3. Kapitel
„Gefällt es dir Liebes?", fragte Amanda gespannt. Amanda Evans war Zerénas Mutter. Sie hatte dunkelbraune, kurze Haare, war eine ziemlich aufgedrehte Frau und arbeitete als Innenarchitektin für ein Bauunternehmen. Während Zeréna in der Schule war, hatte sie sich einfach dazu entschlossen, das gesamte Zimmer ihrer Tochter umzugestalten.
„Wo sind meine Sachen Mom?", fragte Zeréna fassungslos.
„Ach, ich habe dein Zimmer modern eingerichtet und deine Möbel direkt zum Sperrmüll gebracht. Die waren doch schon recht alt. Ich habe auch einige Dinge weggeworfen, weil ich der Überzeugung war, du brauchst sie nicht mehr. Der Rest ist in den Kartons da an der Wand. Du kannst dich einrichten, wie du es möchtest.", sagte sie fröhlich. Sie glaubte wirklich, ihrer Tochter damit eine Freude gemacht zu haben.
„Mom, bist du von allen guten Geistern verlassen?" Sie sah ihre Mutter entgeistert an.
Amanda sah ihre Tochter verständnislos an. „Sei doch froh, jetzt ist der ganze alte Kram endlich mal entsorgt. Du wolltest doch sowieso bald mal ausmisten, das hab' ich jetzt für dich übernommen."
Zeréna starrte ihre Mutter immer noch ungläubig an und spürte die Wut in sich aufsteigen. Sie lief in ihr Zimmer und knallte die Tür vor der Nase ihrer Mutter zu. Jetzt musste sie erstmal schauen, was ihre Mutter alles weggeworfen hatte. Oder besser, was überhaupt noch da war.
„Liebling, darüber kann man doch reden!", sagte Amanda vor der Tür. Doch Zeréna wollte jetzt erstmal ihre Ruhe haben.
Sie schaltete ihren Radio an, drehte die Lautstärke bis zum Anschlag auf und atmete tief durch. Sie lief an ihr Fenster und öffnete es, um frische Luft in das Zimmer zu lassen. Die Absichten ihrer Mutter waren sicher gut gewesen, aber das hätte sie trotzdem vorher mit ihr absprechen müssen.
Zeréna sah zu dem Anwesen der Matthews hinüber. Es sah fast wie ihres aus, nur spiegelverkehrt. Als sich das Fenster direkt gegenüber von ihrem öffnete und Zane seinen Kopf herausstreckte, musste sie schmunzeln. Schnell schaltete sie den Radio leiser, da bekam sie auch schon einen Anruf.
Nun standen sie mal wieder beide am Fenster und telefonierten, denn leider war der Abstand etwas zu groß um sich leise zu unterhalten.
„Warum hast du denn diesmal die Musik so laut gestellt? Wieder ein Wutanfall?", fragte Zane ernst. Sie rechnete es ihm hoch an, dass er nicht belustigt klang.
„Meine Mutter hat mein ganzes Zimmer entsorgt! Jetzt kann ich erstmal gucken was überhaupt noch da ist!", sagte sie genervt und seufzte, ehe sie sich auf ihre breite Fensterbank setzte.
„Oh...verdammt."
„Ja eben, aber Gott sei Dank fährt Mom jetzt dann gleich los und ist für ein paar Tage weg. Sie hat einen Kunden am anderen Ende der Welt, dann sind endlich mal alle aus dem Haus! Ich versteh zwar nicht, warum sie den Auftrag bekommen und auch noch angenommen hat, aber mir soll's recht sein."
„He, wenn du für ein paar Tage alleine bist, kann ich doch zu dir kommen."
Zeréna dachte kurz darüber nach. „Das ist schwierig. „Was, wenn einer von deiner Familie dich sieht, wie du hier rein oder raus gehst?"
„Ach, lass das mal meine Sorge sein. Also, wie sieht's aus, soll ich vorbeikommen?", fragte Zane nochmal nach und sie konnte erkennen, wie er drüben an seinem Fenster den Kopf schief legte.
„Also ich fände es cool!" Zeréna grinste breit.
„Dann ruf mich an, wenn deine Mutter weg ist." Ohne ein weiteres Wort zu sagen, legte er auf, winkte noch kurz und schloss dann sein Fenster. Typisch, dachte sie amüsiert.
Zeréna kochte vor Wut, als sie ihre Zimmertür aufriss. „Mom!" Sie hörte die Schritte ihrer Mutter auf den Treppenstufen und sah kurz darauf ihre Mutter. „Was ist denn nun los, was schreist du so?"
„Du hast alles weggeschmissen! Weißt du, was mir die Sachen bedeutet haben? Wie wäre es, wenn du zur Abwechslung mal fragst, bevor du hier irgendwas tust!", schrie sie aufgebracht und verzweifelt ihre Mutter an.
„Wo sind meine ganzen Fotos? Oder meine Bücher? Kannst du mir mal erklären, wo mein Teddy hin ist?" Amanda schien das Geschrei ihrer Tochter nicht zu interessieren.
„Ich habe deine Fotos in das Familienalbum geklebt und deine Bücher aussortiert, was nicht mehr deinem Alter entsprach und sie weggegeben und den Teddy gleich dazu. Du bist 17, fast 18, du brauchst solche Dinge nichtmehr. Zeréna war wirklich zum Heulen zu mute.
„Weißt du, was ich noch brauche und was nicht? Und außerdem, hast du mich mal gefragt, was mir der Bär bedeutet hat?", fragte sie ihre Mutter so leise, dass diese sie kaum verstehen konnte. „Ich hab' den seit ich zehn bin Mom...der hat mir so viel bedeutet."
„Ich weiß ja noch nicht mal, wo du den herhast, also kann es ja wohl kaum so wichtig sein." Ihre Mutter verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihre Tochter so an, als wäre sie sich keiner Schuld bewusst.
Zeréna hatte nun doch angefangen zu weinen. „Du musst auch nicht alles wissen!", zischte sie wütend und mit Tränen in den Augen schlug sie die Tür erneut zu.
Es war nach 21 Uhr als Amanda sich nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen, ein Gespräch mit ihrer Tochter anzufangen, schließlich frustriert auf den Weg machte. „Ich lege dir dann eben Geld auf den Tisch, damit musst du die paar Tage auskommen. Wir sehen uns." Das waren ihre letzten Worte gewesen, dann hatte sie das Haus verlassen, war in ihr Auto gestiegen und davongefahren.
Zeréna hatte natürlich sofort Zane eine Nachricht geschickt und damit begonnen, ihre Sachen in die neuen Schränke einzuräumen.
Zeréna war froh, dass sie so gut wie alles, was sie von Zane jemals bekommen hatte, in ihrer roten Truhe aufbewahrt hatte, die ihre Mutter wohl auch nicht versucht hatte, zu öffnen. Den Schlüssel trug sie immer an einer Kette um den Hals.
Die Truhe war ein Geschenk von Zane zu ihrem 16. Geburtstag gewesen und er hatte sich genau das gleiche besorgt. Der obere Teil des Schlüssels war ein Herz, Zerénas Schlüssel war aus Gold, Zanes aus Silber. Sie erinnere sich noch genau daran.
„Hier, das ist mein Geschenk!" hatte Zane gesagt und die große Truhe vor ihr abgestellt. „Da kannst du alles reinmachen, was du von mir hast, damit deine Mom nix merkt!" Er hatte sie schelmisch angegrinst. Sofort hatte sie ihn fest umarmt.
„Zane, das ist ein großartiges Geschenk!" Zeréna hätte die Truhe inspiziert und Zane irritiert angesehen. „Aber wie geht die denn auf?"
Grinsend hatte er etwas aus seiner Jackentasche gezogen und vor ihr in die Luft gehalten. Eine goldene Kette mit einem Schlüssel daran. Dann hatte er eine Kette unter seinem Shirt hervorgezogen; das genaue Gegenstück zu ihrer, nur in Silber.
„Solange wir die tragen, sind wir im Herzen immer miteinander verbunden." Er hatte ihr die Kette um den Hals gebunden und seitdem hatte sie sie nur zum Duschen abgenommen. Das war wahrscheinlich das süßeste, das er jemals zu ihr gesagt hatte.
Aber der Teddy war ihr mindestens genauso wichtig gewesen. Als Zeréna noch 10 war, hatte der Teddy die gleiche Größe gehabt wie sie. Natürlich hatte sie auch diesen von Zane bekommen.
Seufzend hing sie ihre Pinnwand wieder auf und ärgern sich erneut über ihre Mutter, als sie von hinten gepackt wurde.
Erschrocken schrie sie auf und drehte sich mit einem Mal herum, da erkannte sie, dass es Zane war, der sich vor Lachen krümmte. „Du Idiot! Was schleichst du dich hier einfach so rein?!"
„Na ich hab' den Schlüssel für die Hintertür benutzt. Der wo unter der Veranda liegt", sagte er lachend und sah sie dabei entschuldigend an. „Ich konnte es einfach nicht lassen, tut mir leid."
Zeréna schnaubte empört. „Du hättest wenigstens was sagen können. Und was wäre, wenn meine Mutter nochmal zurückgekommen wäre?"
Zane ignorierte ihre Bemerkung und sah sich in ihrem frisch möblierten Zimmer um. „Wow, Zera, die Möbel sind doch toll! So schlimm ist es doch gar nicht."
Sie seufzte laut. „Ja schon, aber sie hat so viel weggeworfen, dass ich gar nichts mehr hab' was ich da rein machen könnte. Zum Beispiel der Bär den du mir geschenkt hattest, den hat sie irgendwem anders geschenkt!"
„Tja, das ist blöd, aber da kann man nun mal nix machen." Er sah sich um. „Aber du, sag mal, wo soll ich eigentlich die Tage pennen?"
Oh Gott, darüber hatte sie noch überhaupt nicht nachgedacht. Ihr altes Bett hatte einen gepolsterten Kasten gehabt, den man ausfahren konnte. Ihr neues Bett war einfach nur gigantisch groß.
„Naja ist doch auch egal, das Bett ist groß genug für uns beide.", sagte Zeréna schulterzuckend und musterte zum ersten Mal richtig das neue Bett. Wenigstens hatte ihre Mutter es gleich mit ihrer Lieblingsbettwäsche bezogen.
Zane hatte ihr noch eine Weile beim Einräumen geholfen, aber allmählich bekam sie Hunger. „Komm, wir machen uns was zu Essen.", hatte Zeréna deshalb vorgeschlagen und dann waren sie zusammen in die große Küche runtergegangen. „Also, wir haben noch etwas Lasagne von heute Mittag. Oder ich brate uns kurz zwei Steaks an und dann essen wir Schnitzelwecken oder so."
„Also ich wäre für letzteres, Fleisch ist immer gut!", sagte Zane und bereitete die Wecken vor, ohne auf ihre Antwort zu warten. Schmunzelnd holte sie eine Pfanne raus.
Als sie fertig mit dem Essen waren und keine Lust mehr auf Fernsehen hatten, brachten die beiden ihr Geschirr in die Küche und spülten es ab, danach räumten sie noch etwas auf und gingen zurück in Zerénas Zimmer. „Also, was machen wir jetzt noch?", fragte Zane gähnend.
„Ich denke, du bist genauso müde wie ich, also können wir zur Abwechslung auch mal früher schlafen gehen."
„Wir haben erst zwölf Uhr.", bemerkte Zane und runzelte die Stirn. Offensichtlich hielt er nicht so besonders viel von ihrer Idee.
„Erst? Na und, wir können ja noch reden. Oder muss man immer wach bleiben, bis man wie ein Zombie ins Bett fällt?"
Zane ging daraufhin ohne eine weitere Bemerkung ins Bad um sich umzuziehen und Zeréna blieb im Zimmer zurück. Sie zog sich bis auf die Unterwäsche aus und schlüpfte dann in ein viel zu großes T-Shirt. Normalerweise würde sie so schlafen gehen, entschied sich dann aber doch noch für eine kurze Hose. Zum Schlafen ist das in Ordnung.
Sie verließ ihr Zimmer, lief zum Bad und klopfte geduldig an. „Zane, kann ich reinkommen?"
„Klar, Ich bin fertig." Zeréna betrat das Badezimmer und hielt kurz inne. Mit fertig meine Zane, dass er einfach nur eine Jogginghose trug. „Wie war das? Du bist fertig? Hast du dein Shirt verloren?"
„Ich Schlaf immer so. Gibt's ein Problem damit?", fragte er grinsend.
„Lass den Blödsinn du Spinner!" Und sie hatte sich noch Gedanken gemacht, was ich anziehen sollte?
Zeréna holte ihre Zahnbürste aus dem Schrank und fing damit an, sich die Zähne zu putzen. Jedoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie beobachtet wurde. Mit hochgezogenen Augenbrauen drehte sie sich um und sah Zane, wie er sie ganz ungeniert anstarrte. „Is was?", fragte sie ihn, den Mund voll Zahnpasta.
„Nö, alles bestens.", grinste er und ließ seinen Blick an ihr runter wandern.
„Lass das!" Sie schlug Zane auf die Brust, doch anscheinend machte ihm das relativ wenig aus, denn er lachte nur. „Geh ins Bett und lass mich in Frieden die Zähne putzen!" Zu ihrer Überraschung tat er das dann auch wirklich.
„Man, bin ich müde!", gähnte Zeréna und streckte sich aus. Sie lief zum Fenster, ließ den Rollladen runter und kippte das Fenster, ehe sie sich in ihr Bett legte.
„Freust du dich schon auf deinen Geburtstag?", fragte sie Zane, der es sich schon gemütlich gemacht hatte.
Zeréna musste grinsen. „Ja, und wie!" Sie musste heftig gähnen und schloss für einen Moment die Augen. Auf einmal fühlte sie eine Berührung an ihrer Seite. Zane fing an, sie zu kitzeln.
„Zane, lass das, das kitzelt!", lachte sie und wollte seine Hand wegdrücken, doch er griff geschickt nach ihrem Arm und zog sie zu sich her. „Hey!"
Zeréna lag nun ganz nah bei Zane, sie könnte seine Wärme spüren und entspannte sich sofort.
„Na siehst du, ich bin nicht giftig!", sagte Zane schmunzelnd, der ihren Protest wie immer einfach ignoriert hatte. Das rothaarige Mädchen legte einfach nur schmunzelnd ihren Kopf auf seine Schulter. „Ich hab' dich lieb Zane."
Kurz kam es ihr so vor, als würde er zögern, bevor er ihr antwortete, doch das kam ihr sicher nur so vor. „Ich hab' dich auch lieb Zera." Als Zane seine beste Freundin noch etwas fragen wollte, war sie bereits eingeschlafen. Schmunzelnd gab er ihr einen Kuss auf die Stirn und schloss die Augen.
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