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Kapitel 3 - Blutspritzer

Sattes Rot...es färbte ab, ließ sich nicht mehr aufhalten.
Es sog sich in die feinen Ritzen, verewigte sich darin wie ein zeitloses Gemälde.
Es floss wie der kurvenreiche Bach, der gemütlich in das weite Meer mündete.
Es verwandelte jeden, sonst so normal erscheinenden, Ort in einen Schauplatz, der die Münder aller Zuseher offen stehen ließ.

Es war ein Bild des Schreckens; ein Bild der Gewalt und des Schmerzes, das sich in das unendliche Gemälde der Geschichte hineinmalte. Weder Werkzeug noch der massakrierende Künstler verweilte lange an seiner Leinwand, hinterließ lediglich die Tropfen der Farbe als Indiz für die Tat. Und des Wahnsinnigen Leinwand? Sie verschwand spurlos, ohne jeglichen Mucks; ohne jegliche Wehr, ohne jegliche Hoffnung und das Licht erstickte erbärmlich.

***

Der Morgen zeigte sich düster, kaum ein Sonnenstrahl schaffte es, sich durch die dicke Wolkendecke zu bohren, um die lebenswichtigen Felder mit seinem Licht zu beschenken. Die Luft war unangenehm schwül, machte es um einiges unangenehmer, sich außerhalb der eigenen vier Wände aufzuhalten. In manchen Gebieten der Kleinstadt nieselte es, in anderen blieb es trocken und still. Dafür, dass bereits frühe Morgenstunde war, gab es keine Menschenseele auf den sonst so belebten Straßen anzutreffen.
Es herrschte Totenstille.

Lediglich einzelne Leute streiften durch die Gassen, huschten so schnell es ging in ihre Arbeit oder ihre Wohnung, um nicht der bedrückenden Stimmung Geisel zu werden. Es galt gar als argwöhnisch, dass sich mit einem Mal derartig viele Menschen aufgrund eines einzelnen Ereignisses verzogen, jedoch schien es mittlerweile einen Rhythmus zu geben, den kaum einer zu brechen wagte. 

Lovino, der erst kürzlich hierhergezogen war, lebte sich zwar bereits in der Stadt ein, musste aber noch Vieles darüber lernen, was sich unterhalb der wunderbaren metropolischen Scheinwelt versteckte. So kam es, dass er an jenem vom Nieselregen geprägten Morgen, den Weg zur Arbeit in Kauf nahm und den menschenleeren Straßen ins Auge blicken musste, die normalerweise vor Leben nur so sprudelten. Der Süditaliener begrüßte die ungewohnte Stille, wenn auch mit Zweifel und Sorge daran, da es seinem neuen Alltag sehr untypisch war.

Kein Mensch stritt sich auf der Straße.
Kein Mensch lachte mit anderen.
Kein Mensch zeigte sein Gesicht.
Niemand kaufte ein; kein Kind spielte.
Es blieb alles still und leer, beinahe tot.

Lovino verzog keine Miene, wunderte sich jedoch immer mehr über das atypische Szenario, als er von seinem eher naturbezogenen Wohnviertel in das Stadtzentrum wechselte, in dem Häuser dicht nebeneinander gebaut in die Luft ragten und den Blick auf das nicht allzu weit entfernte Meer verdeckten. Lovino käme bald bei Enrico an, würde seine Arbeit für den Tag beginnen und mit seinem Lohn den Nachhauseweg antreten. Jedenfalls zählte dies als sein originaler Plan für den Tag, der jedoch allmählich von äußeren Kräften durchkreuzt, gelenkt und neu geschrieben wurde.

Er bog in eine Nebengasse ein, musste sich von den Stolpersteinen in Acht nehmen und spürte, wie die einzelnen Regentropfen von den Dächern auf seinen Kopf fielen. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem Lovino bei seinem Arbeitsplatz ankäme, wären seine dunkelbraunen Haare triefend nass, so prophezeite er es für sich selbst, als er überraschenderweise Stimmen in der sonst so ruhigen Straße vernahm. 

Mit geweckter Neugierde und einer gehobenen Augenbraue schlenderte er weiterhin die enge, kalte und steinerne Gasse entlang - in einem alten dünnen Mantel gehüllt- ehe diese in der Nebenstraße nahe der Kirche mündete. Von Weitem ließ sich schon die kleine Menschenansammlung, bestehend aus einigen Carabinieri und Passanten, erkennen; alle rings um einen Eingang zu einem Wohnhaus stehend. Hier wohnte Alessandro, er war derjenige, der den Obst- und Gemüsestand auf dem Markt betrieb, bei dem Antonio ihm die Tomate gekauft hatte.
Lovino zog die Augenbrauen zusammen. Es musste etwas geschehen sein, so viel stand fest. 

Bei genauerer Betrachtung sah man den Schock, die Trauer und Starrheit der Menschen deutlich in ihre Visagen geschrieben. Ihre Augen hatten sich mit salzigen Tränen gefüllt oder zeigten sich geweitet. - Unglaube und Benommenheit verschleierten selbst das hoffnungsvollste Glänzen der braunen, blauen und grünen Iriden in ihrer matten Pracht. Es versetzte Lovino einen miesen Stich im Herzen, auch wenn er sich bemühte, sein wachsendes Mitgefühl zu unterdrücken.
Er wollte nicht verletzt werden, indem er die Qual anderer auf sich nahm.
Er hatte Angst vor den Konsequenzen.
Er hatte Angst vor seinen eigenen Gefühlen.

Dennoch war der Brünette nicht in der Lage, die ihm eröffnete Situation links liegen zu lassen. Es war die permanente Neugierde, das Hassen von Unwissenheit und die Menschlichkeit, die ihn dazu verdonnerten, seine eigenen Ziele zur Seite zu schieben, um die Antwort auf seine Frage zu bekommen.
Was war geschehen?

Unauffällig schlich er sich an den Trauerzug heran, stellte sich minimal auf Zehenspitzen, um über die Schultern der Menschen hinwegzusehen.
Zu klein, zischte er verärgert. Ihm blieb keine andere Wahl, als sich zu den anderen dazuzugesellen, als sich plötzlich einer der Schaulustigen mit dem Kopf in Lovinos Richtung blickte, ihn im Augenwinkel betrachtete.

Sein Herz blieb stehen, überstand das plötzliche Reißen des Schreckmomentes.
Sein Atem hielt an, traute sich nicht mehr als kurze unauffällige Züge zu vollstrecken.
Sein Körper verweilte in gefrorenem Zustand, war wie gelähmt und hatte sich für den Augenblick geistig von seiner innewohnenden Seele getrennt. Lovinos Mund öffnete sich leicht, brachte aber nicht den kleinsten Mucks heraus.

Der Wind zischte scharf an seinen Ohren vorbei, als er die smaragdgrünen Iriden des Mannes sah, der ihn bemerkt hatte. Dem braunen, wuscheligen Haar und dem gebräunten Teint wurde nicht einmal die minimalste Aufmerksamkeit geschenkt, denn Lovino wusste bereits, wem diese aufmerksamen Augen gehörten. Er hatte sie bereits mehrmals erblickt, sich ihre feinen Farbmuster und Details gemerkt, obwohl er sich nie lange damit beschäftigt hatte.

Es war der Spanier.
Ein unwohles Grummeln gewitterte in seinem Magen.
Er war doch echt überall, was?

Dennoch ließ sich Lovino von seiner Neugierde überreden,  sich zu ihm zu gesellen. An seiner Sozialisation konnte man ohnehin arbeiten und zumindest galt Antonio nicht mehr als völlig Fremder. Vielleicht würde er ihm, ohne zu viel Aufsehen oder Unannehmlichkeiten zu erregen, erklären, was vorgefallen war und warum die Stadt wie ausgestorben erschien.

"Hey", dieses Mal war es tatsächlich Lovino, der zuerst begrüßte, wenn auch leise und ohne die Augen von den Carabinieri abzuwenden, die einerseits am Hauseingang sowie im Gebäude selbst investigierten. Antonio hörte auf, reagierte augenblicklich auf Lovinos Stimme, doch sein betroffener Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Lovino fand es ungewohnt, den Spanier so trist gestimmt zu sehen.
"Hey", war das Einzige, was zurückgeworfen wurde. 

"Ist vielleicht ein bisschen sehr dumm, aber was ist passiert, dass sie selbst die Gendarmerie holen müssen?", begann Lovino, sich allmählich größer machend, um selbst sehen zu können.
Wenn die Leute vor ihm nur nicht so eng beieinander stehen würden...

Antonio würdigte Lovino nur knapp eines Blickes, ehe er sich wieder der Beobachterrolle hingab. "Heute Nacht hätten die Nachbarn Alarm geschlagen. Jemand sei in dieses Haus eingebrochen und man hörte Schreie."

"Es ist also wieder jemand verschwunden?" Ein Nicken des anderen war als Antwort genügend.

"Das ist verrückt. Wer ist bitte so wahnsinnig und...", da sprangen Lovino die auffällig gefärbten Pflastersteine ins Auge, "...entführt...Leute." Lovinos Hals zog sich immer mehr zusammen, verleitete seine Stimme dazu, brüchig und schwach zu werden. Sein Puls schoss in die Höhe, seine Augen weiteten sich und starrten wie gebannt auf die sichtbar gewordenen Blutspuren, die sich in den Stein fraßen und in der Erde versickert waren. In seinen Ohren rauschte es, hörte ein schiefes Piepen und sein Bewusstsein verfiel immer mehr einem tiefen Schlaf. Er hatte Alessandro doch erst am Vorabend nach Hause gehen sehen...
Dann schlichen sich die Bilder in seinen Kopf.
Die Bilder aus vergangenen Tagen, die ihn permanent in Träumen heimsuchten.
Die Bilder, die ihn bei bloßem Gedanken daran in eine Starre sperrten, ihn mit Panik quälten.
Die Bilder, die er trotz zwanghaftem Vergessen niemals aus dem Kopf bekam.

Lovino krümmte sich vor Übelkeit; er wurde bleich und fühlte sich zunehmend schwummrig und elendig. Dass ihn eine simple Szenerie derartig außer Gefecht setzen konnte...Lovino schämte sich dafür. Er zeigte sich schwach und verwundbar, etwas, das er mit allen Mitteln verhindern wollte. Doch jene inneren Perspektiven, die aus den tiefsten Tiefen seines Unterbewusstseins hervorkrochen und ihn zur Geisel seiner Selbst machten, sie verletzten Lovino, ohne Spuren zu hinterlassen.
Das endlose fließende Blut auf den staubigen Pflastersteinen...vergossen von den Opfern und ihrem Schlachter.
Von außen wäre man nie im Leben darauf gekommen, dass ein junger Mann wie Lovino auch nur den kleinsten Knacks an seiner Seele hätte. Er wirkte perfekt angepasst an der Norm.
Aber vielleicht war das gerade der Fehler, denn niemand würde die Plage, die sich in sein Leben geschlichen hatte, jemals zu Gesicht bekommen, gar ernst nehmen, da sie weder Blut fließen ließ noch physische Wunden auf Lovinos Angesicht malte. 
Kein Laie erkannte den inneren Schmerz, das innere Klagen, einer verletzten, verstörten Seele auf den ersten Blick...

Lovino war wie benommen, sein Körper erschien ihm wie fremd und alles um ihn herum schien in einem unscharfen Wirrwarr zu verschwinden. "Verdammt", formten sein Lippen, brachten aber nicht das leiseste Geräusch heraus. 

"Lovino?", plötzlich trat eine Stimme aus der Benommenheit hervor und jemand griff nach Lovinos Schulter, "Geht es dir nicht gut, du bist so blass?" Zitternd sah der Italiener zu seinem Nächsten. Antonio hatte seine Stressreaktion bemerkt, nichtsdestotrotz weigerte sich Lovino auch nur das kleinste Detail preiszugeben. "Schon okay, alles bestens. Kümmere dich um deinen Kram."

Doch der Spanier ließ nicht locker; trug auf einmal einen ehrlich besorgten Blick auf seinem Gesicht. "Du siehst echt nicht gut aus...", murmelte er, packte Lovino an beiden Schultern und führte ihn vorsichtig ab, um ihn an einen ruhigeren Ort zu bringen. Er war überrascht, als Lovino nicht die geringste Gegenwehr zeigte und sich ohne Aufforderung von ihm leiten ließ.

Wenig wusste er, dass der junge Italiener geistig ganz woanders war und nur vage bemerkte, wie es ihm leichter in der Brust ging; wie er aus der Stresssituation gezogen wurde.

Es dauerte nicht lange, bis sich Lovino wenige Straßen weiter mordsübel fühlte und regelrecht auf Antonios Hilfe angewiesen war, um nicht zu kollabieren. Sein Magen drehte sich um, sein Gesicht wurde kalt und Antonio sah es in den bernsteinfarbenen Augen Lovinos, dass er nicht mehr länger standhalten konnte. Er blieb mit ihm nahe einer Hauswand stehen, stützte den Kleineren weiterhin. Lovino jedoch sackte mitsamt Antonio auf die Knie und spürte, wie sein Hals anfing widerlich zu brennen, ehe er gezwungen war, sich in dieser Straßenecke zu übergeben. 
Es war peinlich, widerlich und grauenvoll und Lovino wollte nur noch im Boden versinken und nie mehr wieder kommen. Diese Demütigung und Schwäche, die er in Momenten wie diesen zeigte, waren der Horror und auch, wenn Lovino keinerlei Einfluss auf jene Reaktionen seines Körpers hatte, hätte er sich bereits am liebsten eine gedroschen.
Wieder kam ihm die Übelkeit hoch und er hustete und atmete schwer.
Lovino schwitzte, erlangte aber wieder einen Hauch von Farbe, was Antonio ungemein erleichterte. Er klopfte ihn auf den Rücken, versuchte den üblen Gestank zu ignorieren, um Lovinos Scham nicht weiterhin zu provozieren.

Der Jüngere atmete schwer und ungleichmäßig. Seine Pupillen waren kleiner geworden; in seinem Kopf drehte sich alles. Es dauerte einige Sekunden, bis sich sein Bewusstsein wieder stabilisierte und er ansprechbar wurde. Das Schlimmste schien überstanden zu sein.

"Geht's wieder?" Antonio kniete weiterhin neben ihm auf der dreckigen Straße. Dass seine Hose vom durchnässten Straßenstaub ruiniert wurde, kümmerte ihn nur wenig.

Lovino weigerte sich aufzuschauen und behielt den Kopf zu Boden geneigt. Ächzend wischte er sich über den Mund, verabscheute den säurehaltigen Geschmack in seinem Mund, der ihm nur noch mehr Brechreiz bescherte. "Keine Ahnung, wahrscheinlich schon...", raunte er passiv aggressiv und drehte sich beschämt von Antonio weg. Es war verdammt unangenehm als erwachsener Mann, einfach so in eine Gassenecke zu kotzen, während ein anderer zusah. Dass sein Magen so sensibel reagierte, das hatte Lovino nicht erwartet, aber bis jetzt war ihm eine Situation wie diese auch noch nie passiert und er wollte niemals mehr darüber sprechen.
Es war Vergangenheit.
Es war passiert.
Es wird niemals mehr vorkommen.

"Wieso hast du eigentlich so komisch reagiert?"

Doch natürlich musste der neugierige Spanier weiterhin darauf rumhacken. Lovino fletschte die Zähne. Er sollte einfach die Klappe halten und ihn nicht mehr darauf ansprechen. Es war schlimm genug, dass er ihn ausschließlich in seinen peinlichsten Momenten sah.
Es verletzte Lovinos Ehre und Stolz zutiefst.
"Das geht dich eigentlich gar nichts an...", schnauzte der Italiener, "...aber wahrscheinlich war es der ranzige Geruch, der mich gestört hat."

Eine dreiste Lüge...aber Lovino konnte doch nicht zugeben, dass das bloße Sehen von Blut derartigen Stress auslöst. Was für ein Jammerlappen wäre er dann? Langsam überredete sich der Brünette, einen Blick auf seinen Kameraden zu werfen. Allein in seinen Augen spiegelten sich Frust und Sorge, ganz so, als wäre er mit Lovinos Aussage unzufrieden - als hätte er gemerkt, dass er log. Ein dumpfer Schlag traf in Lovinos Brust, zog ihn mitsamt Seele hinunter in den dunklen Schlot des Mitleids. Hätte er nicht gelogen, müsste er sich nun nicht so schuldig fühlen, aber Antonios Schnute-Ziehen trug rein gar nichts dazu bei, dass Lovino weich genug werden würde, um die Wahrheit zu sagen. Er kannte diese Methoden nur allzu gut. Seine kleinen Brüder verwendeten sie zu oft, um das zu bekommen, was sie wollten und er als ältester hatte es mehr als satt, dadurch andauernd benachteiligt zu werden.

"Okay...", Antonio gab sich endlich geschlagen, legte seinen traurigen Hundeblick ab und zerrte Lovino wieder auf die Beine, "...dennoch wäre es besser, wenn du dich ausruhen gehst. Es wäre ziemlich unklug, dich zusätzlich zu überarbeiten Ich könnte Enrico ausrichten, dass du krank bist und deshalb nicht zur Arbeit kommen kannst."
Lovino stolperte, konnte sich aber gerade noch halten.
"Pah, überarbeiten? Ich doch nicht. Hör zu, es ist ja ganz nett, dass du einen auf großen Bruder oder Mama 2.0 machst und dich sorgst, oder so, aber ich bin erwachsen und kann selbst einschätzen, was für mich körperlich möglich ist und was nicht. Ich verdiene gerade so viel, um ganz okay zu leben und ich brauche das Geld und dieser minimale Zwischenfall hier wird mich nicht davon abhalten, den restlichen Tag zu arbeiten."

Antonio redete ihm drein. "Aber-"

"Aber-Aber?", Lovino brummte und zog die Augenbrauen grimmig zusammen, "Hör zu, mir geht es wieder gut. Danke für deine Hilfe, damit ich nicht vor noch mehr Leuten gekotzt habe und ja, das meine ich ernst. Ist das jetzt genug für dich?"
Lovinos Stimme kratzte ab, oblag einem kaum merkbaren, verletzlichen und verzweifelten Unterton.
Aber warum schob er Antonio andauernd weg, wenn er helfen wollte? Was führte dazu, jedes Mal so aufgebracht zu werden?

Still wandte sich Antonio von Lovino ab.
Er war so schwer zu erreichen.
Es wäre ihm lieber, wenn er einmal auf sein eigenes Wohlergehen schaute.
Aber etwas hemmte den Jüngeren davor, er selbst zu sein.

"Okay", Antonio gab sich geschlagen und zog sich zurück.
Er wirkte plötzlich nachdenklich und völlig neben der Spur.
"Aber pass auf dich auf, verstanden?"
Er bohrte mit den Nägeln in seiner Handfläche herum.

Lovino schnaufte, würdigte Antonio lediglich eines raschen Blickes, ehe er nachgiebig mit den Augen rollte. "Werde ich...versprochen."
Antonios Gesichtsausdruck erhellte sich.
"Aber lass mich jetzt gehen, ich darf nicht zu spät ankommen, sonst schimpft der Alte wieder über die heutige Jugend und ihre Unpünktlichkeit."

Nickend und mit leichtem Grinsen im Gesicht akzeptierte der Spanier Lovinos Entscheidung und sah zu, wie er sich von ihm wegdrehte und davonschritt, als der knapp Jüngere auf einmal wie versteinert stehen blieb, ihm jedoch weiterhin den Rücken zeigte. Überrascht hob Antonio eine Augenbraue und fragte sich, was plötzlich in Lovino gefahren war. Sein Kopf fiel leicht nach vorne und sein Rücken nahm eine beschämte Haltung an. "Du wirst doch keinem davon erzählen, oder?", die Unsicherheit in Lovinos Stimme irritierte Antonio, "Kann das vorhin bitte unter uns bleiben? Ich will meinen Ruf hier nicht sofort zerstören, weißt du?"

Völlig perplex wurde Antonio auf der Strecke gelassen und er verstand erst nach ein paar Sekunden, was Lovino von ihm verlangte. Rasch nickte er und schwor ihm hoch und heilig, dass er kein Wort darüber verlieren würde. Er wollte nicht, dass es Lovino noch schwerer als nötig hatte.

"Danke."
Für den Augenblick zuckten Lovinos Mundwinkel nach oben, bevor auch dieser kurze Moment der Ruhe und Freundlichkeit der Vergangenheit angehörte.
Aber Antonio hatte es gesehen.
Dieses flüchtige, heimliche Lächeln, das Antonio zum ersten Mal bei vollem Bewusstsein erkennen konnte...

Doch auch diese kurzweilige Harmonie, die nach dem Schrecken und der Panik in Gang gesetzt wurde, näherte sich dem Ende zu.
Denn Lovino ließ ihn zurück, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Lovino ließ ihn zurück, ohne sich zu verabschieden.
Lovino ließ ihn zurück und verschwand binnen Sekunden hinter den dicken Mauern der beigen Hausmauern.

Er ließ Antonio auf der Straße stehen, wie es einst ein anderer tat.
Ohne Worte.
Ohne ein Auf-Wiedersehen. 
Ohne zu wissen, was als nächstes auf sie wartete.

Antonio biss sich auf die Lippe, hörte seinen Herzschlag in den Ohren pulsieren und verkrampfte die Arme. In seinem Kopf spielten sich Erinnerungen an vergangene Zeiten ab; kerkerten ihn in seiner Furcht, Sorge und Zweifel ein und raubten ihm das hoffnungsverheißende Morgenlicht.
Es war genau so gewesen, wie vor drei Jahren. 
Vor drei Jahren, als er jemand Wichtiges verlor...
Vor drei Jahren, als noch jemand lebte, der Lovino gar nicht so unähnlich war...
Vor drei Jahren, als er noch voller Hoffnung in seiner Heimat mit seiner Familie lebte...

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