Kapitel. 34 - Kein richtiger Zeitpunkt
„Kira..!" rief seine verzweifelte Stimme nach mir.
Er trug mich auf seinen Armen.
Wie lange war ich weg? Wo sind wir?
,,Wir sind Zuhause."
Zuhause?
Tatsächlich...!
Als wir seine Wohnung betraten, erkannte ich sofort den gewohnten Geruch.
Geschwächt öffnete ich meine augen.
Ich hab die Fahrt und den Weg aus dem Wald gar nicht mitbekommen...
Er hatte mir seine Jacke übergezogen, was mich etwas aufgewärmt hat.
Leider nicht genug.
Taylor brachte mich ins Badezimmer, wo er mir die Jacke auszog und mich nackt in der Badewanne absetzte.
Das hatten wir schon mal...
Was macht er?
Die Badewanne war eiskalt, was mir Gänsehaut am ganzen Körper bereitete.
,,Gleich wird es warm...!" murmelte Taylor und öffnete den Wasserhahn.
Er lies das Wasser heiss laufen. Die Wärme tat schon weh, ich war ziemlich unterkühlt.
Tränen der Erleichterung flossen mir hinunter.
Wie ich mich nach etwas Wärme gesehnt habe.
Keiner von uns beiden sprach. Er hatte sich neben der Badewanne auf einen Hocker hingesetzt.
Die Bilder der letzten Stunden wollten nicht aus meinem Kopf gehen.
Immer wieder sah ich vor mir, wie mich Toni demütigte, vergewaltigte und verletzte.
Wütend begann ich mich an meinen ganzen Körper zu kratzen.
Ich hasse diesen Körper. Ich will diesen verfickten dreckigen Körper nicht mehr.
,,Kira! Hör auf damit! Das bringt doch nichts!!" forderte er mich besorgt auf.
Er hat recht. Gar nichts, bringt was.
Weinend verkrümmte ich mich.
,,Du hast überall blaue Flecken...!"
Er bemusterte mich, sein Blick machte mir Angst.
,,Ich hätte ihn richtig quälen müssen...! Dieser dreckige hurensohn!!!"
Rasend vor Wut stand er auf und trat den Hocker weg.
Taylor konnte seinen Zorn nicht zurückhalten.
Ich hätte ihn am liebsten selbst getötet.
Obwohl er Tod war, vergingen die Rache Fantasien nicht aus meinen Gedanken.
,,Wie hast du mich gefunden?" fragte ich kühl.
Wie konnte er mich finden und wissen wo ich mich befand?
,,Spielt das eine Rolle..?"
,,Sag es mir!" blieb ich verbissen.
Er seufzte und lehnte sich am Waschbecken an.
,,Nach etwa zwei Stunden hab ich dich wie ein gestörter überall gesucht.
Und eine Nachbarin hat dich an der Bushaltestelle gesehen, wie du bei diesem Dreckskerl eingestiegen bist.
Er hat keinen guten Ruf."
Wieso hat mich diese Nachbarin nicht gewarnt?
Wieso bin ich immer so naiv?
Aus seiner Hosentasche holte er seine Zigarettenschachtel hervor und zündet sich eine Kippe an.
Ja. Das ist es.
Nur so kann ich das verarbeiten..!
,,Taylor..?"
,,Hm?"
,,Gib mir bitte irgendeine scheiss Droge..!" bat ich ihm, als ob es was ganz normales wäre.
Sein Gesicht nach schien ihm das gar nicht zu passen.
,,Vergiss es. Du wirst Dir gar nichts mehr davon geben! Ich lass nicht zu, dass du ein zerstörter Junkie wirst...!" stellte er klar.
,,ICH BIN DOCH LÄNGST ZERSTÖRT!!!SIEHST DU DAS NICHT?!" schrie ich ihn an.
Zittrig stürzte ich mich am Rand ab, um aufzustehen zu können.
,,BlEIB LIEGEN! DU BRAUCHST WÄRME! WEISST DU WIE BLAU DEINE LIPPEN WAREN!" kommandierte er mich rum.
Entnervt legte ich mich wieder hinein.
Für einen Moment schloss ich die Augen um mich wieder einzukriegen.
Ich habe nicht die Kraft mich mit ihm zu streiten...das will ich auch nicht...!
Taylor schien aufgebracht zu sein, denn
er verließ das Badezimmer, ohne dabei ein Ton von sich zu geben.
Am liebsten wäre ich in der Badewanne ertrunken.
Das hatten wir schon mal und es hat nicht geklappt.
Sobald ich gemerkt hatte, dass das Wasser kalt geworden war, begann ich mich abzuduschen.
Trotzdem fühl ich mich kein Stück sauber...!
Im Handtuch eingewickelt lief ich zum Schlafzimmer.
Das tut so weh. Die schmerzen wollten nicht vergehen.
Er saß grübelnd auf der Couch und rauchte ein Joint.
Der Fernseher lief laut, doch er schaute nicht mal hin.
Was er wohl denkt?
Nachdem ich mich angezogen hatte, setzte ich mich zu ihm.
Er ist so komisch...
,,Gib mir mal bitte den Joint rüber..!" forderte ich ihn auf und riss ihn zurück aus seinen Gedanken in die Wirklichkeit.
,,Nein. Denk nicht mal daran..!" widersprach er.
Genervt verdrehte ich meine Augen.
Dafür hab ich keine Kraft. Kann er mich nicht verstehen?!
,,Kira. Diese scheisse wird Dir nicht helfen..die macht dich nur kaputt..!"
,,Aber Dir hilft sie oder was?!" fuhr ich ihn an.
Seine Augen verengten sich, er atmete tief ein und aus.
,,SEH ICH ETWA SO AUS, ALS OB MIR DIESE SCHEISSE JEMALS GEHOLFEN HAT?!"
Sein plötzliches Auftreten, verunsicherte mich.
Wieso schreit er mich so an..?
Überwältigen von meinen ganzen Gefühl, brach ich wieder in Tränen aus.
Einfallslos und verdattert starrte er mich an.
Taylor wusste nicht, wie er mit mir umgehen sollte.
Er kann auch nichts tun.
Wie soll ich das alles jemals vergessen oder verarbeiten?
Dafür war es zu spät.
Es ist Zuviel passiert.
Ich will nur sterben.
Depressiv wie noch nie, versank ich immer mehr in einem tiefen dunklen Loch.
,,Hier..."
Ohne eine Mimik in Gesicht zu verziehen, reichte er mir den Joint rüber.
Emotionslos nahm ich es an und rauchte zusammen mit ihm.
Keiner sprach, keiner schaute sich an.
Ich versuchte nicht zu weinen, doch die Tränen liefen wie ein Wasserfall weiter.
Sehnlich wünschte ich mir, bei meiner Mama zu sein.
Ich vermisste sie zutiefst, was mich noch mehr fertig machte.
Was würde ich alles dafür tun, jetzt von ihr fest gedrückt zu werden...!
Die Mutterliebe ist die stärkste liebe auf dieser Welt.
Einfach durch nichts zu ersetzen.
,,Und das alles nur, weil ich dich raus geschmissen hab..!" begann er sich Selbstvorwürfe zu machen.
Taylor spürte, wie sehr ich mich zusammen riss, nicht zusammen zu brechen.
Die Sache nahm ihn ebenfalls mit.
,,Was hat dieser bastard mit dir gemacht?"
Er warf mir ein gequälten Blick zu.
Schau mich nicht so an...!
,,Er hat mich zerstört."
Abrupt setzte Taylor sich zu mir rüber und drückte mich fest in seinen Armen.
Seine Umarmung brachte mich nur noch mehr zum weinen.
Es tat gut zu wissen, das er auf seine Art und weise für mich da war.
Geborgenheit und Sicherheit waren in seine Arme zu spüren.
Der Moment hielt lange an, er drückte mich sogar immer fester an sich.
Der Drang seine Umarmung ebenfalls zu erwidern war sehr groß.
Vorsichtig und zögernd entschloss ich meine Arme um seinen Hals zu Schlingen.
Neben ihm fühlte ich mich lebendig.
,,Kira...ich werde niemals wieder zu lassen, dass Dir irgendjemand weh tut...!"
Seine raue Stimme verursachte mir Gänsehaut an meinen ganzen Körper entlang.
Warum kümmert er sich so um mich?
Gleichzeitig lösten wir die Umarmung und sahen uns in die Augen.
Wieso bin ich dir so wichtig?
,,W-Wieso Taylor?"
Ernstvoll sah er mich an und legte seine Hände um meine.
Seine mysteriösen Augen verunsicherten mich.
,,Warum? Verdammt, Kira. Du weißt es. Ich weiß es.
Ich liebe dich, Kira..!" gestand er mir seine Liebe.
Hat er das gerade wirklich gesagt?
Er liebt mich?
Für einen kleinen Augenblick vergaß ich zu atmen.
Sprachlos sah ich ihn an.
Ich hätte mit alles gerechnet, aber nicht damit.
Durcheinander und von allen meinen Gefühlen bewältigt, wusste ich nicht wie ich reagieren sollte.
Mein Herz schlug wahnsinnig schnell und so wie er mich bemusterte, wurde ich nur noch nervöser.
Vielleicht lag es auch an den Joint.
,,Empfindest du nicht das selbe..?"
Ich weiß nicht, was ich fühle...das ist doch alles absurd..oder?
Ein kribbliges Gefühl begann in meinem Bauch sich abzuspielen.
Sowas darf nicht passieren.
Obwohl ich nichts mehr wollte, als genau jetzt in so einen Moment ihm nah zu sein, entschied ich mich stur dagegen.
,,I-ich kann...das j-jetzt nicht..!" versagte meine Stimme.
Seine warmen Händen lösten sich von meinen.
,,Du hast recht. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt..!"
Das Taylor so verständnisvoll war, überraschte mich nur noch mehr.
Nicht der richtige Zeitpunkt?! In was für einen Zeitpunkt wird sowas jemals richtig sein..?
Unsicher und müde spielte ich mit meinen Finger rum um Augenkontakt zu vermeiden.
Aus dem Augenwinkel konnte ich beobachten, wie überfordert er war.
Eine unangenehme Atmosphäre hatte sich zwischen uns aufgebaut, die vor stille nur noch peinlicher wurde.
,,Ich würde mich gern hinlegen..!" log ich und reichte ihn den Joint zu.
Wortlos nahm er den Joint und ich lies mich an ihm vorbei gehen.
Im Schlafzimmer angekommen, lies ich mich müde auf das Bett ein.
Er liebt mich.
Er liebt mich!!
Das darf so nicht sein...!
Von sieben Milliarden Menschen..muss er das sein?
Auch wenn ich diesen Mann liebe würde...er hat so viele Menschen auf dem Gewissen..und er hat mir so schreckliche Sachen angetan..wie soll ich das ignorieren?
Das kann kein gutes Ende nehmen.
Ich kann das nicht.
Wäre ich ihm bloß doch nie begegnet..dann wäre mir nie diese ganzen Sachen passiert...
Ist das vielleicht wirklich Taylors Schuld?
Nein.
Ich war selbst schuld an meine Lage. Viele Entscheidungen von mir selbst haben dazu geführt, das ich in so einer ausweglosen Situation gefangen war.
Vor einigen Minuten davor hatte sich seine Worte von ihm wie ein wunderschöne Melodie in meinen Ohren angehört.
Ich liebe dich.
Doch jetzt tut es nur weh.
Ich darf dich nicht lieben, Taylor...!
Das ist doch krank. Jeder würde mich als gestört ansehen...
Das würde meine Eltern das Herz zerreißen, sie würden entsetzt sein und es niemals verstehen und akzeptieren können.
Was hat er sich gedacht, mir so ein Geständnis zu machen?!
Stunde für Stunde zerbrach ich mir den Kopf und kam gar nicht zum schlafen.
Als Taylor jedoch dann im Zimmer hineintrat, tat ich so als würde ich pennen.
Ganz leise legte er sich zu mir.
Ich spürte wie er mich zudeckte und ganz dicht sich neben mir hinlegte.
Vor lauter Aufregung schlug mein Herz wahnsinnig schnell.
,,Was hast du nur mit mir angestellt?"
Er seufzte tief.
Ich mit dir?
Vorlauter Nervosität wusste ich nicht wie ich atmen sollte.
Über was für ein scheiss mach ich mir Gedanken?
Ich wurde vor einigen Stunden vergewaltigt und misshandelt.
Wenn ich wieder an Tonis Gesicht dachte, wurde mir ganz schlecht.
,,Ich beschütze dich...dich werde ich nicht verlieren...!"
Er nahm sanft meine Hand und küsste sie.
Als hätte er gefühlt, wie schlecht es mir ging.
Du machst es mir so schwer dich zu hassen...
Mit einem bedrücktem Gefühl zwang ich mich zum einschlafen und verlor mich zwischen meinen Alpträumen.
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