
Kapitel 28
Luc
Die Nacht war ruhig, zu ruhig, als ich die Treppe hinunterging. Jeder Schritt fühlte sich an, als würde er die Stille durchbrechen, und das leise Knarren der Dielen schien ein Echo in der Dunkelheit des Hauses zu erzeugen. Mein Atem war flach, die Luft fühlte sich schwer in meiner Lunge an. Ich konnte den muffigen Geruch von Holz und altem Rauch aus dem Kamin wahrnehmen, und es brachte Erinnerungen an eine unbeschwerte Kindheit mit sich – eine Zeit, in der alles einfacher war. Eine Zeit, in der ich nicht von diesen widersprüchlichen Gefühlen zerrissen wurde.
Mein Kopf war ein Wirrwarr aus Gedanken, und mein Herz raste, als würde es gegen meinen Brustkorb schlagen, um mir zu sagen, dass ich umkehren sollte. Doch ich ging weiter. Ich musste das tun. Es gab keinen anderen Weg. Jeffs Gesicht flammte vor meinem inneren Auge auf, die Wärme seines Kusses, die mich in den Wahnsinn trieb – und die mich in Stücke riss. Es durfte nicht sein. Es konnte nicht sein.
Die Tür zum Büro meines Vaters war schwer, massiv, und meine Hand zitterte, als ich nach der Klinke griff. Für einen Moment hielt ich inne. Ich konnte immer noch umdrehen. Einfach so tun, als wäre nichts passiert. Doch die Gedanken an Jeff – an das Band, das uns verband – ließen mich nicht los. Ich musste eine Entscheidung treffen, und ich wusste, dass diese Nacht alles verändern würde.
Mit einem leisen Knarren öffnete sich die Tür, und der vertraute Geruch von Leder, Zigarren und alten Büchern schlug mir entgegen. Mein Vater saß hinter seinem schweren Mahagonischreibtisch, die Lesebrille auf der Nase, während er ein Buch durchblätterte. Das warme Licht der Tischlampe tauchte den Raum in ein goldenes Glühen, doch es fühlte sich für mich kalt an.
Er hob den Blick, als ich eintrat, und legte seine Brille beiseite. Seine durchdringenden Augen musterten mich, als hätte er bereits eine Ahnung, warum ich hier war. „Luc,“ sagte er ruhig, seine Stimme so vertraut und doch voller Autorität. „Was führt dich so spät zu mir?“
Mein Mund war trocken, und meine Kehle fühlte sich an, als wäre sie zugeschnürt. Ich trat näher, das leise Knarren meiner Schritte schien den Raum auszufüllen. Mein Herz hämmerte, und ich spürte den Schweiß in meinen Handflächen, als ich die Worte formte, die ich ihm sagen wollte.
„Ich… wollte mit dir sprechen,“ begann ich, meine Stimme zitterte leicht, obwohl ich versuchte, sie fest klingen zu lassen. „Es ist wichtig.“
Er legte das Buch zur Seite und lehnte sich zurück, sein Blick wurde schärfer, als er mich genauer musterte. „Dann sprich. Was bedrückt dich, mein Sohn?“
Die Worte lagen mir schwer auf der Zunge, und mein Blick huschte zu den Regalen voller Bücher, zu der Uhr an der Wand, zu den Schatten, die die Lampe auf den Boden warf – überall hin, außer zu ihm. „Ich habe… jemanden gefunden,“ sagte ich schließlich, und meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Er richtete sich auf, und ich sah, wie sich seine Augen weiteten. „Gefunden?“ wiederholte er, seine Stimme klang überrascht, aber auch erfreut.
Mein Herz schien für einen Moment auszusetzen. Die Luft im Raum wurde dünner, und ich konnte den holzigen Geruch seiner Rasiercreme plötzlich viel intensiver wahrnehmen. Meine Hände waren feucht, und ich ballte sie zu Fäusten, um das Zittern zu verbergen.
„Die Mondgöttin hat… hat mir jemanden gezeigt,“ stammelte ich. Die Worte waren wie Gift auf meiner Zunge, und ich kämpfte gegen den Drang an, einfach aufzuhören zu sprechen. Alles in mir schrie danach, die Wahrheit zu sagen. Jeff. Sein Name brannte in meinem Kopf, und ich wusste, dass mein Vater ihn niemals akzeptieren würde. Doch für einen Moment war ich versucht. Für einen winzigen Moment spielte ich mit dem Gedanken, alles zu riskieren.
Mein Vater beugte sich vor, seine Augen funkelten vor Erwartung. „Wer ist es?“ fragte er, seine Stimme war leise, aber voller Nachdruck.
Mein Mund öffnete sich, und ein Name lag mir auf der Zunge. Jeff. Es war fast, als könnte ich seinen Geruch wahrnehmen – eine Mischung aus frischer Erde und Zedernholz. Mein Herz raste, mein Atem stockte. Ein Teil von mir wollte alles offenbaren. Die Wahrheit sagen. Das Band nicht länger leugnen.
Doch die Realität brach über mich herein wie kaltes Wasser. Sein Gesicht, voller Enttäuschung. Die Erwartungen des Rudels. Die unausweichliche Verachtung. Ich konnte es nicht. Ich durfte es nicht.
„Panita,“ sagte ich schließlich, und das Wort fühlte sich an, als würde es mich von innen heraus zerreißen.
Mein Vater hielt inne, und für einen Moment schien die Zeit selbst den Atem anzuhalten. Dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, ein breites, stolzes Lächeln, das ihn Jahre jünger aussehen ließ. „Panita,“ wiederholte er, und seine Stimme war voller Begeisterung. „Eine ausgezeichnete Wahl. Sie ist stark, klug und ehrgeizig. Eine würdige Luna.“
Seine Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube, doch ich zwang mich, das Lächeln auf meinen Lippen zu halten. „Ja,“ murmelte ich, meine Stimme klang hohl.
Er stand auf, trat zu mir und legte eine schwere Hand auf meine Schulter. Sein Griff war fest, fast erdrückend, und der Stolz in seinen Augen war wie ein Messer, das in meiner Brust steckte. „Das Rudel wird erfreut sein, diese Nachricht zu hören. Wir werden eine Versammlung einberufen, damit jeder erfährt, dass die Mondgöttin euch zusammengeführt hat.“
Ich nickte stumm, während mein Inneres sich gegen diese Lüge aufbäumte. Mein Kopf war schwer, und die Luft um mich herum fühlte sich stickig an. Der Geruch von Zigarren und Leder schien plötzlich überwältigend. Doch ich hielt stand. Denn das war, was von mir erwartet wurde.
Als ich das Büro verließ, hörte ich ihn noch sagen: „ich werde gleich morgen das Rudel versammeln, um diese frohe Botschaft zu verkünden. Ich bin stolz auf dich, mein Sohn. Du wirst ein großer Alpha sein.“
Die Worte hallten in meinem Kopf nach, während ich den Flur entlangging, doch sie klangen hohl, wie ein Versprechen, das ich niemals halten konnte.
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