13. Kapitel - Mila
„Ich habe gehört, dass du nach Sara suchst. Stimmt das?", fragt der Mann hinter mir ruhig. Verwirrt bleibe ich still und versuche, herauszufinden, wessen Stimme das ist. Unsicher vermute ich: „Marc? Bist du das?" Er dreht mich um, sieht mir ernst in die Augen und flüstert: „Du weißt, dass es nicht klug ist, mit Hausmädchen befreundet zu sein. Damit bringst du dich nur in Schwierigkeiten". „Ich werde meine Freunde nicht aufgeben, wenn sie mich brauchen. Das kannst du vergessen", antworte ich widerspenstig, aber ebenso leise wie Marc. Dieser seufzt. „Sara braucht dich nicht. Und selbst wenn, könntest du ihr jetzt nicht mehr helfen. Es ist zu spät. Und es ist besser für dich, wenn du keine Freundinnen hast. Das macht es dir auf lange Sicht nur schwerer". „Was ist mir Sara?", flüstere ich erschrocken. Den Rest seiner Ermahnung ignoriere ich währenddessen gekonnt, damit kann ich mich später beschäftigen. „Sara ist weg. Für jedes Mädchen kommt irgendwann die Zeit, da jemand anderes sie haben will. Und sofern dieser jemand genug Geld hat, bekommt er sie auch. Also hör auf, Freundinnen zu finden, denn irgendwann verschwindet eine von euch in ein neues Leben und ihr seht euch nie wieder". Ungläubig sehe ich Marc an. Zuerst verstehe ich nicht, was er mir damit sagen will. Dann frage ich mich, warum ich nicht selbst schon darauf gekommen bin. Sara wurde verkauft. Natürlich. Das ist doch überhaupt der Grund, aus dem wir alle hier sind. Schon oft habe ich mitbekommen, dass ein Mädchen einfach verschwindet, aber es ist etwas anderes, wenn man sie kennt. Und ich kannte Sara ja nicht nur, sie war eine meiner besten Freundinnen. Damit ist es jetzt wohl vorbei, denn ich bezweifle, dass wir uns jemals wiedersehen werden. Wie soll ich das nur Layla und Kate beibringen? Kurz schließe ich meine Augen und atme tief durch, dann blicke ich wieder auf. Verwirrt sehe ich mich um. Marc ist verschwunden, wahrscheinlich, während ich in meinen Gedanken gefangen war. Noch einmal atme ich durch und bereite mich innerlich darauf vor, die schlechte Nachricht zu überbringen, dann mache ich mich auf den Weg zum Abendessen.
Im Speisesaal angekommen reihe ich mich in die Schlange vor der Essensausgabe ein. Schnell machen mir die anderen Mädchen Platz und lassen mich durch. Nur einige wenige, die im fünften Rang sind, stehen vor mir. Auch die, die im gleichen Rang sind wie ich, lassen mich nach vor. Das ist der Vorteil der Kleidung: Die meisten Soldatinnen haben sich schon umgezogen und tragen dasselbe wie alle anderen. Dadurch, dass ich anders angezogen bin, sieht es aus, als hätte ich noch eine wichtige Aufgabe. Solange ich die Arbeitsuniform trage, haben alle mehr Respekt vor mir. Normalerweise freue ich mich darüber, aber heute wäre es mir lieber, wenn ich nicht so schnell zu meinen Freundinnen kommen würde. Sobald ich am Tisch sitze, muss ich es ihnen sagen, ich würde es nur gerne noch ein wenig aufschieben. Aber das geht nicht. Nachdem ich irgendein undefinierbares Zeug aufs Teller geklatscht bekommen habe, das sie Essen nennen, gehe ich zu Layla und Kate, die bereits am Essen sind. Nervös setze ich mich dazu, was den beiden leider sofort auffällt. „Was ist los mit dir?", fragt Kate besorgt. Ich muss schlucken, dann antworte ich mit belegter Stimme: „Ich ... ich weiß, was mit Sara ist". „Wirklich? Wo ist sie? Wir müssen ihr helfen!", drängt Layla. Langsam schüttle ich den Kopf und seufze: „Das geht nicht. Sie ... sie ist weg. Verkauft. So wie alle Mädchen, die verschwinden". Fassungslos starren meine Freundinnen mich an. Kate ist den Tränen nahe. Sie hat gerade ihre beste Freundin verloren. Natürlich, wir waren immer zu viert, seit ich hier bin, aber es wird nie wieder dasselbe sein. Die zwei waren schon unzertrennlich, als Layla hier angekommen ist. Sara war Kate's beste Freundin, und jetzt werden wir sie nie wieder sehen.
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