11. Mai 2058, 13.15 Uhr
Zur Strafe ließen sie ihn hungern. Zwar gefiel dies Kieran nicht, aber er nahm es ohne sich zu beschweren hin. Das Regiment 5 und das Training der Elitesoldaten hatten ihn abgehärtet. Außerdem erfüllte es ihn mit Genugtuung zu sehen, wie ratlos und unzufrieden die Severos waren, als sie nicht die gewünschte Reaktion von ihm erhielten. Er arbeitete ganz normal weiter, als hätte er gegessen. Seinen Hunger ließ er sich nicht anmerken und schob ihn in den Hintergrund. Alles hatte ein Ende. Diese Strafe war keine Ausnahme. Zudem wollten die Severos ihn nicht aushungern: Schließlich sollte er noch in der Lage sein, seine Arbeiten auszuführen. Im Notfall könnte er sich in der Nacht sowieso unbemerkt in die Küche schleichen.
Im Gegensatz zu Offizier Preston gaben die Severos sehr milde Bestrafungen ab. Aber an Offizier Preston wollte Kieran gar nicht nachdenken. Der Mann war durch und durch grausam und ohne Mitgefühl. Dennoch änderte das nichts daran, dass er tief in seinem Herzen ein Feigling und ein Häufchen Elend war. Im Stillen wünschte der Mutant sich, den Mann, als er seine Gefühle wiedererlangt hatte, aufgesucht zu haben. Wie ein rachsüchtiger Dämon wäre Kieran aus dem Nichts vor ihm erschienen und hätte sich ausgiebig für das revanchiert, was der Offizier ihm angetan hatte. Aber Kieran war klug genug gewesen, nicht zurückzukehren.
„Neununddreißig, tu endlich mal etwas Sinnvolles!" Mit verkniffener Miene war Mr Severo hinter ihm aufgetaucht. Der Mann stellte sich etwas aufrechter hin und hob das Kinn an. Als ob Kieran dieses Gehabe einschüchtern könnte. Der alte Mann begriff es einfach nicht. Aber es war nicht an ihm, den Menschen zu belehren.
„Da, siehst du das? Der Mülleimer quillt schon wieder über. Hast du keine Augen im Kopf?" Drohend hob Mr Severo seinen Zeigefinger. Die kleinen Augen blitzten dem Mutanten herablassend entgegen. „Wofür ist deine verfluchte Mutation gut, wenn du noch nicht einmal erkennen kannst, wann der Müll rausgebracht werden muss? Wie es aussieht, scheinst du Bestrafungen zu mögen. Und jetzt beeil dich!" Mr Severo schnaubte einmal abfällig, ehe er Kieran allein zurück ließ.
Dieser warf einen kurzen Blick auf den Mülleimer, der noch nicht einmal zur Hälfte gefüllt war. Eines Tages würden die Severos büßen. Und Kieran würde es genießen.
Er griff nach der Mülltüte, zog sie heraus und knotete sie zusammen. Dann verließ er das Haus. Warm schien ihm die Sonne ins Gesicht. Langsam wich der Frühling dem Sommer. Das Grundstück der Severos war alles andere als schön oder gar gemütlich. Das Haus ragte hoch und bedrohlich in den Himmel. Die Fassade war ironischerweise – wie sollte es anders sein? – weiß gestrichen worden. Kieran hasste das Haus abgrundtief. Der Vorgarten bestand beinahe ausschließlich aus einer einfachen, aber pingelig oft gemähten Wiese, die bloß durch einen schmalen, geschlängelten Weg durchbrochen wurde, der zur Haustür führte. Das Grundstück wurde von einem silbernen, hohen Zaun eingegrenzt, der es vom Gehweg trennte und Kieran an einen Gefängniszaun erinnerte, das das gesamte Grundstück sowie die Bewohner einsperrte.
Die Mülltonne befand sich auf der anderen Seite des Zauns, sodass die Mülltonnen auch geleert werden konnten. Wie so oft inspizierte Kieran zuerst seine Umgebung, ehe er den Vorgarten betrat. Vögel zwitscherten fröhlich ihr Lied, aber die anderen Villen in der Straße erschienen ruhig. Um diese Zeit liefen keine Fußgänger die Gehwege entlang oder wässerten ihre Pflanzen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite verschluckte der Wald das Licht der Sonne und tauchte den Boden in Schatten.
Da Kieran wusste, dass sich Jäger in der Umgebung befanden, ging er davon aus, dass diese ihr Lager im Wald aufgeschlagen hatten. Anders als so manch andere Mutanten, konnte Kieran als Mensch durchgehen. Aber er würde nicht einfach annehmen, dass die Jäger, wenn sie denn von seiner Existenz wussten, auch automatisch davon ausgingen, dass er menschlich war. Solche Annahmen waren gefährlich. Er musste immer von allen Möglichkeiten ausgehen, sodass er entsprechend handeln konnte.
Im Dunkeln der Bäume erkannte er einen Schatten in der Form eines Menschen. Beinahe reglos stand er zwischen den Büschen und Bäumen, beobachtete entweder das Haus der Severos oder das der Harris', in dem die beiden anderen Mutanten lebten. Hatten die Jäger etwa schon bemerkt, dass ihr kleines Gerät nicht mehr funktionierte? Kieran blieb auf der Hut.
Zwar waren die Jäger bloß Menschen, noch dazu Amateure, doch ihre Technologien waren nicht zu unterschätzen. Nicht, dass das Kieran großartig etwas ausmachte. Er konnte sich auf verschiedene Arten verteidigen, auch wenn er es vorzog, unbemerkt und unbehelligt zu bleiben.
Er lief über den schmalen Weg, schloss das Tor im Zaun auf und trat hindurch. Die Gestalt im Wald beobachtete er aus den Augenwinkeln. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass diese sich dazu entschied, ihn zu töten. Er musste auf alles vorbereitet sein. Aber vor allem durfte er keine besondere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Elitesoldaten wären ihm schneller auf den Fersen, als er es gebrauchen konnte. Allerdings wusste er auch, dass eine Konfrontation nicht ewig vermeidbar wäre. Doch er zog es vor, diese auf später zu verschieben.
Äste knackten, als er den Deckel der Mülltonne öffnete und die Tüte hineingleiten ließ. Die Gestalt hatte sich also entschieden. Er ließ sich nicht anmerken, dass er wusste, dass sie sich bewegt hatte, geschweige denn, dass sie überhaupt da war. Noch glaubte die Gestalt, einen Vorteil ihm gegenüber zu haben. Sollte sie in dem Glauben bleiben. Er wusste es besser.
„Na, wen haben wir denn da?", höhnte eine weibliche Stimme. Beinahe hätte Kieran die Augen verdreht. Und so ging das vermeintliche Überraschungsmoment der Jägerin dahin. Stümperhaft. Sie hätte einfach leise zuschlagen sollen. Anstatt ihn in der Stille zu observieren, um seine Fähigkeiten zu studieren, trat sie lieber dem Unbekannten entgegen. Fatal, wenn es um einen Angriff auf Mutanten ging, deren Fähigkeiten von Individuum zu Individuum stark variieren konnten.
Kieran bemühte sich um ein unsicheres Auftreten. Betont langsam und ängstlich drehte er sich um, die Augenbrauen sorgenvoll zusammengezogen. Er wich einen Schritt vor dem Mädchen zurück. Sie grinste überlegen und strich sich gelassen eine lange, feuerrote Haarsträhne aus dem Gesicht. Die schwarze Kleidung wirkte wie ein Klischee.
Die Jägerin konnte nicht älter sein, als Kieran. Dennoch wirkte sie in seinen Augen wie ein unbeholfenes Kind. Er war sich sicher, dass sie eine wohlbehütete Kindheit gehabt hat, in der es keine Sorgen gegeben hatte. Vermutlich hatte sie ausgelassen mit anderen Kindern gespielt und lauter Unsinn angestellt. Allein das machte sie so viel jünger als ihn. Sie beide entstammten vollkommen unterschiedlichen Welten. Und dennoch maß sie es sich an, ihm mit Überlegenheit gegenüberzutreten und sich mehr Wert beizumessen.
„Es ist widerwärtig, wie sehr du versuchst, menschlich zu sein", spottete sie und hatte nichts als Abschätzung für ihn übrig. Beinahe hätte Kieran amüsiert gelächelt. Wenn sie nur wüsste, wie wenig menschlich er wirklich war. Und dass er auch gar kein Mensch sein wollte. Hätte sie gewusst, was er in seinem Leben bereits alles getan hatte, hätte sie die Flucht ergriffen. Dennoch maß sie sich an, es besser zu wissen. Kieran hatte nichts als Abscheu für sie übrig.
Selbstbewusst ließ die Jägerin das Messer in ihrer Hand kreisen, beinahe schon lässig, als wäre das hier bloß ein Spiel. Als würde es hier nicht um Leben gehen. Sie war widerwärtig, wenn sie die Bedeutung von Leben und Tod nicht realisieren konnte.
Doch er spielte ihr Spiel mit, wich vor ihr zurück, als hätte er Angst und fürchtete um sein Leben. Er tat genau das, was sie von ihm erwartete. Er stärkte ihr Selbstbewusstsein und ihr Gefühl von Überlegenheit, das ihr jegliche Logik nahm und sie auf ihren Verstand nicht mehr zu hören schien. Wenn er Angst zeigte, brauchte sie keine zu haben. Und das würde sie unbedacht handeln lassen.
Er könnte sie nahe genug an sich heranlassen, um ihr die Kehle zu zerfetzen. Oder aber er könnte selbst auf sie zustürzen, ohne, dass sie überhaupt begriff, was geschah. Er könnte sie aber auch packen und mit ihr im Wald verschwinden, wo niemand Zeuge seiner Tat werden würde. Es wäre ihm ein leichtes. Aber Kieran wusste es besser. Wenn er nicht auffallen wollte, durfte er sie nicht töten. Jäger agierten immer in Gruppen und nur selten allein. Ihr unerklärliches Verschwinden würde die andern Jäger alarmieren.
Die Frage war bloß: Inwiefern würde das Kieran beeinträchtigen? Wenn er sich ängstlich und harmlos genug gab, würde der Verdacht auf die Mutanten von nebenan fallen. Soweit er wusste, war es nicht allzu unüblich, dass der ein oder andere Jäger selbst zum Gejagten wurde und sein Leben verwirkte. Allerdings erwartete einen Mutanten, der einen Menschen getötet hatte, der sichere Tod. Kieran hatte in seinem Leben schon viele verwerfliche und abscheuliche Dinge getan. So wenig er sich auch für die beiden Mutanten, die im Haus nebenan wohnten, interessierte; An ihrem Tod wollte er nicht schuld sein. Zumindest nicht, wenn es nicht für sein eigenes Überleben notwendig war. Und diese Notwendigkeit sah er nicht.
„Oh, hat es dir die Sprache verschlagen?" Die Jägerin lachte, während sie weiterhin mit ihrem Messer spielte. Als ob sie wirklich glaubte, ihm damit töten zu können. Selbst wenn sein Körper nicht unzerstörbar gewesen wäre, hätte sie aber ziemliche Mühe, mit einem einfachen Messer gegen einen Mutanten anzukommen. Es war ein Wunder, dass sie noch am Leben war.
Sie näherte sich ihm weiterhin, während er zeitgleich weiter zurückwich, bis er die abscheulich weiße Wand des Hauses in seinem Rücken hatte. Seine Farben passte er der Wand an. Das würde ihn ängstlicher und verzweifelter wirken lassen, obwohl es ganz und gar unsinnig war, da die Jägerin wusste, wo er sich befand.
Ließ Kieran sie am Leben, käme sie mit weiteren Jägern zurück. Tötete er sie, würden die übrigen Jäger sich nicht länger im Hintergrund aufhalten. So oder so würde es damit enden, dass sie alle sterben mussten. Die Regierung kümmerte sich nicht großartig um tote oder verschwundene Jäger. Denn Jäger wussten, worauf sie sich einließen und es war nur natürlich, dass ihre Opfer sich wehren würden. Wenn er die Leichen beiseiteschaffte, könnte er friedliche weiter seinem Leben nachgehen. Problematisch würde es erst werden, wenn andere Menschen oder Jäger von der letzten Position dieser Jäger wussten und ihrem Verschwinden nachgehen würden.
Es wäre demnach schon fast egal, für was Kieran sich entschied. Im schlimmsten Fall müsste er sich neue Menschen suchen. Erneut untertauchen. Es wäre lästig, aber machbar.
„Denkst du, du kannst dich vor mir verstecken?" Die Jägerin lachte und ihre Augen glitzerten amüsiert. „Ich sehe dich." Natürlich tat sie das. Darauf hatte er es schließlich angelegt. Nichts tat mehr weh, als ein Fall aus großer Höhe. Gleich würde er ihr zeigen, was für eine Jägerin sie wirklich war. Vielleicht begriff sie dann, wie naiv sie gewesen war. Nicht, dass ihr das dann noch etwas bringen würde.
Die Jägerin begriff nicht, dass sie sich längst im Netz der Spinne verfangen hatte. Sie trat noch einen Schritt näher und wagte es doch tatsächlich im Angesicht ihres baldigen Verderbens, zu grinsen, als würde sie wirklich glauben, den Sieg davontragen zu können. Ihre Fähigkeit zur Einschätzung von Gefahrensituationen war wirklich mehr als nur erbärmlich.
Entgegen ihrer Erwartungen, löste Kieran sich nun von der Wand und nahm seine eigenen Farben an. Jedes Bisschen der vorgetäuschten Angst fiel von ihm ab und offenbarte das Monster, das er war. Und dieses bleckte nur allzu gern seine Zähne und stieß ein furchteinflößendes Knurren aus. Kieran war der Tod auf dem Schlachtfeld. Er war der rote Maler. Der Blitz, der nur Schmerz und Leid für seine Feinde mit sich brachte. Er war das Monster, das die Menschen geschaffen hatten.
Dunkle Freude brachte seine Augen zum Funkeln. Die Gewalt rief nach ihm, streckte sich ihm entgegen, wie eine lang verloren geglaubte Geliebte. Schloss ihn in eine tröstende Umarmung. Zorn und Hass brodelten in ihm auf. Rache war das, was er war. Er bestand aus nichts, als Aggressivität.
Mit einem beinahe hungrigen Blick begann er die rothaarige Jägerin zu umkreisen, wie ein Raubtier, das sein Opfer in die Enge getrieben hatte. Keine Sekunde lang ließ er das Mädchen aus den dunklen Augen. Erfreute sich an ihrer plötzlich aufkeimenden Unsicherheit. Das ausgewechselte Verhalten des Mutanten machte ihr Angst, entsprach nicht ihren Erwartungen eines in die Ecke getriebenen Mutanten. Vielleicht begriff sie jetzt langsam, dass nicht sie die Jägerin war.
„Na los", forderte Kieran mit einer Stimme so dunkel und rau wie das lichtlose Meer. „Versuch es."
Die Rothaarige war nicht mehr als eine lästige Fliege. Kaum merklich ließ sie das Messer sinken. Aber anstatt die Flucht zu ergreifen oder anzugreifen, stand sie dort wie erstarrt. Schweißperlen funkelten auf ihrer Stirn wie kleine Diamanten. Ihr ganzer Körper zitterte leicht und ihr Atem ging mit jeder verstreichenden Sekunde hektischer. Die Angst hatte sie fest im Griff. Und ihre Angst schmeckte Kieran wunderbar. Sie fütterte die Bestie in ihm und seine Mundwinkel formten sich zu einem schmalen Grinsen.
Das Mädchen bewegte sich nicht mehr. Die Panik, die Erkenntnis, dass sie verloren hatte, bevor sie überhaupt begonnen hatte, ließ sie erstarren. Zu einer Säule erstarrt blickte sie ihn aus großen Augen an. Ein Kind, das geglaubt hatte, Großes bewirken zu können und nun begriff, dass sein Irrtum Konsequenzen hatte. Die Rothaarige war allein. Keiner der anderen Jäger war hier, um ihr helfen zu können.
„Komm schon. Versuch, mich zu töten", befahl Kieran, der nicht aufgehört hatte, um sie herum zu schleichen. Viel zu lange schon hatte er die Füße still gehalten und sich zurückgehalten. Ob es ihm gefiel oder nicht; Er war, was die Wissenschaftler aus ihm gemacht hatten. Ein spöttisches Lachen konnte er nicht unterdrücken: „Oder kannst du es nicht?"
Seine Worte gaben ihr den Rest. Sie zuckte zusammen, denn spätestens jetzt hatte sie begriffen. Sie war machtlos. Konnte sich noch nicht einmal selbst retten. Vielleicht erkannte sie jetzt, wie sich all ihre vorherigen Opfer gefühlt hatten. Dieses Gefühl sollte sie für ewig bewahren.
Plötzlich fiel etwas vom Himmel herunter und landete genau zwischen Jäger und Gejagter. Das Mädchen schrie erschrocken auf und taumelte zurück, Kierans Miene wurde zu einer resignierten Maske. Weiß. Immer wieder. Es sollte ihn nicht mehr wundern. Die Mutantin, Freya, richtete sich zwischen ihnen beiden auf, ganz offensichtlich in der Absicht, das Blutvergießen zu verhindern.
Obwohl es ihm nicht gleichgültiger sein könnte, dass sie sich einmischte, zog er seine Augenbrauen hoch und fragte: „Was soll das denn werden, wenn es fertig ist?" Freya ging darauf nicht ein, sondern fokussierte sich vollkommen auf die armselige Jägerin, die nach wie vor voller Angst zitterte.
Als Freya sprach, war ihre Stimme kalt wie Eis und auch ihr Blick hätte die rothaarige Jägerin mit Eis überziehen können. „Geh", zischte die Mutantin. „Geh und komm nicht wieder zurück." Doch die Jägerin bewegte sich nicht, sondern starrte die weißhaarige Mutantin nur mit gerunzelter Stirn an. Irgendetwas schien ihr durch den Kopf zu gehen, doch Kieran interessierte sich reichlich wenig für die Gedanken dieses Menschen.
„Lauf!", zischte die Weißhaarige und ihre eisblauen Augen blitzten hell auf. Obwohl es fast Sommer war, wurde es auf einmal auffallend frisch. Interessiert musterte Kieran die andere Mutantin. Er fragte sich, zu was sie wohl in der Lage war. Ihre Fähigkeiten mussten beachtlich sein, wenn sie dazu in der Lage gewesen war, die Ambrosia Labore zu zerstören, auch wenn sie damit nur die nächste Katastrophe geschaffen hatte. Vielleicht sollte er sie im Auge behalten. Wenn die Zeit gekommen war, könnte sie sich als äußerst nützlich erweisen.
„Lauf, ehe ich es mir anders überlege!" Bedrohlich trat Freya auf die Jägerin zu, die unter ihrem eisigen Blick in sich zusammenzuschrumpfen schien. Und dann rannte sie. Rannte, als wäre der Tod hinter ihr her. Hätte Kieran es gewollt, hätte er dafür gesorgt, dass der Tod sie auch erwischte. Ihm war es gleich, ob sie lebte oder starb. Für ihn änderte sich dadurch nichts.
Allerdings musste er sich jetzt mit der weißhaarigen Mutantin auseinandersetzten, ohne dabei irgendwie verdächtig zu wirken. Eines immerhin hatten die Severos und das Leben bei ihnen ihn gelehrt. Mittlerweile wusste Kieran, der nun Zugang zum Fernsehen hatte, wie sich gewöhnliche Menschen verhielten.
„Was sollte das denn bitte?" Sie zeigten ihre Gefühle selbst durch sinnlose Wortwechsel, wollten meist Anerkennung und mochten es nicht, wenn jemand ihnen die Show stahl. Die Jägerin war ein gutes Beispiel dafür, dass Menschen nicht gerne um Hilfe baten und ihre Angelegenheiten lieber alleine in Angriff nahmen. „Ich hätte das auch allein geschafft?" Die Wut in seinem Blick brauchte er nicht zu simulieren, denn sie loderte immer in ihm, auch wenn er ihre Flamme klein hielt.
Freya drehte sich zu ihm um. „Natürlich weiß ich, dass du das auch alleine geschafft hättest", sagte sie ruhig und versöhnlich. „Aber du darfst sie nicht töten. Du würdest danach nur selbst sterben. Und das weißt du. Außerdem brauchen Liam und ich sie noch." Sie wandte sich ab und ging zu dem Haus ihrer Menschen zurück.
Kieran runzelte zur Antwort die Stirn, blieb jedoch still. Er hatte bereits vermutet, dass Liam und Freya womöglich Hilfe von einem Jäger bekommen hatten, um das Gerät im Wohnzimmer der Severos abzuschalten. Hier hatte er seine Bestätigung, auch wenn die Hilfe anscheinend nicht freiwillig erfolgt war.
Vielleicht hatte er ihr und ihrem Freund zumindest ein wenig Unrecht getan. Sie beide waren einfache Zivilisten, Amateure. Das ließ sich nicht leugnen. Sie waren naiv und unbedarft. Dachten nicht an mögliche Konsequenzen oder Fehler in ihren Handlungen. Aber es sprach für sie, dass sie eine Jägerin dazu gebracht hatten, Informationen mit ihnen zugunsten von Mutanten zu teilen. Noch dazu war da die ungewöhnliche Fähigkeit, die Freya besaß. Vielleicht war sie nicht ganz nutzlos. Doch sie war zu passiv, um wirklich brauchbar zu sein. Sie handelte bloß, wenn es sie und Liam betraf. Vor allem anderen verschloss sie die Augen.
Doch wenn sie sich entschied, wenn sie endlich ihre Augen öffnete und handelte, aktiv wurde, könnte sie diejenige sein, die etwas verändern könnte. Sie hatte es schon einmal getan. Sie konnte es wieder tun. Und dieses Mal würde es womöglich nicht in einer Katastrophe enden. Dafür würde Kieran sorgen. Er ahnte, dass es nicht mehr lange dauern würde.
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