen Bedingungen sie zu einer Zusammenarbeit bereit waren. Eragon hatte während des Gespräches, welches er über einen Spiegel geführt hatte, den Eindruck, dass sich der Respekt den er den Zwergen erwies indem er ihnen so weit entgegenkam selbst diese eingeschränkte Zusammenarbeit erst möglich gemacht hatte. Einer der Priester des Zwergen Volkes hatte sich höflich bei ihm bedankt für den Respekt und die Achtung wieder Orden den Zwergen erwies indem sie ihre Traditionen derart achteten.
Trotzdem hatte dieDûrgmist Quan darauf bestanden, dass Burod sich bereit erklärte nur mit König Orik und einer ausgewählten Gruppe von Priestern die anstehende Situation zu diskutieren. Auch hatten sie Eragons Angebot angenommen, dass das Wissen nur den Zwerg und seinem Drachen zugänglich gemacht wurde solange nicht der klare Beweis erbracht war, dass eine Gefahr für die Völker und Alagaesia bestand.
Eragon hatte sich damit bereit erklärt und Burod so gut wie möglich auf den Auftrag der nun vor ihm lag vorbereitet. Nun konnte man nur noch abwarten was die Untersuchungen ergeben würden.
Eragons stummes Grübeln wurde unterbrochen als sich Arya zu ihm an den Tisch setzte.
"Teil deine Gedanken mit mir. Wie beurteilst du die Situation?"
Eragon überlegte einen Moment wie man seine Gefühlslage am besten in Worte fassen konnte. Wie konnte er seinen Standpunkt seiner Gefährtin am besten verdeutlichen?
"Ich weiß, dass du nicht soviel von der Religion der Zwerge hältst und glaub mir bitte auch ich bin weit davon entfernt jeden Buchstaben ihre heiligen Schriften zu glauben aber zwei Dinge erscheinen mir dennoch wichtig. Zum einen sind die heiligen Texte der Zwerge uralt. Sie stammen noch aus Zeiten bevor dein Volk Arya hier siedelte."
"Und du glaubst, dass einige Legenden durchaus einen wahren Kern haben könnten?"
"Das ist eine Tatsache mein Stern. Sicher haben die Zwerge einige naturwissenschaftliche Phänomene wie zum Beispiel das Wachstum von Korallen falsch interpretiert aber im Kern befindet sich ein Stück Wahrheit wenn man an den Mythos denkt, dass Steine wachsen."
"Du befürchtest dass es auch wenn es um Marantera geht einen wahren Hintergrund für das geben könnte was die Zwerge über ihn überliefert haben." vermutete die Elfe.
"Es ist durchaus möglich." murmelte Eragon. "Und damit sind wir beim zweiten Punkt der mich stört. Was wissen wir denn über Marantera?"
"Im Grunde so gut wie nichts." räumte die dunkelhaarige Elfe ein. "Die Zwerge haben praktisch jede Information über ihn aus ihren Schriften getilgt."
"Ganz genau!" pflichtete Saphiras Reiter seiner Gefährtin bei. "Und das ist auch ungewöhnlich! Ich will dich nicht beleidigen mein Stern aber ein Verhalten wie ist die Zwerge in diesem Punkt an den Tag legen erwarte ich eher von euch Elfen. Ihr seid Wesen von großer Disziplin und eine gewisse geheimnisvolle Aura umgibt euch ständig."
"Wenn man an das zurück denkt was wir mit den Schatten Netor erlebt haben und was wir über den Ursprung der Geister entdeckt haben kann ich dir wohl nicht widersprechen Eragon."
Zärtlich ergriff Eragon Aryas Hand und führte sie an seine Lippen.
"Es ist Teil deines Charmes mein Stern. Und ich werde nie müde das Mysterium was du darstellst weiter zu entschlüsseln."
Das Kompliment entlockte der Elfe ein sanftes Lächeln und zärtlich drückte sie die Hand ihres Gefährten.
Eragon indes fuhr fort:
"Wie gesagt diese geheimnisvolle Art passt eher zum Volk der Elfen als zu den Zwergen. Ich habe sie immer als ein stolzes und offenes Volk erlebt."
"Du hast recht. Sie tragen ihr Herz auf der Zunge und begegnen einem offenen von Angesicht zu Angesicht."
"Sehr richtig. Und nun nehmen wir mal diese zwei Punkte zusammen: die Zwerge legen also zum einen ein Verhalten an den Tag das für sie völlig untypisch ist in dem sie buchstäblich jede Information über Marantera auslöschen und des unter Strafe stellen selbst seinen Namen zu nennen. Gleichzeitig sind die Geschichten über ihn aber älter als selbst der älteste Knurlan, Elf oder Drachenreiter! Trotzdem halten sich die Zwerge geradezu fanatisch an diese Regel. Die Frage die sich für mich daraus ergibt: Was kann so furchtbar sein, so tiefe Spuren in der Seele eines ganzen Volkes hinterlassen dass die Angst vor diesem etwas alle Zeiten überdauert und von Generation zu Generation weitergegeben wird?"
Arya lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und Eragon begriff, dass seine Gefährtin gründlich über das nachdachte sie soeben gehört hatte.
"Dieser Gedanke ist in der Tat unangenehm." murmelte Aryas schließlich.
"Mir ist auch nicht wohl bei der Sache." bestätigte Eragon. "Zum einen weil, wie du bereits richtig gesagt hast, Legenden oft einen wahren Kern enthalten und der Gedanke, dass alles über Marantera völlig aus der Luft gegriffen ist erscheint mir abwegig wenn man bedenkt wie viel Respekt, ja Angst die Zwerge bis heute haben. Ich weiß nicht was ich mir wünschen soll mein Stern: Wenn die Untersuchungen ergeben, dass keine Gefahr für Alagaesia oder andere Völker besteht ist Burod allein unter der einzige Drachenreiter sein, der über diese Tatsachen und Phänomene informiert ist. Und er wird zum Schweigen verpflichtet sein durch einen Eid in der alten Sprache. Wenn er aber das Recht bekommt sich an uns zu wenden, dann bedeutet das, dass was immer die Zwerge über Generationen in Furcht versetzt im Begriff ist sich wieder offen in der Welt zu zeigen und Alagaesia und alle Völker bedroht. Ich denke Du kannst nachempfinden was ich fühle wenn ich sage, dass ich mit dieser Situation nicht glücklich bin."
Arya nickte schlicht. Mehr gab es nicht zu sagen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro