Gespräche auf dem Revier (12)
Nico winkt mich hinter sich her und stürmt zur Türe hinaus. Ich kann verstehen, dass er aufgewühlt ist, aber der Dauerstress wird ihm nicht gut tun und darum nehme ich mir vor, ihn während der Fahrt etwas zu beruhigen. Nachdem ich mich von den restlichen Anwesenden verabschiedet habe, wobei Alex durch sein gequältes Dauergestöhne sicherlich nichts mitbekommen hat, laufe ich ebenfalls nach draußen. Die Polizisten stehen immer noch vor ihrem Streifenwagen, nur ihre Passagierin sitzt schon auf einem der hinteren Plätze. "Zwei zu Null. Noch einmal verlieren, dann darfst du dich in nette Gesellschaft begeben", sagt Marc und lacht triumphierend auf. "Aber das war unfair. Außer Schere, Stein und Papier darf man nichts nutzen, wenn es nicht abgesprochen wurde!", motzt Paul und verzieht beleidigt sein Gesicht. "Wir nutzen immer den Brunnen, Paul. Du brauchst jetzt gar nicht pampig werden, nur weil du nicht verlieren kannst!" "Wenn ich unter fairen Umständen verliere, ist das ja auch kein Problem!"
"Stell dich nicht so an! Also, nochmal. Schere, Stein..." Als Marc das Wörtchen Papier ausgesprochen hat, formt er selbst mit der rechten Hand einen Stein. Paul hingegen streckt einfach nur seinen Arm aus. "Was ist das denn?", will der Ältere irritiert wissen. "Ein Schlagstock. Du brauchst gar nicht zu meckern, den führen wir jeden Tag mit uns mit und darf somit zum Einsatz kommen!", kontert Paul frech und lacht triumphierend auf. "Du hast echt nicht mehr alle Tassen im Schrank! Wie soll man das jetzt bewerten?" "Ganz einfach: Der Schlagstock schlägt den Stein bis ins Universum und hat damit endgültig gewonnen!" Paul führt eine Art Baseballschlag-Gestik aus, um seine Worte verbildlichen zu können.
Losen die jetzt tatsächlich aus, wer neben Frau Straub sitzen muss?
"Ich glaub’s ja nicht.... Weißt du was? Ich setze mich nach hinten, aber dafür geht die nächste Runde Donuts auf dich, verstanden?"
"Nichts lieber als das", gibt Paul in einem spöttischen Singsang von sich und klopft seinem Kollegen zweimal mit der flachen Hand auf den Rücken. Ich bin noch etwas unentschlossen, ob ich das als lustig oder extrem seltsam einstufen soll und bewege mich zu dem Auto, dessen Scheinwerfer gerade anspringen.
Nachdem der Sicherheitsgurt angebracht ist, legt der Fahrzeugführer den Rückwärtsgang ein, parkt aus der Reihe von Autos aus und lenkt uns auf die Straßen Kölns. "Ich habe mich vorhin überhaupt nicht vorgestellt. Tut mir leid. Normalerweise bin ich nicht so unhöflich! Ich heiße Nico Holzapfel und bin Josis Vater." "Total nachvollziehbar. Wer wäre nicht wütend, wenn seiner Tochter solche Vorwürfe gemacht werden? Ich bin übrigens Linus Hoffmann und der neue Kollege von Alex und Phil."
"Freut mich. Hast du irgendwelche aufschlussreiche Informationen, dass die Polizei dich auch auf dem Revier haben will?", fragt er neugierig nach und schaut mir den Bruchteil einer Sekunde hoffnungsvoll ins Gesicht, bevor er seinen Blick wieder auf die Straße wendet. "Kann man so sagen, ja! Diese Frau ist mir bekannt und hat schon sehr großes Unheil gestiftet. Sie darf ihrer Funktion als Familienhilfe, wenn man sie überhaupt so bezeichnen kann, gar nicht mehr nachkommen. Außer sie hat irgendwelche krummen Dinger gedreht und irgendjemand war so blöd und hat sie in diesem Sektor wieder arbeiten lassen." Ich zucke mit den Schultern, da im Prinzip alles möglich ist.
Nicos Griff um das Lenkrad wird kräftiger, was an den weiß hervortretenden Fingerknöcheln sichtbar wird. "Versuche ruhig zu bleiben. Ich bin sicher, dass wir das alles geregelt bekommen!", sage ich mitfühlend, worauf mein Nebenmann die ganze angestaute Luft aus seinem Körper entweichen lässt und sich mit einer Hand durch die Haare fährt. "Weißt du, es ist nur... Ich verstehe nicht, warum es immer alle auf meine Tochter abgesehen haben. Sie hatte schon Pech mit ihrem Stiefvater, dann hat ihr ein Stalker Probleme gemacht, eine Ärztin, die ihr den Mann ausspannen wollte und... Ach, sorry. Ich will dich gar nicht mit all den vergangenen Dingen bombardieren, aber es ärgert mich einfach, dass mein Mädchen immer auf der Abschussliste steht. Sie ist so eine tolle und starke Frau, aber viele reduzieren sie nur auf ihr loses Mundwerk und suchen bei ihr regelrecht nach Fehlern. Das hat sie nicht verdient!"
"Manche ziehen das Pech einfach magisch an. Ich bin mir aber sicher, dass sie auch diese Hürde schaffen wird. Wie ich vorhin schon nach diesem kurzen Einblick sehen konnte, hat sie sehr viele Menschen hinter sich stehen und mit diesem Beistand kann man so einiges überwinden!" Meine Worte scheinen Nico zu beruhigen, denn er lockert seine Haltung etwas. "Ja, du hast recht. Es ist nur... Die erneute Schwangerschaft mit Zwillingen hat sie anfangs wirklich schockiert und sie hatte solche Ängste, dass sie das alles nicht schafft. Mittlerweile hat sie sich damit abgefunden, dass wir das alle zusammen schaffen werden und sie freut sich endlich richtig auf die zwei weiteren Kinder und dann kommt so eine dahergelaufene Möchtegern-Tussi und will ihr die Kinder wegnehmen. Ihre Aussagen passen doch überhaupt nicht zusammen und sie ignoriert alle unsere Fakten... Ich habe nur Angst, dass diese Familienhilfe sich durchsetzen kann, schon alleine weil sie einen gewissen Status hat. Ist ja schon oft genug vorgekommen...." Man hört Nico die Verzweiflung direkt an und ich kann ihn sehr gut verstehen, dass diese Situation auch für ihn schwer ist, da er nicht viel machen kann, außer seine Tochter mit Worten zu verteidigen. "Glaub mir, wenn ich sage, dass dieser Status schon einen großen Knacks abbekommen hat!" Ich bin mir sicher, dass Josi diesen Kampf gewinnen wird und ihr mein Wissen über Frau Straub gut in die Karten spielt.
"Hoffentlich! Jetzt wäre es gut, wenn Tom hier wäre. Der könnte sicherlich mit seinem Chef reden und... Weißt du eigentlich was von ihm? Ich habe nur am Rande mitbekommen, dass er in der KaS ist." "Nein, leider weiß ich nichts. Da müsstest du Phil fragen. Er war heute morgen ebenfalls in der Klinik. Tut mir leid. Ist er dein Sohn?" "Ja. Zwar nicht genetisch bedingt, aber da mache ich keinen Unterschied!"
Diese Aussage wirft noch viele weitere Fragen auf, die ich aber vorerst für mich behalte, da wir an unserem Ziel angekommen sind.
Kaum sind wir alle in den Räumlichkeiten des Reviers eingetroffen, kommt ein Herr aus einem der Büros geschossen und stoppt direkt vor Marc und Paul: "Kommt Tom auch noch?" "Nö, der ist anscheinend im Krankenhaus", erwidert Paul grinsend und schüttelt leicht den Kopf. Der Mann atmet erleichtert auf: "Gut. Wenigstens ein Faktor entschärft. Wie sieht es mit den Hetkamps aus? Keiner anwesend?"
"Nein. Josi hat sich übergeben, ist mit den Nerven fertig und schläft. Alex ist lädiert und ebenfalls total durch. Er kommt morgen bei uns vorbei, um eine Aussage zu machen. Wir haben aber schon einige Informationen von Stephan bekommen und Herr Hoffmann hat auch noch relevante Fakten für uns. Wir würden zuerst mit dieser Dame..." Marc kann sein Vorhaben gar nicht genauer ausführen, da grätscht ihm sein Gegenüber sofort ins Wort: "Bringen sie alle zusammen in den großen Besprechungsraum. Geben Sie mir kurz die Personalien dieser Frau und dann warten Sie, bis ich wieder da bin!" Marc atmet tief ein und greift in seine Jackentasche, um seinen Notizblock herauszuholen. Dieser wird ihm sofort entrissen und der Herr, den ich bestimmt getrost als Chef einordnen kann, zieht sich wieder in sein Büro zurück. Paul und Marc werfen sich einen undefinierbaren Blick zu und weisen uns im Anschluss an, ihnen in einen großen Raum zu folgen.
Frau Straub wird von den Polizisten auf einen Stuhl verwiesen, der auf der rechten Seite der langen Tischreihe steht. Nico und ich setzen uns ihr gegenüber, wobei mein Nebenmann den Eindruck erweckt, dass er gleich über den Tisch hechtet und diese Frau eigenhändig erwürgt. Marc scheint diese aggressive Ausstrahlung ebenso wahrzunehmen, denn der stellt sich vorsichtshalber hinter Nico und lässt ihn nicht aus den Augen, während Paul hinter Frau Straub stehen bleibt.
Es dauert tatsächlich eine halbe Ewigkeit, bis das Oberhaupt wieder bei uns erscheint. Er kommt allerdings nicht alleine, sondern hat einen sehr grimmig aussehenden Herrn im Schlepptau, der unsere Frau Straub fast mit seinen Blicken tötet. Die Aufforderung, sich zu setzen, nimmt der Neuankömmling sofort wahr und nimmt neben Josis Vater Platz.
"So, erst einmal für alle Anwesenden: Ich bin Klaus Wiebel und werde dieses Verhör leiten!", informiert er uns, legt ein paar Blätter mit Notizen auf dem Tisch ab und setzt sich auf einen Stuhl. "Kommen wir zuerst zu Ihnen, Frau..." Herr Wiebel sieht auffordernd zu der Frau in der Runde, die eine offensichtlich abwehrende Haltung eingenommen hat. "Nadine Straubing", gibt sie arrogant von sich. "Ihnen ist klar, dass sie sich bei der Polizei befinden?", will Klaus wissen. "Ja", antwortet die Angesprochene kurz und knapp. "Mh. Dann frage ich mich, warum sie sich mit falschen Namen vorstellen. Denken sie, wir sind unfähig und würden ihre Daten nicht überprüfen?", will er wissen. Die darauf folgende Stille sagt womöglich mehr als tausend Worte. "Keine Antwort ist auch eine Antwort. Na gut, Frau Nadja Straub, können Sie mir bitte erläutern, warum Sie der Familie Hetkamp heute einen spontanen Besuch abgestattet haben?"
"Ich wurde über besorgniserregende Ereignisse informiert, denen man sofort nachgehen musste!" "Wer hat sie informiert und über was?"
"Der Tippgeber möchte nicht genannt werden und.." "Ich frage sie jetzt nochmal, Frau Straub. Ist Ihnen bewusst, dass Sie sich hier auf einem Polizeirevier befinden und Sie gerade eine wahrheitsgemäße Aussage machen müssen, die alle relevanten Fakten enthält, damit wir verstehen, wie die genannten Vorwürfe zustande kommen?" Herr Wiebels Stimme nimmt etwas Bedrohliches an, das unsere Dame der Runde durchaus erreicht. "Ja, ähm. Herr Doktor Marten...." "Ich fasse es nicht!", schnauzt der eingetroffene Unbekannte sofort los und zieht alle Blicke auf sich. "Sie sind nachher an der Reihe, Herr Dr. Gröhlich. Wir wollen zuerst Frau Straubs Stimme lauschen. Bitte, fahren Sie fort!"
"Wie gesagt, hat Herr Doktor Marten mich informiert, dass er eine Schwangere behandelt hat, die nicht sehr auf die Gesundheit ihrer Kinder bedacht ist! In..."
"DAS IST DOCH SCHWACHSINN!", schreit Nico sofort los und sorgt dafür, dass alle zusammenzucken. "Herr... Wie ist ihr Name?" "Holzapfel!", zischt Nico Herrn Wiebel zu. "Herr Holzapfel.. Ich kann die brodelnden Emotionen verstehen, aber ich bitte Sie, Frau Straub ihre Sicht der Dinge schildern zu lassen. Sie dürfen sich zu einem späteren Zeitpunkt gerne dazu äußern. Wenn jetzt keiner mehr einen Kommentar abgeben möchte, dann darf Frau Straub bitte fortfahren!"
"Wissen Sie, es steht in meiner Pflicht, schwerwiegenden Anschuldigungen nachzugehen. Das Wohl der Kinder geht immer vor. Der genannte Arzt hat mich ebenfalls wissen lassen, dass Frau Hetkamp sehr aggressiv und abweisend war. Sie hat die ihr entgegengebrachten Diagnosen und Behandlungsvorschläge schlichtweg ignoriert und auch vorzeitig die Untersuchung abgebrochen. Aufgrund dieser Schilderung habe ich mich natürlich unverzüglich auf den Weg gemacht, um bei der Familie nach dem Rechten zu sehen." Herr Wiebel notiert sich nebenher einige Dinge und legt anschließend den Kugelschreiber zur Seite, um sich in seinen Stuhl zurück zu lehnen. "Kennen Sie Frau Marianne Kunkel?", fragt er und muss sich sichtlich zusammenreißen nicht zu grinsen. Frau Straub wird ganz blass im Gesicht und lenkt ihren Blick an uns vorbei, auf die Wand. "Das werte ich als positive Zusage. Können sie mir bitte erklären, wie es sein kann, dass sie sich als Familienhilfe ausgeben, eine Schwangere mit schwerwiegenden Anschuldigungen bombardieren, ihr androhen die Kinder wegzunehmen, obwohl sie Fristlos entlassen wurden?"
"Ich wurde dazu beauftragt!"
"Ah und das gibt ihnen das Recht, eigenmächtige Entscheidungen zu fällen und mal eben das Leben einer Familie auf den Kopf zu stellen?"
"Irgendjemand muss sich ja kümmern. Außerdem ist der Auftraggeber..." Jetzt unterbricht der anwesende Arzt Frau Straub in ihren Worten: "... ein inkompetenter Arzt!" Die Unheilbringerin wirkt plötzlich total empört: "Also hören sie mal. Wie können sie sich erlauben, ein Urteil über einen Arzt zu fällen, den sie gar nicht kennen?"
"Herrn Dr. Marten kenne ich sehr wohl. Außerdem habe ich Frau Hetkamp im Anschluss der Untersuchung des Herrn Dr. selbst untersucht und konnte keinerlei Übereinstimmungen in den genannten Ergebnissen finden. Frau Hetkamp ist im Übrigen eine langjährige Patientin von mir und ich sehe es als eine enorme Frechheit an, dass sie sie beschuldigen, sich nicht um den gesundheitlichen Zustand ihrer Kinder zu sorgen. Anstatt sich selbst ein Bild von ihr zu machen, sehen sie die Vorwürfe eines Arztes als Tatsachen an und bombardieren sie sofort damit. Wissen Sie, wie stark übermäßiger Stress einer Schwangeren zusetzt? Sie sollten hier neutral an die Sache herangehen und nicht gleich mit einer Drohung ins Haus platzen, dass sie einer Mutter nach der Geburt die Kinder entziehen wollen! Wo leben wir eigentlich?" Nico knüpft sofort daran an: "Die Vorwürfe, Josi hätte Alex misshandelt, sind ebenso absurd!" Dr. Gröhlich entgleisen sämtliche Gesichtszüge und er dreht sich im Zeitlupentempo zu Josis Vater: "Sie soll Alex misshandelt haben?"
Ich kann noch nicht genau einschätzen, welcher der beiden tickenden Zeitbomben als erstes explodiert und warte schon darauf, dass sich Herr Wiebel wieder die Führung unter den Nagel reißt, doch der verfolgt nur interessiert die Konversation. Damit Frau Straub nicht wieder falsche Tatsachen verbreiten kann, werfe ich die Erklärung, wie Alex' Verletzung zustande gekommen ist, schnell hinterher: "Alex kam nach dem Krankenhausaufenthalt mit Josi in die Wache, da er sich umziehen musste. Er hatte noch seine Dienstklamotten an. Verständlicherweise war er durch die Nachtschicht und die Aufregung um seine Frau und die Kinder total fertig und müde. Ich habe ihn zusätzlich mit einem Gespräch abgelenkt und durch diese Unaufmerksamkeit ist er gegen die Kante der offenen Spindtüre gelaufen. Dementsprechend lädiert sieht nun sein Gesicht aus, aber er hat keine schwerwiegenden Verletzungen davon getragen!"
"Warum sagen sie das denn nicht gleich?", will Frau Straub gespielt überrascht wissen, was bei Nico alle Sicherungen durchbrennen lässt. Er erhebt sich so schwungvoll in die Höhe, dass seine Kniekehlen gegen die Sitzfläche des Stuhls knallen und dieser nach hinten katapultiert wird. Er lehnt sich über den halben Tisch und ich erwarte fast, dass er nun noch sein Knie anhebt und über die Tischplatte klettert, um die letzte Minute der Familienhelferin schlagen zu lassen. "SIE LÜGEN WIE GEDRUCKT! SCHÄMEN SIE SICH EIGENTLICH NICHT, SO GEWISSENLOS EIN FAMILIENLEBEN ZU ZERSTÖREN?", schreit er ungehalten auf die Frau ein und bekommt einen knallroten Kopf. "Hey, hey. Ganz ruhig bleiben", versucht Marc zu schlichten und packt Herrn Holzapfel an den Schultern, um ihn letztendlich zurückzuziehen und ihn wieder auf seinen Stuhl zu drücken. Herr Dr. Gröhlich widmet sich dem Herrn zur Pulskontrolle, da ihm der Zustand auch nicht geheuer zu sein scheint.
"Warum genau kommt diese Reaktion zustande?" Herr Wiebel zeigt mit dem Finger auf Nico und wirft mir einen fragenden Blick zu. "Ich habe diese Erklärung auch vorhin schon, bei den Hetkamps zuhause, abgeliefert, aber das hat Frau Straub nicht interessiert. Sie hat es absichtlich überhört und weiterhin an ihrer Überzeugung, dass Frau Hetkamp Gewaltbereitschaft zeigt, festgehalten. Ich habe auch noch eine weitere Information über Frau Straub, die sehr interessant sein dürfte!" "Ich bin ganz Ohr. Schießen sie los!", fordert mich Klaus auf und ich erzähle ihm, wie zuvor Stephan, welche Tortur meine Nichte durchstehen musste. Nach meiner Schilderung sind alle Anwesenden geschockt und starren den Star meiner Geschichte entsetzt an. "Das stimmt doch überhaupt nicht. Diese Geschichte haben sie sich einfach überlegt, um etwas gegen mich in der Hand zu haben. Lächerlich!" Obwohl die Beschuldigte stark und vollkommen gefestigt wirken möchte, schafft sie es nicht, diese Fassade aufrechtzuerhalten. Bevor Klaus sich äußern kann, kommt ihm der Gynäkologe zuvor: "Ich möchte mich noch kurz zu Wort melden. Herr Holzapfel muss dringend nach Hause. Er hat Bluthochdruck, der durch den Stress negativ beeinflusst wird und ausgerechnet heute vergessen, seine Tabletten zu nehmen. Zu der Äußerung, die sich in die Richtung des Verdachts auf häusliche Gewalt richtet: Wie gesagt kenne ich die Hetkamps schon über einen längeren Zeitraum und ich kann für beide Parteien meine Hand ins Feuer legen und die Anschuldigung auf gewaltbereitschaft keinesfalls bestätigen. Wenn sie den liebevollen und aufopfernden Umgang der beiden Menschen live miterlebt hätten, dann würden sie sich in Grund und Boden schämen, auch nur einen Gedanken daran verschwendet zu haben, dass Frau Hetkamp ihren Mann misshandeln würde. Herr Wiebel, meiner Vermutung nach, ist das alles ein Rachefeldzug, da Herr Hetkamp und ich aufgrund der Unprofessionalität des Herrn Dr. Marten bei der Klinikleitung heute morgen ein Gespräch hatten und diesem auch ein paar andere Fälle vorgetragen haben, bei der mit dem ein oder anderem Leben eines Fötus gespielt wurde. Das scheint meinem Kollegen nicht gefallen zu haben. Bei der Ärztekammer werde ich dieses zusätzliche absurde Verhalten natürlich auch melden und dafür sorgen, dass der Kollege längste Zeit ein Kollege war. Leidtragende der ganzen Geschichte ist nun leider Frau Hetkamp, die sich aber gewiss in keiner Hinsicht etwas vorzuwerfen hat!" "Danke Herr Dr. Gröhlich. Sie können Herrn Holzapfel jetzt gerne nach Hause bringen, bevor das ein weiterer Fall für die KaS wird. Bei Fragen melde ich mich!" Der Arzt nickt die Worte ab und hilft Nico auf die Beine. "Braucht ihr Hilfe?", will ich wissen, da mir der Anblick meines ursprünglichen Chauffeurs nicht ganz geheuer ist. "Danke, aber ich habe das im Griff. Schönen Tag noch zusammen", schlägt der Gynäkologe meine Hilfe aus und macht sich ein paar Minuten später mit seiner Begleitung aus dem Staub.
Herr Wiebel kritzelt ein paar Buchstaben auf sein Blatt Papier und lehnt sich dann wieder mit einem bösen Blick, auf Frau Straub gerichtet, zurück. "Ich hoffe Ihnen ist bewusst, welch lange Liste der Vergehen sie haben entstehen lassen. Vorerst bleiben sie hier in Gewahrsam, da ich bei ihnen davon ausgehe, dass sie untertauchen oder sich mit Herrn Dr. Marten beratschlagen werden. Keine Angst, ihnen wird nicht langweilig werden, denn Frau Kunkel kommt im Laufe des Abends noch auf ein Pläuschchen vorbei. Herr Hoffmann, ihre Aussage habe ich notiert und bei Bedarf werde ich mich melden. Danke, dass sie sich zur Verfügung gestellt haben!" "Kein Problem. Können sie vielleicht einen ihrer Polizisten entbehren? Mein Chauffeur wurde gerade selbst nach Hause gebracht!" "Gar kein Problem! Westernhoven? Wären Sie so nett?" "Sicherlich!" Marc grinst mich an und winkt mich hinter sich her. Als ich von meiner Sitzgelegenheit aufstehen, tut es mir Frau Straub gleich. Paul reagiert aber sofort und packt sie fest am Oberarm: "Sofern sie nicht Herr Hoffmann heißen, bleiben sie hier!" "Um mich festzuhalten brauchen Sie einen richterlichen Beschluss und ich gehe nicht davon aus, dass sie den innerhalb der nächsten paar Minuten hierher zaubern können, oder?", giftet sie in Klaus' Richtung, doch der grinst nur amüsiert und stört sich nicht an der aufgebrachten Frau: "Zaubern kann ich nicht, nein, aber der befreundete Richter kann sehr schnell Emails verschicken und mir eine vorläufige Genehmigung zukommen lassen. Darum müssen sie sich keine Sorgen machen! Paul, bringen sie die Dame bitte in ihre vorübergehende Unterkunft. Ich brauche erst eine Ladung Koffein und Zucker."
Im Streifenwagen angekommen, merke ich, dass ich jetzt auch dringend eine Mütze voll Schlaf gebrauchen kann. Marc ist glücklicherweise so aufmerksam und erkennt, dass ich nicht mehr allzu viel Lust zum Reden habe und dreht einfach die Musik etwas lauter. Auch wenn ich einiges verkraften kann, war die geballte Ladung an neuen Bekanntschaften heute doch anstrengend. Ich hoffe, dass diese absurde Angelegenheit sich nicht länger als nötig zieht und schnell aufgelöst werden kann. Doch es mag kommen was will, ich werde meinen neuen Kollegen auf alle Fälle unterstützen, denn auch wenn wir uns noch nicht gut kennen, habe ich das Gefühl, dass wir ein richtig gutes Team werden könnten und werde ihn daher auch so gut wie möglich unterstützen.
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