Kapitel 21.2
Ich blickte noch einmal zu Ronin, bevor ich hinabsprang. Meinen Fall lenkte ich mit Magie, damit ich mich nicht verletzte.
Sanft landete ich und legte dann einen Zauber auf meine Augen, um in der Dunkelheit sehen zu können.
Die Tunnelwände waren aus dem Stein gehauen und wiesen hier noch keine Einbuchtungen für irgendwelche Lichter auf.
Das war überraschend, da ich davon ausging, dass das hier der Haupteingang war.
Trotzdem war der Boden voller Sand und Staub. Ich wirbelte ihn auf, als ich langsam voranging.
Hier war wohl schon seit Jahren niemand mehr gewesen. Gab es niemanden, der die Tunnel wartete? Jemand musste sich doch darum kümmern.
Mit einem leisen Seufzen schickte ich meine Magie durch den Stein, um die Umgebung zu kartografieren.
Es dauerte etwas, denn die Tunnel waren überraschend groß. Sie verliefen nicht nur unterhalb der Schule, sondern auch weit über das Meer hinaus.
Waren sie sogar schon vor den Magiern hier gewesen? Zu was waren sie früher genutzt wurden?
Ich spürte Zauber, die in den Gängen verwoben waren. Einer davon erinnerte mich an jemanden, den ich eigentlich noch Rechenschaft schuldig war.
Warum hatte ich mit Ronin darüber gesprochen? Mir hätte klar sein müssen, dass er den König einbringen würde. Jetzt musste ich an ihn denken.
Auch er wäre sicherlich wütend darüber, wenn ich einfach so verschwand.
Langsam rieb ich mir über mein Gesicht, während ich versuchte, die ganzen Informationen zu sortieren. Es wäre wohl besser, wenn ich nicht ständig mit meinen Gedanken abschweifen würde.
Mein Herz schmerzte noch immer, doch ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte. Barbados zu töten wäre nicht möglich. Nur eine Verbannung würde das Problem lösen. Vorübergehend. Dieses Mal würde ich jedoch sichergehen, dass er auch dortblieb.
Als mein Zauber die nähere Umgebung aufgenommen hatte, machte ich mich daran, einem Weg zu folgen, der mich hoffentlich zu Leon bringen würde.
Wenn ich das richtig schätze – was nicht sonderlich einfach war – dann war er dort, wo auch der Spiegel Acheron stand. Wollte er damit etwa auch die Dämonen herführen?
Warum waren den alle so besessen darauf, die Dämonen hierherzuholen? Sie würde das Leben, das hier herrschte, auslöschen. Gut für die Dämonen, denn wenn genug von ihnen ihr Leben ließen, um die Umgebung mit ihrer Magie zu durchtränken, würden die anderen ohne Probleme hier leben können.
Aber was war Barbados Verbindung zum aktuellen Herrscher über die Hölle? Oder gab es keine? Er war seit Jahrzehnten gefangen und wusste vielleicht nicht einmal etwas über den Machtwechsel.
Das war alles ganz komisch.
Langsam und leise schlich ich durch die Tunnel und versuchte, mich in dem Labyrinth zu orientieren. Es war überhaupt nicht leicht und ich brauchte mehrere Anläufe, um den richtigen Weg zu finden.
Es war schwierig, wenn man nur ein grobes Bild im Kopf hatte, aber nicht wusste, wo man wirklich entlang musste. Das Problem war auch, dass alles gleich aussah.
Ich war mittlerweile recht frustriert, doch ich spürte, dass ich der Aura immer näherkam.
Schluckend wappnete ich mich für den Kampf. Es würde nicht einfach werden, denn der Dämon war wirklich stark.
Als ich etwas hörte, lehnte ich mich an die Wand und blickte erst einmal um die Ecke. Dort war noch nichts, weshalb ich langsam weiterging. Die Geräusche wurden lauter und hallten an den Wänden wider. Das war nicht gut, denn das würde auch mich leicht verraten, wenn ich Pech hatte.
Erneut blieb ich stehen und lauschte, bevor ich um die Ecke schielte. Was ich sah, raubte mir den Atem.
Da war Leon. Oder eher das, was von ihm übrig war. Sein Körper war grünlich, faltig und zerfiel. Eine Hand hatte bereits nur noch drei Finger und an dem linken Bein konnte ich die Knochen unter der fauligen Haut sehen. Es stank.
Schnell zog ich mich wieder zurück, damit er mich nicht sah und versuchte meinen Ekel im Zaun zu halten. Ich hatte also recht. Barbados an sich war nicht frei. Nur seine Seele. Vermutlich wollte er den Spiegel, um seinen Körper aus der Verbannung zu holen. Oder aber, um sich einen Dämon als neuen Körper zu besorgen. Leon war zwar von seinem Blut, doch das hieß nicht, dass er die Macht von Barbados aushielt.
Ich wusste nicht, ob in der Zwischenwelt, in der man ihn eingesperrt hatte, mehr als nur seine Seele existiert hatte. Ein Zauber, der seine Seele in seinen Körper zurückbrachte, würde also nicht den gewünschten Effekt bringen und war keine Option, solange ich mir nicht sicher sein konnte.
Eine Seele zu verbannen, war jedoch einfacher. Wenn ich es richtig anstellte, dann konnte ich das Amulett sogar als Gefängnis nehmen. Das wäre vermutlich sicherer als die Zwischenwelt, aus der er bereits einmal geflohen war.
Das würde jedoch ein wenig schwierig werden.
//Achanox. Ich habe ihn gefunden//, teilte ich meinem Dämon gedanklich mich. //Er ist in den Tunneln. Ich will seine Seele in das Amulett sperren//, erklärte ich meinen Plan. Es ging mir nicht darum, dass er mir sagte, was er von dem Plan an sich hielt, sondern, dass er mir half, Leon festzusetzen.
//In den Tunneln können wir dir schlecht helfen//, bemerkte er, was ich mir bereits gedacht hatte.
//Kannst du spürten, wo ich etwa bin?//, wollte ich wissen, denn ich wusste nicht, ob sich über mir etwas befand, was ich kaputt machen würde, sollte ich von hier nach oben durchbrechen.
//Etwa unter dem Gewächshaus. Nicht ganz. Ein Stück daneben. Auf der freien Fläche.//
Das war eine Stelle, an der ich nicht ganz so vorsichtig sein musste. Trotzdem würde es nicht leicht werden.
Bevor ich angriff, konzentrierte ich mich auf die Magie der Umgebung. Ich zog sie zu mir, um meinen Körper zu stärken. Besonders in meine Faust leitete ich die Kraft, sodass meine Knochen stabiler wurden. Meine Haut überzog sich mit einer unsichtbaren Schicht, welche die Härte von Metall hatte.
Erst jetzt sah ich erneut um die Ecke und zu Leon, der tatsächlich am Spiegel herumhantierte.
Ohne vorher auf mich aufmerksam zu machen, sprintete ich vor. Die Hand zu einer Faust geballt, mit der ich nach Leon schlug. Er war so überrascht, dass es ihm nicht gelang, mir auszuweichen. Ich traf seinen Magen und schleuderte ihn von dem Spiegel weg, gegen die Wand.
Wenn ich richtig lag, dann war Barbados Vorteil seine enorme Menge an Magie. Das wiederrum bedeutete aber, dass er nicht sonderlich gut im Nahkampf war. Um in beiden so gut zu sein, war er noch zu jung. Dazu brauchte man viele Jahrhunderte.
Er rappelte sich wieder auf und wollte Magie nutzen, doch ich war schneller. Bevor es ihm gelang, den Zauber zu sammeln, setzte ich nach. Mit der Faust schlug ich erneut nach ihm, doch er wich aus.
Meine Hand krachte in die Wand, wo sie ein Loch hinterließ. Ich spürte die leichten Schmerzen, doch ich setzte sofort nach, indem ich nach dem Dämon in Leons Körper trat. Mein Ziel waren seine Beine, die ich auch traf und ihm wegzog.
Noch während er fiel, setzte ich nach, sammelte so viel Magie wie möglich in meinem Bein und trat von unten nach oben, sodass er gegen die Decke der Tunnel schlug. Es gab ein unschönes Geräusch, als er gegen den Stein krachte, doch ich war nicht stark genug gewesen, um ihn sehr weit nach oben zu befördern.
Das war nicht gut.
Während ich mich magisch zu ihm nach oben bewegte, indem ich sprang, konnte er Magie für einen Zauber zu sich ziehen.
Mit den Zähnen knirschend wich ich einem Feuerball aus, der mir die Haare ansenkte. Ich musste kurz meine Aufmerksamkeit auf den Angriff legen und als ich wieder zu Leon sehen wollte, war dieser von der Decke verschwunden.
Verdammt! Ich hatte meinen Vorteil nicht gut genug eingesetzt.
Mir war bewusst, dass ich ihm magisch unterlegen war und, dass mein Nahkampf seinem Körper nicht wirklich schadete. Vermutlich spürte er meine Angriffe nicht einmal. Immerhin war der Körper bereits tot und zerfiel.
Nur, weil ich eine Ansammlung von Magie in meinem Rücken spürte, wirbelte ich herum und zog einen magischen Schild hoch. Gerade rechtzeitig, denn sein Angriff krachte dagegen. Er nutzte die Steine, die sich von der Decke und der Wand gelöst hatten, um sie magisch zu bewegen. So wurden sie zu gefährlichen Geschossen, die es sogar fast schafften, meinen Schild zu zerstören.
Weil ich keinen weiteren Angriff in dieser Form aushalten würde, sprang ich zurück, nutzte Windmagie und wirbelte damit Staub auf, um Leon die Sicht zu nehmen. Ich wusste nicht, ob es etwas brachte, denn wenn der Körper zerfiel, sah er vielleicht anders.
Ich versuchte es dennoch, denn irgendwie musste ich ihn von mir fernhalten.
Erneut griff er an, doch ich nutzte meine eigene Magie, um seinen Angriff gegen die Decke zu leiten.
Es wunderte mich, dass er nichts sagte. Vermutlich war der Körper bereits so zerfallen, dass es nicht mehr ging. Ihm rannte die Zeit weg, bevor er sich einen neuen Körper suchen musste.
Plötzlich spürte ich einen heftigen Schlag von Magie, der in meinen Körper eindrang.
Ein Keuchen verließ meine Lippen und ich versuchte, herauszufinden, was er tat. Der Schmerz drang in jede Pore meines Körpers und rann wie heiße Lava durch meine Venen.
Mein Herzschlag beschleunigte sich, während ich Magie als Schutz zu mir zog. Es brachte nichts und da wurde mir klar, dass es kein Angriff von außen war. Ich spürte Kälte, die in meinen Körper drang. Barbados versuchte seine Seele in meinen Körper zu transferieren!
Jetzt, wo ich das wusste, konnte ich reagieren. Ich zog die Magie in mich ein und ließ sie durch meinen Körper fließen, um ihn wieder hinauszuschmeißen.
Ich konnte spüren, dass da eine Präsenz war, die in meinen Geist vordrang. Aber nicht mit mir.
Meine Magie explodierte und schleuderte seine Seele wieder in den zerfallenen Körper zurück. Gleichzeitig setzte ich damit eine so enorme Macht frei, dass ich den kompletten Raum zum Einsturz brachte.
Die Decke regnete auf uns nieder, doch ich nutzte meine Magie, um die Steine so fallen zu lassen, dass sie mich nicht zerquetschten und ich mir nach und nach einen Weg nach oben freibahnen konnte. Vermutlich würde das Leons Körper den Rest geben. Das war nicht gut, denn dann würde er sich einen neuen Körper suchen müssen. Alle waren in Gefahr, wenn das geschah. Das hatte ich eigentlich vermeiden wollen.
Als ich endlich Licht sah und aus dem Untergrund freibrach, konnte ich mich zuerst nicht richtig orientieren. Um mich herum war der Boden aufgebrochen und das Gewächshaus zum Teil zerstört, weshalb es ebenfalls in die Tiefe stürzte. Die Tunnel brachen überall zusammen, weshalb sich Risse über das Schulgelände zogen, die teilweise dafür sorgten, dass einige der Gebäude zum Teil einsanken und dadurch beschädigt wurden.
Das lief alles überhaupt nicht nach Plan.
„Wo ist er?", rief Dorian mir zu, während er sich fliegend auf mich zubewegte. Ich spürte, wie mein Körper der Belastung nachgab. Eigentlich wollte ich landen, doch da traf mich erneut ein Schlag, sodass ich mich in der Luft verkrampfte und zu Boden fiel. Darauf konnte ich jedoch nicht achten, denn es war erneut Barbados, der versuchte, in meinen Körper zu gelangen.
Elendiger Dämon. Wie stark war er denn bitte? Wieso konnte er diese Technik so schnell hintereinander ausführen?
Erneut ließ ich Magie in mich fließen, um ihn aus meinem Körper zu bekommen, doch ich spürte, dass ich zu schwach wurde. Das würde ich nicht lange aushalten. //Achanox//, keuchte ich angestrengt, doch es war Dorian, der mir näherkam.
„Nicht anfassen", rief ich ihm zu, wobei meine Stimme bereits seltsam klang. Zudem kam Blut aus meinem Mund.
Dorian starrte mich entsetzt an und blieb stehen. Jedoch nur einen kurzen Moment. „Was kann ich machen?", fragte er und kam einen Schritt auf mich zu. Achanox, der hinter ihm landete, hielt ihn jedoch zurück. Er griff ihn am Arm, zog ihn zurück und kam dann auf mich zu, um nach mir zu greifen.
Ich weitete meine Augen und wollte ihm sagen, dass er das nicht tun sollte, doch da war es schon zu spät. Die Macht des Dämons, der versuchte, mich zu übernehmen, ging zu Achanox über.
„Beeil dich und bereite den Zauber vor", keuchte er, während er sich krümmte.
Er als starker Dämon würde Barbados einige Zeit in Schach halten. Trotzdem machte ich mir Sorgen. Wie sollte ich den Zauber anwenden, wenn das Ziel in Achanox steckte?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro