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Kapitel 13 - Mit der Bratpfanne ausgeknockt

Schnaufend hetzten sich Lovino und Antonio durch die Passagen, wählten dabei enge und verwinkelte Abzweigungen, um ja keinen offensichtlichen Fluchtweg zu wählen. Lovinos Brust brannte, es war, als hätte man ihm die Lunge entzweigerissen und Schnee darauf gestreut. Antonio fand sich ebenfalls am Ende seiner Kräfte. In einem letzten Atemzug huschten die beiden Flüchtenden um die Ecke - sie waren bereits am Rande der Innenstadt angekommen - den Rücken an eine verdreckte Hauswand gelehnt. Sie atmeten schwer, nahmen aber die Ruhe dankbar an und ihre Herzen hämmerten nach und nach langsamer und gelassener.

Lovino lugte um die Ecke des Hauses. Stille. Kein einziger Mensch weit und breit.
"Ich glaub, selbst wenn sie uns verfolgt hätten, haben wir sie jetzt auf jeden Fall abgehängt." Erleichtert fuhr er sich durch die, am Ansatz angeschwitzten, feuchten Haare. Sein Hemd war von der kindischen Aktion mit dem Brunnen immer noch feucht, doch nun, wo sie im Schatten der Häuser Zuflucht suchten, fröstelte er.

"Wenn ich ehrlich bin, ich weiß gar nicht, ob sie überhaupt die Motivation dazu hatten, uns zu folgen", meinte Antonio und wringte sein Hemd aus. Eine kleine Pfütze bildete sich augenblicklich unter seinen Füßen, die sofort in die Ritzen zwischen den Steinen versickerte.

"Warum sind wir dann weg gerannt?" Lovino funkelte Antonio empört an, sein bleibendes Pokerface unterstrich seine Aussage umso mehr. Sein Gesicht brüllte: "Ist das dein scheiß Ernst?".

"Uhm...", Antonio wurde rot und kratzte sich peinlich berührt am Hinterkopf; seine braunen Haare klebten immer noch in dicken Strähnen zusammen und sahen nun tatsächlich aus wie ein hässliches Vogelnest. Plötzlich brachte es Antonio aus der Fassung; ein unauffälliger Blitz traf ihn aus dem Nichts und elektrisierte ihn in jeder Faser, jeder Zelle seines Körpers.
Lovino fing an herzlich zu lachen.
Nicht aus Schadenfreude.
Nicht aus Wahnsinn.
Auch nicht, um sein Seelenleid zu vertuschen.
Er lachte aus Freude. Aus wahrer, herzensechter Freude.

Lovino spürte sein erfreutes, quicklebendiges Herz in seiner Brust herumtollen, wie es seine Brust erleichterte und sich trotz des komischen, idiotischen Umstandes gut und befreit fühlte. Dass ihm solcher Müll, selbst das Flüchten vor den unmotivierten Carabinieri, mit Antonio an seiner Seite wahre Freude bescherte, hätte er bei ihrer ersten Begegnung nicht vorhersehen können.
Lovino war froh, Antonio kennengelernt zu haben.
Lovino war dankbar, einen Freund zu haben, der sich nicht um ihn schämte und ihn auch in seinem unausstehlichsten Zustand akzeptierte.
Lovino war glücklich. Einmal war er frei von seiner bedrückenden Dauerbelastung.

Es dauerte nicht lange, da stieg auch Antonio ganz der Erwartung in dem Gelächter mit ein. Lovinos seltenes Lachen war ansteckender denn je und erfüllte den anderen mit derselben Freude, die Lovino verspürte.
Lovino einmal glücklich zu sehen...Antonios Worte wurden erhört.
Und von nun an schätzte er diesen mehr als simplen Tag mehr als alle vergangenen zuvor...
Denn er hatte das Gefühl Lovino endlich erreicht zu haben.

***

Regentropfen prasselten mit sanften Trommelschlägen gegen die Fensterscheibe, andächtig rollten sie an der glatten Oberfläche herab und zogen jede noch so kleine Wasserperle mit sich ins Verderben. Der Himmel hatte sich zugezogen. Dicke, graue Wolken dominierten den Abendhimmel wie ein dichtes Nebelzelt und erstickten einen gewünschten goldenen Sommerabend, getränkt von Sonnenschein und Wärme im Keim. Stattdessen regierte eine notwendige Regenflut, die hoffentlich das ausgetrocknete, braune Gras, die Blumen am Fensterbrett und die Felder der Bauern nährte und wiederbelebte.

Michelle drückte den Kopf in die Hände, starrte unzufrieden aus dem Fenster und stieß einen Seufzer aus. Ihre dunkle, lockige Haarpracht wurde währenddessen von Emma in zwei dicke Zöpfe gebunden; ein rotes Band auf jeder Seite, das zu einer süßen Masche gemacht wurde. "Ich finde es schade, dass es gerade jetzt regnen muss." Michelle hob den Kopf gerade als Emma ihre verbesserungswürdige Frisiertechnik beendete - daran musste sie eindeutig noch feilen; Michelle hatte allein in den letzten drei Minuten zehn Haarlocken verloren. "Ach, das bisschen Regen macht doch nichts. Wir können ja trotzdem noch jede Menge Zeit verbringen. Nur halt hier in der Wohnung."

Aber auch der Zuspruch ihrer Freundin bewirkte bei der jungen Insulanerin aus den Seychellen nicht viel. Viel lieber wäre sie mit ihr außerhalb der erdrückenden, überwältigenden Stadt neben den Sonnenblumenfeldern spazieren gegangen, vielleicht sogar die wunderbare Küste mit ihren starken, gewaltigen Wellen besucht und gesehen, wie die Wassermassen mit aller Nachdruck gegen die Steinwände preschten und feinen Steinstaub mitspülten. Alles wäre ihr recht gewesen, solange es mit Emma war und sie draußen, außerhalb der stickigen vier Wände sein konnte. Sie arbeitete ohnehin bereits stundenlang in beengenden Räumlichkeiten als Schneidergesellin und freute sich über schöne Stunden in der freien Natur.

Emma zerbrach sich dagegen nicht den Kopf, war für jede Sekunde, die sie mit Michelle verbringen durfte, dankbar, egal wo sie sich auch befanden. Hätte sie damals der Reise ins südliche Italien wiedersagt und weiterhin in Brüssels Außenbezirken gearbeitet, hätte sie das Mädchen wohl nie an ihrem ersten Tag am Strand getroffen und sich in sie verliebt.
Wie ihr Leben wohl stattdessen verlaufen wäre? Hätte sie sich zu Mindestlohn kaputtgearbeitet und jemanden geheiratet, zu dem sie nichts außer Gleichgültigkeit empfand? Hätte sie für den Rest ihres Lebens in leblosen Grautönen gemalt, es ausschließlich wie eine endlich lange Punkteliste behandelt, bis sie der süße Tod erlöste und sie zu einer versprochenen himmlischen Verheißung führte?

Emma dachte zurück an die Zeit, als sie ihre Heimat in den Niederlanden verließ, um im Ausland ihr Glück zu finden.
Sie versuchte es in Luxemburg, sie versuchte es in Berlin, sie reiste gar nach Straßburg und schließlich nach Brüssel. Keine dieser wunderschönen Großstädte erfüllten ihren unausgesprochenen Herzenswunsch, sie kam nie zur Ruhe, suchte endlos weiter nach dem Sinn ihres Lebens mit solch jungen Jahren. Ihr Bruder Abel hatte sich kläglich bemüht, sie zu beraten. Vergebens.
Emma schien nichts zu finden, bei dem sie im vollen Herzblut mitarbeitete. Sie versuchte sich in der Buchhaltung, als Friseurin, als Aushilfe in einem Kindergarten und schließlich als Sekretärin. Keinerlei Berufe hatten ihr voll und ganz zugesagt, nach kurzer Zeit schwand ihre Lust. Doch dann lud Abel sie auf eine geschäftliche Reise mit ein - sie hatte erst Tage zuvor erneut gekündigt und sich in eine depressive Phase hineingeritten. Sie fand Einkehr in diese kleine, sich Stadt schimpfende, Ortschaft, traf und auf Michelle, die Tochter eines Kupferstechers.
Und nun - mehr als ein ganzes Jahr war bereits vergangen - schien sie nun endlich ein stressfreies, zufriedenes Leben führen zu können.

"Das ist langweilig. Wir hocken doch schon den ganzen Tag hier rum." Mittlerweile war Michelle aufgestanden und schob ein paar der am Tisch herumkullernden Bücher zurück ins Regal. "Hätten wir auf mich gehört, dann wären wir zumindest noch vor diesem grausigen Sommergewitter draußen gewesen, aber Fräulein Emma hatte ja nicht die Zeit dazu."

Emma stemmte die Hände in die Hüften und schmollte. "Ich war zu müde, okay?! Außerdem dauert das Kochen immer so lange, weil der bescheuerte Ofen Ewigkeiten braucht. Das ist also nicht meine Schuld!"

"Jaja", Michelle drückte ihrer Freundin einen Kuss auf die Wange, lächelte frech. "Das sag' ich das nächste Mal auch. Aber was machen wir jetzt?" Emma überlegte, legte den Zeigefinger an den Mund und grübelte weiter, sodass ihre Gehirnzellen wohl wie kleine Zahnräder zu werken begannen. "Wir könnten", sie zog letzteres in die Länge, "etwas Sticken-"
"Ich fass heute keine Nadel mehr an." Warf Michelle sogleich ein und verschränkte die Arme vor der Brust. Emma lächelte nervös. "Okay, dann halt kein Sticken...Wie wäre es dann mit Waffeln!"

"Das ist so typisch für dich, aber bei Waffeln bin ich dabei! Ich hole schon einmal Eier aus der Kammer!" Emma war erstaunt, wie schnell sich Michelle für etwas engagieren konnte und wünschte sich insgeheim dieselbe Motivation. Vielleicht war das auch der Grund, weshalb sie tagtäglich von ihr beeindruckt war. Kaum hatte sie allerdings diesen Gedanken beendet, kramte sie schon gedankenverloren durch die Lade mit den Küchenutensilien.

Da ertönte plötzlich eine Stimme aus dem kleinen Kämmerlein neben der Küche. "Wir haben nur noch drei Eier, wie viele brauchst du?"

"Zwei genügen schon!" Emma stellte die etwas abgenutzten Schüsseln der Reihe nach auf. Manche von ihnen hatten bereits ihre ursprüngliche Farbe verloren, aber sie waren noch gut genug fürs Kochen. "Vergiss das Mehl nicht, Mimi!", schrie sie ihrer Freundin noch nach, wohlwissend dass Michelle diesen Spitznamen nur halbherzig schätzte. Diese seufzte sofort und verdrehte die Augen, ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen tragend. Auch wenn sie es ein bisschen nervig fand, es war doch ein wenig süß. Doch gerade als Michelle das Speisekämmerlein mit seinen wandhohen Regalen und der einzigen, fast durchgebrannten Glühbirne verließ, schepperte es auf einmal bei der Tür. Michelle blieb wie angewurzelt stehen, schnellte den Kopf in Richtung Wohnungstür und legte den Kopf schief.
War Abel schon zurück?

Nein, sie konnte nicht das Scheppern und Klingen von Wohnungsschlüsseln wahrnehmen. Das war normalerweise das Erste, was man von ihm hörte, sobald er zurückkehrte.
Ein eher heller, leicht quietschender Ton, eines nicht geölten Scharniers...daraufhin schmetterte Metall gegen eine Vorrichtung und etwas landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Holzboden.
Da riss Michelle die Augen weit auf.
Ah! Das war dann das Postfach!
Aber - Michelle zog die Augenbrauen zusammen - welcher Postbote würde denn um diese späte Uhrzeit einen Brief einwerfen?

Neugierig wie sie war, näherte sie sich der Tür und tatsächlich, da war ein Brief. Oder zumindest etwas, das aussah wie ein Brief. Das Kuvert sah aus, als hätte man es während massivem Zeitdruck selbst gefaltet. Michelle hob den Brief mit einer Hand auf, klemmte daraufhin die Zutaten aus der Speisekammer unter ihren rechten Arm. Sie begutachtete das Stück Papier und drehte den Brief anschließend um.
Der Absender...
"Lovino?", Michelle hob verwirrt die Augenbraue, "Was ist denn so wichtig, dass er uns einen Brief einwerfen muss? Es ist nicht so, als sehen wir uns nie..."

"Michelle? Wo bleibst du denn? Hast du dich da drin verlaufen?" Emmas Stimme riss die junge Frau aus dem Konzept. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie und Abel Post bekamen.

"Nein, ich komm ja schon!", Michelle, die normalerweise eher leise war, antwortete mit ungewohnt kräftiger Stimme zurück und kam Emma mit dem Brief in der Hand entgegen. "Emma, Lovino hat einen Brief eingeworfen für deinen Bruder und dich."

"Für Abel und mich?", nun wurde Emma tatsächlich neugierig und ignorierte den Schneebesen, der geradewegs vom Küchentisch purzelte, "Als ob Lovino Briefe schreibt."

"Anscheinend ja schon, schauen wir rein?" Michelle platzte vor Neugier, immerhin wirkte Lovino nicht wie eine Person, die gerne und regelmäßig auch nur irgendein Wort niederschreibt, geschweige denn einen Brief verfasst.

Emma nickte und kramte keine Sekunde später zwischen den verschiedenen Messerarten umher und öffnete nach und nach den Brief an der Kante.

Plötzlich, ein unheimliches Kratzen inmitten ihrer einst idyllischen Stille. Nächtliche Kälte brach über die Wohnung ein, der Regen prasselte um das Hundertfache lauter und hämmerte wie tausend Paukenschläger. Michelle fuhr umher, suchte augenblicklich nach der Ursache.

"Oh Mann, wehe es ist wieder das Schlafzimmerfenster offen, der Mist will schon seit drei Wochen nicht mehr anständig zu...", seufzte Emma verbissen und legte das Messer zur Seite, "Ich komm gleich wieder..." Nickend wartete Michelle in der Wohnzimmer-Küche, während Emma hinter der letzten Tür links verschwand.

Michelle lehnte sich mit dem Rücken an die Tischkante an, schaute dem flackernden Licht der Glühbirne zu. Wieder knackste es, Michelle könnte schwören, etwas Rascheln gehört zu haben. Es könnten Münzen gewesen sein, die auf den Boden purzelten. Da hatte Emma womöglich ihre Spardose versehentlich hinuntergeschubst. Wenig ahnte Michelle, was sich stattdessen hinter ihrem Rücken abspielte...welche Schatten durch die kleinen Räumlichkeiten huschten. Leise und unauffällig.

Emma erreichte schließlich das Fenster im Schlafzimmer, dass sie sich dabei den kleinen Zeh beim Stuhl verletzt hatte, lenkte sie allerdings ungemein davon ab, sich hochzuräkeln und das hoch gelegene Fenster zu schließen. Fluchend hopste sie mit einem Bein nach vorn, nur um dann an der Wand angelehnt die Zähne zusammenzubeißen. Flott schnappte sie sich beide Fensterläden, knallte sie zu und verschloss augenblicklich das Fenster, als auch sie auf einmal das Scheppern von zahlreichen zu Boden fallender Münzen vernahm und ihr Herz eine Sekunde lang aussetzte.
Die Spardose stand doch mittig auf dem Kasten am anderen Ende des Zimmers...wie konnten dann einzelne Münzen herauspurzeln?
Augenblicklich schnellte Emma den Kopf zur Seite, bewegte ihn unsicher hin und her.
Sie zwickte ihre Augen zusammen, in der Dunkelheit war kaum etwas erkennbar und nur der klitzekleine Lichtstreif aus dem Wohnbereich fiel in den Raum herein. Gerade so, dass Emma die Umrisse der Möbel erkennen konnte.

Plötzlich blieb ihr Herz auf der Stelle sehen. Ein Blitz fuhr durch ihren Körper, lähmte sie und schnitt ihre Seele für den einsamen Augenblick von ihrem Körper ab. Ihr blieb die Luft zum Atmen aus, ihre Beine wurden von Sekunde zu Sekunde butterweich.
In der anderen Ecke des Raumes verweilte ein Schatten.
Ein menschlicher Schatten, in langes dunkles Gewand gehüllt.
Eine Kapuze verdeckte das Haupt, lediglich das bärtige Kinn und die Nasenspitze hatten eine Chance in jenem gedimmten Licht in den Vordergrund zu treten. Silbermünzen glänzten aus den Armen hervor, gefolgt von schimmernden Perlenketten, die Emma noch nie zuvor in dieser Wohnung gesehen hatte.

Was...?
Was machte dieser Mensch nur hier?
Bildete sie sich das nur ein? Emma erhoffte sich das, jedoch verließ sie ihr Glück. Der Fremde, dessen Blicke sie durchbohrten, stand ihr leibhaftig gegenüber. Er wechselte rasch sein Augenmerk zwischen dem Reichtum in seinen Armen und der jungen Frau, die ihn auf frischer Tat ertappte.

Ohne auch nur eine weitere Sekunde zu zögern, blitzte auf einmal etwas Silbriges hinter dem dunklen Mantel hervor und mit rasender Geschwindigkeit schoss die Person auf Emma zu und presste sie gewaltsam gegen die kühle Betonwand. Mit dem Hinterkopf knallte sie voller Wucht gegen das harte Gestein, das grausame Stechen knockte all ihre restlichen Empfindungen für den Bruchteil des Augenblicks aus; die kühle, messerscharfe Klinge an ihrer Kehle kratzte zart an ihrer verletzlichen Haut und sie wagte es nicht, auch nur einen Atemzug zu machen. Ihre Seele entfloh bildhaft ihrem Körper, es kam ihr vor als wäre ihre Realität nichts weiter als eine Illusion...nichts weiter als ein ewiger Albtraum, in dem sie sich selbst von Weitem als Spektator betrachten konnte.

"Ein Sterbenswörtchen und du wirst nie wieder auch nur ein Wort sagen können."

Michelle vernahm den Radau und empfand Emmas langes Wegbleiben als verdächtig...Was war denn los? Wieso hörte sie Zischlaute?

Doch Emma war es verwehrt auch nur einen Mucks in den Mund zu nehmen. Entgeistert und vom Horror geplagt starrte sie den Einbrecher an, hätte ihn am liebsten mit einem geschickten Tritt zu Boden gebracht, hinge ihr Leben doch nicht an einem seidenen Fädchen wie gerade. Ihr Herz pulsierte wie wild, es drohte ihr förmlich aus der Brust zu springen.
Jemand solle sie sofort aus diesem Albtraum aufwecken.
Das konnte doch nicht wahr sein!

Michelle, die sich immer noch in der Küche befand, griff mit zittrigen Händen zur Pfanne, hob sie tonlos vom Herd herunter und tastete sich auf Zehenspitzen an das Schlafzimmer heran. Dabei sah sie kein einziges Mal auf ihre Hände, sondern hatte einzig und allein ihr Ziel vor Augen.

"Verstanden?" Die Stimme des Fremden blieb im Flüsterton, klang allerdings eindringlicher denn je. Emmas Hals schnürte sich zu, als würgten sie unsichtbare Schatten von Teufeln mit ihren langen, knochigen Fingern. Ihr flogen keinerlei Wörter zu, ihr Kopf wurde zur blanken, reinweißen Leinwand, ohne Inhalt. Schweißperlen benetzten ihre Stirn, gefühlslose Tränen rollten still und leise ihre Wangen herab. Etwas schien an ihren Knöcheln zu knabbern, sie in die Unterwelt hinabzuziehen.
War es wohl der Teufel selbst, der sie zu dieser grausigen Stunde zu sich holte?
Der Teufel, der sie in den Schlund des Todes stieß, geradewegs in sein höllisches Totenreich des ewigen Fegefeuers?
Emma wollte nicht sterben, auch dem ewigen Abgrund der Hölle wiedersagte sie, niemals würde sie dorthin gehen wollen, aber die Drohungen des Unbekannten bereiteten ihr die Hölle auf Erden.

Michelle dimmte das Licht, gerade so, dass sie genug sah und das Öffnen der Tür mit der Lichtquelle im Rücken keine Hinweise auf ihr Dasein gäbe.

"Ich fragte, ob du verstanden hast..."
Emma presste die Augen zu, nickte langsam und hob angsterfüllt die Hände in die Höhe. Diese Angst...diese Heidenangst, die sich in ihr wie Lauffeuer ausbreitete und ihre Seele verzehrte, stand ihr ins Gesicht geschrieben. Aber dann...das Messer sank herab. Der Druck an ihren Oberarmen schwand...Der Dieb verschonte sie auf den Verlass hin, das verschreckte Mädchen hielt ihren Mund bis in alle Ewigkeiten. Hechelnd zitterte die junge Frau, ihre Faust sachte gegen die Brust klopfend, darauf hoffend, endlich wieder Luft zu schnappen. Dem furchteinflößenden Kapuzenmann nicht in die Augen schauend.
Emma fühlte sich so klein...

Michelle wanderte durch die Tür, ihr Herz blieb stehen bei dem schrecklichen Anblick, der sich ihr ergab,...und doch schlich sie weiter, den Griff der eisernen Pfanne fest in beiden Händen verankert. Sie erhob das einst silberne Küchengerät. - Es blitzte wie ein Stern hinter dem ungeschützten Kopf des Einbrechers hervor.

Emma kniff die Augen zu. Sie sah bereits die ersten Farben herumschweben.
Bitte, betete sie inständig in Gedanken, bitte, der Wahnsinnige möge augenblicklich verschwinden.

Dong!

Ein ohrenbetäubender heller Klang durchflutete das dunkle Kämmerlein, schallte noch Sekunden lang nach und Emma spürte eine bedrohliche Energie vor sich in tausend kleine Funken zerspringen, als etwas dumpf vor ihre Füße sackte und eine entlastende Kälte einzog. Das Biest ihrer tief verankerten Furcht legte sich zur Ruhe. Emma fühlte die Erleichterung in der Brust und in ihrem Herzen. Es war als streifte sie den trägen Winterpelz von ihrer Haut ab, der sie bei jedem Schritte nach unten zerrte.

Aber ihre Augenlider flatterten. War es wirklich sicher, die Augen wieder zu öffnen oder erwartete sie eine neue Schrecklichkeit vor ihr?

"Emma!"
Michelle...Emma vergaß jegliche Angst, als sie die Stimme ihrer geliebten Freundin hörte und riss die Augen auf. Michelles Arme zitterten wie Espenlaub im Wind. Sie selbst schenkte ihrer Tat keinen Glauben und die Bratpfanne in ihren Händen traf in einem aufklingenden Prall den Parkettboden.
Sie hatte gerade jemanden...mit einer Bratpfanne ausgeknockt.

Sie hatte es geschafft...Sie hatte aus Notwehr gehandelt und Emma vor Schlimmerem bewahren können...

Erleichtert und doch noch noch an den Schockzustand gefesselt ließ sie sich in Emmas Arme fallen, drückte sie nah an sich. Tränen sprossen aus ihren Augenwinkeln, ihr kräftiges Herz hämmerte mit aller Schwere gegen ihre Brust. Läge es noch ein bisschen an Kraft zu, würde ihr Herz bereits herauspurzeln. "Ich hatte solche Angst um dich!" Michelle fuhr Emma zärtlich durch ihr kinnlanges, feines Haar. "Ist bei dir alles in Ordnung, hat der dich verletzt?"

Doch Emma schwieg. Sie nahm die Realität und die Gegenwart nur vage war, alles um sie herum verschwamm in einem eintönigen, nicht identifizierbaren Nichts. Spärlich und in langen Zügen kämpfte sie sich aus ihrer Schockstarre heraus. Ihre Bewegungen blieben vorerst mechanisch, versteift und unbeholfen.
Sie atmete tief ein, blinzelte ein paar Mal und machte endlich den ersten Schritt zurück zum Bewusstsein.
Emma hatte solches Glück...Sie lebte noch.
Michelle, die doch sonst so zurückhaltend und friedlich war, hatte all ihren Mut zusammengenommen und dem gewalttätigen Einbrecher eins übergezogen. Um ehrlich zu sein überraschte das Emma sehr und hätte sie die Szene nicht mit eigenen Augen miterlebt, hätte sie einer Geschichte wie dieser wahrscheinlich keinen Glauben geschenkt.

"Emma?", Michelle machte sich Sorgen, öffnete die enge Umarmung sofort, um Emmas Mimik zu sehen. Es war beunruhigend, Emma so still zu sehen. "Jaja, alles gut...alles gut...", sprudelte es spontan aus ihr heraus, nicht wissend, was sie stattdessen antworten sollte. "Danke, Michelle..."

Nun war es Emma, die die Initiative ergriff und Michelle um den Hals fiel. Endlich. Ihre verlorenen Worte kehrten zurück und ihre Seele entfloh dem eisernen Griff ihrer Bangnis. Freiheit und Erleichterung erfüllten ihr Herz, das sie nun auszuschütten vermochte. "Ich dachte schon ich müsste sterben...", sie verstärkte ihren Griff um Michelle und bohrte sich mit den Fingern in das blaue, wunderschöne Kleid, "Ich hatte Angst. Ich konnte kaum atmen, ich-"

"Schhh", beruhigte Michelle sie und wischte ihr die plötzlichen, lautlosen Tränen von den Wangen weg, "Jetzt ist es vorbei, du bist sicher, Emma."
"Ich weiß", Emma nickte und schniefte, "dank dir leb ich noch. Danke, Michelle, du bist meine Heldin." Ein kleines Lächeln schien auf ihrer verweinten Visage auf, das Michelle nur erwidern konnte. Doch auf einmal linste Emma an ihr vorbei, hin zu dem Straftäter, der regungslos und verdreht am Boden lag. "Sag mal, ist der jetzt tot oder-"

Nervenkitzel schoss wie ein Blitz durch Michelles Adern. Scheiße, dachte sie, was, wenn sie ihn tatsächlich umgebracht hat? In Panik versetzt hielt sie sich beide Hände vor den Mund und blinzelte Emma hilfesuchend an. Ihre Brust hob sich rasch und unregelmäßig, sie bekam kaum noch Luft.

"Warte, warte, warte!", Emma spreizte die Finger auseinander und hielt sich die Hände abwehrend vor ihren Körper, "Keine Panik! Kein Grund zum Hyperventilieren, wir können noch gar nichts sagen! Ich check mal seine Atmung und seinen Puls."

"Entwaffne ihn vorher bitte", Emma schlängelte sich schon an Michelle vorbei, doch sie hielt sie am Ärmel fest, "Nicht, dass er dann wirklich noch lebt und sich dann rächen kann..."

Emma nickte sogleich und riss dem Einbrecher sowohl das Messer von vorhin aus der Hand und überprüfte jede seiner Taschen auf weitere Waffen.
Nichts.
Was für eine minimale Erleichterung. Danach legte sie zwei Finger an den Hals des bärtigen Mannes und prüfte seinen Puls.
Tam. Tam. Tam.
Langsam, aber noch deutlich, der Mann lebte noch und war lediglich bewusstlos.
Auch seine Atmung funktionierte noch, wenn auch nur in langsamen und schwachen Zügen.

"Michelle, er lebt noch und ist 'nur' k.o."

Ein Stein fiel der jungen Schneiderin vom Herzen. Zum Glück lebte er noch. Obgleich er Emma bedrohte oder nicht, für Michelle war jede Art von Mord - egal ob aus Notwehr oder nicht - ein unsagbar schweres Kreuz, dass sie tragen hätte müssen. Denn auch wenn sie dabei Emma beschützt hätte, hätte sie dennoch getötet und das hätte sie bis aufs Mark betroffen.

"Wir sollten das umgehend der Polizei melden", schlug Emma dann vor und entfernte sich von dem bewusstlosen Mann, "der Typ scheint nicht nur uns ausgeraubt und bedroht zu haben..." Sie zeigte auf den Haufen Schmuck bestehend aus Perlen, Edelsteinen und Edelmetallen, der wie frisch gefallener Schnee überall am Boden verteilt war.

"Okay ja", Michelle nickte, "aber wir müssen ihn irgendwie kampfunfähig machen oder zumindest wo festmachen, damit er weder flieht, noch handgreiflich werden kann..."

"Das stimmt..." Emma sah sich im dunklen Zimmer um, das Licht aus der Küche half ihr zumindest dabei, grobe Umrisse zu erkennen. Sie schaute zuerst auf den Schreibtisch, dann hinüber zum Bett und schließlich auf die Kommode. "Wir fesseln seine Arme und Beine und binden ihn beim Kasten fest! Dann kann er gar nicht mehr weg."

Nickend stand Michelle auf und griff nach den erstbesten, seilähnlichsten Gegenständen, die sie in der Umgebung finden konnte. Hauptsache, ihnen würde der Einbrecher keine Schwierigkeiten mehr machen. Sie verbanden ihn also mit zahlreichen Schnüren, zu teils auch alten Faschen und Hemden und machten bereits Anstalten, ihn am Griff des Kastens festzubinden, als plötzlich eine Tür zurück ins Schloss fiel, ein abgehacktes, deutliches Klacken erfolgte und schließlich Schritte durch die Wohnung hallten, die von Mal zu Mal lauter wurden.

Dann erhellte sich das Zimmer plötzlich und Abel stand mit zwei großen Paketen im Türrahmen. Sein Blick fiel augenblicklich auf die beiden Mädchen und den ausgeknockten Umhang-Typen. "Das is' jetzt aber nicht euer Ernst, oder?"

Abel stellte die Pakete auf der Stelle ab und fasste sich ungläubig an die Stirn, dabei streifte er seine Narbe, die auf der linken Seite seiner Stirn herausragte - sie war erst wenige Stunden alt... "Egal wo ich heute hingeh', immer passiert irgendeine Scheiße. Nein, ich frag lieber erst gar nicht nach."

Ein nervöses Lachen seitens der Mädchen, gefolgt von sprachlosem Augenkontakt, erfüllten den regnerischen Augustabend. "Ehm, Abel...?"

"Nein, nichts 'Abel', ich hatte genug Menschenkontakt heute." Er hatte heute genug erlebt...Er hatte genug...Auseinandersetzungen. Der Niederländer machte bereits Kehrt, als ihm seine Schwester noch eindringlich hinterherrief. "Kannst du bitte zur Polizei für uns gehen? Bitte?"

Laut aufseufzend drehte er sich um, schenkte dem eigenartigen Anblick noch sein letztes bisschen Aufmerksamkeit. Geplagt musterte er den schwarz gekleideten Mann, doch als Abel ein klitzekleines, handgesticktes Emblem an der Brustseite erspähte, stockte er und hielt den Atem an. Doch dann ließ er davon ab, sprach mit dem Rücken zu seiner Schwester und streifte jegliches Aufkommen von Unbehagen ab. "Wenn es unbedingt sein muss..."

"Danke, Abel." Nicht wissend, woher Abels komisches Verhalten kam, verdrossen sie jeden noch so kleinen negativen Gedanken.

"Was ist hier übrigens passiert? Ohne Kontext kommt kein Polizist hier her." Der Blonde warf sich einmal mehr den dünnen Mantel über und drückte gelassen die Knöpfe zu.

"Also, Emma und ich wollten gerade Waffeln machen und dann haben wir einen Brief bekommen, als dann auf einmal das Fenster hier aufgegangen ist und Emma wollte es zumachen und dann hat Emma den Typ da auf frischer Tat beim Stehlen ertappt und er hat sie mit einem Messer bedroht", plapperte Michelle ohne Pause und stand mit Emma an der Hand vom Boden auf. Geschwind strich sie sich ihr blaues Kleid zurecht und beobachtete, wie die feinen Staubkörner in die Luft gerieten.

"Und dann hat Michelle ihn mit der Bratpfanne ausgeknockt", warf die Betroffene noch kleinlaut hinzu. Der Schrecken, der noch wenige Minuten zuvor gegenwärtig war, verblasste immer mehr, doch stattdessen schlichen sich Erschöpfung und Energielosigkeit ein.

"Er hat was gemacht?!", gab Abel entrüstet zurück und stapfte doch nochmal in das Zimmer zurück, "Und mit was hast du das gemacht?!" Ärger und Sorge schossen wie Adrenalin durch seine Adern und kurbelten seine ansonsten sehr schwach gehaltene Impulsivität an.
Es war also wirklich ernst gemeint, was sie sagten...

Eine falsche Bewegung und das ausgeklügelte System mit den feinsten und verflochtesten Strängen, die sich über das gesamte Land erstreckten, rächte sich mit harschen Konsequenzen...

"Er hat Emma bedroht und ich hab ihm mit der Pfanne eins übergezogen, weil ich Emma beschützen wollte." Michelle festigte den Griff um Emmas Hand und strich mit dem Daumen behutsam über ihre Finger. Abel schwieg für eine Weile.
Dachte nach. Zu viele Zwickmühlen umspannten sein chaotisches Leben...
Aber...Wie zum Teufel hat Michelle es geschafft, den Typen mit einem Schlag k.o. zu bringen, das kam verdammt unerwartet!
"Da bin ich einmal nicht da und schon ist jemand von uns dreien in Kriminalangelegenheiten verwickelt. Was fällt dem Typen eigentlich ein, meine Schwester zu bedrohen, geht's noch?!"

"Das hab ich mir auch gedacht!", stimmte Michelle Abel zu und seufzte, während sie die Zimmertür hinter sich schloss, als Emma, Abel und sie wieder in der Wohnküche standen.

Trotz der immer stärker anfallenden Sorgen war Abel Michelle unglaublich dankbar. Er wollte gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn sie nicht da gewesen wäre. Emma konnte sich zwar normalerweise gut wehren, doch wenn man aus dem Hinterhalt in der eigenen Wohnung angegriffen wurde, standen die Chancen auf ein gutes Ende beinahe auf null. Wenn er seine Schwester in der heutigen Nacht verloren hätte...er hätte sich selbst die Schuld dafür gegeben...
Bestimmt war alles seine Schuld, weil er....weil er...

"Danke, Michelle, dass du meine Schwester beschützt hast. Das hässliche Scheusal hier kann sich schonmal einen Platz in der Zelle aussuchen, dafür sorge ich", nun war Abel zielstrebig dafür, augenblicklich zur Polizei zu gehen. Dass dieser Typ auch nur auf die Idee kam, seine unschuldige kleine Schwester zu bedrohen...das ging eindeutig zu weit.
Und mit diesen Worten, verschwand Abel und die Wohnungstür fiel mit lautem Knall zurück in ihr altes Schloss.

Rund zwanzig Minuten später kehrte er mit der Polizei im Schlepptau zurück, die den eingefangenen Verbrecher mithilfe der Stärke von zwei Mann aus der Wohnung zerrten und in ihrer Transportkutsche zum Polizeirevier fuhren. Michelle, Emma sowie Abel konnten nur noch zusehen, wie der mittlerweile wach gewordene Mann wie ein Fisch am Haken herumzappelte, um dem Griff der Polizei zu entkommen. Viele Schimpfworte fielen; der Lärm und die Gewalt, die mitgebracht wurden, lenkten davon ab, als ein kleines quadratisches Notizbuch und ein loser Zettel aus der Manteltasche des Kriminellen purzelte...

Die drei verfolgten die weiteren Geschehnisse vom Fenster aus: wie der Mann in den Wagen gebracht wurde, wie das Pferdegespann zum Loslaufen getrieben wurde und wie die Kutsche wenige Sekunden später in der Dunkelheit der Nacht verschwand.

Erleichtert atmete Emma aus und strich sich dabei eine lose, brünette Strähne aus dem Gesicht. "Endlich Ruhe", murmelte sie, als sie auf einmal das kleine Büchlein, den Zettel und Lovinos Brief auf dem hellen Holzboden entdeckte. Wortlos schnappte sie sich die drei dünnen Gegenstände vom Boden und analysierte die zwei unbekannten Schriften als erstes.

Der lose, zerknitterte Notizzettel beinhaltete mit Kürzel notierte Adressen und Familiennamen, einige dieser Orte waren bereits durchgestrichen, als hätte man seine Arbeit dort schon verrichtet. Ob das die Häuser waren, die der Dieb bereits geplündert hatte? Die Polizei meinte doch, sie würden nach den Besitzern des Schmuckes suchen...Emma sollte diesen Zettel unbedingt so bald wie möglich abgeben. Doch dann fiel ihr Augenmerk auf das kleine quadratische Notizbüchlein. Es war in schwarzes Leder gebunden, an der Innenseite der ersten Seite stand, ohne eine Einleitung oder Erklärung gegeben zu haben, ein kurzer, in Stichworten verfasster Text. Die Handschrift war im Vergleich zur Notiz anders; sie war mehr kursiv geschrieben und hatte einen feineren Schriftzug. Emma formte ihre Augen zu Schlitzen, bemühte sich aus dem Willen ihrer Neugier heraus das Geschriebene zu entziffern.

"Sie tragen schwarze Mäntel, alle miteinander ein kleines Emblem an der Brust. Es ist winzig, ein roter Blutstropfen mit grauen Dornen umzingelt."

Emma blätterte um.

"Man weiß nicht, wie viele mit dem Verschwinden und Morden zu tun haben; so mancher wird vielleicht sogar einen Beitrag leisten, ohne zu wissen, welche Auswirkungen ihre unschuldig wirkende Arbeit leistet. Opfer sind zumeist junge Männer mit dunklem Haar."

Ein Schauer jagte über Emmas Rücken, Gänsehaut überkam sie und sie klappte das winzig kleine Buch wieder zu.

"Emma, was liest du da?", Michelle hatte sich neben sie gestellt und schaute ihr wissbegierig über die Schulter. Emma drehte sich sogleich zu ihr und kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum. Nun wurde auch ihr Bruder aufmerksam auf sie und gesellte sich zu den beiden Mädchen. "Ich glaube, wir haben hier etwas unglaublich Wichtiges entdeckt..."

"Du meinst...", Michelle klappte nun auch das Büchlein auf und blätterte es durch, sie brauchte gar nicht die gesamte Seite lesen, die Schlüsselwörter erzählten ihr genug, "...das hier könnte etwas bedeuten...?"

"Hinweise auf die Morde und verschwundenen Männer dieser Stadt." Abel schaute gar nicht erst auf das Buch. Er kannte es nur zu gut...

Erstaunt und sogar etwas geschockt starrte ihn seine Schwester an. "Du weißt, was das hier ist?!" Doch Abel verschränkte nur die Arme vor der Brust und schaute verloren aus dem Fenster. "Ja und nein. Ich weiß nicht, welche Geheimnisse darin verfasst sind...Ich weiß nur, dass das hier Alessandro gehört."

"Hä?", Michelle hob verwundert die Augenbraue, "Der Verkäufer vom Stand, der vor kurzem begraben wurde?"

"Ja, dieser Alessandro. Emma, erinnerst du dich noch daran, als ich für kurze Zeit als Standaushilfe gearbeitet habe?"

Emma nickte, ein Fragezeichen stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Was wusste Abel? Warum hatte er nie auch nur ein Sterbenswörtchen verraten?

"Nun, Alessandro hat immer in dieses Buch gekritzelt, das nervte. Also habe ich ihn darauf angesprochen. Er meinte, er sei dieser Mordserie dicht auf der Spur, aber Einzelheiten wollte er mir nicht nennen..."

Emma und Michelle waren sprachlos. Kein Wort wollte mehr aus ihrem Mund kommen, geschweige denn wüssten sie eine Antwort auf Abels Geschichte. Was...Was war nun Realität - was wussten sie wirklich - und was war nur Schein?

"Lasst uns morgen darüber reden, der heutige Tag hat genug Ärger mit sich gebracht", Abel klopfte seiner Schwester und ihrer Freundin beruhigend auf den Rücken, "Wir gehen morgen noch einmal zur Polizei und geben alles, was hier zurückgelassen wurde, ab. Sie werden schon wissen, wie sie damit umzugehen haben. Laien wie wir brauchen uns gar nicht erst in irgendein mordlustiges Abenteuer stürzen. Ich will nicht, dass einer von uns dadurch in Gefahr gerät. Wir können nur von außen zuschauen und mit dem, was wir wissen unterstützen."

Nickend gaben sich die beiden Mädchen geschlagen. Abel hatte recht, sie konnten nicht viel ausrichten. Sie waren nur kleine Leute und hatten weder Ausbildung noch das nötige Geschick oder Wissen, um mit etwas derartig Komplexen und Gefährlichen umzugehen. Dennoch...sie wollten nicht tatenlos zusehen. Sie wollten, dass die Gefahr in dieser Stadt möglichst bald gebändigt werden würde.

"Emma, sonst schauen wir uns endlich den Brief an, den Lovino geschrieben hat." Michelle zeigte mit dem Finger auf das weiße Briefpapier.
Emma nickte, sie hatte tatsächlich darauf vergessen. Sofort holte sie den kurzen Brief aus dem unordentlich gefalteten Kuvert heraus, fühlte sich dabei von Abel und Michelle umzingelt, da beiderlei mit Interesse und Verwunderung herausfinden wollten, was Lovino so spontan zu sagen hatte.

Mit leiser, aber klarer Stimme begann Michelle den schnell geschriebenen Text vorzulesen, stolperte aber immer wieder über die durchgestrichenen, falsch geschriebenen Worte Lovinos.

"Ciao, Leute.
Ihr denkt euch sicher jetzt: Was will der Bastard jetzt von uns, der braucht jetzt doch keinen beschissenen Brief schreiben, soll er doch einfach herkommen?!
Aber für lange Gespräche und Verabschiedungen hab ich keine Zeit und auch keinen Bock und ich bin noch dazu schreibfaul, drum fass ich mich kurz: Mein Boss hat mir verordnet, dass ich mit ihm nach Rom fahre, wegen so 'nem Fortbildungsscheiß oder so. Keine Ahnung, warum er nicht alleine fahren kann, aber sei's drum. Ich bin morgen schon weg, weil der Bastard mir nichts vorher sagen kann; komm irgendwann mal zurück. Falls es was Wichtiges gibt, ich hab euch die Adresse auf die Rückseite geschrieben.
Ciao, Lovino.

P.S. erinnert Antonio daran, dass er auch einen Brief bekommen hat. So wie ich den Trottel kenne, kommt er erst zwei Tage später drauf, dass er Post bekommen hat..."

~0~

Author's Note:

Frohe Weihnachten, liebe Leute :3
Auch wenn sich das Kapitel heute sehr auf Nebencharaktere gestützt hat, hoffe ich, dass es euch trotzdem den Feiertag versüßt hat.
(und wenn ihr kein Weihnachten feiert, dann hoffe ich, dass euch das Kapitel einfach den Abend heute verschönert hat^^)

Das nächste Mal, wenn ich update ist die Fanfic bereits ein ganzes Jahr alt! (Der Prolog wurde im Jänner dieses Jahres verfasst und hochgeladen!)
Und dabei fängt die Story gerade erst an! ^^

Einen schönen Abend noch und bis zum nächsten Kapitel.

Over and out

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