Kapitel 35 - Pakt
(Entschuldigt mich für meine lange Abwesenheit seit November...Mir ging es leider nicht so gut und die Uni hat sehr viel Stress gemacht, während meinen zwei Monaten Prüfungsphase, aber nun sollten wieder öfters Updates kommen. Ich hoffe euch gefällt das Kapitel trotz der mega Verspätung "^^)
Staub. Der modrige, kühle Geruch alter Gemäuer und das Knarzen des Holzes durch den Wind und schnelle Schritte. Porzellan klirrte, ein warmer, weißer Rauch stieg aus einer Tasse empor, gefolgt von geduldigem Schlürfen. Eine Taschenuhr tickte, jemand wartete. Man konnte die Bewegungen einer sitzenden Person vernehmen. Draußen war es so finster wie in diesem alten, verwahrlosten Anwesen, doch zumindest der Mond und weit entfernte Straßenlaternen offenbarten die Umrisse der Stube. Dann schepperte es. Eine Tür ward geöffnet, jemand trat herein, schritt ohne festes Ziel voran. Das Geräusch wurde lauter, dann leiser, als suchte der Besucher jemanden oder etwas und fand sich nicht zurecht. Wolken verdeckten den Mondschein alle paar Sekunden und tauchten diesen leblosen Ort für kurze Zeit in eine undurchdringliche Schwärze. In ein Nichts, nur um dann wieder vom Silberhauch zum Leben erweckt zu werden.
Hallo?
Ein Wort verewigte sich in Raum und Zeit, indem es nun an diesem Ort, zu diesem Augenblick ausgesprochen wurde. Minuten vergingen. Rauschen war das Wort der Welt. Ein Rauschen mit verschiedenen Tonlagen, Volumen und Bedeutung, die nicht zu begreifen war, ganz so, als stünde man selbst unter einer Glaskuppel, die die Welt abschirmte. Dann gab es Pochen. Und der Boden bebte.
Jemand beugte sich über ihn, ein stumpfes Gefühl umfasste seinen Oberarm, ehe er wahrnahm, wie sein Körper, ohne sich selbst bewegen zu müssen, an eine andere Stelle gezerrt wurde.
Und als Lovino sich aus der Finsternis befreit wiederfand und aufwachte, war die Welt in einen verschwommenen Film gepackt und er war wie ein Spektator von außen, obwohl er mittendrin stand. Lediglich der Kontrast vom Kerzenlicht zum finsteren Nichts, das in Wirklichkeit die Stube war, gaben ihm die Sicherheit, noch nicht tot zu sein. Seine Glieder waren betäubt. Sie waren wie fremdes Gepäck, ohne Verbindung zu ihm, aber jemand führte ihn näher an das Licht heran. Abgestumpft nahm er Worte wahr, doch als steckte Watte in seinen Ohren, endeten sie in einem unverständlichen Wirrwarr. Aber sie waren laut, geladen mit Emotion und Lovino spürte ihre Schwingungen auf seinem Gesicht.
"Hier hast du ihn." Irgendwie so verstand Lovino das, was gesagt wurde, während er kraftlos auf dem Boden kauerte. Die zwei Gestalten, die er nur als Schattenbilder des Kerzenlichtes erkannte, überragten ihn, starrten ihn an.
Lovino erkannte weder den Maskierten, der ihn noch am Handgelenk gepackt hatte wie ein kleines Kind, noch bemerkte er den Mann, der über seinen Anblick nichts anderes als Schmerz und Sorge empfand. Die zusammengezogenen Augenbrauen, mit der feinen Falte, die seine Stirn erreichte und die verletzlichen Augen zeigten nur einen Bruchteil der riesigen Gefühle des Mannes. Er kniete sich hin, um auf Augenhöhe mit Lovino zu sein, womöglich, um zu sehen, wie schlimm dieser zugerichtet war und wie träge und schläfrig sein Gesicht verlieb, als würde er schlafwandeln.
Aber Lovino erkannte nichts. Jedes Gesicht verschwamm in sich, waren nur mehr einzeln vernommene Eigenschaften. Er erfasste nichts mehr. Aber dann spürte er einen plötzlichen Ruck am Hinterkopf und Lovino verlor die Balance, schaffte es gerade noch so, den Fall mit seinen zähen, tauben Armen abzufedern. Seine zerzausten Haare fielen ihm ins Gesicht. Müde...Lovino war so müde, an etwas Anderes schaffte er es gar nicht zu denken...
"Belial!", schrie einer aufgebracht und Hass flammte in dessen Stimme auf. Daraufhin folgte eine Wärme auf Lovinos rechtem Handrücken.
Nun hatte der Maskierte wohl doch einen Namen gefunden...Aber wer war nur vor ihm?
"Entspann dich, er wäre sonst nur wieder eingenickt. Das Betäubungsgift ist stark, bis morgen Früh ist er kaum ansprechbar, aber es war nötig." So langsam kristallisierten sich ihre Stimmen klarer heraus und Lovino hörte sie, wenn auch gedämpft. Belial hatte recht, fast wäre er eingeschlafen. "Ansonsten hätte ich ihn nicht hierherbringen können. Es wäre zu auffällig gewesen und sie hätten mich verraten und ihn getötet."
Ein Grummeln kam von Belials Gegenüber und Lovino malte sich in Gedanken aus, wie grimmig und zornig dessen Gesicht aussehen musste, doch dann wanderte die Wärme von seinem Handrücken zu seinem Handgelenk und einmal mehr wurde an seinem Körper gezerrt. Lovino atmete laut aus, anstatt erschrocken zu reagieren; er blieb stumm, reglos und seine Augen finster und schlaftrunken. Aber als sein Körper der Bewegung widerstandslos folgte, umgarnte ihn plötzlich eine Wärme. Sie umschloss seinen Oberkörper, den Hinterkopf und Finger fuhren von unten in sein Haar hinein. Sein Gesicht landete behütet in jemandes warmer Brust, dessen Herz laut und deutlich pulsierte.
Geborgenheit...
Lovino empfand auf einmal Geborgenheit und Licht kehrte mit einem Glänzen in seine kalten Augen zurück. Wer auch immer ihn in dieser Umarmung schützend bei sich hielt: Lovino konnte ihm vertrauen. Und Lovino, wenn er allein auf sein Gefühl hörte, wusste auch, wer es war, denn diese Nähe und der Duft, der ihn umgab, waren ihm vertrauter denn je...
"Lovino...Alles wird wieder gut, ich bin wieder bei dir...", sprach Antonio sanft zu ihm, zog ihn näher in seinen Schutz, sodass dieser ihn am ganzen Leibe spüren konnte, ehe er Belial böse anfunkelte. "Du...du Mistkerl...! Auf dem Zettel, den du hinterlassen hast, stand aber, dass er wohlbehalten zu mir zurückkehrt! Nennst du das etwa einen guten Zustand?! Er schafft es nicht einmal wach zu sein! Musste es denn so ein starkes Mittel sein?! Ich schwöre, wenn er nicht spätestens am Morgen wieder auf den Beinen ist, dann -" Antonio umgriff Lovino fester, seine Finger verkrampften sich, bis seine Knöchel weiß hervorschienen, während Belial nach vor schritt und ihm den Mund zuhielt. Sofort gefror etwas in Antonios Seele zu Eis. Immerhin war Belial derjenige gewesen, der ihn einst quälte und seine bloße Anwesenheit hatte ihn im ersten Moment vor Schreck erstarren lassen. Doch der Wille, Lovino zu retten, war stärker gewesen als jede Angst, die ihn zu lähmen versuchte.
"Sh-Sh-Sh. Ganz ruhig." Belials Stimme verdüsterte sich, wurde leiser. "Wenn du hier so rumschreist, wird uns noch einer entdecken. Ts, du bist wirklich genau so blöd wie im Kerker."
"Erinnere mich nicht daran, wenn du nicht willst, dass ich dir sämtliche Knochen breche oder dir gleich die Haut vom Leib reiße! ", zischte Antonio sogleich giftig zurück, sein Blick verfinsterte sich stetig. In diesem Moment war ihm wirklich alles egal. Gegenüber diesem Kerl hatte er keinerlei Respekt übrig.
"Meine Güte...", der Maskierte ließ sich seufzend in seinem gepolsterten Sessel nieder und hielt sich mit einer Hand die Stirn, massierte seine Schläfen mit einem genervten Grummeln, während Antonio Lovino nur noch näher an sich drückte, als könnte er ihm jeden Moment wie eine Feder aus den Fingern gleiten und entschwinden. "Wie? Wie 'meine Güte'? Was denkst du bitte, was ich sonst sagen würde? Soll ich mich etwa bei dir bedanken nach all dem, was du getan hast?!" Antonio wusste, dass er am besten einfach hätte verschwinden sollen, aber er blieb stur und töricht. Diese Dummheit verwurzelte ihn wie einen Baum in die Holzplanken des Parketts. Er konnte diesen Schwerverbrecher nicht einfach reden oder in Ruhe lassen und er wusste, dass das eine schreckliche Angewohnheit seinerseits war, die er allerdings nicht abschalten konnte.
Leider spuckte jener 'Belial' ebenso große, undurchdachte Töne. "Tja, tatsächlich schon! Ich hätte deinen kleinen Freund da auch sterben lassen können. Ein wenig Dankbarkeit ist doch wohl nicht zu viel verlangt!" - "Du hast ihn vergiftet!", warf Antonio direkt zurück, auch, wenn sich seine Stimmbänder eng zusammenschnürten und sich die Wunde in seinem Herzen mit einem Brennen vertiefte. "Du hast ihm dennoch etwas eingeflößt! Wer weiß, was du ihm nicht sonst noch alles angetan hast! Wieso sollte ich dir Vertrauen schenken?!" Es raubte Antonio immense Kraft, die Lautstärke seiner Stimme zu bändigen. Zu gerne wäre er geradewegs über Belial hergefallen.
Diese Aggression kannte er sonst gar nicht von sich selbst...
Woher kam dieses Verhalten?
"Das hast du doch bereits, indem du hergekommen bist und meiner Nachricht gefolgt bist." - "Das war aus der Not geschehen! Hätte ich denn den einzigen Hinweis, die einzige Chance, Lovino vielleicht doch wiederzusehen, ignorieren sollen?!"
Der Maskierte zuckte mit den Schultern, trank dann den Tee in seiner Tasse aus, um seine Ruhe zu bewahren. Sein Umhang rutschte in der Bewegung von seinen Unterarmen weg und offenbarte zahlreiche blaue Flecken. "Das kann ich dir nicht beantworten. Das lag alles bei dir. Du kannst ruhig denken, dass ich dir nichts anderes als Lügengeschichten auftische, doch sag mir eins, Carriedo...", der Blonde zupfte an seiner Maske, hielt sie fest, "Wenn ich nur Lügen würde und kein Fünkchen Wahrheit über meine Lippen käme, dann hätte ich dir denjenigen, den unser Boss auf alle Fälle loswerden will, doch nicht einfach so ausgehändigt; wohl wissend, dass es mir selbst den Kopf kosten könnte, oder nicht? Abel und du wissen, welche Konsequenzen ein Fehlverhalten abverlangen, also nimm nicht an, ich käme unversehrt davon, nur, weil ich einen hohen Rang besitze."
Antonio antwortete nicht. Dennoch funkelten sich ihre Augenpaare feindselig an, als wären sie Vulkane, die der Eruption nah standen. Seine Zähne drückten leicht auf seine Zunge, unterbanden jeglichen Wortlaut, der die Stille brechen könnte. Dann sah Antonio auf den in seinen Armen liegenden Lovino herab, musterte seine Züge, verfolgte seinen Atem durch die sich hebende und senkende Brust. Er war eingeschlafen...doch ein paar Finger hingen lose in den Falten von Antonios Hemd fest, als klammerte er sich mit all seiner verbleibenden Kraft an ihm fest.
Belial hatte einen Punkt. Wenn Lovino hätte sterben sollen, wieso hatte er ihn freiwillig ausgehändigt? Erst jetzt begann Antonio Belials Motive zu hinterfragen. Welche Vorteile zog er mit dieser Tat? Wo war der Haken und was verfolgte er?
Lovinos Atem hauchte friedlich gegen seine Brust, die Wärme liebkoste seine Haut unter dem Hemd und Antonio spürte, wie er schwach wurde.
Denn egal wie sehr er diesem wahnsinnigen Bastard misstraute und wie viel Hass er ihm entgegenbrachte; am Ende des Tages hatte er Lovino, trotz aller Kontroversen, lebend wiedererhalten. Dennoch machte es keinen Sinn...und Antonio wisperte, die Schultern senkend. "Warum? Warum hast du das getan? Was springt für dich dabei raus, Belial?"
Und der Maskierte erkannte, dass es nun an der Zeit war, sein wahres Gesicht zu zeigen, um sein Ziel zu erreichen. "Bitte, nenne mich Arthur."
"Was?" Antonios Mund öffnete sich einen Spalt, völlig verwirrt über die Aussage. Dann zog sein Gegenüber seine Maske ab und Antonio erkannte nicht nur das Gesicht, das sich dahinter verbarg, sondern realisierte auch, wie dieser Arthur seine Anonymität fallen ließ und somit tatsächlich alles riskierte, um Antonios Vertrauen zu gewinnen.
Denn nun könnte Antonio ihn jederzeit verraten, ihn überführen und die ganze Bande ein für alle Mal auffliegen lassen, wenn er es nur so wollte.
Arthur fielen die struppigen blonden Strähnen gegen die Stirn, die dichten, breiten Augenbrauen hatte er frustriert zusammengezogen. "Mein Gott, hör doch mal zu. Ich sagte, du sollst mich Arthur nennen. Ich hab genug von diesen Versteckspielchen. Sie haben keinen Sinn."
"Aber du-", Antonio stotterte, ihm fehlten die Worte. Er hatte genau diesen Mann so häufig in Francis Bar erblickt. Nicht nur das, er war auch gerade der Mann, den Francis vor nicht allzu langer Zeit so hochgelobt hatte. Wie die Schlange, die sich um den Baum der Erkenntnis wickelte, trug er also zwei Gesichter, die unterschiedlicher nicht sein konnten.
Wenn Francis das jetzt miterlebt hätte...
Arthur sah, ohne die Miene zu verziehen auf Antonio herab, der noch immer mit Lovino im Arm am Boden kauerte. Antonios Verwirrung und Sprachlosigkeit standen ihm im Gesicht geschrieben und Arthur stieß sogleich einen Seufzer aus. "Was ist? Erschrocken, dass ich dir jetzt mit meinem wahren Gesicht gegenübertrete?", er lachte nervös und näherte sich Antonio, dabei humpelte er, als sei mit seinem rechten Bein etwas geschehen. "Hör zu, Sportsfreund, wenn dir allein davon die Sprache verschlagen wird, dass du dich nicht rühren kannst, dann wird es sehr schwierig für dich und Lovino überhaupt aus dem Visier des Instituts zu flüchten. Aber nun zu deiner Frage...Für mich springt rein gar nichts raus. Zumindest nichts außer einer bitterlichen Strafe meiner Vorgesetzten, falls dies auffliegen sollte. Ich habe deinen Lovino dennoch aus einem einzigen Grund gerettet. Und zwar, weil ich deine Hilfe brauche."
Bevor Arthur weitersprach, zog Antonio schon die Augenbrauen zusammen, ging direkt in eine defensive Stellung und vergrößerte den Abstand zwischen ihnen, hauchte die Luft laut aus. Nein, auch wenn er sich nicht mehr maskierte und sich offen zeigte, blieb dieser Typ in Antonios Augen eine Gefahr. "Meine Hilfe?! So weit kommt es noch! Wieso sollte ich dir helfen? Ich wusste doch, du hast etwas Teuflisches im Hinterkopf...Das Einzige, wo ich dir helfen werde, ist, dich und deine ganze Gefolgschaft hinter Gitter zu bekommen. Du hast unzählige Menschen auf dem Gewissen, hast unvorstellbare Gräueltaten vollbracht und so einer wie du erschleicht sich dann noch das Vertrauen von einem Freund von mir..." Angeekelt blickte der Spanier zu ihm auf und verzog das Gesicht. "Du bist ein dreckiger Mistkerl...Wenn Francis das erfährt, dann-"
Da flammte plötzlich etwas in Arthurs Augen auf und er umklammerte Antonios Hemdkragen hektisch. "Erzähle ihm ja nichts!" Und Antonio grinste dreckig, als er bemerkte, wie er nun tatsächlich einen wunden Punkt entdeckt hatte. "Achso, und warum sollte ich das nicht tun?"
"Weil ich sonst persönlich dafür sorge, dass ihr beide den morgigen Tag nicht miterlebt, und ansonsten wird dieser Horror in der Stadt niemals sein Ende finden", knurrte er mit gedämpfter Stimme. Aber Antonio ließ sich nach der Offenbarung nicht mehr einschüchtern, lachte ihm gehässig ins Gesicht. Bald verlor auch er den Verstand. "Ende finden? Tja, dann hört doch alle mal auf damit, einfach so Leute umzubringen!"
Laut ausatmend, wandte Arthur den Kopf hin und her, die Dringlichkeit in seiner Stimme bebte und Antonio genoss es tatsächlich, wie dieses Häufchen Elend vor sich anfing, ihn anzuflehen. "Carriedo, du verstehst nicht." - "Vielleicht will ich es auch nicht verstehen."
"Wirst du aber!", Arthur zog die Augenbrauen zusammen und wurde lauter, "Jetzt halt endlich deine große Klappe und höre zu! Ich brauche deine Hilfe, weil ich genau weiß, dass du alles dransetzen wirst, deine Freunde und insbesondere deinen kleinen Giftzwerg hier aus dem Visier des Instituts zu befreien." Mit großen Bewegungen gestikulierte er, brach dann aber wenige Augenblicke später ab und nuschelte verzweifelt und von Frust zerfressen in sich rein. "Verdammt, ich hab's satt. Es geht nicht mehr."
Die Augenbrauen irritiert hebend verfolgte der Spanier seinen Gegenspieler mit den Augen. Nun verhielt er sich tatsächlich völlig anders im Vergleich zu seiner Rolle als Belial. Was an ihm war nun wahr und was war gespielt?
Er seufzte, senkte besiegt den Kopf. "Carriedo...Antonio, mir ist bewusst, wie wahnsinnig diese gottverdammte Bitte ist. Aber hilf mir sie auszuschalten."
"Sie? Von was redest du?" In Antonios Kopf ratterten alle Zahnräder und feine Fältchen malten sich wie Pinselstriche auf seine Stirn. Oh, wenn Arthur nur endlich Klartext reden würde, anstatt ohne Punkt und Komma und ohne Zusammenhang vor sich hin zu brabbeln!
Und Arthurs Schultern spannten sich an, ehe er sie endlich locker fallen ließ. "Ich rede von La Llorona. Sie ist es, die die hier im Hintergrund die Stränge zieht. Erst, wenn wir sie dazu bringen, dem Ganzen den Schlussstrich zu setzen, gibt es vielleicht eine Möglichkeit, diesen Albtraum zu beenden." "La Llorona?" Antonio schenkte Arthur unverständliche Blicke.
'La Llorona' war eine lateinamerikanische Folklore. Es war die Geschichte einer jungen Frau, die einst nach Liebe und Glück strebte und von denen, die sie liebte, fallen gelassen und betrogen wurde. Unter dem Horror, der ihr widerfuhr, verlor sie letztendlich den Verstand, rutschte in das dunkle Loch des Wahnsinns herab, bis sie schließlich in ihrem Wahn die eigenen Kinder ertränkte und sich selbst den Fluten hingab, nur um nun als Geist, vom Schmerz zerfressen, nach ihren Kindern zu suchen. Und Antonio kannte die Legenden und Mythen aus Büchern, die besagten, dass der Geist der Llorona nun Männer und Kinder heimsuchte und eine Begegnung einen Fluch mit sich einher brachte.
Warum benannte sich also diese sogenannte Fadenzieherin dieser Geschichte nach einer klagenden, leidenden Frau, die Täterin sowie Opfer zur gleichen Zeit war?
"Ja, ich rede von La Llorona, oder zumindest eine, die sich selbst dieser Legende nachstilisiert hatte." Arthur hielt sich seine Arme, als hätte er soeben einen Schlag von einer unsichtbaren Person abbekommen. Komisch, schoss es Antonio durch den Kopf. Seine Körpersprache erzählte direkt von Furcht und Schmerz, kaum wurde diese La Llorona erwähnt. Ob sie Arthur verletzt hatte? Sagte er die Wahrheit darüber, wenn er meinte, er brächte sich selbst in Gefahr, wenn er ihm gerade Lovino aushändigte und noch dazu Informationen weitergab?
"Wie ist ihr echter Name?", nun war Antonio tatsächlich neugierig und seine Wut milderte sich ab. Er wollte mehr wissen. Zwar vertraute er Arthur nicht völlig bedenkenlos, aber was auch immer nun käme, könnte er im Notfall gegen ihn verwenden. Auch, wenn Antonio tatsächlich bereits Vorahnungen hatte, um wen es sich handeln konnte.
"Das...weiß ich tatsächlich nicht." Arthur stieß die Luft mit einem Seufzer aus. "Das Verhältnis zwischen Llorona und uns sieben Prinzen ist sehr oberflächlich und distanziert. Noch nie hat man sie mit etwas anderem angesprochen und nur in seltenen Fällen sieht man sie leibhaftig vor einem. Zumeist schickt sie ihren Handlanger vor, der uns wiederum die Informationen gibt, welche Personen als nächstes zum Opfer werden."
"Schade, wenn du es wüsstest, hätte sich ein Verdacht bestätigen können... Immerhin haben Lovino und ich zuvor...", dachte sich Antonio und seufzte. "Nun gut, aber wie stellst du dir das dann mit dem Ausschalten vor, wenn du sie weder oft zu Gesicht bekommst noch ihren bürgerlichen Namen weißt? Was ist mit dem Aussehen?"
Wieder eine vergebens gestellte Frage. "Maske."
"Verdammt", fluchte Antonio, "Ich hätte ansonsten einen Verdacht gehegt, doch ohne handfesten Beweis geht nichts voran." - "Denkst du etwa daran, es der Polizei zu melden?", unterbrach Arthur plötzlich so abrupt, man hätte meinen können, er fiele mit dem Gesicht voran zu Boden. Und Antonio starrte ihn einmal mehr an, als wäre ihm ein Geist erschienen. "Warum nicht?"
"Weißt du denn nicht mehr, wie es mit Lovino geendet ist, als er den Eingang zu den Katakomben entdeckte? Seitdem ist er nicht nur allgemein auf der Liste der Opfer vermerkt, sondern wurde doch als Gefahr eingestuft! Wenn du damit zu den Carabinieri gehst, und dort befände sich ein Spitzel, dann gute Nacht. Dann war's das. Ich kenne nicht jede Identität der Spitzel, aber ich weiß es gibt viele. Sogar welche, die nur von La Llorona und ihrem Gefolgsmann mit der Aufgabe betraut wurden. Ich nehme an, um auch uns Prinzen einzuschüchtern, falls wir die Loyalität zu ihr brechen sollten. Sie sind überall, deswegen zögern sich diese Ermittlungen und Maßnahmen gegen unser Institut so derartig in die Länge, auch wenn die Anzeichen deutlich werden. Auch ich gebe zu, in dieser Masche von Macht und Gewalt gefangen zu sein. Ich selbst strickte meine Fäden um die Gemeinderäte, wie man es von mir verlangte, um unseren Untergang zu vermeiden, doch mein Einfluss ist auch der Grund, weshalb Francis' Bar heute noch steht. Und ich schwöre hierbei, deinen Kumpel nicht hintergangen zu haben. Ich hatte keinerlei Absichten, außer, dass sein Laden problemlos laufen kann, nachdem mir zu Ohren kam, dass der Gemeinderat schon darauf beabsichtigte, diese zu schließen. Aber zurück zum Thema: Wir müssen einen eigenen Weg, eine eigene Strategie einschlagen, um diesen Wahnsinn zu beenden. Andere Personen einzubinden, wäre viel zu riskant."
Arthur hatte hier einen guten Punkt gebracht. Für gewöhnlich mischten sich Mitglieder solcher krimineller Sekten unters Volk. Jeder Freund und Helfer könnte insgeheim ein Spitzel sein, der einem in den Rücken fiel. Und die Polizei war hierbei keine Ausnahme. Doch gut zu wissen, dass zumindest die Hilfe für Francis keine dunklen Absichten beinhaltete. Dennoch runzelte Antonio die Stirn. Was stellte sich dieser komische Herr denn bitte vor? Wie wollte er La Llorona von ihrem Thron stürzen? "Aha, und was schlägst du stattdessen vor?"
"Es scheint, als gäbe es keine andere Möglichkeit, als sie zu töten...wir haben keine andere Wahl", gab Arthur kühl zu und sah nachdenklich aus dem Fenster.
"Töten?", Antonio blieb die Spucke weg. Bei der Vorstellung eigenhändig jemanden ins Jenseits zu befördern, jagte es ihm einen Schauer über den Rücken. "Du willst also Feuer mit Feuer bekämpfen und du denkst nicht, dass das innerhalb eurer Reihen einen Tumult auslösen könnte und die Lage dann eskaliert?" Über die Ereignisse der Geschichte nachdenkend, hatte Antonio eben seine Zweifel, ob der Plan überhaupt funktionieren würde, gäbe er nach und würde er ihm anschließend tatsächlich helfen. Denn die Gefahr dieser Stadt ein für alle Mal zu bannen, war ein Wunsch, den sich wohl jeder Bürger hier wünschte. Dennoch musste er zugeben, dass der kleine Kern von Rachsucht in seinem Herzen danach lüstete, diese Frau endlich aus der Welt geschafft zu haben.
"Ach, Carriedo." Sich zurück in den Sessel setzend und die Hände in den Schoß legend, sah Arthur gen Boden. "Auch wenn ich selbst schon zu viele Leben auf dem Gewissen habe, fällt es mir auch schwer, diese Entscheidung zu treffen. Immerhin spielt sich vor unseren Augen eine Geschichte voller Dilemmata ab. Ich habe Mitleid mit La Llorona. Sie selbst ist doch auch ein Opfer von Gewalt. Viel lieber würde ich sie einfach der Polizei überführen, doch wie ich bereits sagte, die Spitzel-"
"Was?" Antonio riss schockiert die Augen auf und unterbrach ihn, erhob sich gemeinsam mit dem schlafenden Lovino in seinen Armen vom Boden. Zwar hatte er mit dem Töten selbst seine inneren Konflikte, aber Mitleid? Das verstand er nun tatsächlich nicht. Wieso sollte er mit einer Massenmörderin Mitleid haben, nachdem sie bereits so viele Verbrechen begangen und hunderte Leute auf denselben dunklen Pfad geschickt hatte? "Du kannst das doch nicht ernst meinen?! Diese Frau ist eine Verbrecherin!", spuckte Antonio heraus und zog die Augenbrauen grimmig zusammen.
Aber auch Arthur zeigte sich als ebenso emotional und schnauzte mit erhobener Stimme zurück. "Und doch hat sie eine Geschichte! Sie entschuldigt die Taten, die sie beging, kein bisschen und doch erklärt sie, warum sie so geworden ist."
"Na dann, lass mich hören." Antonio wollte sie nicht wirklich hören. Keine Ausreden, keine Geschichte könnte dieses Blutbad rechtfertigen. Und Arthur nuschelte, sah für einen stillen Augenblick auf ein kleines Foto, das er in seiner Taschenuhr bei sich trug. Antonio sah dieses nicht, aber Arthur betrachtete es mit bittersüßem Lächeln...
Auf dem Bild befanden sich zwei junge Burschen und er selbst. Hätte Antonio einen Blick darauf erhaschen können, hätte er wohl Alfred erkannt, den er selbst öfters in Francis Bar angetroffen hatte, sowohl als auch Matthew, dessen älterer Bruder.
"Ihre Geschichte ist nicht allzu weit weg von der unseren, Carriedo. So weit wie ich deine Geschichte eben kennen kann. Auch sie hat unter ihrer Familie lange Zeit gelitten, hatte sich verliebt, bis man ihr alles nahm, was sie sich aufbaute und geliebt hatte. Doch im Unterschied zu uns, hat sie sich am Ende selbst und ihren Verstand verloren. Das ist alles, was ich dir im Moment berichten kann. Je mehr du davon erfährst, desto schwieriger wird es, sie aus dem Weg zu räumen. Du weißt es womöglich aus den alten Kriegsgeschichten unserer Vorfahren. Wenn du deinen Gegner zu sehr humanisierst, ihm ein Gesicht gibst und ihn als vollen Menschen wahrnimmst, wird es schwieriger, den Kampf zu gewinnen. Du musst das Feindbild beibehalten, deine Emotionen und Gedanken beiseiteschieben. So funktionieren Kriegsverbrechen und so funktioniert das auch hier mit unserer Mission. Wir sollten uns möglichst von dieser Tatsache emotional distanzieren, dass wir hier einen Menschen töten müssen. Rede dir ein, dass es zum Wohle der Bevölkerung dient."
Still biss sich Antonio auf die Unterlippe, wechselte zögerlich den Blick zwischen Arthur und Lovino; all die Information durch seinen Kopf sickern lassend. Diese Situation war der letzte Dreck. Aber, wie Arthur es sagte...Hatten sie denn eine Wahl? "Und du sagst auch die Wahrheit?"
Arthurs Gesicht leuchtete für einen raschen Augenblick auf, als schöpfe er plötzlich Hoffnung auf eine Kooperation. "Ich schwöre." Und Antonio nickte langsam. So richtig warm wollte er nach der Folter-Sache nicht mit ihm werden, doch die Umstände zwangen ihn regelrecht dazu, mit ihm zu arbeiten. "Gut, dann lass mich wissen, wie und wann etwas getan werden muss. Doch heute nicht mehr." Mit dem Kinn deutete er auf Lovino und Arthur verstand.
Antonio wollte sich bereits auf den Rückweg begeben, als ihm doch noch eine kleine Frage durch den Kopf schoss und er sich zurück zu Arthur drehte. "Nun gut, aber bevor ich gehe, eine letzte Frage...Wenn du sie alle so hintergehst, wie bist du in dieses Spinnennetz gefallen. Wir werden doch alle unsere Geschichte haben."
Und Arthur spannte die Schultern an, schloss für einen Augenblick die Augen und seufzte, als er all die Spannung von sich abwarf. Er war nicht gerade stolz auf seinen Lebensweg und doch hatte er eine Motivation dafür gehabt, diese Grausamkeit fortzusetzen. "Meine Brüder. In meinem Beruf habe ich zu wenig verdient und Allen, beziehungsweise den, den du als Behemoth kennst, hat zu mir Kontakt aufgenommen und meinte, wenn ich im Institut als Nebenverdienst arbeite, würde ich gut entlohnt werden. Doch nachdem ich mich die Ränge hinaufgearbeitet hatte und die wahre Natur der Santa Compaña hinter dieser Fassade kennengelernt hatte, war es bereits zu spät, um einen Rückzieher zu machen. Und zudem konnte ich meine kleinen Brüder keiner Gefahr wie dieser aussetzen...Auch die Löhne werden zurzeit nicht unbedingt besser. Ich bin darauf angewiesen, dieses dreckige Geld anzunehmen, wenn meine Brüder und ich überleben wollen. Weswegen bist du hier?" Arthur hob den Kopf, blickte tatsächlich interessiert in Antonios ebenso grünen Augen. Hinter dieser Maske des Belials steckte also tatsächlich ein einfacher Mensch, dessen Seele mit Sünden befleckt war und doch seine Menschlichkeit nicht völlig verworfen hatte...
Deswegen sah auch Antonio ein, der doch selbst seine Laster zu tragen hatte, dass auch er seinen Part der Geschichte erzählte. Dabei blieb seine Stimme jedoch überraschend ruhig, im Gegensatz zu den vielen anderen Momenten, in denen er seinen Leidensweg schildern musste. Dennoch wandte er den Blick von Arthur ab, wollte nicht in seine Augen sehen. "Ich wurde von meiner Familie verstoßen, mein Exfreund war hingerichtet worden und hatte niemanden mehr. Ich hatte beschlossen, hier ein neues Leben zu beginnen. Eine Frau, die mir bereits bekannt war, hatte mir angeraten, hier eine Stelle zu suchen. Ihr gehörte dieses Institut nach Ableben ihres Mannes und sie war die Mutter der Freundin meines Ex."
Und somit war der Frauengestalt, die hinter dieser Hölle stand, ein Gesicht gegeben.
Denn die Geschichte dieser La Llorona und die der Mutter Erzsébets teilten sich dieselbe Seele, dieselbe Protagonistin in diesem Spinnennetz.
~♥~
Nahezu kraftlos schlugen Wimpern auf und ab. Ein Bernstein, der sich dahinter verbarg, funkelte still durch das Sonnenlicht des Vormittages und Lovino streckte seinen trägen Körper, um irgendetwas spüren zu können. Es ging besser als wenige Stunden zuvor, aber auch diese Erinnerungen blieben schwummrig, blieben nur vage in seinem Gedächtnis hängen. Ein vertrauter Duft lag aber in der Luft, gemischt mit dem schwachen Geruch von Knoblauch, Tomaten und Olivenöl aus einem Nebenraum und er war in weiße Leindecken gehüllt. War er im Himmel? Nein, das nicht. Denn sonst könnte er bereits einen Ton von sich geben und seinen Mund lockerer bewegen. Sein Hals schmerzte, als umschlänge ihn eine Dornenkrone, die sich tief in sein Fleisch hineinbohrte.
Wieder flatterten seine Augenlider. Es war anstrengend die Augen offen zu halten, weswegen er sie schloss, aber als er näherkommende Schritte wahrnahm und sich die Tür öffnete, drehte er den Kopf schwach zur Seite, um nachzusehen, wer sich ihm annäherte. Auch der Geruch von einem warmen Gericht wurde stärker. War das Tomatensuppe? Oh, wie Lovinos Magen bei dem Gedanken anfing lautstark zu Knurren...
"Haha, guten Morgen, Lovino...Wie ich höre, freut sich dein Magen ja schon darauf, mich zu sehen."
Diese Stimme, dieses Lachen...Dann lauschte er dem Klappern des Geschirrs, als es auf das Nachtkästchen gestellt wurde.
Lovino konnte nicht antworten, entgegnete aber mit einem aufmerksamen, wenn auch müden Blick.
Antonio...
Lieb lächelnd sah der Spanier auf ihn herab, keine Spur von dem gestrigen Albtraum zeigend. "Ich hab dir Tomatensuppe gemacht...Wie es aussieht, kam ich genau richtig. Brauchst du Hilfe beim Aufsitzen?"
Antonios Liebe strahlte wie eine kleine, persönliche Sonne auf Lovinos Seele, ernährte sie, ließ sie aus ihrem winterlichen Grauton auferstehen. Lovino spürte, wie sich wieder etwas in seinem Herzen öffnete. Oh Gott, wie er diesen fürsorglichen Mann nur liebte...
Nickend antwortete Lovino auf seine Frage, ließ sich von Antonio aufsetzen und gegen die Bettwand lehnen; dabei spürte er seine warmen Hände auf sich. Hände, die ihm nichts antun würden; die ihn nur schützten und heilten. Nicht so wie die Klauen von Teufeln, die ihn letzte Nacht beinahe mit sich in den Schlund der Hölle zerrten.
Vögel zwitscherten, auf den Ästen sitzend, die nach und nach ihre goldenen Blätter abwarfen.
"Kannst du schon den Löffel in die Hand nehmen? Wie fühlst du dich?", so sanft und lieb sich Antonio nach all dem Schreck gegenüber ihm verhielt, brachte Lovino fast zum Weinen. Das Letzte, was er ihm doch gegen den Kopf geworfen hatte, war sein Wutanfall und Beleidigungen?
Aber Lovino nickte. So viel Kraft war dann eben schon zu ihm zurückgekehrt und Antonio händigte ihm Löffel und die Schüssel aus. "Achtung, sie ist frisch vom Herd und heiß..."
Diese Erkenntnis aus Übereifer geradewegs selbst wahrnehmend - er hatte sich im selben Augenblick aus Gier verbrannt - ließ Lovino das Gesicht zusammenziehen. Tja, zumindest war er nun wach. Aber die Suppe war dennoch köstlich und stärkte nicht nur ihn, sondern auch seinen knurrenden Magen.
"Lass dir so viel Zeit, wie du brauchst, okay?", Antonios Hand glitt über seine Schulter, streichelte diese mit dem Daumen, ehe er sich wieder zurückzog. Wieder antwortete Lovino mit einem Nicken und krächzte ein leises "Danke", als sich seine Halsschmerzen lockerten und durch das stetige Essen der Suppe sein Mund wieder an Motorik zurückgewann.
"Nichts zu danken..."
Immerhin war deine lebensmüde Aktion auch nur aus dem Grund geschehen, um mich aus meinem Höllenloch zu retten. Das ist das Mindeste, was ich tun kann. Vor allem, weil ich dich doch auch in Gefahr gebracht habe...Du hättest dich nicht für mich aufopfern müssen...
Aber das fügte Antonio lediglich in Gedanken hinzu und Lovino putzte die Schüssel leer, dann fasste er sich wieder an den Hals. Das Wundmal glühte noch immer in einem satten rot, doch so langsam verfärbte es sich bläulich violett. Antonio schmerzte es, diese Verletzung an Lovino zu sehen. Sie erinnerte ihn daran, ihn beinahe für immer verloren zu haben und nun schien er auch noch darunter zu leiden...
Aber dann holte er tief Luft und berührte mit den Fingerspitzen Lovinos rechten Handrücken, der auf der Decke ruhte. "Lovino?", Antonio sprach ihn an, griff nach den zusammengefalteten Klamotten, die bereits am anderen Ende des Bettes lagen. "Hier, Emma hat dir heute Morgen etwas aus deinem Schrank bei Michelle hergeholt." Das Hemd und die Hose auf seinen Schoß legend, entdeckte Antonio sich selbst erneut dabei, wie er Lovinos Hals mit tristem Blick beäugte.
Lovi...
"Danke...", Lovino antwortete knapp und leise, fummelte direkt an seinem verstaubten, teilweise mit Blut bespritztem Hemd herum, doch blieb auf halben Weg beim Ausziehen stecken. Großflächige Bewegungen, waren also noch nicht drin...Und dass Antonio nun neben ihm saß, kümmerte ihn im Moment eher weniger.
"Warte, soll ich helfen?", Antonio näherte sich ihm an, bewegte die Hände auf ihn zu, aber hielt dann inne, "Falls ich darf." - "Mach halt." Seufzend ließ sich Lovino das alte Hemd über den Kopf ziehen und fühlte sich direkt ordentlicher und freier, als der frische Stoff auf seine Haut fiel. "Danke..." Wieder dieselbe Floskel, aber Lovino meinte sie sicher ehrlich.
Antonio betrachtete Lovino, sah einmal mehr die Verletzungen und sein Lächeln fiel seiner Sorge zum Opfer. "Lovino, warum hast du dich mit ihnen angelegt?" - Antonio wusste die Antwort, aber er fragte dennoch weiter. Was sollte er sonst tun? - "Warum wohl?", so langsam konnte er freier Sprechen, es benötigte nur noch ein bisschen Übung, "Sie tun dir weh."
"Aber so haben sie auch dir weh getan." Etwas lauter werdend, aber keine Gefahr vermittelnd, blickte Antonio tief in Lovinos Augen. "Lovino, ich will niemals wieder sehen, dass du so eine Kamikaze Aktion durchführst. Das ist lebensmüde! Und ich will nicht, dass dir etwas passiert. Vor allem nicht, wenn es wegen mir geschieht. Ich könnte mir nie verzeihen, wenn-"
"Dann will ich aber, dass du mich nie wieder anlügst! Nie wieder, hast du verstanden?! Ich will niemals wieder so eine Scheiße verheimlicht bekommen, ist das klar?!", fordernd funkelte Lovino Antonio an. Diesen Vertrauensbruch würde er nicht so schnell vergessen, auch wenn es ihn in Wahrheit einfach nur in Antonios Arme zog und er ihm versprechen wollen würde, dass alles gut werden wird. Diese Ambivalenz von Liebe und Frust...ach, dieses Chaos mal wieder...
"Ja...Versprochen." Antonios Augen blitzten vor Reue und Trauer auf. Diese gesamte Situation hatte ihn tief getroffen; spielte mit alten und neuen Ängsten.
"Gut." Lovino atmete laut aus, murmelte dann. Etwas Dunkles, Furchtbares hing noch an seinem Herzen. "Aber eine Frage hätte ich noch..."
Antonio spitzte die Ohren, richtete alle Aufmerksamkeit auf Lovino und die Worte, die er von sich gab. "Die wäre?"
"Warum...", er spannte die Finger an, krallte sich damit an der Decke fest, um ja nicht zu viel Emotion zu zeigen, "...hast du mich gerettet?"
"Lo-" Antonio brachte kaum ein Wort aus dem Mund, Lovino unterbrach ihn zu schnell und die Frage traf Antonio sehr plötzlich.
"Ich erinnere mich kaum daran, was passiert ist", setzte Lovino fort, senkte den Blick, "nachdem ich diesen beiden Bastarden gegenüberstand. Es ist alles sehr vage, aber...Du warst da. Das weiß ich, aber warum bist du gekommen?"
Antonio schüttelte unverständig den Kopf, hob die Augenbrauen und fühlte eine schwere Last in seiner Brust. Warum sah Lovino gerade nur so traurig aus? Wo ist sein Funken hin verschwunden? "Lovino, ich habe es dir schon vorhin gesagt, ich würde nie wollen, dass dir etwas passier-"
"Aber wegen mir hast du dich bestimmt in noch mehr Probleme hineingeritten." Lovino hörte nicht zu, fiel seiner Negativmentalität zum Opfer. "Du hättest mich sterben lassen sollen. Dann hätten diese Wahnsinnigen keinen Grund mehr, dich zu schikanieren; dir weh zu tun und ich wäre zumindest in dem Glauben gestorben, einmal etwas Gutes bewirkt zu haben. Du sollst endlich einmal von dieser Pechsträhne befreit sein, die dich seit so vielen Jahren verfolgt. Ob ich hier draufgehe, ist hier scheiß egal."
"Das ist nicht egal!" Nun platzte es Antonio heraus, seine Stimme bebte und übertönte alles, was auch immer Lovino zu sagen hatte; dieser zuckte sogar vor Schreck zurück. "Hör auf zu sagen, dass es egal wäre! Du bist nicht egal, mir bist du nicht egal! Immerhin lieb-"
Rückzieher.
Antonio sprach das Wörtchen doch nicht aus, hielt an, verstummte.
Aber Lovino wartete auf diese Antwort, blickte, so von seinem inneren Monolog zerstört zu ihm auf.
"Lo siento...", Antonio nahm sich weiter zurück, aber zügelte seine Lautstärke. Er wollte Lovino vor allem jetzt nicht verschrecken. "Ich hätte nicht laut werden dürfen."
"Schön, dass du es einsiehst, Vollidiot", entgegnete Lovino trocken, ohne die Miene zu verziehen.
"Ja...Ich bin wirklich ein Vollidiot...", versuchte Antonio nun über seinen Fehler zu lachen, hielt Lovino dann aber seine beiden Hände entgegen. Verwirrt glotzte dieser darauf, nicht wissend, was Antonio nun vorhatte.
"Gib mir mal deine Hände...", wieder eingependelt, versuchte er es erneut und weniger impulsiv, dafür aber viel sachter, Lovino zu beweisen, dass er es wert war, gerettet zu werden. Dieser aber zögerte, suchte zunächst flüchtigen Augenkontakt, senkte dann aber den Blick auf die Hände, die ihm angeboten wurden, ehe er genervt aufseufzte und Antonios Worten widerstandslos folgte. Antonio übte sachte Druck auf Lovinos Hände aus, atmete für einen Augenblick bewusst ein, die Augen geschlossen, ehe er dem Mann vor sich mit aller Ruhe der Welt seine Worte zu Ohren kommen ließ.
"Lovino, ich weiß, du siehst das anders. Ich weiß, du siehst dich in einem schrecklich schlechten Licht...Ich kenne dich dafür zu lange, das nicht bemerkt zu haben." Lovino hatte den Kopf zur Seite gedreht, sich von Antonio abwendend, doch Antonio drückte erneut seine Hände, strich aber dann mit dem Daumen über seinen linken Handrücken. Er suchte seine Aufmerksamkeit, seinen Blick, der ihm versicherte, zumindest angehört zu werden. "Aber, Lovino?" Es brauchte eine Frage, die es Lovino instinktiv dazu verleitete, sein Haupt zu erheben und Antonio in die Augen zu sehen. Aber in Lovinos Augen befand sich lediglich Trauer. Trauer und vielleicht auch die Angst, was nun kommen würde. Lovino wollte nicht darüber reden, wie er über sich selbst dachte. Vor allem nicht mit Antonio und doch ließ er es einfach zu und schaffte es nicht, zu rebellieren. Jedoch sah Antonio seinen inneren Twist; es brach ihm das Herz diesen glasigen Film über seinen Augen zu entdecken. Fast würde er selbst mit ihm mit heulen.
"Lovi...sei dir bitte bewusst, dass du mir viel bedeutest, okay? Deswegen habe und würde ich dich immer wieder retten wollen. Ich könnte es mir niemals erlauben, nicht einmal ertragen, dich einfach so zurückzulassen...Du weißt gar nicht, wie wunderbar du bist...Wie viel wert du eigentlich hast. Für mich, für deine Freunde und deine Familie...Das finde ich sehr schade. Denn du bist eine so liebe Person..."
Eine neutrale Mimik beizubehalten war nichts weiter als ein interner Kampf mit den eigenen Dämonen. In Lovino herrschte Chaos. Was er fühlen sollte: Das wusste er nicht, es war ein endloses Getümmel, das er nicht einzuordnen vermochte. Aber es waren keine strikt dunklen Gefühle; es mischten sich nach und nach helle Lichter, wie der Schein einer Kerze, in sein Herz hinein. "Das sagst du jetzt auch nur, um mich zu trösten. Du weißt genau, wie ich oft bin. Ich bin unausstehlich; bin so hitzköpfig und grob und provoziere immer alle. Immer gibt es Stress und Probleme und das nur wegen mir. Was soll daran bitte lieb sein? Du bist wohl zu oft auf den Kopf gefallen, pah!"
Lovino wollte all das doch gar nicht sagen, aber dieser immer unkontrollierbarer werdende Tumult in seiner Seele wollte nach draußen. Doch nur wie? Es war lächerlich! Alles kam gleichzeitig: Zweifel sowie die Hoffnung, ihm Glauben schenken zu wollen und kaum hatte Lovino diese Worte über die Lippen gebracht, bereute er sie. Warum wählte er immer diesen Weg, sobald sein Bad an abertausend Emotionen das Fass zum Überlaufen brachte? Er hatte es soeben bewiesen, wie furchtbar er doch eigentlich war und Lovino zog die Hände zu sich. Er hatte es nicht verdient, auch noch Antonios Fürsorge zu erhalten, wenn er sich doch so undankbar verhielt.
"Nein, Lovino, hör doch zu, es ist so...wie soll ich sagen...?"
Antonio blickte hinter diese Worte und erkannte, was hinter Lovinos Stressreaktion steckte. Die Antwort, sie stand in...
"Deine Augen..." - "Wie meine Augen? Geht's dir noch gut?" Wie ein Igel begann Lovino, sich instinktiv gegen jeden Einwand zu verteidigen.
"Ich, nein, Lovi, hör zu...", verbesserte sich Antonio, lachte seine Peinlichkeit kurz davon, "was ich damit gerade sagen will, ist, dass deine Augen mehr über dich erzählen, als du denkst, weißt du? Dein Mund sagt oft nicht das, was wirklich in dir vorgeht, aber deine Augen sprechen die Wahrheit und...", er hob kurz den Arm, und wollte schon beinah seine Hand an Lovinos Wange legen, stoppte sich aber kurz bevor er seine Haut berührte, "...trotzdem sind deine Augen aus irgendeinem Grund die liebenswürdigsten, die ich je gesehen hab... Sie tragen so ein sanftes Leuchten in sich. Manchmal bilde ich mir ein, dahinter einen anderen Lovino zu entdecken. Den wahren Lovino, wie er wirklich denkt und fühlt und lass mich dir sagen: Lovinito, mit all deinen Seiten und Facetten, Schwächen und Stärken, du bist ein wundervoller Mensch, der es wert ist, gerettet zu werden."
Lovinos Augen weiteten sich in Unglauben, aber diesmal kam weder eine Beleidigung noch ein anderweitiges Wort aus seinem Mund. Er blieb still. Ach, Tonio, du schnulziger Volltrottel mit deinen Gefühlsduseleien...Immer willst du mir solche Reden an den Kopf werfen, in der Hoffnung, dass sie etwas bringen...
Doch es wäre eine Lüge, wenn sie nicht zumindest irgendetwas in ihm bewirkten...Und auch, wenn Antonio ihn nicht fixen konnte - dafür waren sie beide zu kaputt - schätzte er den Versuch doch sehr...
Und Antonio fuhr weiter fort, strich seine beiden Arme herab, spürte dabei aber die feinen, erhobenen Linien alter Narben, die sein Herz zum Zittern brachten. "Deshalb versuche zu verstehen, dass ich...", Antonio stolperte über seine Worte, "...also, dass du mir wichtig bist und Emma, Abel und Michelle ebenso...Wir haben dich lieb."
Doch wie sehr hast du mich denn lieb, Antonio? Liebst du mich denn auch so wie ich dich liebe? Du zeigst mir doch dauernd offen diese Gefühle, doch ziehst dich zugleich zurück, wenn du versuchst, sie auszudrücken. Woher soll ich nur wissen, was du meinst... Woher soll ich mir sicher sein, dass du deine Worte auch so meinst oder ob du nur mit mir spielst?
Lovino wusste nicht, was er entgegnen sollte. Im Moment war es einfach zu viel und Antonio las ihm diese Überforderung direkt an seinem Blick ab, öffnete beide Arme für ihn. "Du musst jetzt nicht antworten, keine Sorge..." Und ehe man sich versah, fiel Lovino schon mit seinem schweren Kopf voran gegen Antonios Schulter, wartete nur darauf, bis der Ältere auch seine Arme um ihn schlang.
Was Lovino im Moment brauchte, war lediglich Nähe und Stabilität; einen Felsen in der Brandung seines Nervenzusammenbruchs und jene warme, große Hand, die ihm durchs Haar und über den Rücken strich, die seinen inneren Sturm besänftigte.
So saßen beide Männer für wenige Minuten da, kein Wort miteinander wechselnd, lediglich Taten sprechen lassend. Antonio legte sein Kinn an Lovinos Kopf ab, schloss ihn in seinen Armen ein, sodass die gefährlichen Fänge der Außenwelt seinem Lovino nichts anhaben konnten. Lovino badete förmlich in dem imaginären Licht, das Antonio wie eine Sonne mit seiner süchtig machenden, wohligen Wärme und Nähe ausstrahlte. Und doch hielt er sich auch an ihm fest, die Arme um seinen Oberkörper geschlungen, um sein ohnehin zerschmettertes Herz vor weiteren Schicksalsschlägen zu bewahren.
Doch als Lovino seinen Kopf bewegte und dabei seinen Hals streckte, zuckte er prompt zusammen, zog somit alle Aufmerksamkeit Antonios auf sich und die Umarmung löste sich auf. Mit den Fingerspitzen fuhr er über das dunkelrote Mal, das sich rund um seine Kehle zog und unterdrückte ein Winseln. Noch immer Tat die Wunde weh, die man ihm hinzugefügt hatte und Lovino kniff die Augen zusammen. Wie lange würde es denn dauern, bis der Schmerz von Dannen zog?
"Tut es noch sehr weh?", fragte Antonio plötzlich im Flüsterton. Lovino nickte zwar aus Instinkt, bereute aber direkt diese dumme Tat durch das fiese Stechen, das ihn sofort dafür bestrafte. Oh, wie Antonio dieser Anblick das Herz brach und er sorgenvoll die Stirn runzelte. Er wollte ihm all den Schmerz nehmen; nichts sollte seinen Lovinito verletzen...
"Darf ich näherkommen?", eine riskante Frage und eine bevorstehende Tat, die Antonio nicht richtig durchdachte. Lovino eine Geste zu zeigen, die ihn vermeintlich heilte, war alles, was er sich vornahm, auch wenn ihm klar war, dass lediglich die Zeit etwas auszurichten hatte. Aber Lovino war ahnungslos, antwortete mit einem wirren 'Ja'. Und so lehnte sich Antonio, ohne weitere Gedanken, nach vor, legte den Kopf schief und ließ Lovino die Zeit, zu reagieren, falls er es nicht wollte. Aber Lovino weigerte sich nicht, blieb wie versteinert sitzen und erlaubte Antonio, so nahe zu kommen, wie er wollte. So streiften weiche Lippen seine empfindliche Haut, küssten sie sanft, als wäre sie Seide. Lovinos Haut heizte sich auf; heißes Blut färbte seine Wangen in ein tiefes Rot und ein Kribbeln überfiel seinen Bauch, das sich bis in jede Faser seines Körpers ausbreitete. Und doch wich er nicht zurück, schloss für den Moment seine Augen und hörte das Pulsieren seines Herzens bis in seine Ohrmuscheln hämmern.
Es blieb bei diesem einen, winzig-süßen Kuss am Hals und obwohl es sich nur um wenige Sekunden handelte, waren sie Schöpfer unzähliger neuer Fragen und Antworten sowie ein Fegefeuer voller Nervosität und Anspannung. Als Antonio sich entfernte und erst dann realisierte, was er soeben getan hatte, als er in das errötete Gesicht seines Gegenübers blickte, welcher sofort die Hand erhob, und die Stelle verdeckte, die Augen weit aufgerissen, traf es ihn wie ein Blitz.
Er wollte seinem Lovinito doch nur alle Schmerzen lindern, war dabei aber selbst seiner Sehnsucht zum Opfer gefallen. War er ihm doch zu nah getreten? Antonio wollte ihn nicht überrumpeln... Lovino nicht ruinieren..."Ich...ah, entschuldige, ich wollte nur-"
Aber trotzdem wollte er ihn ein weiteres Mal küssen.
Aber das wollte er nicht zugeben.
Lovinos Zweifel über Antonios Gefühle schmissen sich mit einem Mal selbst über Bord. Seine eigenen in der Gegenwart seines Geliebten aber zu formulieren, war eine Schwierigkeit. Vor allem in dieser unvorhergesehenen Spontanität des Kusses. "Antonio, ich-" Schon stützte er sich auf, die Worte in seinem Kopf zusammensuchend und doch kam kein verständlicher Satz aus seinem Mund. Dennoch legte er seine Hand flott auf Antonios, welche nun auf der Bettdecke ruhte, und kam seinem Gesicht näher.
Er wollte sagen, was ihm durch den Kopf ging. Er presste die Lippen zusammen, ehe er den Mund wieder öffnete. Keine Rücksicht auf ein Risiko mehr. Es musste raus. Er musste es ihm sagen, jetzt oder nie!
Aber Lovinos Stimme war lediglich ein Haufen voller Stotterer, aber seine Mimik verriet dem Spanier zumindest, dass dieser nicht wütend auf ihn war. Ein Stein fiel ihm von Herzen, auch wenn er selbst in diesem Chaos des Unaussprechlichen gefangen war und voller Verwirrung beinahe den Verstand verlor.
Schon spürten sie den Atem des anderen auf den Lippen, fühlten die Buchstaben von Worten des anderen auf sich, als sprächen sie diese selbst aus, doch bevor auch nur einer von ihnen ein klares "Ich liebe dich" rausbrachte oder sich in einem Kuss verlor, krachte es im Innenhof und es riss die beiden vor Schreck auseinander. Ein lautes Fluchen eines Nachbarn folgte. Ihm war wohl etwas Metallenes zusammengebrochen, so wie es schepperte und klingelte.
Doch die Herzen beider Verliebten schlugen auf Hochtouren und wieder wagten sie es nicht, einander anzusehen, als auch ihnen ihre zweite Chance einer Liebeserklärung geraubt wurde. Die Atmosphäre spannte sich an, sie enthielten sich einander, verwarfen all ihr Vorhaben, sprachen nicht einmal mehr darüber, was soeben beinah geschehen war.
Und dennoch wussten sie beide:
Sie konnten wirklich keinen Tag mehr miteinander auskommen, ohne beinahe einander alles zu beichten und ohne Dummheiten anzustellen, die offensichtlicher, denn je ihre Liebe zeigten...
Aber die Unaussprechlichkeit dreier Worte sowie das Schicksal selbst, hatten sie beide wie Marionetten unter Kontrolle und hielten sie mit ihren Fäden voneinander fern.
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