Kapitel I
Vergiss alles was vorher war, du bist mein Engel und gehörst mir allein.
Ich wachte auf, mein Kopf dröhnte und ich sah mich benommen um. Alles was ich sah war schwarz, an die vergangen drei Tage konnte ich mich nur dunkel erinnern. Mit einer Hand strich ich über die kalte Wand und fand eine in die selbige eingeritzte Strichliste. Ich zählte eins, zwei, ... zwölf, dreizehn. Dann war ich also dreizehn Tage hier gewesen bevor ich mich nicht mehr daran erinnern konnte, oder einfach vergessen hatte wieder einen Strich in die Wand zu ritzen.
Ich versuchte aufzustehen, meine Beine waren wie steif gefroren, noch bevor ich auch nur eine Sekunde stand gaben sie nach und ich landete unsanft wieder auf dem Boden. Zitternd saß ich da, es war verdammt kalt hier und feucht.
Fröstelnd zog ich die Knie an und schlang die Arme um sie, es gab ein bisschen Wärme, auch wenn ich nur T-Shirt und eine Jeans an hatte. Wo waren eigentlich meine Sneakers und meine Socken hingekommen?
Ich wusste es nicht, alles was ich wusste war, dass ich hier gefangen war von einem Verrücken. Schritte hallten über den Gang und hallten wieder in meinem Kopf, sofort wurde ich von Angst und Schmerz durchzuckt.
Er kam wieder und er würde mir wieder etwas antun. Ich wollte nicht, ich will nicht, dass er kommt. Wie ein kleines Kind wiegte ich mich leicht vor und zurück und versuchte mir einzureden, dass ich bald hier raus kam, dass man mich finden würde und dass ich wieder nach Hause kam. Zuhause, dieser Typ hatte mir irgendwas gegeben was meiner Erinnerungen zerstörte, denn ich erinnerte mich nur an ein weißes Haus mit Garten drei Leute standen davor. Eine Frau, ein Mann und ein Junge, dass musste meine Familie sein.
Zumindest hoffte ich das. Erinnern konnte ich mich daran nicht, ich versuchte es, aber mein Kopf rauschte. Nichts, ich schaffte es nicht. Wieso nicht?! Ich will mich aber daran erinnern.
Das Klicken des Türschlosses holte mich wieder aus meiner Gedankenwelt zurück und ich sah der Tür entgegen, die allein an diesem Geräusch ausmachte. Es war die einzige Möglichkeit aus diesem Gefängnis zu kommen, aber für mich war das nicht möglich, ich hatte die Tür schon unter die Lupe genommen, eine Stahltür mit Verrieglung von draußen, viel zu schwer und viel zu massiv um irgendwie etwas ausrichten zu können.
Langsam quietschend schob er die Tür auf, ich hatte ihn an seinen Schritten erkannt, energische und starke Schritte, die über den Boden des Ganges hallten. Ich saß regungslos in meiner Ecke, zusammen gekauert. Den Kopf leicht gegen die Wang gestützt mein Gesicht zum Boden gerichtet, die einst sturmgrauen Augen starrten leer zu Boden. Als könnte er mich nicht sehen, wenn ich mich in der Ecke versteckte. Als würde die Ecke mich beschützen, aber das konnte sie nicht. es waren nur zwei vermutlich weiße Wände die auf einander zuliefen, sie würden niemanden schützen können. Nicht vor jemandem der im Raum stand.
Er kam auf mich zu und kniete sich vor mir hin, der weiche Stoff seiner Hose knitterte. Es war wie ein sich zusammen schiebendes Gebirge. Seine warme Hand griff nach meinem Kinn und zog es hoch, dass ich ihm in die Augen gesehen hätte, wenn ich den noch sehen könnte.
Sein Blick brannte auf dem was er von meinen Augen noch übrig gelassen hatte, glasig und blind starrten sie in die Leere.
Leise und fast schon liebevoll flüsterte er dann „Du gewöhnst dich schnell daran, glaub mir. Es macht dir in ein paar Wochen oder Monaten schon gar nichts mehr aus. Und sieh es doch positiv, du musst dir nie wieder etwas ansehen was dir nicht gefällt."
Ach und wenn er mir die Hände verbrannte musste ich nicht mehr fühlen oder wie stellte er sich das vor? Glaubte er im Ernst mir einen Gefallen getan zu haben? Auch wenn ich nichts mehr sah konnte ich dennoch meine Augen bewegen und sie reagierte auch noch auf Licht, nur sehen konnte ich nicht mehr mit ihnen. Er hatte sie verbrannt, zumindest hatte es sich angefüllt, als hätten sie in Flammen gestanden. Das war etwas an das ich mich noch gut erinnern konnte.
Aber auch etwas an das ich mich nicht erinnern wollte. Warum konnte ich mich daran erinnern, aber nicht an mein Zuhause? Eine Träne fand ihren Weg von meinem Auge über meine Wange.
Seine Fingerkuppe strich über meine Wange und sammelte den Wassertropfen auf. Ich wollte den Kopf abwenden, aber ich tat es nicht. Vor meinem inneren Auge sah ich ihn, er war groß und kräftig gebaut. Man erwartete von einem wie ihm das er regelmäßig Sport trieb und sich gesund ernährte. Seine tiefdunkelbraunen Haare hatten mich an einen Mahagonitisch, denn ich in einem Einkaufsprospekt gesehen hatte erinnert. Das Gesicht war schmal und kantig, eine gerade Nase und die schmalen Lippen waren das Markanteste neben den durchdringen hellgrünen Augen, die mich eher an eine Katze erinnerten, als an einen Menschen.
Im Grunde war er einer dieser Typen denen man auf der Straße begegnete sie aber nicht näher ansah. Ich hasste ihn, für das was er mir angetan hatte und dafür, dass ich mich an ihn gut erinnern konnte und meine Familie nur noch eine verschwommene Erinnerung war.
Mit einem Ruck holte er mich aus meinen Gedanken zurück. Auch wenn meine Augen blind waren die Verwirrung stand trotzdem lesbar in ihnen. „Ob du Hunger hast habe ich gefragt." wiederholte er fürsorglich seine Worte. Ich deutete nur leicht ein stummes Nicken an, ich unterhielt mich nicht mit ihm. Warum denn auch? „Dann komm, ich helfe dir Engelchen." säuselte er als wäre er verliebt. Ich war ganz bestimmt nicht sein Engelchen, auch wenn er mich schon die ganze Zeit so nannte. Warum auch immer, er war ein Spinner, wenn er seinen Spaß damit hatte und mich in Ruhe ließ.
Am liebsten wäre ich aus Trotz jetzt einfach sitzen geblieben, aber dann zog er mich schon behutsam an den Handgelenken nach oben. Meine Beine hätten am liebsten gleich wieder nachgegeben, stützend legte er seinen starken Arm um mich und hielt so meinen Körper davon ab einfach wieder auf den Boden zu fallen. Mir fiel auf, dass er nur ein T-Shirt und nicht wie sonst eine schwere Jacke trug, denn die Wärme seiner Haut legte sich um meinen Oberkörper.
Ich ließ ihn gewähren, ich wusste nicht mal warum, vermutlich, weil ich mittlerweile eingesehen hatte, dass ich mich sowieso nicht wehren konnte. Wie auch? Ich sah ihn ja nicht mal und auch wenn ich seine Schritte hören konnte, einen Schlag in meine Richtung würde ich nicht hören.
Etwas in mir hatte aufgegeben.
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