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Kapitel 30 - "Lass mich deine Wunden heilen..."

Wolken verdeckten Mond und Sterne. Die Luft, feucht und kühl, lag wie ein hauchzarter Mantel auf der Haut. Es musste bereits kurz vor Mitternacht sein und Lovino machte einen bewussten, tiefen Atemzug in dieser wunderbar kühlen Abendstunde und doch kreisten die Gedanken unaufhörlich in seinem Kopf herum. Das Ereignis von gestern, die Gespräche und das Versprechen zwischen Emma und ihm, um herauszufinden, was Antonio und Abel in Wirklichkeit über die Mörderbande der Stadt wussten...Lovinos Leben stellte sich jeden Tag ein bisschen mehr auf den Kopf und jedes Mal ging es um Antonio; ob es gut oder schlecht war, sei dahingestellt.

Im Moment wunderte sich Lovino, weswegen Antonio diesen Abend nicht vor seinem Arbeitsplatz gewartet hatte. Für gewöhnlich begrüßte Antonio ihn jeden Abend mit seinem dämlichen Grinsen und sie machten sich zusammen auf den Heimweg. Ob ihn der Kampf vom Vortag doch so sehr getroffen hatte, dass er nicht mehr einen Finger rühren konnte?

Machte sich Lovino gerade tatsächlich Sorgen, um einen Bastard wie ihn? Zugegeben, vermisste er ihn tatsächlich, aber diese Tatsache würde er niemals über seine Lippen gehen lassen, geschweige denn jemandem beichten. Was auch immer er für den Bastard empfand, es bliebe für immer ein Geheimnis, sein bestgehüteter Schatz.

"Über was zerbrichst du dir wieder den Kopf, Lovino? Du starrst Löcher in die Luft...", Emmas warme Hand fasste ihn an der Schulter und riss ihn zurück in die Realität. Lovino fuhr herum, das Herz klopfte aufgrund des Schrecks. "Wie? Was? Ach so...", Lovino atmete aus und lehnte sich mit dem Rücken gegen die sandfarbene Hauswand, sie war kühl und rau "Ich hab mich nur gefragt, warum der Bastard heute nicht hier ist. Der stellt gefühlt bereits ein Zelt vor meinem Arbeitsplatz auf, nur um mich am Abend nach Hause zu begleiten."

"Wirklich? Das macht er?", Emma grinste leicht und sah zum Himmel auf, nahm einen Schluck von ihrem Wasser und dachte an Antonio, "Er scheint dich wirklich unglaublich gern zu haben, weißt du?"

"Ach was...sicher nicht", Lovino schüttelte den Kopf, sah zu Boden und zog die Augenbrauen zusammen, "Egal, ich hoffe, er ist sicher und ruht sich aus, auch wenn mir der Gedanke, dass der Vollidiot alleine ist, Bauchschmerzen bereitet. Kann ja sein, dass so ein Beschissener daherkommt und ihn attackiert. Wäre ja nicht das erste Mal, dass diese Wahnsinnigen einfach so ins Haus einbrechen."

Emma nickte, verlor ein bisschen Farbe im Gesicht, da sie sich an den Vorfall vor wenigen Monaten erinnerte, bei dem man sie bedrohte, und tippte mit dem Zeigefinger gegen ihr Glas, als sie die spärlich beleuchtete Straße beobachtete. "Ihr beide solltet wirklich darüber nachdenken, umzuziehen. Bleibt ihr beide allein, seid ihr beide doch ein leichtes Opfer, falls der Typ von gestern - Asmodeus oder Andrés, wie du meintest - zurückkäme. Wärt ihr zu zweit oder noch besser zu dritt mit jemandem, wärt ihr jedenfalls nicht in akuter Gefahr."

"Ich weiß, aber du weißt, dass ich mir das nicht so spontan leisten kann...", warf Lovino direkt ein und sah seine Freundin von der Seite an. Sie hatte recht, aber die Umsetzung war zu schwierig.

"Ich weiß", seufzend stürzte sie sich das Wasser in den Rachen hinunter, spürte wie sich die Kälte bis in ihre Brust ausbreitete und stellte das Glas aufs Fensterbrett, "Ich würde gerne sagen, dass du bei Michelle, Abel und mir einziehen kannst, aber für Antonio wird es eng werden, es sei denn er lässt sich bei Michelle in ihrem Elternhaus mit ihr einquartieren. Oder ich zieh mit Michelle zu ihren Eltern und ich überlasse euch Jungs die Wohnung, solange ihr mir nicht die Möbel ruiniert und die Küche in Brand setzt."

"Das wäre sehr lieb, Emma, danke...", Lovino bemühte sich um ein Lächeln, "Am besten reden wir mit den anderen noch darüber. Dennoch danke, dass du nicht zulassen willst, dass ich gleich hinter der nächsten Ecke abgestochen werde." Sein Gesicht erhellte sich und die müden Augen sprühten Funken. Emmas Geste bedeutete ihm unglaublich viel und er war so froh, damals bei seiner Ankunft in dieser Stadt in diese kleine Gruppe integriert worden zu sein...
Lovino hatte endlich Freunde, die sich tatsächlich um ihn kümmerten...

Mit der flachen Hand schubste Emma Lovino am Arm spielerisch von sich weg und lachte frech. "Bah, natürlich will ich das nicht, was denkst du von mir? So herzlos bin ich auch wieder nicht."

"Naja, wer weiß!", entgegnete Lovino direkt mit einem fiesen Lächeln und zog ihr das Haarband von ihrem Kopf runter zu ihren Augen. "Wahh! Lovino, ich hasse dich!", lachte Emma und schob sich ihr Haarband wieder nach oben, "Du bist echt so eine Qual!"

"Gern geschehen!" Mit Humor nehmend tätschelte er den Kopf seiner kleineren Freundin und exte dann direkt auch sein Getränk, jedoch übernahm er sich und er fing an schrecklich zu husten. "Ich hab's in den falschen Hals gekriegt! Verdammte Sch-"

Emma bemühte sich nicht los zu prusten und zuckte, als sie sich das Lachen verkniff. "Pft! Das hast du jetzt davon, Lovino. Karma! Ich hab absolut kein Mitleid mit dir, denn das hast du nun davon!" Nun verschränkte sie die Arme schadenfroh vor der Brust und sah ihrem Freund zu wie er sich elendig die Seele aus dem Leib hustete.

Lovino hustete immer wieder und klopfte sich gegen die Brust, mit der anderen Hand stützte er sich an der Hauswand. Das konnte auch nur ihm passieren, oder?

"Du stirbst mir doch jetzt nicht weg, oder?", sprach ihn Emma von der Seite an und sie hielt die Hände hinter den Rücken, als sie sich zu ihm hin beugte. "Nein, leider ist das noch zu wenig", brachte Lovino gerade noch so heraus und hielt sich weiterhin die vom Husten schmerzende Brust.

Plötzlich, ein Geräusch. Metalle rieben aneinander, dieses dumpfe, helle Geräusch erkannte Lovino sofort. Die Ohren spitzend hielt er inne, drehte sich zur Hälfte in die entgegengesetzte Richtung und hielt Ausschau. Niemand zu sehen...Die schier in die Unendlichkeit führende Straße offenbarte ihm nichts als Finsternis, unterbrochen von einzelnen Lichtkegeln der Straßenlaternen.

"Lovino? Was hast du?" Emmas Hand ruhte auf seiner Schulter, ihre Stimme verfärbte sich durch die Ungewissheit. "Hast du etwas gesehen oder gehört?" - "Ich denke schon." Lovino traute sich einige Schritte in Richtung des Geräusches zu wagen, solange er den beleuchteten Grund des Wohnhauses nicht übertrat.

Als kein weiterer Klang folgte, hätte Lovino schon darauf geschworen, sich etwas eingebildet zu haben, doch kaum wandte er sich wieder zu Emma, kam ihm ein tiefer, gedämpfter Ton zu Ohren, der schließlich wieder mit dem klirrenden Geräusch des reibenden Metalls endete.

Da war etwas. Lovino konnte Gift darauf nehmen. "Da hinten", den Arm anhebend zeigte er nach links, "Es hat sich angehört, als ob jemand etwas geöffnet und dann wieder geschlossen hätte." Emmas Augen blitzten auf und sie neigte den Kopf zur Seite. "Wie meinst du das? Sollen wir nachsehen?" Emma kniff die Augen leicht zusammen, schärfte ihre Sinne und sah geradeaus.

"Ehrlich gesagt würde ich mich lieber verpissen, weil ich kein Bock aufs Sterben hab... " Er atmete aus und drehte der Dunkelheit bereits den Rücken zu; jedoch...eine Stimme. Eine Stimme in ihm flößte ihm Worte ein, die ihn geradezu magisch in die Richtung des Geräusches locken wollten. Lovino presste die Lippen aufeinander, drehte sich um und das Adrenalin schoss blitzschnell durch seine Adern, dass Lovino bereits glaubte, er könnte jede einzelne spüren. Lovino musste nachsehen. Er musste es. Etwas lauerte in den Schatten. Etwas, das er trotz des Risikos unbedingt sehen müsste und sein Instinkt sagte ihm, dass er eine Flucht bereuen würde. "...aber dann mach ich mich psychisch fertig, weil ich nicht nachgesehen hab. Also gehen wir." Und schon näherten sich Lovino und Emma der Dunkelheit, aus der das Geräusch kam. Ein grausiges Gefühl überkam Lovinos Magen. Oh, hoffentlich trat nicht dasselbe Grauenvolle ein wie gestern...Seine Schritte klackten über den gepflasterten Steinboden, ein bisschen Laternenlicht lotste ihn durch die Finsternis. Doch je näher er der Geräuschquelle kam, desto mehr erkannte er einen unförmigen Haufen vor sich, der eine Silhouette auf den Boden malte.

"Ist das..." Emmas Augen vergrößerten sich, kaum erkannte sie die Figur, die vor ihnen auf der Straße lag; die Beine und Arme angewinkelt, den Mund einen Spalt geöffnet. Braune Locken rahmten das Gesicht ein, das von roten Flecken und blauen Prellungen geradezu verunstaltet war. Das einst weiße Hemd war von Schmutz übersät: voller Dreck und Blut und vereinzelter Risse. Der kräftige Brustkorb hob und senkte sich nur spärlich, deutete jedoch darauf hin, dass das Leben noch nicht vorbei war und dennoch am seidenen Faden hing.

"ANTONIO!" Kreischend stürzte sich Lovino vor Antonios regungslosen Körper auf die Knie. Sein Herz pochte - er hörte es selbst in seinen Ohren pulsieren, gemischt mit einem Rauschen, ähnlich dem des Meeres - die kleinen Härchen auf seiner Haut stellten sich reihenweise auf und Lovino fühlte sich, als hätte man ihn in jenem Moment im eisig kalten Meer versenkt, denn mit einem Mal verschärften sich alle Sinne, während sie sich zur selbigen Zeit paralysierten und Lovino scheinbar von der Realität abkapselten.
Antonio.

Lovino packe Antonios Schulter und rüttelte ihn fest, dabei stockte ihm mehrmals der Atem. Sein Herz stach, es riss, es verzerrte sich mit einem Mal, als bestehe es lediglich aus zähem Gummi. "Antonio!", rief er wieder in die Dunkelheit, nicht bemerkend wie hysterisch er sich im Moment verhielt. Seine Haut färbte sich kreidebleich, sein Schlottern peinigte ihn vom Kopf bis zu den Zehen und alles, was sich um ihn herum befand, verschwamm in einer teerigen, verschwommenen Masse. Emma war nur eine wandelnde, warme Seele, ein kleines Licht, in seiner Wahrnehmung, die seine Panik überdauerte. Antonios Arm war eisig, seine Fingerspitzen waren weiß wie Schnee, als hätte man ihn an einem kühlen Ort stundenlang eingekerkert, aber auch blaue Flecken verunstalteten seine einst makellose, gebräunte Haut an den Handgelenken und am Hals.

Oh...
Lovinos Wut brodelte in seinem Magen und heizte den jungen Italiener auf. Woher kamen diese Verletzungen? Wer hatte Antonio etwas derartig Schreckliches angetan?!
Lovino schloss für einen Moment die Augen und legte seinen Kopf auf seine Brust, lauschte seinem Puls.

Bestimmt hatten diese Massenmörder etwas damit zu tun...Es gab keine andere Möglichkeit. Lovino wollte sich nicht ausmalen, wie sehr sie seinen Antonio verletzt hatten...

"Sein Puls ist langsam und schwach...", Lovino flüsterte, brachte vor Schreck keinen Ton heraus und sah verzweifelt zu Emma, die im selbigen Moment ihr Ohr an seinen Mund hielt. "Aber er atmet noch..." Sie legte ihre Hand auf ihr schnell schlagendes Herz und sah um sich herum. "Er sollte hier nicht liegen bleiben. Vor allem nicht hier abseits des Lichtes in der Kälte...", hauchte sie mit bebender Stimme. "Bringen wir ihn zu dir in die Wohnung, Lovino, hilf mir bitte!" Schon griff sie unter Antonios Achseln und hob ihn mit Mühe an. So schlaff wie seine Glieder waren, machte er sich ungewollt schwerer und umständlicher zu tragen. Lovino fasste Antonios Rumpf, hob ihn mit ganzer Kraft an, drehte sich dann zur Seite und legte einen seiner Arme über die Schulter; Emma tat ihm das gleich. Einen Schritt nach vorne wagend schleppte Lovino seinen verletzten Geliebten voran, zurück auf den Gehsteig, zurück in eine potentiell sichere Welt, doch jede Bewegung, jeder Gedanke zerrte an seinem Herzen und quälte ihn mit Furcht und endlosem Zittern, dass er kaum noch einen Ton von sich geben konnte, hätte Emma ihn angesprochen.
Tonio...
Oh, sein Tonio...Er hatte eine so wunderbar warme, liebe Seele; ein Herz aus Gold und strahlte wie die Sonne selbst. Wer konnte es nur wagen, Lovino seine liebste Sonne aus dem Leben zu reißen, ihn so zu verletzen, dass er nun um sein Leben fürchten musste?

Hauchend und kaum hörbar formten seine Lippen feinste Worte; einen Wunsch, den sich Emma sowie Lovino in diesem Moment mehr als alles andere wünschten.

Antonio, wach bitte auf und lebe...

Die Türklinke war kalt, als Lovino sie herabdrückte; fast so kalt wie Antonios Hände und der Holzflur knarzte wie ein modernder alter Holzsarg, als die beiden ihren Freund in die warme Stube brachten, Antonio auf Lovinos Bett hievten und direkt die Tür und alle Fenster schlossen. Emma entzündete die billige Gaslampe, danach noch einige herumstehende Kerzen, um jeden Winkel des Zimmers zu erleuchten. "So, das müsste reichen..", sie stellte die Lampe aufs Nachtkästchen neben Antonios Kopf, um seinen Körper mitsamt seinen Verletzungen besser begutachten zu können. Ein Zischen entfloh ihrem Mund und ihre Augenbrauen hoben sich an; sie unterdrückte ein Fluchen. "Er sieht schlimmer aus als gedacht." Vorsichtig strich sie ihrem Freund über die Wange und ihre Sicht verschwamm, als die Tränen in ihren Augen hervorsprossen.

Lovino nickte nur still, saß wie versteinert an der Bettkante und wich nicht von Antonios Seite. Zu viel Chaos herrschte in seinem Inneren, dass er sprechen könnte und der Anblick von Antonios verletzten Körper versetzte jede Zelle seines Körpers in einen Zustand der tiefen Trauer. Man verletzte seinen besten Freund, seinen Lieblingsmenschen, seine heimliche Liebe, die niemals ausgesprochen werden würde und doch spürte Lovino, wie viel schlimmer die Situation für ihn war, nun, als ihm seine besonderen Gefühle einmal mehr bewusst wurden.

Zitternd lehnte er sich nach vorne, berührte Antonios erkaltete Hände und umschloss sie mit den seinen. Dann hob er sie an und lehnte sich mit seiner warmen Stirn dagegen und erlaubte seine Tränen, vereinzelt auf das Bettlaken zu fallen.

Als Emma dies sah, versetzte ihr die Szene einen deftigen Schlag ins Herz. Denn sie sah, wie sehr Lovino an Antonio hing. Wie sehr er sich um ihn sorgte, obwohl er oftmals so tat, als müsste er sich darum bemühen, auch nur ansatzweise lieb ihm gegenüber zu sein. Denn nun waren Lovinos Mauern und Selbstbeherrschung eingerissen und Emma erlangte einen Blick auf Lovinos wahres, sensibles Ich, das bis jetzt nur Antonio erfahren durfte.

"Lovino...", schon wollte sie ihn darauf ansprechen, dass sie wohl verstünde wie sehr er Antonio liebte - sie tat es doch auch, auf platonische Art und Weise - doch sie schluckte ihren Kommentar wie bittere Medizin runter. Nein, sie sollte Lovino nicht darauf ansprechen; vor allem jetzt nicht, wo er doch so in Panik verfiel.

"Er wird bestimmt wieder gesund, Lovino...", sagte Emma einerseits um ihren Freund, andererseits auch, um sich selbst zu beruhigen, "Antonio ist stark...Komm, decken wir ihn zu, damit er es warm hat."

"Noch nicht...", entgegnete Lovino sogleich, seine Stimme war erschreckend fragil und dünn wie Glas, "erst muss ich seine Wunden säubern...Ich will nicht, dass sie schlimmer werden..."

Nickend stimmte ihm Emma zu. Natürlich. Zunächst mussten sie ihn verarzten. "Stimmt, hast du einen kleinen Schrank mit Erste-Hilfe Utensilien? Oder habt ihr das hier gemeinschaftlich im Haus gesammelt?"

Lovino sah sie nicht an, drückte stattdessen Antonios Hände etwas fester. "Draußen. Ist eh im Erdgeschoss neben den Treppen zu den anderen Wohnungen. Dort gibt es nur einen Kasten, du kannst ihn also nicht verfehlen."

Schon begab sich Emma zur Tür, öffnete sie leise und huschte hinaus. "Okay, ich beeile mich, ja?" Und schon war sie verschwunden und Lovino war allein mit Antonio.

Konzentriert beobachtete er, wie sein Brustkorb sich seicht auf und ab bewegte und wie seine weißen Fingerspitzen nach und nach wieder ihre natürliche Farbe erhielten, je länger er sie hielt. Lovino sah nach links und rechts. Es war still. Die meisten des Wohnkomplexes schliefen bereits oder waren außer Haus. Lovino nutzte diese Ruhe und Einsamkeit und hauchte Antonios Finger mit seinem heißen Atem an, dann küsste er sie, als könnte er Antonios Schmerzen wie bei einem kleinen Kind mit einem Kuss lindern. Am liebsten hätte er seinen Kopf an seine Brust gelegt, seinem Herz gelauscht und gehofft, seine Nähe würde ihn erwecken, wie es so oft in Märchenbüchern geschah, wenn der Prinz seine Prinzessin wachküsste. Aber Lovino war weder Prinz noch Prinzessin und so war es auch Antonio nicht. Sie lebten in keinem Märchen und auch nicht in einer Welt, in dem ein Kuss alles zu heilen vermochte.

Dennoch betete Lovino dafür, dass ihnen ein 'Happy End' vergönnt war, denn wenn ein Mensch Glückseligkeit und ein Leben fernab von Trauer und Gewalt verdiente, dann war es Antonio.

Mit einem Quietschen öffnete Emma erneut die Tür zu Lovinos winziger Wohnung, das Täschchen voller Erste Hilfe Materialien und eine Schüssel voll Wasser mit einem Lappen in den Händen haltend. Bevor Lovino reagieren konnte, erblickte Emma bereits die kleine Szene, die sich vor ihr abspielte und ihr Herz schlug einen Satz.

Hatte Lovino gerade Antonios Hände geküsst?

Überrascht darüber, diese Seite von Lovino zu sehen, war sie dagegen tatsächlich weniger verwundert, dass Antonio derjenige war, der Lovinos Zuneigung traf. Dass die beiden füreinander besondere Gefühle hegten, war für sie offensichtlich genug.

"Emma?"

Lovinos Stimme riss Emma aus ihrer spontanen Starre und sie zuckte mit dem Kopf. "Ah, entschuldige, Lovino. Ich war kurz weg. Hier, ich hab auch warmes Wasser zum Säubern der Wunden mitgenommen..."

"Danke...", antwortete Lovino leise und griff direkt nach dem Lappen und tauchte ihn ins warme Wasser, bis er sich vollgesogen hatte. Lovino war ruhig, geradezu gelassen, fand Emma, aber dem war bestimmt nicht so. In Lovino wüteten immer noch alle möglichen Dämonen, die ihn an den Rand der Verzweiflung und Sorge trieben.

Während Emma in der Tasche herumwühlte und ein kleines Fläschchen Schnaps zur Desinfektion, Verbände sowie Salben herauskramte, wischte Lovino mit dem warmen Lappen zunächst Antonios Gesicht sauber. Nach und nach entfernte er das getrocknete Blut und seine Wunden wurden sichtbarer, die nur noch mehr Lasten in sein Herz ritzten. Einige der Schrammen konnten niemals von einer Schlägerei stammen. Hier war eindeutig Werkzeug am Werk, denn die Schnitte waren filigran, aber zum Glück nicht allzu tief, dass man sie flicken müsste. In seine Westentasche greifend, zückte Lovino ein sauberes Stofftaschentuch heraus und griff nach dem Schnaps, tropfte ein kleines Bisschen auf die Mitte des Tuches und tupfte anschließend Antonios Wunden mit größter Vorsicht und Achtung sauber. Hoffentlich brächte ihn das Brennen des Alkohols bald zurück zur Besinnung...Es zerstörte Lovino, ihn noch länger so bewusstlos zu sehen.

Als Antonios Gesicht halbwegs annehmend verarztet war und Emma die größeren Wunden mit Pflaster abgedeckt hatte, warf Lovino einen Blick auf den restlichen Körper des Spaniers und atmete tief ein.
Er musste unbedingt der Vorsicht wegen nachsehen, ob er auch unter seiner Kleidung Verletzungen erlitten hatte. Und obwohl ihn innere Stimmlein in den Wahnsinn trieben und ihn scheu zurückweichen lassen wollten, kaum fummelte er an Antonios Knöpfen, entledigte er ihn nach und nach seines Hemdes und seiner Hose, während Emma frisches Wasser von der Bassena holte. Nun lag Antonio beinahe nackt vor ihm und Lovino dachte, sein Herz bräche in zwei Teile wie eine Nussschale. Riesige Blutergüsse hatten seine einst sonnengeküsste Haut verunstaltet, an einem Arm glühte eine eindeutige Brandwunde und tiefe Kratzer versteckten sich an seiner Seite, die sich wohl bis zu seinem Rücken zogen.
Als hätte man mit der Geißel auf ihn eingeschlagen...

Oh, Antonio...Was ist nur mit dir geschehen, als er nicht da war?

"Hier, Lovino, frisches Wasser...", Emma eilte zu Lovino und stellte ihm das frische Wasser hin und tauchte den Lappen hinein, dann blickte sie zu ihrem Freund, dessen Bauchdecke sich glücklicherweise wieder regelmäßiger hob und senkte, "Er sieht wirklich mies zugestellt aus. Ich hoffe, Antonio wacht bald wieder auf..."

"Ich auch..." Lovino nahm den warmen Lappen und putzte zunächst die offenen Wunden rein, seine Finger streiften dabei über jeden Muskel, jede noch so kleine Unebenheit von Antonios Haut. Er fühlte sich wärmer an als zuvor, es war ein gutes Zeichen und als Lovino anschließend mit dem desinfizierten Tuch über seine Schnitte und Kratzer wischte, zuckten seine Glieder auf und ein erschöpftes, leises Stöhnen kam aus seinem Mund.

"Shhh...Ist gleich vorbei...Bitte lass mich deine Wunden heilen...", Lovinos Stimme wurde sanfter, gar vor Erleichterung beinahe hauchend und fein wie Seide, während Emmas Augen vor Überraschung aufblitzten, kaum hörte sie ein Lebenszeichen von Antonio. "Antonio..."

Wieder stieß Antonio mit einem Jammern den Atem aus und mit jeder Sekunde schienen seine Sinne zurückzukehren. Emma wickelte den weißen Verband um seinen wunden Oberarm. Besonders dieser Teil seines Körpers stach bei jeder noch so kleinen Berührung, als hätte er sich an heißem Eisen oder kochendem Wasser verbrannt. Lovino hingegen strich ihm mit den warmen Fingerspitzen über die Brust, in seiner linken Hand hielt er Lappen und Tuch und erst jetzt roch Antonio den scharfen Geruch des desinfizierenden Alkohols in seiner Nase und rümpfte diese sogleich.

"He, Antonio, ruhig...Kannst du mich hören?"

Lovinos Stimme. Oh, sie war wie die Stimme eines Engels, kaum fasste sich Antonio nach all der Zeit wieder. Er war der erste, den er zunächst konkret wahrnahm, aber Emmas Anwesenheit blieb ihm verschwommen im Gedächtnis. Das Letzte, an das er sich erinnerte, waren seine Schmerzen, die Kälte und die verwaschenen Stimmen seiner Peiniger.

"Tonio?"

Trotz der geschlossenen Augen sah Antonio den Schatten seiner Hand durch seine Augenlider und als sich Antonio dazu aufraffte, die Augen aufzureißen, sah er zunächst nur Fleckchen voll warmer Farben. Sie verschwammen ineinander, waren wie Ölfarben, die erst verblendet wurden. Sein Blick schwankte, er konnte spüren, wie sich seine Iriden mitsamt Pupille bewegten und einen Punkt fassen wollten. Und dann fand er ihn. Lovino. Sein Gesicht zeichnete sich markanter heraus, wurde schärfer und klarer und Antonio wollte es schon zu sich ziehen, es liebkosen und die Tränen über seine Wangen rollen lassen, als er bemerkte, dass es Lovino gut ging und es ihm an nichts fehlte. Und doch fehlte ihm die Kraft. Gerade noch aus dem Augenwinkel bemerkte er Emmas Silhouette und fühlte ihre Hand auf seiner Schulter. Oh, was für ein Glück...auch Emma hatte man in der Zeit, in der er in der Finsternis herumstreifte, nichts angetan. Antonio atmete erleichtert aus, wollte direkt fragen, wie er hier her kam oder was passierte, dass sie ihn nun hier in diesem Bettlein liegen ließen, aber aus seinem Mund kamen nichts weiter als formlose Laute.

Oh, wie er es verabscheute so schwach so sein.

"Lo...", Antonio zwang sich zu sprechen, aber es war, als stecke ihm die Watte im Mund.

"Du musst nicht reden, Antonio", Emma strich ihrem Freund durchs Haar und drängte sich in sein Sichtfeld, "Zwing dich nicht und spare deine Kraft. Das Wichtigste ist, dass du uns hörst und wieder bei Bewusstsein bist...Brauchst du Wasser?" Emma griff nach dem Glas Wasser, das sie zuvor mitgenommen hatte und hielt es Antonio an die Lippen, als Lovino ihn mit einem Arm am Rücken aufstützte. Das Wasser berührte Antonios trockene Lippen, erfüllte ihn direkt mit Kraft, kaum stürzte er es gierig hinunter. Wie lange hatte er nichts mehr getrunken? Und was war eigentlich wirklich geschehen? Alles warf sich in seinem Kopf umher, lediglich Filmausschnitte blitzten vor seinem inneren Auge auf, die aber sofort verlöschten, kaum dachte er daran. "Gracias..."

Antonio ließ sich zur Hälfte ins Bett sinken, sodass er sich anlehnen konnte, seine Iriden wanderten einmal mehr im Kreis; es war zu anstrengend, auf Dauer alleine zu sitzen und all die Schwere des Universums auf einmal auf dem Kopf zu tragen. Doch es vergingen keine drei Sekunden, da spürte er den nächsten Druck auf sich und zwei Arme schlangen sich zitternd um seinen Körper, berührten ihn jedoch nur spärlich, als bestünde Antonio nur mehr aus Glas. Lovino bohrte sein Gesicht in Antonios wohlig warme Halsbeuge, seine feuchten Wimpern streiften seine glatte Haut und sein Körpergeruch besänftigte ihn wie das süßeste Gebäck am Markt.

Antonio...
Er war wach und war gerade noch so davongekommen. Nun brachen endlich alle Mauern ein. Der Stress, den er bis jetzt in sich gestaut hatte, entlud sich mit einem Mal und er drückte Antonio nah an sich. Ein beinahe vollständig stilles Schluchzen kam aus seinem Mund, den er direkt wieder zusammenpresste. Oh Antonio...
Er hatte sich so zurückgehalten, nicht zu heulen, während er Antonios massakrierten Körper behandelte. Jede Brandwunde, jeder blaue Fleck oder Schnitt, Lovino hatte ihn aus ärgstem Mitgefühl heraus selbst auf seiner Haut gespürt.

"Tonio...", seine Arme wanderten hinauf, er legte sie um Antonios Nacken, während er den lieben Spitznamen wie ein heiliges Wort säuselte, "Ich hatte Angst, dass sie dich erwischt haben, du Arschloch!" Jetzt schluchzte Lovino lauter und verfestigte seinen Griff, Emma rutschte zu ihnen, legte ihre Hand auf Lovinos Rücken und streichelte ihn. "Shh, Lovino, es ist ja alles gut ausgegangen...Lass jetzt einfach alles raus, okay?"

"Ich weiß!", schlurfte er und stieß Emmas Hand von sich weg, dann ließ er Antonio wieder gehen und wischte sich die Tränen weg. Gerade wollte er zwei Dinge: gehalten werden, aber zugleich sollte man ihn nicht anfassen, denn sonst würde er endgültig zerbrechen. Oh, er hasste es mehr als alles andere, direkt so emotional zu werden.

Antonio aber quälte es, seinen Lovino mit Tränen sehen zu müssen und obwohl er doch so am Ende seiner Kräfte war, dachte er nur an ihn und das Ziel, ihn zu trösten. "Lovi...", hustend hob er mit Mühe den Arm an und legte seine Hand an seine feuchte Wange, wischte mit dem Daumen die Tränen weg und liebkoste ihn, sofern es seine Energie zuließ. Sofort hielt Lovino den Atem an, führte seine eigene Hand zu Antonios, um sie zu stützen und fühlte die wallende Hitze einmal mehr in sich, die ihm unter all dem Chaos auch noch ein Kitzeln im Unterleib und rote Farbe ins Gesicht schickte, ihm aber auch ein zerbrechliches Lächeln abknöpfte.

Nein...Oh Gott...Nicht sein Herz. Er wollte sein Herz in diesem Desaster nicht noch einmal an diesen wunderschönen und doch verletzten Mann verlieren, denn sonst würde er niemals wieder über diese Liebe hinwegkommen, die ihn nun bis an die Grenzen der Sorge trieb. Antonio ging es schlecht und wieder zog er mit seiner Emotionalität die gesamte Aufmerksamkeit auf sich.
Scheiße!

"Nicht...Tonio...", schniefend legte er Antonios Arm zurück aufs Bett, "Denk nicht an mich, wenn es dir schon so scheiße geht und lass deinen Arm ruhen, du bist noch zu mitgenommen..."

"Aber..." - "Kein Aber. Du ruhst jetzt", entgegnete Lovino nun ernster und zwang seine Tränen dazu, zu versiegen. Emma sah die beiden Männer mit tristen Blicken an. Sie stellten den jeweils anderen einfach über sich selbst, ohne Rücksicht auf das, was sie fühlten...Es war alles andere als gesund und gut, aber zugleich wurde einem so klar, dass sie sich beide so hingebungsvoll für den anderen sorgten, dass es für sie beide den Tod bedeuten würde, gäbe es den jeweils anderen nicht mehr.

Antonio sah zu Lovino, dann zu Emma und schließlich hinauf zur Decke. "Okay...", flüsterte er, mit den Gedanken nun ganz woanders, kaum hatte er wieder einen klareren Kopf.

Er lag hier. In Lovinos Bett, erinnerte sich allerdings kein Stück daran, wie er hierherkam. Antonio wusste allerdings im Groben, was ihm in den Katakomben widerfahren war. Sein Körper war doch das beste Beweisstück. Aber wie hatten Emma und Lovino ihn nur gefunden? Haben sie herausgefunden, wer für sein Leid verantwortlich war? Hatten sie Kontakt mit diesen Monstern gehabt, gar mit ihnen geredet? Antonio hoffte gerade Letzteres nicht. Sie sollten lieber im Unwissen weiterleben, so wären Abel und er zumindest die Einzigen, die mit der Last des Wissens zu kämpfen hatten.

Aber wie brachte man ihn nur zurück an die Oberfläche und hier in Lovinos Obhut?

Diese Frage müsste Antonio seinen Freunden selbst stellen, doch zugleich bedeutete dies, offenbaren zu müssen, welche Grausamkeiten ihm widerfuhren, denn keiner der beiden würde ihn ohne eine Beichte von Dannen ziehen lassen.

Oh, dios mío, Antonio stieß einen Seufzer aus und schloss erschöpft die Augen, drückte Lovinos und Emmas Hände. In welcher scheiß verzwickten Lage befand er sich denn nun schon wieder?

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