2. Kapitel
Als Zeréna einen Blick auf die Uhr warf, war es schon kurz vor neun und sie war noch immer nicht mit den Hausaufgaben fertig. „Ich versteh den Dreck einfach nicht, warum kann man Mathe nicht abwählen!", fluchte sie, legte den Stift weg und warf sich auf ihr Bett. Gerade als sie begann, wieder über Zane nachzudenken und was sie wohl falsch gemacht hatte, klingelte ihr Handy. Wenn man vom Teufel spricht, dachte Zeréna.
Sie nahm den Anruf an und setze zu einer Entschuldigung an, doch Zane kam ihr zuvor. „Es tut mir leid Zera." Verwirrt starrte sie in die Luft. „Du entschuldigst dich?"
Sie vernahm ein Seufzen am anderen Ende der Leitung. „Ja, das tue ich." Sie wusste zwar noch immer nicht, was mit ihm los war, doch wenn er sich entschuldigte, sollte sie lieber nicht weiter nachfragen. Er rang sich so schon selten genug zu einer ab und meistens tat es ihm dann wirklich leid.
„Ist das alles? Ich muss Mathe noch fertigmachen." Zeréna seufzte und sie hörte Zane lachen. „Immer noch? Das ist doch leicht. Oder hast du so lange zum heimlaufen gebraucht?"
„Ja natürlich Zane, du bist an allem schuld.", witzelte sie und Zane lachte erneut. „Deine Stimme wird viel höher wenn du lügst."
Das zauberte ihr ein Lächeln aufs Gesicht. Zane kannte sie einfach viel zu gut. „Cole hat mich mitgenommen. Beziehungsweise er hat mich gefahren, er wohnt ja wo ganz anders.", erklärte sie ihm schließlich, doch warum fühlte sie sich jetzt auf einmal so, als hätte sie Zane hintergangen.
„Du hast aber schnell Ersatz für mich gefunden." In seiner Stimme schien kein einziger Funken Ironie zu liegen. Verwirrt starrte Zeréna auf ihr Handy. „Bitte was? Du weißt ganz genau, dass..."
„Jaja, war nur ein Scherz. Du kennst mich doch." Doch weil sie ihn kannte, wusste sie genau, dass es kein Scherz gewesen war. Bevor sie weiter darauf eingehen konnte, ergriff Zane erneut das Wort.
„Wie wäre es, wenn ich dir helfe? Als Wiedergutmachung.", schlug er vor. Zane war ein richtiges Mathe Ass. Komischerweise war er in den Fächern gut, bei denen sie absolut nicht weiterkam, sie hingegen hatte den Durchblick bei allen Fächern, mit denen er nichts anfangen konnte. Dementsprechend hatten sie relativ wenige Fächer zusammen.
„Wenn du Geduld mit mir hast." Auf einmal fühlte sich Zeréna erschöpft. Sie stritten sich selten, aber wenn, dann ging es beiden ziemlich an die Nieren. Sie hasste es, sich mit ihm zu streiten, weil sie einfach beide so stur waren und selten nachgeben wollten. Umso glücklicher war sie darüber, dass sie sich wieder vertragen hatten.
„Also gut, dann treffe ich dich in 10 Minuten im Park. Bis gleich." Dann würde die Leitung unterbrochen und sie warf einen kurzen Blick auf die Uhr. Viertel nach neun. Sie würde sich wohl aus dem Haus schleichen müssen.
„Siehst du, das war doch jetzt ganz einfach!" Zane klappte grinsend ihr Buch zu.
„Naja, ich bin kein Fan von dem Ganzen, aber wenn du es erklärst, geht es schon irgendwie." Er lachte nur und Zeréna begann, ihr Zeug zusammen zu packen. Zane hatte ihre ganzen Stifte auf dem Boden verteilt, um ihr eine Rechnung verständlicher zu machen. Was würde sie nur ohne ihn machen? Vermutlich wäre sie ziemlich verloren.
Als sie alle Stifte eingepackt hatte, kramte sie irritiert in ihrem Mäppchen herum. „Zane, hast du..."
Sie beendete ihren Satz nicht, als sie Zane sah. Er hatte sich irgendwann wohl hingestellt und lässig an die Wand gelehnt, in der Hand hielt er ihren Füller. Grinsend wedelte er damit herum. „Na, hast du was verloren?"
Obwohl sie sauer sein wollte, lachte Zeréna. „Komm, gib ihn mir zurück."
„Hol ihn dir doch!", lachte er und streckte seinen Arm in die Höhe. Sie lachte nur. „Weißt du, dass du dich echt kindisch benimmst?" Als Antwort streckte der dunkelhaarige ihr nur die Zunge raus.
Kopfschüttelnd versuchte sie, an den Füller heran zu kommen, indem sie vor ihm wie eine verrückte auf und ab hüpfte. Doch Zane fand es wohl lustig, seinen Arm jedes Mal wegzuziehen, wenn sie dachte, dass sie ihn sich schnappen konnte.
„Ach komm schon" Entschlossen stellte sie sich direkt vor ihren besten Freund, legte einen Arm auf seine Schulter um sich hoch zu drücken und stellte sich mit einem Bein auf seinen Fuß, ehe sie ihren Arm nach ihrem Stift ausstreckte. Amüsiert beobachtete er sie dabei. „Na Kleine, kommst du ran?"
„Jetzt komm schon Zane, gib mir meinen Füller, das ist ungerecht!", sagte Zeréna frustriert. Sie konnte doch nichts dafür, dass sie viel kleiner war als er. „Du bist total blöd! Wie soll ich mir den Stift denn holen, wenn du einen Kopf größer bist wie ich?"
Völlig unerwartet legte Zane seinen freien Arm um ihre Taille. „Tja, jetzt hab' ich dich.", grinste er und zog Zeréna noch näher zu sich.
„Lass mich los, du zerquetscht mich noch!", lachte sie.
„Ach jetzt willst du schon zwei Sachen. Was bekomm ich denn im Gegenzug?", fragte er sie frech und sie rollte mit den Augen. Manchmal nahm er sich echt unverschämt viele Freiheiten bei ihr. Das musste sie bei Gelegenheit mal mit ihm besprechen. Natürlich liebte sie ihn wie einen Bruder, aber er trieb es manchmal einfach zu weit.
„Was willst du denn? Dass ich dir in den Arm beiße? Ich hab' noch nicht zu Abend gegessen.", fragte sie ihn leicht gereizt, doch er nahm sie einfach nicht ernst.
„Eigentlich hab' ich da an was anderes gedacht. Was viel Besseres." Moment, er kann denken? Das war ja was ganz Neues. „Und das wäre? Solange es schnell geht "
Auf Zanes Gesicht bildete sich ein breites Grinsen. „Wie wär's mit einem Kuss?"
Doch statt einer Antwort erntete er erstmal einen verwirrten Blick.
„Was? Wiederhol das bitte nochmal. Ich glaube, ich hab mich verhört." Zeréna musste lachen. Ist er komplett bescheuert? Was war heute nur los mit ihm?
„Ein Kuss." Zane zuckte mit den Schultern und sah sie an, als wäre es das normalste der Welt, seine beste Freundin einfach so um einen Kuss zu bitten.
„Wie kommst du denn jetzt darauf?" Zeréna war erstaunt, mit welcher Ernsthaftigkeit er das sagen konnte, während sie fast laut losprusten musste. Hatte Zane seine Tage oder was war da los?
„Na beste Freunde wissen doch alles übereinander. Ich weiß aber zum Beispiel nicht wie du küsst." Zeréna runzelte leicht die Stirn und sah ihn kritisch an. So sah sie ihn immer an, wenn sie versuchte, seine Gedanken zu analysieren. „Du meinst das ernst.", stellte sie schließlich fest.
„Natürlich."
Zeréna bewegte ihr Gesicht langsam in seine Nähe und stoppte nur wenige Millimeter vor seinem Gesicht ab und grinste ihn frech an. „Weißt du was?"
„Was?", fragte er und grinste zurück. Doch das würde ihm sicher gleich vergehen.
„Du benimmst dich, als wärst du in mich verliebt."
Zane ließ Zeréna so plötzlich los, wie er sie festgehalten hatte, sodass sie nach hinten kippte. Weil sie auf Zehenspitzen gestanden hatte, und Zane sie an sich gedrückt hatte, hatte sie sich komplett darauf verlassen, dass er sie halten würde, und nicht mehr versucht, das Gleichgewicht zu halten.
„Waahhh!" Zeréna wedelte wie wild mit den Armen, kniff ihre Augen zu und machte sich auf den Aufprall gefasst, doch der kam nicht. Stattdessen spürte sie einen Ruck und öffnete die Augen. Direkt vor ihrem Gesicht befand sich das von Zane.
„Glaubst du etwa, ich lasse dich einfach umfallen? Was denkst du denn bitte von mir?", fragte er gespielt beleidigt und zog einen Schmollmund.
„Ich fand es zufällig nicht so lustig wie du. Lass mich hoch."
„Ich mag es, wenn du so hilflos bist.", sagte er grinsend und sein Gesicht kam dem ihren immer näher.
Hektisch überlegte sie, was sie jetzt tun sollte. Wollte er sie wirklich küssen? Das konnte doch unmöglich sein ernst sein, war Zane jetzt völlig durchgedreht? Im letzten Moment, bevor seine Lippen ihre berührten, streckte sie die Zunge raus.
„Ihhhh, Zera! Wir sind hier doch nicht im Kindergarten!" Er stellte sich wieder normal hin, zog sie mit hoch und wischte sich das Gesicht an seinem Shirt ab.
„Ich hab' dir das nicht erlaubt, also denk gar nicht daran!" Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn vorwurfsvoll an.
„Du hast es nicht speziell verneint.", schmollte er. „Vielleicht mal wann anders?" Sie schüttelte nur amüsiert den Kopf. „Du benimmst dich wie ein Kleinkind."
Zeréna begann zu lachen, als sie Zanes schmollenden Gesichtsausdruck sah, der einfach nicht verschwinden wollte. Damit sie endlich ihre Ruhe hatte, antwortete sie schließlich mit einem: „Na schön, ich überleg's mir."
Sofort hellte sich sein Gesichtsausdruck wieder auf und sie schmunzelte nur weiter vor sich hin.
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