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Nach dem Essen verkrümele ich mich mit den Kindern und Susi zusammen ins Wohnzimmer. Die Kinder sind fertig wie Schnitzel und werden garantiert nicht mehr lange durchhalten.
"Was war denn das Bitte für eine Aktion? Was ist mit Christopher los?" Susi schüttelt während ihres Gesprächs immer wieder den Kopf und behält die Terrassentüre im Blick, falls einer der Verräter Front hier einmarschieren sollte. "Ach, keine Ahnung. Weißt du, ich bin es wirklich leid, dass dieser Mensch sich immer einmischt. Die Phasen, in denen er erträglich ist, werden immer kürzer. Selbst wenn er es nur gut meint, sollte er sich raushalten!", resigniert seufzend, lehne ich mich ins Sofa zurück und massiere mir die Schläfen. "Vielleicht liegt es daran, dass er alt wird! Keine Ahnung. Dein Bruder scheint aber auch recht nachdenklich geworden zu sein. Mich würde ja schon interessieren, was deine Mutter denen vor den Latz geknallt hat!" Susi scheint sich Gedanken über den plötzlichen Sinneswandel meiner Mutter zu machen, jedoch habe ich selbst nicht gerade das große Bedürfnis, die Beweggründe heute noch zu erörtern. "Ich hätte von Tom eine andere Reaktion erwartet. Das gibt den nächsten Streit, ich sehe es schon kommen. Naja, ich werde mich später an Herrn Sinderas Arsch heften, der scheint mir den Rücken freihalten zu wollen. Diesen Tag habe ich mir auf alle Fälle anders vorgestellt!"
Malea und Aaron werden langsam aber sicher weinerlich, was mich seufzend vom Sofa aufstehen lässt, damit ich die Knirpse einsammeln kann. "Na, ihr zwei. Seid ihr müde? Jetzt sagen wir da draußen gute Nacht und dann geht es ab ins Bett!", mir bleibt nun leider nichts anderes übrig, als mich zu der Hetkamp/Mayer Fraktion zu begeben, damit die Kinder ihren guten Nacht-Kuss abholen können. Als die zwei Knirpse auf meiner Hüfte geparkt sind, laufe ich nach draußen und versuche meine Ohren auf Durchzug zu stellen.
Das weibliche Wesen streckt natürlich sofort seine Ärmchen nach ihrem Papa aus und hüpft wie wild auf meiner Hüfte herum. "Malea, dir müssen wir auch noch beibringen, wann es sinnvoll ist, die Männerwelt zu ignorieren. Du kannst deiner Mutter doch nicht so in den Rücken fallen! Aaron nichts für ungut, aber ich erziehe dich so, dass du keinesfalls eine dieser Einstellungen der Verräterfront einnimmst. Das ist ganz klar!" Als ich vor meinem Zukünftigen stehe, nimmt er mir sofort Malea ab und drückt ihr ein paar Küsse auf. "Willst du sie ins Bett bringen?" genau solche männlichen Fragen bringen mich manchmal auf die Palme.
Was sollte ich denn sonst mit ihnen tun wollen? Ins Auto einpacken und auf die Kirmes fahren?
"Naja, die beiden sind fix und fertig. Ist wohl an der Zeit!" Ich bin wirklich stolz auf mich, dass ich meinen Mund so gut unter Kontrolle habe. "Ich komme mit!", ohne mir Spielraum für eine Reaktion zu geben, richtet sich Alex mit unserer Tochter auf und startet die Verabschiedungsrunde. Augenverdrehend folge ich seinem Beispiel und laufe mit Aaron hinterher. Nachdem alle Gäste unsere Knirpse verabschiedet haben, laufe ich hinter Alex her, um ins Kinderzimmer zu gelangen.
Zu meiner Überraschung sagt er kein einziges Wort, sondern widmet sich ausschließlich dem Abendritual seiner Tochter auf dem Wickeltisch. So lange Vater und Tochter dort beschäftigt sind, setze ich mich mit Aaron in den Sessel und genieße die Kuscheleinheit meines Sohnes. Wenigstens ein Hetkamp, dessen Rädchen nicht im Dreck läuft.
Ich kann es nicht lassen Alex immer wieder zu beobachten. Er kümmert sich liebevoll um unsere kleine Maus und verzaubert sie genauso wie mich immer wieder.
Dieser Mann hat einfach immer noch dieselbe Wirkung wie am Anfang unserer Beziehung. Insgeheim kann ich ihm gar nicht lange böse sein, denn mein Herz verzehrt sich nach ihm und am liebsten würde ich ihm in die Arme springen und seine Lippen um einen Kuss berauben. Ich habe absolut keine Lust, mit ihm zu streiten, schon gar nicht, wenn der eigentliche Übeltäter sein Vater ist.
"Ihr seid dran!" Alex steht mit der halb schlafenden Malea vor mir und grinst mich schon dementsprechend an, da er mich beim Anschmachten erwischt hat. "Ja...", ich weiche seinem Blick aus und begebe mich mit Aaron an den Wickeltisch, um den kleinen müden Zwerg ebenfalls eine frische Windel und seinen Schlafanzug anzuziehen. "Mam!" Aaron ist mit meinen Taten nicht wirklich einverstanden und wehrt sich mit Händen und Füßen gegen mich. "Nanana. Wer wird sich denn da so gegen die Mama wehren? Deine Schwester schläft schon fast und du drehst hier nochmal voll auf, mh?" Ich bekomme den Zwerg fast nicht gebändigt und schaffe es einfach nicht, die Windel vernünftig an seine untere Etage anzubringen.
Alex legt unser Mädchen im Bett ab und gesellt sich zu uns. Dicht neben mir stützt sich dieser gutaussehende Kerl mit seinen Unterarmen auf dem Wickeltisch ab und zieht Aaron damit in seinen Bann.
Warum riecht der heute schon wieder so verdammt gut? Du könntest dich jetzt einfach nach vorne beugen und ihm einen Kuss in den Nacken drücken.
"Schatz, vergiss die Windel nicht!" Alex' leises Lachen gibt mir zu verstehen, dass er ganz genau weiß, dass ich mich von ihm habe ablenken lassen. "Äh.. ja, klar!" durch ein leichtes Kopfschütteln versuche ich meine Gedanken wieder auf das Wesentliche zu lenken und nehme endlich die Windel in Angriff. Nachdem auch der Schlafanzug an dem kleinen Kerl angebracht ist, lege ich ihn zu Malea in das Bettchen.
Mein Verlobter stellt sich dicht hinter mich und verschafft mir nur durch diese Nähe eine starke Gänsehaut. Während sich seine Arme um meinen Bauch legen und er sein Kinn auf meiner Schulter platziert, schließe ich meine Augen und lehne mich leicht gegen ihn. "Können wir uns auf einen Waffenstillstand einigen?" Diese Worte klingen wie Musik in meinen Ohren und deshalb nicke ich einfach vor mich hin. Ein sanfter Kuss trifft meine Schläfe, der mich wie Butter über dem Feuer schmelzen lässt. "Lass uns nach unten gehen. Du solltest auch mal was essen. Ich halte dir auch meinen Vater vom Leib, okay?" Dieses Angebot nehme ich natürlich dankend an, da ich fast vor Hunger sterbe. Ich drehe mich in seiner Umarmung und schenke dem Herrn einen zarten Kuss auf seine weichen Lippen. "Hmmmmm, vielleicht bleiben wir auch hier oben und...." "Alex. Wir haben noch Gäste!", flüstere ich ihm in sein Ohr, was ihn nur laut seufzen lässt:
"Stimmt, da war was!" Daraufhin nimmt er meine Hand und zieht mich aus dem Kinderzimmer, um mit mir nach unten zu gehen.
Warum er jetzt so plötzlich wieder auf meiner Seite steht, weiß ich auch nicht so genau. Jedenfalls ist es mir so hundertmal lieber, als wenn wir uns den restlichen Abend ignorieren oder anzicken. "Setzt dich raus, ich bring dir was zu essen!" Mit einem Schubs Richtung Terrasse verbannt mich Herr Hetkamp aus dem Haus.
Stephan wirft einen prüfenden Blick auf mich, als ich durch die Türe ins Freie laufe und ich mich zielstrebig zu ihm begebe. Er zieht den Stuhl neben sich etwas zurück, damit ich mich wieder neben meinem Schutzschild platzieren kann. "Alles gut?" "Ja, alles gut. Wo sind Tom und Christopher?", da ich die beiden bei meinem Rundumblick nirgends ausfindig machen kann und ich gerne wissen würde, wo genau die Gefahr lauert, muss ich auf Stephan's Auskünfte zurückgreifen: "Die haben sich nach einer kleinen Diskussion in die Küche verzogen. Diesmal hat Phil deinem Schwiegervater Feuer unter dem Hintern gemacht. Über morgen brauchst du dir auch keine Gedanken mehr zu machen! Ich habe ihm gesagt, dass du selbst entscheiden wirst, wann das Treffen stattfindet. Und wenn du möchtest, hüten Phil und Paul morgen früh die Kids, während wir mit unserem Sportprogramm beschäftigt sind."
Wie konnte ich nur die letzten Jahre nur ohne diesen Mann überleben? Warum hat es so lange gedauert, so einen guten Freund zu finden?
Mein Kopf lehnt sich gegen Stephan's Schulter, während ich erleichtert ausatme: "Ich weiß gar nicht, womit ich dich verdient habe!" Mein Nebenmann legt einen Arm um mich und drückt mich fest an sich: "Dafür sind Freunde da!"
Zusammen mit Alex und meinem Essen kommt auch Christopher aus dem Haus zum Vorschein. Dieser scheint allerdings mehr als angesäuert zu sein, was insgeheim mein gute Laune Level um vierhundert Prozent ansteigen lässt. "Anne, kommst du?" Das Muffelchen fordert seine Frau mit einer Handbewegung auf, sich ihm anzuschließen. Diese scheint nicht gerade allzu begeistert von dem Gesichtsausdruck ihres Göttergatten zu sein. Zum allerersten Mal, seitdem ich die beiden kenne, sehe ich Anne die Augen verdrehen. Am liebsten würde ich mit einem blinkenden Pfeil und einigen Plakaten direkt auf sie zustürmen und alle darauf aufmerksam machen, dass die Gute Frau auch mal die Schnauze voll hat.
Mir liegen tausend Lobeshymnen auf der Zunge und als ich gerade meinen Mund öffnen will, schiebt sich Stephan's Gesicht in mein Blickfeld:
"Sag einfach nichts! Kipp nicht noch Öl ins Feuer!" Mit einem fetten Grinsen kommt mir nur ein läppisches "Okay" über die Lippen.
Ich würde sagen, dass heute ein gewisser Haussegen schief hängen wird. Zur Abwechslung aber mal nicht meiner.
"Schönen Abend noch zusammen!" Mit diesen allgemeinen Worten verzieht sich der Halbgott ins Innere des Hauses. Bevor Anne ebenfalls verschwindet, bremst sie noch bei mir ein und Umarmt mich schnell: "Danke für den schönen Tag, Josi. Wir sehen uns!" "Gern. Bis bald, Anne!", ich erwidere ihre Umarmung und gebe sie kurz darauf frei, damit sie ihrem Gatten folgen kann.
"Jetzt iss endlich! Sonst wird dein Essen kalt!" Alex setzt sich jetzt an meine rechte Seite und scheint ziemlich fertig zu sein. Wahrscheinlich hat er seinem Vater den Marsch geblasen und hat jetzt auch genug von dem ganzen Zinnober.
Gegen Mitternacht sitzen Stephan, Phil, Susi, Alex und ich in Decken eingepackt auf den Terrassenmöbeln und reden ein bisschen über die Hochzeitsplanung. Die männliche Fraktion versucht mir gerade zu erörtern, welche Art von Brautkleid zu mir passen würde. Susi haben wir mit Schokolade ruhiggestellt, da ihre Vorstellungen eher in die Richtung pompöse Prinzessinnenkleider geht und das überhaupt nicht in meinem Sinn liegt. "Also ich finde es ja sowieso schwierig, irgendeine Richtung festzulegen. Ich denke, dass Josi einfach ein paar Kleider anprobieren muss. Das wird so oder so schon schwierig genug, bei einer Frau, die Kleider absolut nicht ausstehen kann!" Phil hat absolut recht. Ich kann mich mit dem Gedanken an ein Kleid überhaupt nicht anfreunden, auch wenn es nur für einen einzigen Tag ist und daher habe ich auch absolut keine Vorstellung, welcher Stil zu mir passen würde. "Ich habe wirklich etwas Angst, dass das eher in einem Besäufnis endet. Wenn ich da an den Widerwillen und die nicht vorhandene Begeisterung denke.... Wen nimmst du mit?" Alex spricht genau meine Gedanken aus. Ich sehe Susi und mich schon in der Ecke sitzen, stapelweise leere Sektflaschen um uns herum und nicht einen Ansatz von Ideen, für welche Art von Kleid ich mich entscheiden soll. "Susi auf alle Fälle. Dann wollte ich noch Tammy fragen. Mehr weibliche Wesen befinden sich nicht in meinem Umfeld. Aber eigentlich könnte ich noch Stephan mitnehmen. Der könnte dann doch aufpassen, dass wir anständig sind!" "Sei mir nicht böse, aber ich werde nicht mitkommen. Ich würde mich auch gerne überraschen lassen. Den Moment lasse ich mir nicht zerstören!" Stephan zwinkert mir zu und bekommt volle Unterstützung der restlichen Männer. Meiner Meinung nach will er sich nur nicht den Wutausbrüchen meinerseits und dem daraus resultierenden Drama aussetzen. Ich kann ihn ja verstehen. Ich würde mich auch nicht begleiten, aber leider ist mein Bewusstsein fest mit meinem Körper verankert, darum bleibt mir nichts anderes übrig.
"Daf bekommen wif chom hin!" Susi hat ihren kompletten Mund mit Schokolade vollgestopft und schafft es kaum noch, die braune Masse ordentlich zu zerkauen. "Ähm... Wenn du jetzt erstickst, haben wir wirklich ein Problem! Ich räume dir das Zeug nicht aus dem Mund raus!" Phil ist leicht schockiert und verzieht eine Grimasse, die mich lauthals auflachen lässt. "Hahahaha. Wenn ich mir das vorstelle, haha. Und die Schlagzeile erst: Notarzt verweigert lebensrettende Maßnahmen, da er sich nicht durch Schokoladenblockade durchkämpfen wollte. Hahaha!", leider stecke ich auch Susi damit an, die daraufhin wirklich kaum noch Luft bekommt. "Josi hör auf zu lachen und DU machst jetzt endlich deinen Mund leer" Herr Funke wirft uns einen bösen Blick zu und nimmt Susi nebenher die restliche Schokolade weg.
Wow, die hat jetzt Tatsächlich drei Schokoladentafeln vernichtet?
Seit wann hat die denn so einen Heißhun… Ohje...
Mir vergeht jetzt ganz von selbst das Lachen, während ich Susi eindringlich mustere. Anscheinend empfinden die restlichen Leute diese Tatsache nicht als sonderlich merkwürdig, jedoch setze ich mir zum Ziel, meine Freundin die nächsten Tage etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Wundern würde mich meine Vermutung nicht.
Susi hat ja immer eine seltsame Begabung, das "sich Zeit lassen" auf schnellstem Wege zu verkürzen.
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