18. Kapitel - Mila
Als endlich alle fertig sind, gehen wir weiter zur nächsten Station: Fallen. Diese wird von Gabriel geleitet. Dafür werden wir heute in zwei weitere Gruppen geteilt: Eine Gruppe wird in eine kleine Hütte zwischen Bäumen gesperrt, die zweite stellt rundherum Fallen auf. Dann versuchen die Eingesperrten zu entkommen. Ich lande in der ersten Gruppe, was bedeutet, dass ich mit fünf anderen Mädchen eingesperrt werde. Einige Zeit warten wir dort, aber dann versuchen wir auszubrechen. Das andere Team hat gute Arbeit geleistet, die Tür geht nicht auf. Erst als wir uns alle zusammen dagegen werfen, öffnet sie sich. Wir fallen hinaus und werden in die Luft gehoben. Zum zweiten Mal an diesem Vormittag hänge ich in einem Netz hoch über der Erde, aber diesmal ist es etwas enger, da wir zu fünft sind. Das war ein kluger Schachzug des anderen Teams, aber für uns ist es ebenfalls Routine. Jeder von uns hat sich schon einmal aus einem Netz befreit, deswegen sind wir nach nicht einmal zwei Minuten wieder am Boden, ohne dass wir uns absprechen mussten. Danach trennen wir uns und versuchen, allein einen Weg aus dem Wald zu finden. So können wir eine größere Fläche absuchen. Für den Fall, dass jemand gefangen wird, haben wir eine kleine Pfeife. Die gehört genau wie das Messer zur Grundausrüstung, und wenn jemand pfeift, wissen die anderen, dass sie in Schwierigkeiten ist.
Auf meinem Weg durch den Wald stoße ich auf sehr viele Fallen. Es ist fast unmöglich, da durchzukommen, deshalb klettere ich nach einigen Metern auf einen Baum. Von diesem hangle ich mich weiter zum Nächsten. So komme ich um einiges schneller vorwärts als am Boden, aber es ist auch wesentlich gefährlicher. Ein Absturz aus acht Metern Höhe wäre gar nicht gut, deshalb blende ich es so gut es geht aus. Unterwegs versuche ich, möglichst viele Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Immer wieder kappe ich Schnüre, die an Bäumen hängen. Die einzigen Fallen, die noch da sind, sind Fallgruben und ähnliches. Dadurch komme ich nur sehr langsam voran, weil ich immer wieder an Baumstämmen hinauf und wieder hinunter klettern muss. Entweder war die andere Gruppe extrem fleißig, oder sie haben nur auf meiner Route Fallen aufgestellt – was ziemlich dumm wäre. Nach einiger Zeit sehe ich Gabriel, der am Waldrand auf die erste Soldatin wartet, die herauskommt. Das ist gut, weil es bedeutet, dass ich am Ziel bin. Vorsichtig klettere ich weiter. Es wäre durchaus möglich, auf den letzten Metern noch gefangen zu werden, weil ich das Ziel vor Augen habe und nicht mehr auf den Weg achte. Das ist mir schon viel zu oft passiert, aber heute nicht. Am Waldrand angekommen greife ich nach einem langen, biegsamen Ast und schwinge mich damit in die Luft. Dabei drehe ich mich, sodass ich in einem Purzelbaum lande und schließlich mit einem Knie am Boden bin, bevor ich aufstehe. Das funktioniert fast lautlos, aber Gabriel hat mich anscheinend trotzdem gehört. Er dreht sich zu mir um, dann wendet er sich wieder dem Wald zu. Wieder an mich gerichtet meint er: „Du schaffst es immer wieder, mich zu überraschen. Wäre ich der Feind, hättest du mich schon längst überwältigt. Das ist gut. Und du bist die Erste, die anderen haben noch nichts gemeldet. Mach eine Pause". Ich lächle, dann drehe ich um und laufe wieder in den Wald. „Hey!", ruft Gabriel mir nach, „was machst du da? Du sollst eine Pause machen!" Ich ignoriere ihn, klettere einige Meter über die Bäume und pfeife dann dreimal kurz. Nach kurzer Zeit kommen insgesamt vier Pfiffe zurück. Das bedeutet, dass zwei Soldaten kommen werden, um auch auf meinem Weg nach draußen zu gehen. Die anderen drei haben mich entweder nicht gehört oder sie suchen sich ihren eigenen Weg. Mir ist beides recht, ich warte nur auf die beiden, die geantwortet haben. Damit sie mich leichter finden, wiederhole ich das Signal so lange, bis sie da sind. Als sie da sind, folge ich dem Weg, auf dem ich hinausgekommen bin – diesmal aber am Boden. Draußen angekommen, werden wir schon von Gabriel erwartet. Als er mich sieht, verschränkt er die Arme und baut sich vor mir auf: „Du hast meine Befehle missachtet, Beta Sergeant! Du solltest wissen, dass so ein Verhalten nicht gutgeheißen wird. Was hast du dazu zu sagen?" Unerschrocken sehe ich ihm in die Augen: „Ich habe meinen Kameradinnen geholfen, Sir. Was bringt es, wenn ich frei komme, sie dafür aber gefangen werden? Nachdem ich einen Weg hinaus gefunden habe, konnte ich ihn auch den anderen zeigen. So sind wir alle schneller entkommen. In einer Ernstsituation kann es gefährlich sein, wenn jemand in Gefangenschaft gerät. Wenn sie etwas verrät, haben wir alle ein Problem. Deshalb versuche ich, dafür zu sorgen, dass niemand gefangen wird, Sir". Er zieht die Augenbrauen hoch: „Das ist eine gute Überlegung, du bist aber nicht in der Position, solche Entscheidungen zu treffen. Wenn dir im Ernstfall ein Vorgesetzter einen Befehl gibt, musst du ihn befolgen. Und zwar ohne zu zögern. Verstanden, Beta?" „Ja, Sir", antworte ich respektvoll. „Gut. Über deine Strafe reden wir später". Wieder nicke ich. Irgendwie verstehe ich das Problem sogar. Wäre ich bei der Army oder Navy, würde es genauso laufen. Zumindest wenn es stimmt, was man im Fernsehen davon erzählt. Und das hier ist im Prinzip dasselbe, nur eben illegal. Aber ich bin nicht der Typ, der Freunde zurücklässt, auch wenn ich dafür Probleme kriege. Ich bereue es nicht, umgedreht zu haben. Aber es beunruhigt mich, dass ich nicht sofort bestraft werde. Das bedeutet nämlich, dass Gabriel mit dem Commander darüber redet, und der ist noch viel strenger, was das Befolgen von Befehlen angeht. Außerdem ist er unglaublich kreativ bei Bestrafungen, anders als die anderen Wärter. Die meisten würden mir einfach nur Punkte abziehen, so dass ich im Rang wieder abfalle, aber vor dem Commander muss ich mich wirklich in Acht nehmen. „Also dann, weiter". Dieser Befehl von Gabriel schreckt mich aus meinen Gedanken. Ich habe gar nicht gemerkt, dass die anderen zurückgekommen sind, aber wie es aussieht, wurden auch die Fallen schon abgebaut. Das gehört auch zum Training. Wir dürfen keine Spuren hinterlassen, wenn wir irgendwo was auch immer getan haben und verschwinden müssen. Und genau das ist jetzt der Fall, denn wir müssen weiter zur nächsten Station.
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