Twenty-Two ~ "No."
"Er wollte dich küssen?" Ungläubig drehte sich Elyia zu mir, als wir vor dem Haus meiner Großmutter angehalten hatten.
Ich konnte es nicht verhindern und mein Bauch kribbelte ganz doll, als ich an diesen Moment zurückdachte.
Mir ging einen Stromschlag durch den Körper, als der Spanier mich anstupste, da ich meinen Blick konzentriert gesenkt hatte. "Ja, wollte er. Ich konnte mich aber noch fangen."
Genervt ließ sich mein Kumpel in seinen Sitz fallen und schloss kurz seine Augen, als er seinen Kopf in den Nacken legte. "Ich habe dieser Barbie doch gesagt, dass er das gar nicht erst versuchen soll."
Ich war gerade dabei mich abzuschnallen, als ich innehielt, weil mich interessierte, was Elyia Noah gesagt hatte. "Was meinst du?"
"Ich wusste, dass wenn Leona ihn fallen lässt, er es dann bei dir versuchen wird. Er hat sich dich die ganze Zeit warmgehalten, weil er dann jemanden hat, bei dem er seinen Frust herauslassen kann. Er will noch immer nichts von dir, Cos. Es tut mir so leid, aber er will dich bloß als Pflaster benutzen."
"Das habe ich mir schon gedacht...", gab ich leise von mir, als ich Elyia dankbar anvisierte. "Danke fürs Fahren und pass schön auf beim Training."
Ich verzog meine Lippen zu einem schelmischen Grinsen, da ich ihn so behandelte, als wäre er ein kleines Kind.
"Geht klar, Mom." Nummer 52 zwinkerte mir zu und lachend verließ ich sein Auto.
Heute nahm ich mir mal frei. Auch Elyia war der Meinung gewesen, dass ich heute mal Pause machen sollte.
Ich hatte die letzte Woche jeden Abend im Garcia gearbeitet und eigentlich wollte ich es so schnell durchziehen wie auch nur möglich, da ich endlich das Geld haben wollte.
Ich wollte meiner Nonna so schnell wie möglich helfen, aber heute entschied ich mich dazu einen Abend für mich allein zu haben.
Wahrscheinlich würde ich mich um den Garten und dann später um mich selbst kümmern.
~
Rein aus Gewohnheit hatte ich heute nochmals geduscht und ich rieb mir gerade eine herrlich duftende Lotion über meine hellbraune Haut.
Ich war nie jemand, der das jeden Tag machte, da ich meist viel zu faul dafür war, aber heute hatte ich mir die Zeit dazu genommen.
Meine Beine waren ganz weich, als ich über sie drüber fuhr, da die Lotion noch nicht ganz verteilt war.
Ja, ich hatte mich wieder mal dazu gezwungen meine Beine zu wachsen und jetzt im Nachhinein bereute ich es wirklich.
Meine Nachbarn dachten wahrscheinlich, dass jemand darauf aus war mich zu ermorden.
Auch wenn ich mich die letzte Stunde gequält hatte, konnte ich nicht verleugnen, dass das Gefühl, wenn man in eine Hose schlüpfte oder im Bett lag, ganz toll war, wenn man keinerlei Haar auf den Beinen oder allgemein auf dem Körper hatte.
Ich schlüpfte in eine Leggings und zog mir einen Sport-BH über, als ich diesen dann mit einer Sweatshirt-Jacke überdeckte.
Auch wenn ich nun am liebsten ins Bett gehen würde, stampfte ich die Treppen runter und verdonnerte mich selbst dazu, den Abwasch zu machen, da ich noch nicht dazu gekommen war.
Mein Seufzen war lauter als das Radio und fast hätte ich die Haustürklingel überhört.
Verwirrt und unwissend legte ich meinen Kopf schief, als ich mich selbst fragte, ob es wirklich geklingelt hatte.
Die Klingel ertönte erneut und ich stellte den getrockneten Teller auf die Theke neben dem Waschbecken.
Barfuß tapste ich den Flur entlang und streckte mich hoch um durch den Spion zu schauen.
Ich erkannte blondes Haar und mein Herz begann zu rasen. Was sollte ich jetzt tun?
Die Klingel ertönte erneut und ich hörte Noahs Seufzen, da er sich anscheinend nicht mehr sicher war, ob ich zu Hause war oder nicht.
Ich presste meine Lippen aufeinander und legte meine Hand auf die Türklinke. Ich zögerte. Sollte ich wirklich aufmachen? Er wollte mit mir reden.
Da ich ihn, auch wenn ich meine Gefühle für ihn am Verbrennen war, trotzdem auch als meinen besten Freund mochte, entschied ich mich dazu die Tür aufzumachen.
Ich würde mir anhören, was er zu sagen hatte, aber zu nahe sollte er mir nicht kommen.
Elyias Worte hingen in meinem Kopf fest und darüber war ich auch ganz froh.
Als der Blondschopf realisierte, dass ich ihm aufgemacht hatte und ihn schüchtern ansah, schluckte er. "Hey."
"Hey", flüsterte ich und schwankte von einem Fuß auf den anderen. "Du bist nach der Schule direkt verschwunden und ich meinte es ernst. Ich möchte wirklich mit dir reden."
Extrem zögerlich ging ich einen Schritt zur Seite und deutete meinem Schwarm, dass er eintreten sollte.
Er erkannte meine Einladung und trat an mir vorbei in den Flur, wo er sich umsah.
Er kannte dieses Haus in- und auswendig. Warum glotzte er jetzt so um sich?
"Wo ist Nonna?"
Hinter meinem Rücken ballte ich meine Hände zu Fäusten, aber ich konnte meinen Hass gut kontrollieren. Er hatte mir damals wirklich einen Scheißdreck zugehört.
"Unterwegs mit ihrer Seniorengang", log ich dann und lief an ihm vorbei.
Er folgte mir ins Wohnzimmer und hockte an den genau gleichen Ort, wie Elyia es letzte Nacht getan hatte.
Für einen kurzen Moment meinte ich schwarzes Haar auf Noahs Kopf zu sehen, aber ich schüttelte meinen Kopf.
"Also. Was willst du erzählen?" Mit der Zeit konnte ich mich ziemlich gut fassen und schien nicht mehr allzu nervös vor Noah. "Leona hat mich gestern abserviert", murmelte er bedrückt und fixierte seine Finger auf seinem Schoß.
"Das tut echt weh...", schob er noch hinzu und ich wusste nicht, was er von mir hören wollte.
"Bestimmt. Es muss höllisch weh tun, wenn du mich heute Morgen küssen wolltest", grummelte ich und zog meine Beine an mich heran.
Noahs Kopf hob sich an und entschuldigend glitzerten mir seine großen Augen entgegen. "Ich hätte das nicht tun sollen. Ich bin im Moment so verwirrt. Ich habe das Gefühl, dass ich wegen Leona ausgeblendet habe, wen ich wirklich haben möchte."
Seine Stimme klang ernst und war fest, aber zugleich schien er eher zittrig.
Es bildete sich ein großer Knoten in meinem Hals und mir wurde ganz warm.
Elyia hatte gesagt, dass das nicht echt war. Noah wollte nichts von mir.
Das redete ich mir weiter ein, als Noah mir indirekt Honig um den Mund schmierte.
"Ich weiß, dass es nicht angebracht ist mich jetzt an dich heranzuwerfen, aber als sie gestern mit mir schlussgemacht hat, ist mir über Nacht, als ich über sie, über mich und über deine Gefühle für mich nachgedacht habe, klar geworden, dass ich eigentlich immer nur bei dir sein wollte."
Mein Herz begann zu flattern und mir wurde das alles ziemlich unwohl. Seine Worte fühlten sich so echt an.
Er ließ mich innerlich brennen. Nicht aus Wut. Nein, aus Verlangen und Hoffnung.
Verliebt schielte ich zu ihm rüber, wandte meinen Blick aber ab, als ich merkte, wie Noah etwas näher kam.
"Es warst immer du. Ich war einfach zu blind und dumm."
Bist du immer noch...
Ich spürte, wie seine Finger eine feuchte Strähne meines frisch gewaschenen Haares hinter mein Ohr strich und er mich intensiv ansah.
"Du musst nichts dazu sagen und wir sollten auch nichts überstürzen, aber ich will einfach, dass du weißt, dass ich dasselbe fühle."
Mir wurde das zu viel und ich sprang vom Sofa, entfernte mich von Noah und rieb mir überwältigt übers Gesicht.
"Es verletzt mich, Noah."
Meine piepsige, plötzlich ermüdete Stimme füllte den Raum nur kläglich.
Noah erhob sich ebenfalls und folgte mir, wollte seine Arme um mich schlingen und mich an ihn drücken.
"Ich weiß. Es tut mir so leid, Cosima. Ich war so blin-"
"Nein."
Schorf schob ich ihn von mir weg und sah ihm kalt ins Gesicht. "Es verletzt mich, dass du mich jetzt einfach nur benutzen willst."
Seine Miene war blank und zugleich etwas geschockt. Diese Reaktion hatte er nicht erwartet.
"Ich bin nicht dumm, Noah. Du mochtest mich nie, so wie ich dich gemocht habe. Warum sollte sich das jetzt über Nacht geändert haben?"
"Coshy-"
Ich hob meine Hand an.
Wie konnte er es wagen mich so zu nennen?
"Geh. Noah, am besten gehst du einfach. Du verwirrst mich mit deinen Spielchen nur noch mehr und dazu zerstörst du meine Sympathie für dich. Du zeigst mir mit diesem Schauspiel bloß, warum ich dich aus meinem Leben verbannen sollte."
Unter Schock starrte er mich an und sah zu, wie ich verkrampft versuchte nicht zu weinen.
Als sein Hirn endlich mit der Situation aufgeholt hatte, wandte er sich von mir ab, murmelte ein leises Ciao und ließ mich völlig aufgelöst zurück.
Als ich die Haustür zu schlagen hörte, lief ich automatisch zu meinem Handy und wählte mit glasigen Augen eine Nummer.
Elyia.
Habe ab morgen wieder Schule. Hoffe, ihr finanziert meine Beerdigung.
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