Kapitel 17 - Gleiche Gene + gleicher Name = gleicher Charakter?
Astronomie war bisher eigentlich immer mein schlechtestes Fach gewesen. Oder zumindest das Fach, für das ich am meisten lernen musste. In diesen Ferien hatte ich mich aber derart in Severus Haus gelangweilt, dass ich aus lauter Verzweiflung Sternenkarten auswendig gelernt hatte und mich freiwillig mit Astronomie befasst hatte. Das schien sich jetzt auszuzahlen.
Professor Sinistra lief zwischen uns, unseren Karten und den Teleskopen hindurch. Während wir uns alle über die sternenklare Nacht freuten, dank der wir die Sterne besser eintragen konnten, verteilte sie Kommentare über die Richtigkeit unserer Eintragungen. Bei mir hatte sie meistens auch noch mein Gekrakel bemängelt.
Nun allerdings lächelte sie sogar etwas, als sie mein Pergament sah. „Gut gemacht, Miss Black. Sie scheinen sich ja doch noch mit den Sternbildern angefreundet zu haben."
Ich erwiderte das Lächeln, das in bisherigen Stunden hauptsächlich Dean vorbehalten gewesen war. Auch diesmal erntete er wieder Lob von der Lehrerin. Scheinbar hatte er seinen Mars und dessen Abstand zur Venus absolut perfekt und maßstabgetreu dargestellt. Zeichnen lag ihm eben einfach.
Obwohl es also in meinem früheren, schlechtesten Fach bergauf in astronomische Höhen ging, traf das nicht auf alle Fächer zu. Hagrid traute sich nach dem Unfall nichts mehr zu. Er behandelte Flubberwürmer mit uns, die wohl langweiligsten Kreaturen überhaupt. Und das kam von mir, die doch sonst noch an jeden Monster etwas Interessantes, Liebenswertes entdeckt hatte. Und einen Basilisken vor dem Tod bewahren wollte. Nun aber teilten wir uns einen Wurm und fütterten ihn mit Salat, während der Wildhüter jedes Mal kurz vor einem Heulkrampf schien und sich die Tränen gerade noch wegwischte.
Draco machte sich natürlich darüber lustig. Deshalb war der Tritt gegen das Schienbein, den ich ihm verpasst hatte, meiner Meinung nach auch absolut gerechtfertigt. Auch wenn Eva und Dean das anders sahen. Sie hatten mich noch versucht aufzuhalten.
Im Wahrsageunterricht sagten Dean und ich uns auch weiterhin fröhlich gegenseitig unser Schicksal voraus und wurden jedes Mal pathetischer dabei. Professor Trelawney sagte Harry dennoch jede Stunde einen dramatischeren Tod voraus. Oder betrachtete ihn mit Tränen in den Augen.
Lavender und Parvati gefiel ihr Gehabe und sie hingen an den Lippen der Lehrerin. Ich erwischte sie nicht selten dabei, wie sie abends im Schlafsaal die Prophezeiungen und Andeutungen niederschrieben und ihre Träume verglichen. Ich fand mittlerweile nur noch die anfänglich als überhitzt empfundene Luft des Klassenzimmers gut. Zumindest bei den stetig sinkenden Temperaturen.
Eines Tages kam ich gerade aus der Bibliothek und rannte fast in Lupin hinein. Zum Glück konnte ich noch rechtzeitig abbremsen. Der Lehrer ließ nämlich ein riesiges Wasserbecken vor sich herschweben, das sicherlich zerbrochen wäre.
„Kann ich helfen, Professor?", fragte ich und verstaute meine Bücher in meiner Tasche.
Seine eine Hand war an sein Herz geglitten, bei dem unerwarteten Zusammentreffen. Die andere hielt weiterhin den Zauberstab aufs Gefäß. Er fing sich aber schnell wieder. „Das wäre nett, Eleonora. Wenn du vielleicht meine Bürotür öffnen könntest.
„Klar", sagte ich nur und riss sie schwungvoll auf.
Er ging mitsamt des Beckens an mir vorbei. Etwas hilflos sah er sich in dem vollgestellten Raum um.
„Ich räume hier einfach schnell frei", bot ich an und wischte mit einem Schlecker meines Zauberstabs einige Bücher und Zettel zur Seite.
Lupin ließ das Becken auf den freigewordenen Platz auf der Kommode sinken. Mit dem Ärmel seines Umhangs wischte er sich kurz über die Stirn und lächelte leicht. „Vielen Dank. Das hätte wohl nicht jeder Black gemacht."
Ich verengte die Augen. Nach der Sache mit meinem Onkel als Irrwicht und auch seiner eigenartigen Reaktion auf meinen Namen hatte ich es ja schon befürchtet. Nun sah ich aber alle meine Befürchtungen bestätigt. Er verglich mich mit Sirius Black.
„Es müssen ja alle gleich in Schubladen gesteckt werden, nicht? Kennen Sie überhaupt andere Blacks als Sirius?", hakte ich kampflustig nach. Was sicherlich nicht die schlauste Entgegnung war, da er immer noch mein Lehrer war.
Er zuckte beim Namen meines Onkels zusammen. Jede Hoffnung auf Irrtum meinerseits wurde damit zerstört.
„Dachte ich mir doch", zischte ich und stürmte zur Bürotür. „Einen schönen Tag noch! Und viel Spaß mit Ihrem Kappa, vielleicht fürchten Sie den ja weniger", fügte ich noch mit einem letzten Blick auf das Wesen im Glasgefäß hinzu. Dann schloss ich die Tür hinter mir mit einem lauten Knall. Sogar der vorbeifliegende Peeves erschreckte sich.
„Huch, hat die kleine Black etwa schlechte Laune?", fragte er schadenfroh. „Hoffentlich kannst du deine Wut besser kontrollieren als dein lieber Onkel..."
Ich machte eine unanständige Geste in seine Richtung und eilte mit gesenktem Kopf in Richtung Gemeinschaftsraum. Hinter mir hörte ich noch das schrillende Lachen des Poltergeists.
Mein kleiner Wutausbruch bei Lupin hatte glücklicherweise keine Konsequenzen. Allerdings meldete ich mich in seinem Unterricht nicht. Damit war ich wohl die einzige der ganzen Schule. Alle anderen vergötterten ihn geradezu, nur mein Pate konnte ihn ebenfalls nicht leiden.
Ich fragte Severus nach den neusten Erkenntnissen zu meiner Mutter. Er wusste aber auch nicht mehr als McGonagall.
„Hast du vielleicht schon mal von einer Lauren gehört? Zufälligerweise mit einem Nachnamen, der wie ein männlicher Vorname klingt?", hakte ich nach. Ich klammerte mich an die leise Hoffnung, dass er mit dem möglichen Namen meiner Mutter etwas anfangen konnte.
Er hob besonders bei meiner zweiten Frage die Augenbrauen. „Nein, aus unerklärlichen Gründen nicht."
Anders als bei McGonagall hatte ich diesmal aber auch die Zeichnung mit dabei, die Dean letztes Jahr nach meinen Anweisungen von meiner Mutter angefertigt hatte. Ich fand zwar noch immer, dass sie nicht ganz an das Bild in meinem Kopf heranreichte, woran aber ich und meine unpräzisen Beschreibungen schuld waren und nicht die Kunstfertigkeiten meines Freundes.
„Wer ist das denn?", wollte mein Pate wissen. „Und woher hast du dieses Bild?"
„Das soll meine Mutter sein. Dean hat sie für mich gezeichnet. Kennst du sie?"
Beim Namen des Gryffindors kniff Severus die Lippen zusammen. Ich konnte die Missbilligung über die Wahl meines Partners einwandfrei sehen. Er machte sich aber auch nicht die Mühe, sie zu verstecken. „Gut gezeichnet", sagte er schließlich. „Allerdings könnte Mr Thomas die Energie, die er in die Anfertigung von Bildern steckt, bedenkenlos auch in die Kunde der Zaubertränke stecken. Sein Schrumpftrank neulich war erbärmlich."
Mit meinen eigenen Augen hatte ich gesehen, dass Deans Trank nur minimal von der vorgegebenen Farbe abwich und auch sonst war er äußerst gut gelungen gewesen. Aber Severus konnte überall Fehler finden, wenn er es nur wollte.
„Sie kommt mir geringfügig bekannt vor. Vielleicht habe ich sie schon einmal mit Regulus gesehen. Aber meine Erinnerung ist verschwommen."
„Weißt du vielleicht noch ihren Nachnamen oder in welchem Haus sie war?"
Er zögerte und schüttelte den Kopf. „Ich habe nicht mehr als das Gefühl, sie schon einmal an einem beliebigen Ort gesehen zu haben. Weder an Namen, Hauszugehörigkeit, noch an ihr Lieblingsessen erinnere ich mich."
Letzteres sagte er etwas spöttisch. Mir war selbst klar, dass ich mich lächerlich verhielt und an jede noch so kleine Hoffnung klammerte. Vielleicht sollte ich es einfach aufgeben, immer nach meinen Eltern suchen zu wollen. Aber gerade der Prozess zu meiner Vormundschaft hatte mir wieder vor Augen geführt, wie sehr ich mich nach Zugehörigkeit sehnte. Und offenbar auch nur wenige erwachsene Bezugspersonen hatte. Und irgendwie schuldete ich es meiner Mutter auch, ihr Schicksal in Erfahrung zu bringen. Ich kannte ja noch nicht mal ihren Namen.
„Gut", sagte ich. „Dann gib mir einfach Bescheid, wenn dir mehr einfallen sollte. Bis dahin suche ich eben auf eigene Faust weiter."
Er brauchte ja nicht zu wissen, dass ich mittlerweile jede einzelne Lauren der modernen Geschichte kannte. Und auch die meisten Zeitungsanzeigen zu diesem Namen, nur an die Todesanzeigen hatte ich mich noch nicht herangetraut. Und wenn sie dem Zaubereiministerium nicht bekannt gewesen war, war sie vielleicht auch namenlos gestorben. Eine äußerst traurige Vorstellung.
„Du weißt, dass deine Augen bis auf die Farbe genau wie ihre sind, oder?", fragte mich mein Pate leise. „Und die Sommersprossen hast du auch von ihr."
Unbewusst strich ich mir über den Nasenrücken. Dort hatte ich noch ein paar der dunklen Pünktchen; kleine Überbleibsel der Sommersonne. Von meinem Herzen aus breitete sich ein warmes Gefühl in mir aus und kitzelte alle meine Nerven. Ich mochte es, mit meiner Mutter verglichen zu werden. Und natürlich besonders, von Ähnlichkeiten mit ihr zu erfahren.
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