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Die Turnhalle war ein einziges Chaos.
Schüler strömten von überall her, Stimmen hallten von den Wänden wider, Lehrer versuchten, irgendeine Art von Ordnung herzustellen, während die Technikleute hektisch die letzten Soundchecks machten.
Es war der Tag, an dem die Schule sich offiziell von unserer Schulleiterin verabschiedete – eine Frau, die uns über Jahre hinweg mit ihrer strengen, aber herzlichen Art begleitet hatte. Wochenlang hatte die Schule diese Abschiedsfeier geplant, doch jetzt, wo sie endlich stattfand, fühlte es sich trotzdem wie ein riesiges Durcheinander an.
Ich hielt Sunoo fest an der Hand, als wir uns durch die Menge drängten.
„Ich schwöre, wenn ich loslasse, finde ich dich nie wieder“, murmelte ich und zog ihn ein Stück näher zu mir.
Er grinste. „Dann lass einfach nicht los.“
„Hast du vor, mich mitten in dieser Menschenmasse zu verlassen?“
„Wer weiß.“
Ich kniff die Augen zusammen.
„Das wäre das Ende deiner Existenz, Sunoo.“
„Ich liebe es, wenn du mir drohst.“
Ich konnte nicht anders, als zu lachen.
Während wir uns langsam nach vorne bewegten, sah ich, wie Jungwon und Ni-ki bereits auf der Bühne standen. Sie sollten gleich singen – oder zumindest sollte Jungwon singen und Ni-ki… na ja, ich erwartete keine Gesangsleistung von ihm, sondern eher irgendeinen chaotischen Tanz oder ein unerwartetes Spektakel.
Jay und Sunghoon hingegen hatten sich an die Wand gedrückt, als wollten sie so wenig wie möglich mit diesem ganzen Geschehen zu tun haben.
Und Jake?
Jake stand mitten in der Halle, ohne jeglichen Plan, was er tun sollte. Er wirkte wie ein verlorenes Hündchen, das nach seinem Besitzer suchte.
„Willst du ihm helfen?“ fragte Sunoo leise.
Ich zuckte mit den Schultern. „Er findet schon seinen Weg.“
Plötzlich wurde es still.
Die Lehrer ordneten die Schüler in Reihen, die Gäste setzten sich auf die aufgestellten Stühle, und dann begann die eigentliche Veranstaltung.
Der stellvertretende Schulleiter betrat das Podium und kündigte feierlich an:
„Und nun begrüßen wir unsere Schulleiterin Frau Park!“
Die Türen zur Turnhalle wurden geöffnet, und da war sie.
Unsere Schulleiterin, eine ältere Dame mit strenger Miene – die jetzt völlig aufgelöst wirkte. Sie weinte bereits, bevor sie auch nur die ersten Schritte in die Halle machte.
Ich hörte Sunoo neben mir leise lachen.
„Sie weint jetzt schon?“ flüsterte er.
Ich grinste. „Das wird ein richtig emotionaler Abend.“
Doch genau in diesem Moment kam von der Seite unser Sportlehrer, Jeon Jungkook, mit einem dicken Programmheft in der Hand.
Und dann – BAM.
Er haute uns beiden ohne Vorwarnung damit gegen die Stirn.
„Seid respektvoll“, brummte er, während er weiterging, als wäre nichts gewesen.
Ich blinzelte überrascht, während Sunoo sich dramatisch an die Stirn fasste.
„Hast du das gerade gesehen?!“
„Ich hab's gespürt, du Idiot.“
„Er hat einfach—“
„Ja.“
„Wir sollten—“
„Nein.“
Sunoo schnaufte, schüttelte dann aber den Kopf und wandte sich wieder nach vorne.
Auf der Bühne begannen Jungwon und Ni-ki nun mit ihrer Performance.
Jungwon sang mit dieser ruhigen, sanften Stimme, die ihn immer so besonders machte, während Ni-ki…
Ja.
Er übertrieb.
So richtig.
Er bewegte sich in einer Mischung aus Breakdance, wilden Michael-Jackson-Moves und völlig überzogenen Gesten, die eher an eine Comedy-Show erinnerten als an eine gefühlvolle Abschiedsperformance.
Doch genau das war es, was die Schulleiterin zum Lachen brachte.
Zwischen ihren Tränen lachte sie auf, klatschte begeistert und schien ihre eigenen Emotionen kurz zu vergessen.
Es war irgendwie süß.
Doch es wäre nicht Ni-ki, wenn er nicht noch einen draufsetzen würde.
Während der letzten Zeile des Liedes zog er plötzlich eine Sonnenbrille aus seiner Tasche, setzte sie auf – und dann machte er einen Moonwalk quer über die Bühne.
Die Halle brach in Gelächter aus.
Selbst die Lehrer schüttelten schmunzelnd den Kopf, während Jungwon nur resigniert seufzte und weiter sang.
Aber Ni-ki war noch nicht fertig.
Er schnappte sich plötzlich das Mikrofon, warf es in die Luft, fing es wieder auf – und rief dann in bester Showmaster-Manier:
„LADIES AND GENTLEMEN! EIN APPLAUS FÜR DIE COOLSTE SCHULLEITERIN ALLER ZEITEN!“
Und dann –
Dann machte er einen Rückwärtssalto.
Die Turnhalle explodierte.
Die Schüler jubelten, einige schrien, und selbst die Schulleiterin klatschte begeistert mit, Tränen in den Augen.
Ich konnte nicht anders, als zu grinsen.
Ni-ki war wirklich eine Naturgewalt.
Sunoo neben mir schüttelte den Kopf. „Warum ist er so?“
„Weil er Ni-ki ist.“
„Warum bist du nicht so?“
Ich sah ihn an.
„Weil ich nicht Ni-ki bin.“
Er lachte. „Fair.“
Die Feier ging weiter mit Reden, weiteren Auftritten und viel Applaus. Doch eines war klar:
Ni-ki hatte die Show gestohlen.
Die Feier war vorbei, aber das Chaos blieb.
Die Turnhalle war ein Schlachtfeld aus zerknüllten Programmblättern, leeren Wasserflaschen und umherliegenden Stühlen. Überall sah man Schüler und Lehrer, die sich langsam daran machten, die Halle wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen.
Im Hintergrund lief noch das Playback des Liedes, zu dem die Schüler gesungen hatten.
Der Klang war dumpf, weil die Lautsprecher nicht für eine so große Halle gemacht waren, aber es erfüllte den Raum mit einer melancholischen, aber warmen Atmosphäre.
Ich stand mit Sunoo an der Seite und beobachtete das bunte Treiben.
„Glaubst du, irgendjemand freut sich wirklich über diese ganze Aufräumaktion?“ fragte Sunoo, während er sich gegen eine umgedrehte Bank lehnte.
„Vielleicht die Lehrer. Die sehen immerhin, dass wir auch mal arbeiten.“
„Ich sehe niemanden arbeiten.“
Ich ließ meinen Blick durch die Halle schweifen.
Einige Schüler räumten Stühle zur Seite, andere sammelten Müll auf, doch die meisten taten so, als wären sie beschäftigt, während sie einfach nur redeten oder am Handy hingen.
Und dann war da noch Ni-ki.
Der Kerl war das pure Chaos.
Anstatt zu helfen, rannte er von einer Ecke zur anderen, ärgerte weinende Schüler mit übertriebenen Heulgeräuschen oder ließ sich auf die großen Turnmatten fallen, die gerade von ein paar Jungs durch die Halle geschleppt wurden.
Mit einem lauten Plumps landete er auf einer der Matten, die daraufhin fast umkippte.
„Leute, ich glaub, ich bin für heute durch“, rief er mit geschlossenen Augen, als würde er gleich ein Nickerchen machen.
Jungwon, der ihm gerade eine Matte über den Kopf werfen wollte, seufzte nur entnervt. „Ni-ki, steh auf.“
„Nein.“
„Wir müssen das aufräumen.“
„Dann macht doch.“
Sunoo kicherte neben mir.
„Ich schwöre, irgendwann wird Jungwon ihn einfach irgendwo einsperren.“
„Ich hoffe, ich bin dann dabei.“
Während wir weiter beobachteten, fiel mein Blick auf Jay, der nur ein paar Meter von uns entfernt stand.
Er hatte die Arme verschränkt und unterhielt sich mit Eunwoo, unserem Mathelehrer.
Die Unterhaltung war… sagen wir mal... einseitig.
Jay schien irgendetwas zu erklären – vermutlich versuchte er, sich aus einer schlechten Note herauszureden – während Eunwoo ihn mit einem gequälten Lächeln ansah.
Sunoo beugte sich leicht zu mir. „Wetten, Jay versucht gerade, ihn davon zu überzeugen, dass er in Mathe eigentlich voll gut ist?“
„Hundertprozentig.“
Wir mussten beide grinsen, und genau in dem Moment hörten wir, wie Eunwoo seufzte und sagte:
„Jay… ich muss ehrlich mit dir sein. Du bist leider ganz schlecht.“
Es dauerte eine Sekunde, bis Sunoo und ich lauthals loslachten.
Jay drehte sich langsam zu uns um, sein Blick ein Mix aus genervt und peinlich berührt.
„Haltet den Mund.“
„Aber Jay“, japste Sunoo zwischen zwei Lachern. „Wie fühlt es sich an, wenn dein Mathelehrer so direkt ist?“
„Ich hasse euch.“
Eunwoo schüttelte nur schmunzelnd den Kopf und klopfte Jay auf die Schulter, bevor er sich anderen Schülern zuwandte.
Gerade, als sich die Situation beruhigte, passierte es.
Plötzlich verstummte die Musik.
Ein verwirrtes Murmeln ging durch die Halle, während alle sich fragend umsahen.
Dann hörte man einen panischen Schüler rufen: „Oh… oh nein!“
Mein Blick wanderte nach rechts, wo ein jüngerer Schüler mit weit aufgerissenen Augen vor dem Technik-Tisch stand.
Neben ihm lag das Stromkabel – ausgesteckt.
Die Lehrer hielten inne.
Die Schüler hielten inne.
Und dann—
„WER HAT DEN STECKER GEZOGEN?!“
Jungkook, unser Sportlehrer, marschierte mit ernster Miene nach vorne, als wäre das hier die größte Katastrophe der Welt.
„ES WAR AUS VERSEHEN! ICH WOLLTE NUR—“
„DU HAST ES KAPUTT GEMACHT!“
„ES TUT MIR LEID!“
Während die Lehrer hektisch versuchten, die Technik wieder zum Laufen zu bringen, stand Sunoo neben mir und flüsterte trocken: „Wir erleben hier gerade ein echtes Drama.“
„Ich liebe es.“
Das Beste war aber Ni-ki.
Der hatte sich in all dem Chaos unauffällig auf eine weitere Matte geschmissen und tat so, als würde das alles nichts mit ihm zu tun haben.
Jungwon sah das und rief genervt: „Ni-ki, beweg deinen Arsch.“
„Ich kann nicht.“
„Warum?!“
„Ich bin eins mit der Matte geworden.“
Jungwon stöhnte frustriert auf, während Sunoo sich zu mir drehte und meinte:
„Das ist die beste Aufräumaktion, die ich je erlebt habe.“
Ich konnte ihm nur zustimmen.
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