Das Geheimnis - 1
Verwirrt blickte ich an mir herab. Ich trug die Kleidung, die mir Samuel für unseren gemeinsamen Abend gegeben hatte, doch irgendetwas musste ich überhört haben. Die Klamotten widersprachen jeglichem möglichem Szenario, das ich mir bisher ausgemalt hatte und ich hatte sehr lange über heute Abend nachgedacht. Seit ich gegen Nachmittag aus Samuels großem Bett hervorgekrochen kam, hatte ich mir überlegt, was für ein Date ihm helfen konnte. Leider war mein feuriger Traumprinz bereits unterwegs gewesen, um Vorbereitungen zu treffen und so hatte meine Fantasy die wildesten Theorien gesponnen.
Ich hatte mir vorgestellt, dass wir beide vielleicht zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung gehen würden. So hätte man eventuell die Stimmung in der Bevölkerung gehoben. Mir war auch der Gedanke gekommen, dass wir vielleicht gemeinsam als Paar jemanden ausspionieren würden. Genauso gut hätten wir aber auch durch einen öffentlichen Auftritt die Aufmerksamkeit der Presse von den Bomben auf uns lenken können, doch nichts dergleichen schien der Fall zu sein. Die reißfeste dunkelblaue Hose, gemeinsam mit dem schlichten T-Shirt und der regenfesten Jacke schrien quasi nach einer langen Wanderung. Für einen glamourösen oder geheimnisvollen Abend waren sie eher ungeeignet. Auch die knöchelhohen klobigen braunen Schuhe deuteten darauf hin, dass wir wandern gehen würden, doch wie konnte ein kleiner Spaziergang Samuel helfen?
Ich hoffte die Antwort bald zu erfahren, denn derzeit hatte ich eher das Gefühl, als wollte mir ein gewisser jemand einen Streich spielen. Als ich vom Teufel dachte, trat er auch in den Raum ein. Samuel war mittlerweile genauso gekleidet wie ich, nur hatte er scheinbar die Regenjacke vergessen. Sofort fielen meine Augen auf seine Arme. Die Zeichen der Flammengeborenen strahlten auf ihnen wie die untergehende Sonne am Himmel. Mein Blick folgte bewundernd den Linien, die an manchen Stellen sich perfekt gerade über seine Haut zogen, nur um im nächsten Moment in einem geschmeidigen Bogen eine kleine Kurve zu formen. Nervös strich ich mit meiner Zunge über meine trockene Lippe. Es juckte mich in den Fingern, dass störende T-Shirt von seinem Körper zu reißen und mit meinen Händen jedes einzelne Flammentattoo nachzuzeichnen.
Der im Krankenhaus erwähnte Sex war gestern Abend leider ausgefallen. Samuel hatte Angst gehabt, dass ich bei unserem Date die Kontrolle über meine Gefühle verlieren könnte und somit meine Tarnung aufflöge. Noch war ich mir nicht ganz sicher, was er damit meinte, doch das Wichtigste im Moment war, dass ich mich äußerst unbefriedigt fühlte und das ich fest vor hatte, diese Problem heute Nacht noch zu beheben.
„Du hast einen interessanten Blick in deinen Augen", stellte Samuel mit einem breiten Grinsen fest.
Ich blickte in seine dunklen Augen und erkannte in ihnen erfreut das gleiche Verlangen. „Du aber auch mein kleiner Flammengeborener", erwiderte ich also mehr als nur ein bisschen geschmeichelt.
Samuel lachte leise und überwand die Distanz zwischen uns. Seine Hand legte er vorsichtig auf meinen unteren Rücken, während sein Gesicht sehr nahe über meinem schwebte. Ich wollte rasch die wenigen Zentimeter zwischen uns überbrücken und ihn küssen, doch Samuel legte seinen Zeigefinger auf meine Lippen. „Nicht", seine Stimme klang rauchig und seine braunen Augen blickten mich flehentlich an.
„Dann erklär mir endlich, wieso du so Angst hast, dass mir heute Abend ein kleines Fünckchen entweicht", erwiderte ich. Samuel hinderte mich zwar daran ihn zu küssen, doch zumindest konnte ich die Distanz zwischen uns so weit verringern, dass sein Finger das einzige Hindernis zwischen unseren Lippen war.
Sofort hob Samuel seinen Kopf an und seine Lippen rückten für mich in unerreichbare Ferne. Genervt verdrehte ich die Augen, doch immerhin nahm er seinen Finger von meinem Mund und begann stattdessen sanft über meine Haare zu streicheln. „Ich habe dir vielleicht nicht alles erklärt", begann er vorsichtig anzusetzen.
„Aha...", gab ich so begeistert wie eine gekochte Miesmuschel von mir. Einfach bereits vorsichtshalber verschränkte ich meine Arme vor der Brust und setzte einen halb wütenden Blick auf.
„Bitte verstehe, dass das, was ich dir jetzt erzähle, ein streng gehütetes Geheimnis ist. Unter keinen Umständen darf diese Information an die breite Öffentlichkeit gelangen." Samuel blickte erwartungsvoll auf mich herab, so als erwarte er, dass ich nun etwas sagte.
Misstrauisch betrachtete ich ihn und murmelte schließlich: „Du glaubst doch nicht etwa, dass ich dir einfach das Versprechen gebe zu schweigen, wenn ich nicht weiß worum es hier geht."
Samuel lachte amüsiert und fragte mich mit hochgezogenen Augenbrauen: „Hast du schon unseren Vertrag vergessen? Du darfst so oder so gut wie nichts erzählen, außer ich erlaube es dir."
Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten, als ich mich an unser erstes Treffen erinnerte. Ich hatte Samuel seine teuflische Verhandlung ganz sicher noch nicht verziehen. Vielleicht würde ich in zehn Jahren darüber lachen können, wenn er den Vertrag zurücknahm, doch im Moment sollte er mich besser nicht darauf ansprechen. „Wieso erwartest du dann überhaupt eine Antwort?", giftete ich ihn an.
„Weil ich dir das Gefühl geben wollte mitzubestimmen", erwiderte Samuel achselzuckend.
„Schön für dich!", rief ich empört aus. „Wenn du mir bloß das Gefühl geben willst mitzubestimmen, dann lass es einfach. Ich bin nicht eine Puppe, die dumm und willenlos zu deinen Worten tanzt."
„Hey, so habe ich das nicht gemeint. Ich wollte dich nicht beleidigen. Es tut mir leid", Samuels Stimme klang erstaunlich zerknirscht.
Seufzend winkte ich ab. Noch immer spürte ich die Müdigkeit in meinen Gliedern, weswegen ich im Moment wirklich keine Lust hatte zu streiten.
Besorgt blickte Samuel mich an. „Vielleicht sollten wir es doch lassen. An jedem anderen Tag hättest du mir ein gewaltiges Feuer unter meinen Hintern gelegt und was bekomme ich nun? Ein schwaches Abwinken? Wie sollen die Leute da denn glauben, dass wir uns streiten?", neckte er mich sanft, wobei seine Stimme nicht den besorgten Unterton verlor.
Auch wenn in seinen Worten ein Hauch von Wahrheit lag, zuckte ich bloß lässig mit den Schultern und erklärte: „Ich brauche nur einen Kaffee, dann habe ich genug Energie, um dich durch das Zimmer zu schleudern. Ein Lagerfeuer unter deinem Hintern bringt meiner Meinung nach wenig."
„Es braucht nur eine extrem hohe Temperatur und ich verbrenne mich auch, falls ich es nicht schaffen sollte das Feuer in mich aufzunehmen. Für Flammengeborene ist das Aufnehmen von Energie nicht so einfach wie für dich und braucht viel Konzentration und jahrelange Übung", erwiderte Samuel besserwisserisch. Dieser Mann war eindeutig ein Klassenstreber, der nur zu gern mit seinem Wissen prallte.
„Wenn du meinst", grummelte ich. „Also was ist jetzt mit diesem angeblich so großen Geheimnis? Ich werde auch schweigen."
„Als der Meteor an der Erde vorbeiflog entstanden die Leviathane und die Flammengeborenen", begann Samuel, doch ich unterbrach ihn: „Diese alte Leier kannst du dir sparen. Das steht in jedem Geschichtsbuch."
„Stimmt, doch weißt du auch, dass neben den Leviathanen und Flammengeborenen noch weitere Gruppen entstanden sind?", fragte Samuel mit einem triumphierenden Grinsen.
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