
Kapitel 18
Louis war in seiner Bewegung erstarrt. Sein Mund formte ein großes 'O' und die Hand, mit der er den Korb gehalten hatte, senkte sich langsam. Ich biss mir auf die Unterlippe und sah verunsichert zwischen Ralph und Louis hin und her.
,,Oh - oh." Er stellte den Korb ab und sah mich tadelnd an. ,,Wäre nett, wenn ich das früher hätte erfahren können." Er zog bedeutungsvoll eine Augenbraue hoch und ich sah ihn entgeistert an. Idiot. Als wenn ich das hätte wissen können.
Ich sah wie seine Mundwinkel zuckten. Dann sagte er: ,,Du hättest mir das ruhig erzählen können."
Ich boxte ihm gegen die Schulter, aber er schlang seine Arme um mich und hob mich hoch, bis das angespannte Husten von Ralph uns auseinander fahren ließ. Trotzdem konnte ich nicht aufhören zu lächeln. Ich schämte mich schon fast, weil: Ralph wollte sich umbringen. Und ich strahlte ihn an wie ein Honigkuchenpferd.
Er öffnete den Mund um zu sprechen, doch Louis unterbrach ihn: ,,Sorry, wir wollten nicht - "
,,Ich hab dich noch nie lächeln gesehen, Rose. Steht dir." Er nickte mir zu.
Das war das Letzte was ich erwartet hatte. Dass ich zu ihm ging um ihn zu umarmen war nicht geplant und ich wusste nicht, ob Ralph sich freute oder ob es ihm unangenehm war. Er sah gesund aus. Seine Wangen waren rosa und seine Haare standen unordentlich vom Kopf ab, so, als wenn er grade erst aufgestanden wäre.
Er sah nicht nach jemanden aus der so unglücklich war, um sein Leben zu beenden.
Mit Schwung setzte Louis sich auf sein Bett und bewunderte die Bettwäsche. ,,Gandalf macht sich hier wirklich vorzüglich."
Die dunkle Farbe auf Ralphs Wangen vertiefte sich und wieder sah er unsicher zwischen mir und Louis hin und her. Auch Louis sah, dass er sich unwohl fühlte.
,,Ralph wir wollten nur - wir haben gedacht -"
,,Wie meine Mutter schon sagte. Ich brauche kein Mitleid. Das krieg ich schon genug." Er lächelte uns gequält an. ,,Die Schokolade könnt ihr b-behalten. Rose m-ag sie sicher gerne."
Gequält griff er sich an den Hals. Ich begutachtete seinen Schreibtisch, der überquiellte mit Blättern und angefangen Zeichnungen, weggeschmissenen, an die Wand gehängte. Ich stand auf und guckte sie mir an.
,,Du zeichnest?", fragte Louis für mich und Ralph zuckte mit der Schulter: ,,Ich versuche es."
Louis sah mich an und ich nickte. Dann sagte er: ,,Sie sind toll."
,,Danke. Sie - sie entstehen aus Langeweile. Ich hab viel freie Zeit seit der Arzt meint, wieder in die Schule zu gehen würde mich überfordern." Er warf einen Blick auf Rose. ,,Obwohl ja alle denken du hättest dich umgebracht. E-rlich gesagt finde ich das sehr amüsant."
Louis Gesicht hellte sich auf. ,,Ich find es auch lustiger als es eigentlich ist.", gab er zu. ,,Wieso sollte sie einen Grund haben sich umzubringen, wenn sie mich hat?"
Oh, er war kein Idiot. Er war ein verdammt arroganter Idiot.
,,Aha.", sagte Ralph und ich verdrehte die Augen.
Louis suchte nach einer Möglichkeit das Gespräch aufrechtzuerhalten. ,,Du bist also Herr der Ringe Fan?", fragte Louis das Offensichtliche und ich musste wieder die Augen verdrehen, was Ralph sah und amüsiert bekräftigte: ,,Sieht wohl so aus."
,,Krass."
,,Was?"
,,Dass du nachts noch schlafen kannst ohne dich beobachtet zu fühlen."
Wie oft sollte ich eigentlich noch die Augen verdrehen? Louis musste sich schleunigsts zusammenreißen, sonst musste ich wohl oder übel - auch wenn ich keinen blassen Schimmer hatte wie - eingreifen.
Ohne zu fragen (Notsituation!) nahm ich ein leeres Blatt von Ralphs Schreibtisch, schnappte mir einen Stift und schrieb: Komm zum Punkt.
Kopfschüttelnd las Louis die Nachricht. ,,Ich bin doch gerade dabei!", rief er empört und Ralph kam einen Schritt näher, um zu lesen, was ich Louis mitgeteilt hatte.
,,Macht ihr euch über mich lustig?", fragte er und Louis sagte sofort: ,,Nein! Um Gottes Willen, wir - wir wollten dir ein Besuch abzustatten und dir Freunde bereiten und Rose meinte gerade-"
Ralph ging einige Schritte durch sein Zimmer, schnappte sich einen Stuhl und setzte sich drauf. Er sah nachdenklich aus. Mir wurde klar, dass er völlig überfordert war. Ralph war schüchtern und hatte keine Freunde - eigentlich genauso wie ich. Fast schon zu lachen. Und jetzt kamen eine nette junge Frau und ein Affe vorbei und...
,,Wie wollt ihr mir eine Freunde bereiten?", fragte er und Louis - der sich darüber (Schokolade hatte ja nicht geklappt) noch keine Gedanken gemacht hat, schaute sich hektisch im Raum um. Da alles, was er sehen konnte, die Werke von Tolkien waren, schlug er einen Filmeabend vor.
Ralph lachte. ,,Du weißt schon wie lang die Filme sind, oder? Das wird eine kurze Nacht."
,,Genug Süßes haben wir aufjedenfall!", sagte Louis und ich hob den Korb demonstrativ hoch.
,,Da habt ihr wohl recht.", gab er zu und obwohl es überhaupt nicht der ursprüngliche Plan war und Mum sicher wütend war, wenn ich nicht früh zuhause antanzte, saßen wir alle in seinem Bett. Das Zimmer war dunkel, der Bildschirm ging an und ich aß und aß und aß einfach die ganze Zeit Schokolade.
,,Meinst du sie platzt irgendwann?", fragte Louis leise Ralph und dieser zuckte mit den Schultern. ,,Du putzt."
Ich stieß einen Laut aus der so viel heißen sollte wie "Leise! Psscht!". Louis wurde ganz aufgeregt, je weiter der Film voranschritt. Er fieberte mit und grade, als Gandalf gegen Balrog kämpfte, glitt es ungewollt über seine Lippen. Ralphs Mutter kam die Treppe hoch und Louis zischte: ,,The bitch is near."
Erschrocken schlug er sich die Hand vor den Mund, aber Ralph lachte leise und ich... ich fand das einfach nur süß. Je später es wurde, desto wichtiger wurde die Tatsache, dass ich meiner Mutter schreiben musste, dass alles ok war.
Ich holte mein Handy raus und regelte die Helligkeit des Bildschirm herunter, dass es nicht so sehr störte. Dann tippte ich schnell die Nachricht, ließ das Gerät wieder verschwinden und sah mir... nicht den Film an. Mein Blick glitt zu Louis und blieb dort. Immer wenn etwas passierte runzelte er die Stirn, die Orks brachten ihn dazu den Bildschirm mit gekrauster Nase anzugucken. Ein Seuftzen entwich seinen Lippen... die so schön weich aussahen, fiel mir auf... innerlich schrie ich "Guck weg! Dumme Idiotin!", aber da kicherte er leise und mein Herz schmolz dahin.
Rosie Magdalena Parker, du solltest dich schämen.
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