92
Josi's Sicht
Ob den Männern noch irgendetwas gescheites als Entschädigung eingefallen ist, weiß ich nicht. Leider hat mein Gesprächspartner wirklich viel zu schlucken gehabt und mein Körper wollte darauf einfach nur noch ins Bett. Alex hat mich schließlich aus dem Badezimmer gezerrt und ins Bett getragen. Ich habe nicht einmal mehr mitbekommen, ob er sich zu mir gelegt hat oder ob er wieder zu den Männern ins Wohnzimmer gegangen ist.
Jetzt, laut Wecker haben wir es kurz vor halb zehn, liege ich hellwach und alleine in unserem Bett. Meine Hand ruht auf meinem Bauch und ich versuche mich mit dem Gedanken an die zwei neuen Erdenbürger anzufreunden.
Als ich voller Sehnsucht auf das Kissen neben mir starre, da ich jetzt so gerne Alex neben mir liegen hätte, fällt mir ein kleiner Zettel auf dem weichen Federbehälter auf. Neugierig greife ich danach und lese mir das Geschriebene durch:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Was eine Partnerschaft bedeutet:
☆ ehrlich sein, auch wenn wir Angst vor der Wahrheit haben☆
Guten Morgen mein Schatz!
Geh zum Kleiderschrank!
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Was hat er vor?
Da meine Neugier natürlich die Oberhand ergreift, raffe ich mich auf und begebe mich an den Kleiderschrank. Dort klebt an einem der Bretter der nächste Zettel:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
☆Ein Team sein, auch wenn das Ego manchmal lieber gegnerisch wäre☆
Schnapp dir einen bequemen Hoodie und eine Jeanshose und geh ins Badezimmer!
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Da ich eh am liebsten Alex' Hoodies anziehe, öffne ich seine Kleiderschrankhälfte und ziehe den Erstbesten heraus. Prompt fällt ein weiterer Zettel auf den Boden, den ich mit zusammengezogenen Augenbrauen vom Boden aufhebe und ebenfalls durchlese:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
☆einander spiegeln, einander Raum geben, einander wachsen helfen☆
Ich wusste, dass du einen Hoodie von mir anziehen würdest :) Jetzt abmarsch ins Bad!
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Ich muss sofort lachen, da er mich einfach zu gut kennt und diese kleine Zettelwirtschaft mein komplettes Herz erwärmt. Mit den Klamotten bewaffnet, laufe ich nach unten ins Bad und schließe die Türe. Direkt auf Augenhöhe hängt ein weiterer Zettel:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
☆sich mit der schambehaftesten Version unserer selbst beieinander sicher fühlen☆
Gönn dir mal wieder eine ausgiebige Dusche und zwar in aller Ruhe!
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Sofort schleicht sich wieder ein Lächeln auf meine Lippen, denn solche exklusiven, alleinigen und ausgiebigen Duschen sind wirklich zu einer Rarität geworden. Als ich mich schwungvoll umdrehe und meine Klamotten auf der Kommode ablegen will, finde ich dort eine Bluetooth Box vor, neben der mein Handy bereit liegt, genauso wie ein neuer Zettel:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
☆über Dinge sprechen, die wir lieber verstecken würden☆
Dein Handy ist schon mit der Box verbunden. Mach die Musik so laut, du willst, du hast die komplette Bude für dich. Du kannst dein Lieblingslied auch zehnmal hintereinander anhören, es meckert keiner ;)
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Natürlich nutze ich diese Gelegenheit auch voll aus und lasse eins meiner Lieblingslieder in fast unerträglicher Lautstärke durch das Haus wummern.
Als ich unter der richtig heißen Dusche stehe, gröle ich lauthals die Textzeilen mit und fühle mich so richtig befreit. Ich habe tatsächlich vergessen, wie gut es manchmal tut, sich seine Sorgen und schlechten Gefühle einfach von der Seele zu singen. Erst als meine Hände und auch Fußsohlen komplett verschrumpelt sind, verlasse ich meine Nasszelle und greife nach der untersten Schublade der Kommode, um mir ein frisches Handtuch herauszunehmen. Direkt als ich die Schublade öffne, liegt ein weiterer Zettel, neben dem eine Flasche Mandelöl liegt:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
☆vertrauen, Unsicherheiten zu teilen und Trigger nachzuvollziehen☆
Es wird wieder Zeit, deinen Bauch einzucremen :)
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Schmunzelnd stelle ich das Öl auf der Kommode ab, entnehme ein frisches Handtuch und trockne mich komplett ab. Anschließend creme ich, wie gewünscht, die Behausung unserer neuen Babys ein und ziehe mir zu guter Letzt die Klamotten an. Nachdem ich auch die letzten Tätigkeiten, die das Zähne putzen, Haare föhnen und schminken beinhalten, erledigt habe, gehe ich in die Küche. Dort finde ich eine große Schüssel auf dem Esszimmertisch vor und ebenfalls ein weiterer Zettel:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
☆Ich liebe dich mein Schatz! Gemeinsam können wir alle Schwierigkeiten und Hindernisse überwinden☆
Stephan hat dir leckeren Kartoffelsalat gemacht. Jetzt kannst du jederzeit und so oft du willst deinem Gelüster nachkommen. Gönn dir. Ich komme bald wieder. PS: Ja, man kann auch morgens schon Kartoffelsalat essen. Mach dir keinen Kopf ♡♡
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Bevor ich überhaupt irgendetwas mache, muss ich mich erst auf einen der Stühle setzen. Ich bin wirklich überwältigt von den Zettelchen, den darauf niedergeschriebenen Botschaften und der ausgiebigen Me-Time. Vor lauter Freude könnte ich schon wieder heulen, da ich gar nicht weiß wohin mit meinen Emotionen. Da Essen manchmal auch gut für die Seele ist, gönne ich mir jetzt wirklich eine Ladung Kartoffelsalat und lasse mir diesen förmlich auf der Zunge zergehen.
Für Stephan's Kartoffelsalat würde ich sogar meine Oma verkaufen hahaha
Kaum habe ich die halbe Schüssel vernichtet, kommen auch schon Tom und Alex nach Hause. Die beiden spickeln grinsend in die Küche und schauen sich anschließend gegenseitig an. "Ich glaube, sie ist entspannt!" Tom legt einen zufriedenen Gesichtsausdruck auf, was Alex ebenfalls erwidert: "Ja. Glücklich sieht sie ebenfalls aus!" "Hahaha ihr Spinner! Jetzt kommt schon rein", ich winke den zwei zu und schiebe mir den letzten Löffel der köstlichen Speise in den Mund.
Während mein Verlobter sofort zu mir kommt, seilt sich Tom ins Badezimmer ab und gönnt uns einen Moment der Zweisamkeit.
Noch bevor er bei mir ankommt, erhebe ich mich von meinem Stuhl und breite die Arme aus, um Alex in Empfang zu nehmen. "Danke Alex! Das war wirklich eine wunderschöne Idee! Es tut mir leid, dass ich gestern..", meine Erklärung kann ich leider nicht weiter ausführen, da ein Zeigefinger auf meinen Lippen das verhindert. "Nein, du sollst dich nicht entschuldigen! Du hast Ängste, die ich vollkommen nachvollziehen kann und für so etwas muss man keine Entschuldigung über die Lippen bringen. Es ist in Ordnung. Das Einzige, was ich möchte, ist, dass du mit mir darüber redest. Aber jetzt muss ich doch erst einmal kontrollieren, ob du auch artig warst!" Alex' lässt seine Handfläche unter meinen Hoodie gleiten und streicht vorsichtig über meinen Bauch: "Mhm, sehr artig. Das hat eine Belohnung verdient!"
Die Lippen meines Verlobten legen sich auf meine und schenken mir einen zärtlichen und langen Kuss.
Erst nachdem Tom in die Küche gelaufen kommt, lösen wir uns voneinander. "Wo sind denn die Kinder?", mir fällt ein, dass die Zwerge ein Date mit Nico und Eva haben und ich immer noch nicht geklärt habe, wie wir die Übergabe über die Bühne bringen. "Die haben wir schon zu Oma und Opa gebracht. Soll dir Grüße von Nico ausrichten, der war immer noch besorgt und hat tausend mal nach dir gefragt!" Alex zieht nebenher eine Schachtel aus der Jackentasche, das mir ganz verdächtig nach Folsäure aussieht: "Das habe ich auch schon geholt und davon nimmst du bitte gleich eine!" Mir wird umgehend eine Folsäure-Tablette auf die Hand gedrückt, die ich anstandslos in meinem Mund verschwinden lasse.
"Oh, mein Auto haben wir auch schon abgeholt. Dein Handy hat heute Morgen geklingelt und ich habe den Anruf entgegengenommen. Ich hoffe, du bist mir nicht böse!" Tom setzt sich mit einer frischen Tasse Kaffee an den Tisch und grinst mir entschuldigend zu. "Ne, quatsch. Gibt nichts, das ich verheimliche! Dann lass mal die Rechnung rüberwachsen!", ich strecke meinem Bruder meine Hand entgegen, doch der schüttelt mit dem Kopf: "Passt schon. Der wollte das gleich Bar haben. Ist alles erledigt. Aber ich muss sagen, dass er wirklich gute Arbeit geleistet hat. Mein Auto sieht aus wie neu." "Das freut mich wirklich tierisch, dass dein Schätzchen wieder so toll aussieht, aber ich würde dir das Geld schon gerne geben, schließlich habe ich das Auto auch zerstört!" Mein Bruder lehnt sich in seinem Stuhl zurück, legt seinen Kopf in den Nacken und schaut mich mit schiefen Blick an: "Nö! Du darfst deinen Parkticketautomaten dann noch bezahlen, das ist Strafe genug!" Bevor ich mich noch in weitere Diskussionen verstricke, bei denen ich so oder so nicht gewinnen werde, laufe ich zu Tom und drücke ihm einen Kuss auf die Stirn: "Danke!" "Nicht der Rede wert! Übrigens, habe ich deine Schuhe bei mir im Zimmer in Sicherheit gebracht. Dein neugieriger zukünftiger Ehemann war kurz davor, die Schachtel zu öffnen. Hat er aber nicht. Ich konnte das gerade noch so verhindern!" Tom setzt sich wieder in eine normale Position, worauf ich mich zu Herrn Hetkamp drehe und meine Augen verenge: "Was hast du gemacht?"
"Du hast nicht gesagt, dass ich die nicht anschauen darf!", verlegen beißt er sich auf die Unterlippe und legt dabei ein verführerisches Grinsen auf. "Ich dachte, das sei logisch. Zum Glück habe ich einen solch aufmerksamen Bruder!", auf meine Worte hin, zieht mich Alex wieder fest zu sich und schiebt beide Hände unter meinen Hoodie, den Rücken entlang.
"Dein Rücken ist nicht eingeölt!", der vorwurfsvolle Unterton lässt mich sofort mit den Augen rollen: "Wie soll ich denn bitte an meinen Rücken hinkommen?" "Hmmmm, dann muss ich das wohl übernehmen...", sanft küssend, arbeitet sich Alex von meinem Ohr, bis hin zu meinem Kieferknochen vor. Da seine Hände immer noch auf meinem Rücken ruhen, bemerkt er die damit verbundene Gänsehaut sofort. "Vielleicht auch noch eine kleine Massage.... schwanger bist du ja schon hahaha", mein Verlobter gleitet mit seinen Händen ganz langsam nach unten, über meinen Hintern und lässt seine Hände dort einen Moment ruhen. Ganz überraschend packt er fester zu und zieht mich in die Lüfte, worauf ich ganz automatisch meine Beine um seine Hüfte schlinge.
"Nur zur Info: Ich bin dann gleich nochmal weg und besorge noch das Helium. Viel Vergnügen die Herrschaften", lässt uns Tom wissen, doch das interessiert uns kaum, denn wir sind schon auf dem Weg in den Flur. Während Alex mit mir die Treppe hochläuft, knabbere ich leicht an seinem Hals und entlocke ihm damit ein leises Knurren, da er anscheinend nicht schnell genug die Treppen hoch kommt. Um ihn noch ein bisschen mehr zu ärgern, ziehe ich die empfindliche Haut direkt unter seinem Ohr, zwischen meine Lippen und sauge so fest ich kann. Dass ihn der prickelnde Schmerz durchfährt und absolut nicht kalt lässt, ist sofort zu spüren. "Du bist aber heute ein ganz böses Mädchen!", keucht er mir entgegen und stößt unsere Zimmertüre mit dem rechten Fuß auf. "Ich kann noch viel böser sein, wenn du willst", hauche ich in sein Ohr, was ihn am ganzen Körper erschaudern lässt. "Ich bitte darum!", bestätigt Alex, mit nicht mehr ganz so fester Stimme und lässt die Türe mit einem lauten Knall ins Schloss fallen.
Phil's Sicht
Heute ist einer der schlimmsten Tage meines Lebens. Aufgrund der Tatsache, dass ich meiner Freundin heute einen Antrag mache, bin ich ein wandelndes nervöses Wrack. Heute kann ich sehr gut nachvollziehen, wie sich Josi an dem Tag der Verlobung gefühlt haben muss und ich nehme mir vor, mich für die Fopperei zu entschuldigen. Wie haben wir das alles runtergespielt und uns fast schon über ihre ständiges Zittern amüsiert. Ich würde behaupten, ich bin hundertmal schlimmer als sie.
"Phil, willst du eigentlich deinen Kaffee aus der Tasse oder aus dem Auffangbehälter der Kaffeemaschine trinken?", lacht Oli lauthals auf, der auf dem Sofa neben mir chillt. "Aus der Tasse, wieso?", mein Gesichtsausdruck muss ja wirklich lustig aussehen, denn Herr Dreier hält sich vor lauter Lachen schon den Bauch fest: "Dann stell doch mal eine Tasse unter das Maschinchen!" Als ich mit zusammengezogenen Augenbrauen den Kaffeespender anschaue und feststelle, das der Kaffee gleich bereit sein müsste, schnappe ich mir schnell die nächstbeste Tasse die neben der Spülen steht und stelle sie in dem letzten Moment über den Auffangbehälter. "Danke, dass du mir auch gleich eine Brühe rauslässt. Sehr nett, Herr Kollege!", da ich anscheinend Oli's Tasse erwischt habe, bekommt er natürlich das dampfende braune Gold zuerst. "Sehr gerne! Ich achte eben auf meine Kollegen. Es soll Ihnen an nichts fehlen", schwer aufatmend tausche ich im Anschluss Oli's Tasse gegen eine Frische ein und lasse den Automat nochmals arbeiten. Als auch mein Wachmacher endlich in den Porzellanbehälter eingetroffen ist, geselle ich mich zu Oli auf das Sofa und drücke ihm seine Tasse in die Hand.
"Bist du sicher, dass du noch bis zum Schluss weiterarbeiten willst? Omar hat erzählt, dass du vorhin dein Ampullarium durch ein komplettes Treppenhaus geschmissen hast. Außerdem seist du aus dem Nef gestolpert, hast dich komplett in einer Infusion verheddert, hast fünf Paar Einmalhandschuhe beim Anziehen zerrissen und dich beim Klamotten aufschneiden selbst geschnitten! Nicht ganz so dein Tag heute, mh?" "Ich bin nur so nervös wegen heute Abend! Wenn ich jetzt schon nach Hause gehe, komme ich vor Aufregung um. Ich versuche mich mehr zu konzentrieren, okay?", schon alleine an der Stärke, wie mein Kaffee in der Tasse hin und her schwappt, kann man sehen, wie sehr meine Hand zittert. "Hast du den Schnitt versorgt? Ist es schlimm?" "Jaja. Omar hat das vorhin erledigt. Ist nur ein Kratzer!", ich hoffe sehr, dass Herr Dreier keine Nachforschungen anstellt, denn ich habe die Wunde selbst provisorisch, mit ein paar Klammerpflaster geschlossen und alleine verbunden.
Mir ist wohl bewusst, dass die Pflaster den Bewegungen meines Handgelenk eventuell nicht so gut standhalten können und ich das ganze hätte lieber nähen lassen sollen. Aber ich habe jetzt nicht auch noch die Geduld mich mit Nadel und Faden flicken zu lassen.
Das kann ich nach dem Antrag immer noch machen, immerhin habe ich erst zwei von den vierundzwanzig Stunden, in der die Wunde genäht werden sollte, verbraucht.
Fortuna möchte mir allerdings einen fetten Arschtritt verpassen, denn der besagte Wundversorger betritt nun ebenfalls den Raum: "Was macht die Hand? Hat die Blutung aufgehört?" Das Zeitlupentempo, in dem Oli seinen Kopf zu mir bewegt, gefällt mir überhaupt nicht. Auch sein Blick, der einer hungrigen Hyäne ähnelt, lässt mich schon böses erahnen. "Soso. Omar hat also deine Wunde versorgt? Herzeigen!", da mit Oli nicht gut Kirschen essen ist, wenn es um irgendwelche Verletzungen geht, entferne ich die Notarztjacke von meinem Körper und reiche ihm mein linkes Handgelenk.
"Welcher Azubi hat denn das Verbunden?" Herr Dreiers fragender Blick trifft erst auf Omar, der sofort abwehrend die Hände in die Lüfte erhebt und anschließend mich, worauf ich die Augen verdrehe: "Wickel du dir mal in größter Hektik und mit zitternden Händen einen Verband drum!" "Ich verstehe nicht, dass ihr immer alle so unverantwortlich und stur sein müsst! Das ist unglaublich", der Notarzt-Kollege legt meine Hand auf seinem Oberschenkel ab und zieht aus seiner Jackentasche ein Paar Einmalhandschuhe heraus, die er gekonnt über seine Hände zieht. "Dann wollen wir das Übel mal anschauen!"
Mir war von vornherein klar, dass Oli nicht begeistert sein würde, was er auch immer wieder motzend zum Ausdruck bringt. Leider war mein Schnitt doch nicht so sauber wie ich dachte, weshalb ich auch keine zehn Minuten später mit Omar auf dem Weg in die KaS bin.
"Tztztz Herr Funke, was haben Sie sich denn bei dieser Aktion gedacht? Als ich mir vor drei Wochen ein Pflaster über einen Kratzer kleben wollte, hast du mir fast den Kopf abgerissen und selbst, rennst du mit solch einem verschmutzten Krater herum!" Omar nutzt natürlich die Gunst der Stunde, mir gleich eine reinzudrücken. Ich nehme es hin wie ein Mann und schlucke alles artig runter. "Hat es dir jetzt zusätzlich die Sprache verschlagen?", das gehässige Lachen beantworte ich mit einem bösen Blick. "Ist ja gut! Ich hoffe nur, dass du morgen besser drauf bist, wenn du den Antrag hinter dich gebracht hast!" "Sorry, aber... Ach, irgendwie läuft der Tag heute nicht nach Plan. Wenn ich heute Abend den Antrag vermassel, stürze ich mich gleich von der Brücke!" "Gut, dass ich auch da bin und das weiß. Ich werde dich dann davon abhalten. Wenn du auch noch ausfällst und ich nur noch mit Oli oder Markus fahren darf, bekomme ich was am Helm!" "Schleimer!" "Ne, is Tatsache. Jetzt komm, wir sind da!", schneller als ich gucken kann, springt Omar aus dem Auto und läuft auf die Haupteingangstüre der KaS zu.
Widerwillig steige ich ebenfalls aus dem NEF und trotte dem Sani hinterher.
Da meine Kollegin Charlotte gerade nichts zu tun hat, widmet sie sich meinem Handgelenk und versorgt alles wundervoll fachmännisch. Eine erneute Predigt kann sie sich natürlich nicht verkneifen und auch Paula, die sich eigentlich nur schnell Verbandsmaterial holen wollte, schimpft mich wie ein kleines Kind aus. Anscheinend habe ich das so verdient und werde in Zukunft bei dem kleinsten Kratzer hier antanzen und ihnen so richtig auf die Nerven gehen.
"Phil? Bist du nervös?" Charlotte grinst mich megabreit an. "Neee, ich hab einen Zitteraal gefrühstückt und der muss anscheinend seine restliche Energie noch ausleben!", meinen bösen Blick kann ich leider nicht lange aufrecht halten und lache dann leise vor mich hin. "Ich finde es süß, dass du so aufgeregt bist. Weißt du, wenn es dir nicht so wichtig und ernst wäre, dann würde es dich nicht so mitnehmen! Hier, nimm. Hast du toll gemacht!", meine Kollegin drückt mir freudestrahlend einen Lutscher in die Hand und sieht mir amüsiert zu, wie ich den dann tatsächlich auspacke und mir in den Mund schiebe. "Oh, ich würde es sinnvoll finden, wenn du die Antibiotika die nächsten fünf Tage vorsorglich nimmst. War doch ziemlich schmutzig, dein Schnitt!" "Mach ich. Danke!" Ich nehme die Packung entgegen und mache mich somit wieder auf den Weg in den Warteraum und sammle Omar ein, damit wir zurück zur Wache können.
"Wo hast du den Lolli her?" "Den bekommen nur tapfere Jungs!", ich zwinkere ihm zu und steige in das NEF ein, worauf ich gleich informiert werde, dass Michael meinen Dienst für beendet erklärt hat. "Wer ist Ablöse?" Ich habe es gerade absolut nicht auf dem Schirm, wer heute noch eingeteilt ist und wer nicht. "Debbie. Die müsste auch schon auf uns warten, da Michael sie sofort informiert hat, als ich ihm Meldung gegeben habe. Und keine Sorge, er hat Verständnis für deine Situation und ist heilfroh, dass das ganze nicht in einer größeren Katastrophe geendet ist", mein Nebenmann schüttelt lachend den Kopf und bringt uns sicher und heil zurück zur Wache, während sich meine Nervosität auf eine neue Ebene schaukelt. Die Ablenkung in der KAS hat wirklich gut getan, aber je näher ich meinem Vorhaben jetzt wieder komme, desto rasanter ergreift das unwohle Gefühl Besitz von mir.
Ob ich es wohl schaffe, mich den restlichen Tag nicht zu übergeben?
Dem Grummeln in meinem Magen zu urteilen, nicht!
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro