VIER Aufgaben
Mein Leben bei ... ihm war trist. Jeder Tag konnte eine Überraschung werden und doch war jeder Tag ebenso gleich.
Immer früh aufstehen, um nicht als faul angesehen zu werden.
Einkaufen, damit er genug von allem hatte.
Haushalt machen, damit niemand denken konnte, dass es ein Saustall sein könnte.
Mir seinen Monolog anhören, damit er mir seine neuesten Anordnungen eintrichtern konnte. Mal widersprachen sich diese und ich handelte einfach intuitiv. Mal lag ich richtig, mal nicht.
Wenn ich daneben lag ... Na ja, dann wusste ich, was auf mich zukam.
Ab dem Vormittag stieg sein Stresspegel. Ab da versuchte ich generell leiser und unsichtbarer zu sein. Mit den Jahren perfektionierte ich meine Strategien.
Als Achtjährige musste ich immer unter das Bett kriechen, wenn jemand kam. Wahrscheinlich wäre das ewig so weitergegangen. Ab dem Alter von zehn Jahren habe ich mit ihm darum gekämpft, zumindest tagsüber nach draußen gehen zu dürfen.
Er wollte dem nicht zustimmen, spielte sich auf, mochte die Kontrolle nicht abgeben. Das Argument, dass ich dann aber auch aus Versehen nichts sehen und hören kann, brachte mir rein gar nichts, außer dass er dachte, dass ich mehr wusste, als es der Realität entsprach.
Von dem Gegenteil musste ich ihn erst einmal wieder überzeugen. Ich wollte aber nicht nachgeben, hatte ich es endlich angesprochen, und bekam ihn schließlich mit dem Argument, dass ich bei Bedarf noch einmal einkaufen gehen und mich niemand in der Wohnung ansprechen kann, überzeugt.
Somit durfte ich endlich mit elf Jahren raus, musste dann jedoch den ganzen Tag draußen bleiben, weil nie vorher abzusehen war, wie lange die Geschäfte andauern.
Da es ihn störte, immer weniger Kontrolle über mich zu haben, besorgte er ein Handy für mich. Mittlerweile war ich zwölf Jahre alt und er kontaktierte mich immer darüber, sobald ich zurückzukommen hatte. Ständig, Angst vor Konsequenzen habend, starrte ich auf dieses Teil, konnte kaum die Zeit draußen wahrnehmen. Außerdem musste ich weiterhin bei den abendlichen Geschäften unter das Bett mit zugehaltenen Ohren kriechen.
Es frustete mich. Doch ein halbes Jahr später hatte ich einen Einfall beziehungsweise kam ich durch ein anderes Mädchen, welches ich zufällig beobachtete, auf die Idee. Dieses Handy konnte ich ebenso als Argument für mich nutzen. Es vermochte mich zu befreien.
Wenn ich in Schwierigkeiten geraten sollte, könnte ich den Notruf wählen, wenn es ihm zu spät werden würde, könnte er mich kontaktieren, und so weiter, das waren meine Gründe, um auch am Abend rausgehen zu können und tatsächlich ... er konnte dem nichts entgegensetzen.
Außerdem wurde ich ein paar Tage später dreizehn Jahre alt und viele in diesem Alter waren zu später Stunde noch draußen. Vielleicht hatte er auch keine Lust mehr, sich mit mir auseinanderzusetzen.
Das Leben mit ihm war ein Kampf. Ein andauernder Kampf um Freiheiten, dem ich nicht entfliehen konnte.
Ich wusste weder wohin ich sollte, noch, was es alles an Möglichkeiten gab.
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