Kapitel 31
Die nächsten zwei Tage bin ich unglaublich erleichtert. Ich denke immer wieder daran, dass Remus mir wirklich glaubt. Und er möchte helfen. Nach dem Gespräch auf dem Gang haben wir uns zwar nicht mehr gesprochen, aber das liegt daran, dass er vor den anderen drei Rumtreibern nicht auffallen möchte. Den anderen Mädchen habe ich auch davon erzählt und sie haben sich, ebenso wie ich unglaublich gefreut.
,,Wow. Das ist das erste Mal, seit 4 Wochen dass du mal etwas lächelst. Na gut Lächeln kann man das nicht nennen, aber immerhin musst du nicht heulen."
Ja, Maria findet in jeder Situation einen Grund, jemanden auf den Arm zu nehmen. Aber gerade kann ich das gebrauchen. Ich boxe sie gegen die Schulter. Und schon muss ich wieder daran denken, wie oft ich das bereits bei Sirius gemacht habe und mein Magen verkrampft sich. Ich hoffe jede Minute, dass Remus vorbei kommt und uns eine supergute Idee mitteilt.
Nur das er anscheinend noch keine hat. Oder er hat es sich doch anders überlegt und möchte mir doch nicht mehr helfen. Komisch. Bevor Sirius und ich uns getrennt haben war ich immer total optimistisch. Sirius war eher der Pessimist. Und jetzt wurde ich selber zum Pessimist. Obwohl ich das eigentlich nicht sein sollte.
Ich versuche diese traurigen Gedanken zu verdrängen und widme mich wieder dem Tischgespräch. Allerdings kann ich mich keine zwei Sekunden darauf konzentrieren, denn ich sehe, wie die Rumbreiber gerade die Halle betreten. Sirius würdigt mich nicht einmal eines Blickes. Und wieder spüre ich dieses Stechen in meinem Herz. Es tut einfach weh.
,,Ach komm El, Kopf hoch. Das wird schon noch", meint Amelia, die anscheinend meinen traurigen Blick bemerkt hat.
,,Ich kann das einfach nicht", beklage ich mich und stütze verzweifelt meinen Kopf in meine Hände. Ja, es ist Verzweiflung.
,,Reiß dich endlich mal zusammen und lächle mal ein bisschen", beschimpft mich Maria auf ihre normale Art. Maria ist wirklich manchmal etwas uneinfühlsam. Der Vorteil an ihrem Charakter ist allerdings, dass sie immer gute Laune hat und sich immer durchsetzen kann. Sie ist auch wirklich nett und eine wunderbare Freundin, aber sie kann einfach nicht verstehen, dass man hin und wieder auch schlecht drauf sein kann. Oder das es etwas wie Schmerz gibt. Das denke ich, kommt davon, dass sie nur unter Jungen aufgewachsen ist. Da lernt man eben, sich durchzusetzen.
,,Ach Maria, du wirst es wohl nie verstehen", beklagt sich Marlene lächelnd. ,,Normale Menschen haben im Gegenteil zu dir Gefühle. Ich weiß nicht, ob du dieses Wort schon mal gehört hast."
Ein kleines Lächeln kann ich jetzt auch hervorbringen. Wenn es auch nur einige Sekunden anhält.
,,Klar weiß ich, was Gefühle sind. Das heißt allerdings nicht, dass ich sie verstehe, aber das werde ich noch. Aber es bringt doch nichts, den ganzen Tag einfach nur traurig zu sein. Was hat das für einen Sinn?"
,,Ach lasst uns einfach über etwas anderes reden", wirft jetzt Lily ein, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Lily weiß immer, wie sich Personen fühlen und kann immer mit einer weisen Antwort helfen.
,,Ist gut. Dann motzt mich aber nicht damit voll, dass ich keine Gefühle hätte."
***
15 Minuten später machen wir uns auf den Weg nach draußen. Es ist Freitag und wir wollen noch ein Mal kurz zum Schwarzen See. Das ist so ziemlich unser Lieblingsplatz. Doch wir werden von jemandem aufgehalten. Es ist Remus. Mein Herz springt, als ich daran denke, dass er eine Idee hat.
Als er davon, dass er gerannt ist sich endlich erholt hat, beginnt er zu reden: ,,Also, ich hab lange nachgedacht, wie wir das machen könnten. Ich hatte schon ein paar Ideen, aber die waren alle etwas unlogisch, also müssen wir das jetzt so machen." Mein Puls schlägt immer schneller. Ich bin unglaublich aufgeregt.
,,Wir hätten Regulus dazu zwingen können, die Wahrheit rauszubringen, aber das hätten wir wahrscheinlich nie geschafft. Er ist dafür zu arrogant und zu stur. Es hätte einfach nicht funktioniert. Deswegen müssen wir dich und Sirius alleine in einen Raum bringen. Dort musst du ihm alles so erzählen, wie du es mir erzählt hast. Vielleicht noch detaillierter. Du musst ihn einfach mit Worten überzeugen. Glaub mir El, wenn jemand das kann, dann du. Er war dir gegenüber generell nie so stur, wie zu anderen. Auch wenn das jetzt nicht so aussieht. Und auch wenn du Angst hast. Ihr müsst euch einfach in Ruhe aussprechen."
,,Das ist ja alles schön und gut, aber wie willst du die beiden alleine in einem Raum kriegen?", hinterfragt ihn Maria. Jetzt lächelt er.
,,Da hab ich mir auch schon was einfallen lassen. Sirius geht jeden Abend um genau neun Uhr zum Raum der Wünsche. Er wünscht sich dann einfach immer ein Abbild des Gryffindorgemeinschaftsraums. Keine Ahnung, was er da macht, aber was ist, wenn Eleonora sich zufällig auch diesen Raum wünscht. Dann sind sie zusammen in diesem Raum. Und dann liegt alles an dir Eleonora. Aber glaube mir, du schaffst das."
***
Am Samstag Abend stehe ich also um fünf Minuten nach neun am Porträt von Barnabas dem Becklopten. Ich bin sehr aufgeregt. Mein Herz schlägt schneller, als es schlagen sollte, ich friere und schwitze gleichzeitig und ich habe Kopfschmerzen. Die Tür erscheint und ich atme noch einmal tief durch. Wenn ich das vermassele, ist alles verloren. Ich muss es schaffen. Dann öffne ich die Tür und trete ein.
Hier sieht es wirklich so aus, als ob ich im Gryffindorgemeinschaftsraums wäre. Nur, dass es hier deutlich leerer ist. Ich suche den Raum ab und mein Blick bleibt an dem Sofa, an dem wir früher immer saßen, hängen. Dort sitzt Sirius mit einem Buch in der Hand. Und einer Feder. Warte. Schreibt Sirius? Ganz eindeutig. Seine Hand bewegt sich schnell über die Buchseiten.
Was er wohl darin schreibt? Ein Tagebuch? Aber das sähe ihm doch garnicht ähnlich. Tausende von Fragen strömen in meinem Kopf. Sie nehmen mir irgendwie den Mut. Ich reiße mich letztendlich doch zusammen, atme ein weiteres Mal tief durch und schreite langsam auf ihn zu. Ich setze mich auf den Sessel neben ihm.
Er guckt auf, sieht mir kurz in die Augen, wendet seine Aufmerksamkeit dann aber wieder dem Schreiben. Ich kann seinen Blick leider nicht deuten. Ich schaffe es einfach nicht. Fast kommen mir die Tränen, doch ich halte sie zurück. Ich muss jetzt stark bleiben.
,,Was schreibst du da?", frage ich vorsichtig.
,,Was interessiert dich das?", giftet er mit kalter Stimme zurück. Ich schrecke zurück. So schlimm hätte ich mir das nicht vorgestellt.
,,Sirius, ich muss mit dir reden", beginne ich mit einer festeren Stimme, als ich gedacht hätte, weiterzureden. Er muss mir zuhören.
,,Ach und ich dachte schon, du wärest aus reinem Zufall hier." Sein Ton ist nicht nur sarkastisch, sondern auch kalt und etwas sauer. Es mach mir Angst.
,,Bitte Sirius, hör mir komplett zu. Unterbrich mich bitte nicht oder so, ich möchte, dass du die komplette Wahrheit weißt."
,,Da gibt's nicht viel von der kompletten Wahrheit", spottet er zurück. Wieder ein tiefer Stich in meinem Herzen. Ich ignoriere ihn jedoch. Und weil er danach nicht noch etwas erwidert, beginne ich, ihm alles zu erzählen. Von vorne bis hinten, so wie Remus und ich es abgesprochen haben.
Sirius hört mir aufmerksam zu und unterbricht mich, überraschenderweise kein einziges Mal. Während ich erzähle, versuche ich immer mal wieder in seine Augen zu gucken, doch seinen Blick kann ich immer noch nicht deuten. Das macht mich nervös. Was ist, wenn er mir nicht glaubt? Was ist, wenn ich für den Rest des Lebens so verweilen muss, wie im letzten Monat? Ich glaube, das würde ich nicht überleben.
Als ich fertig bin, schweigt er. Er ist einfach still und spielt mit seiner Feder. Vielleicht denkt er nach. Vielleicht möchte er aber auch nicht antworten.
,,Wieso sollte ich dir das glauben?", fragt er nach einer langen Stille. Seine Stimme ist nicht mehr kalt, sondern eher warm und ruhig. Diese Stimme beruhigt mich.
,,Weil es die Wahrheit ist. Sirius bitte sei doch nicht so stur. Weißt du, ich halte das einfach nicht mehr aus. Die letzten Wochen waren so schlimm für mich. Als ob jemand mir die eine Hälfte meines Herzens rausgerissen hätte. Du musst mir glauben! Wieso hätte ich denn das machen sollen?"
,,Ich weiß nicht. Menschen tun viele Dinge. Manchmal verstehen sie sie nicht mal selbst. Es könnte so viele Gründe geben. Weißt du, für mich waren diese Wochen auch nicht schön. Um ehrlich zu sein waren sie grauenvoll. Aber du hast mir immer noch keinen Grund gegeben, dass ich die glauben sollte."
,,Ich habe dir noch keinen Grund gegeben? Tatsächlich? Dieser Meinung bin ich aber nicht. Weißt du, was du mir hiermit sagst? Das du deinem Bruder, den du hasst, mehr glaubst, als mir. Kannst du dir vorstellen, dass das verletzend ist?"
,,Weißt du, was wirklich verletzend ist? Die Person, die man über alles liebt, von der man dachte, sie würde einen auch lieben, mit seinem Bruder rummachen zu sehen! Kannst du dir vorstellen, dass das enttäuschend ist?"
,,Was hast du gesehen? Ist dir nicht aufgefallen, dass er mich gegen die Wand gedrückt hat. Weißt du, zufällig bin ich nicht allzu stark. Jedenfalls habe ich es nicht geschafft, mich zu währen. Außerdem liebe ich dich, Sirius. Ich liebe dich schon seit so langer Zeit. Und ich habe nie damit aufgehört. Trotz dessen, dass du so stur bist und einfach nicht hören willst."
Jetzt wird sein Blick ganz weich und zärtlich. Er sieht mich durchdringend an. Ich blinzle nicht und schaue ihm genau in seine wunderschönen Augen.
,,Du liebst mich?"
,,Natürlich tue ich das! Wie konntest du auch etwas anders denken? Ist das denn nicht offensichtlich?"
,,Es tut mir leid", meint er geknickt. ,,Ich war stur und dumm. Ich hätte dir früher vertrauen sollen. Verzeihst du mir das?"
,,Natürlich."
Und dann spüre ich seine starken Arme sich um meinen Körper schlingen. Es tut gut, Sirius endlich wieder zu umarmen und seinen unglaublich guten Geruch wieder einatmen zu dürfen. Es ist befreiend. Endlich wird wieder alles gut.
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So, das wars mit dem Kapitel. Es wäre eigentlich gestern schon eins gekommen, aber ich kluges Kind habe mir den Ellenbogen ausgekugelt und hab deswegen gestern sehr viel Zeit im Krankenhaus verbracht. Dazu brauche ich etwas länger zum Schreiben, weil um meinen kompletten linken Arm eine Schiene ist und ich deswegen nur eine Hand zum Schreiben habe. Das ist äußerst kompliziert. Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel trotzdem!
Eure Anna <3
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