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Zuhause angekommen, stürmen Aaron und Malea nackig vom Wohnzimmer in die Küche, während ein mittlerweile schon hechelnder Paul dicht hinter ihnen ist. "Nein!", brüllt Aaron in der Küche, worauf von Herr Richter nur ein, "Oh doch! Die Windel kommt wieder dran!", zu hören ist. "Mama!" Malea kommt wieder aus der Küche gestürmt und versteckt sich hinter meinen Beinen. "Was ist denn hier los?" "Aon Pipi. Efan, Hahaha"
"Aaron, hast du Stephan angepinkelt?", rufe ich in Richtung Küche, worauf der Knirps einfach nur lacht. Das ist mir schon Antwort genug. Alex nimmt Nackedei Nummer eins auf den Arm und läuft mit ihr zum Badezimmer: "Stephan, bist du duschen?" "Jo, kannst aber rein. Bin fertig!", schreit der Polizist so laut, als ob Alex schwerhörig wäre.
In der Küche herrscht unterdessen lauthalses Gebrüll, da der junge Mann keine Windel möchte. Ich schreite natürlich sofort zu Pauls Unterstützung in die Küche: "Aaron. Seit wann sind wir denn so aufmüpfig?" Paul hat einen knallroten Kopf und versucht irgendwie das Kind in seinen Armen zu bändigen: "Aaron, wenn du weiter so zappelst, tu ich dir aus Versehen noch weh. Halt doch mal still!" "Gib ihn mir! Danke fürs Einfangen!", ich strecke meine Arme aus, worauf mein Sohn sich mir sofort entgegenstreckt und ich ihn in Empfang nehme. "Weißt du, die zwei sind extrem schnell geworden... Denen kommst du fast nicht hinterher. Der Schlingel wollte vorhin ein bisschen nackig sein und da haben wir beiden ihre Freiheit gelassen. Kann dem Hintern nicht schaden. Als Aaron bei Stephan auf dem Schoß saß, hat er ihn vollgepullert. Ist ja kein Problem... Kann man waschen. Dann aber.. grinst der Lümmel mich frech an, läuft zu der Terrassentüre und pinkelt in hohem Bogen gegen die Glasscheibe. Danach ist er sofort geflüchtet, da er genau wusste, dass man das nicht macht!", erzählt mir der Polizist und erntet von meinem Sohn wieder ein lautes Lachen. "Aaron, das ist aber nicht schön. Sowas macht man nicht!", um die Lage ganz richtig einschätzen zu können, ist er vielleicht noch ein bisschen jung, allerdings muss man dann nicht gegen die Glasscheibe pinkeln. "Aon Pipi!" "Das musst du dann aber sagen, Schatzi. Das nächste Mal schreist du ganz laut, wenn du Pipi musst, okay?" "Ja, Mama!" "Gut...Wenn Malea fertig ist, bekommst du auch wieder eine Windel dran!" "Nein!" "Oh doch. Das macht dann aber Papa!" Ich grinse den Kleinen breit an und laufe schon mal mit ihm zur Badezimmertüre. Anschließend gebe ich Alex Bescheid, dass wir hier warten und er danach Aaron anziehen soll. Plötzlich wird die Türe aufgerissen und ich sehe nur einen nackten Oberkörper vor mir. Schnell presse ich meine Augen zusammen, da ich nicht weiß, wieviel Kleidung den Körper vor mir ziert. "Du kannst die Augen aufmachen. Ich hab was an. Komm rein!" Stephans Worte lassen mich erleichtert aufatmen und wieder die Augen öffnen. "Du brauchst dir nicht jedes mal ins Hemd machen, wenn ich oben ohne dastehe. Wird an heißen Tagen sonst wirklich unschön für dich, hahaha!" "Ich weiß. Das muss ich mir einfach wieder abgewöhnen", es ärgert mich, dass der Vorfall mich so schreckhaft gemacht hat, aber ich hoffe wirklich, dass das wieder vergeht. Sonst trauen sich die Herrschaften nachher nicht mal mehr in Boxershorts herumzulaufen.
Da Malea schon fertig ist, tausche ich mit meinem Verlobten einfach nur die Kinder aus und laufe wieder aus dem Bad. Aaron protestiert und wehrt sich nonstop, was kaum zu überhören ist. Dabei bekommt er nur eine Windel und ein Body angezogen.
"Mama esse!" "Ja, ich könnte auch was vertragen! Oh, mein Kartoffelsalat steht noch auf der Treppenstufe, den muss ich aufräumen!", zusammen mit meiner Tochter auf dem Arm, hole ich die Tüte und nehme sie mit in die Küche. "Sollen wir ein Brot essen? Ich glaube nicht, dass Mama heute nochmal kochen darf!", da ich auf meine Frage ein Nicken bekomme, setze ich das Fräulein in dem Hochstuhl ab und decke den Esstisch. Meinen Kartoffelsalat bringe ich ganz schnell, in der hintersten Ecke des Kühlschrank, in Sicherheit. Als ich gerade fertig bin, treffen auch die restlichen vier menschlichen Lebewesen ein und gesellen sich zu uns an den Tisch. Unser Sohn ist anfangs mega trotzig und verweigert jegliches Essen, nur weil er jetzt wieder eine Windel tragen muss. "Aaron, wenn morgen schönes Wetter ist, darfst du bei Opa ein bisschen nackig im Garten rumlaufen. Was hältst du davon?" "Opa?" "Ja, bei Opa Christopher. Da helfen wir morgen beim Umziehen!", als wenn er wüsste, wie viel Arbeit so ein Umzug macht, atmet Aaron ganz tief ein und stößt die Luft geräuschvoll wieder aus. "Koch dann du aber morgen lieber nicht mit. Das könnte brandgefährlich werden!", wirft mir Stephan mit einem verschmitzten Grinsen zu. "Ha ha ha. Ihr braucht da gar nicht drauf rumreiten! Kann jedem mal passieren!" "Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich es dir noch ausgeredet. Es war zwar offensichtlich, dass du irgendwas vor hast, aber dass du so etwas anstellst.... Soll ich dir nachher noch ein bisschen Kartoffelsalat für heute Nacht machen?" "Ne, danke. Hab mir welchen gekauft, damit so ein Desaster nicht noch einmal passiert!" "Das schmeckt aber sicherlich nicht so gut, wie mein Kartoffelsalat!" "Nein, das nicht. Aber das ist der beste gekaufte, den ich jemals gegessen habe!" "Na dann.... Vielleicht kann ich dich dann mit einem Eis beglücken!" Stephan wackelt mit beiden Augenbrauen, worauf sich ein fettes Grinsen in meinem Gesicht breit macht: "Hast du es doch nicht alleine gegessen?" "Was wäre ich bitteschön für ein Freund, wenn ich meine Drohung tatsächlich in die Tat umgesetzt hätte? Nein. Ich habe lieber eine Runde geschlafen!" "Ich auch, hahaha. Dann haben wir nachher noch ein Date?" "Ich will auch bei dem Date mitmachen. Kann auch Nervennahrung gebrauchen!" Alex zieht eine schmollende Schnute und erreicht somit Stephans und mein Herz. "Na gut. Aber das ist nur eine Ausnahme, Herr Hetkamp!", ermahnt Stephan seinen Kumpel, damit er gleich weiß, wo der Hase langläuft.
"Jaaaa, das ist mir klar. Vielen Dank, dass ihr mir heute die Ehre zukommen lasst, mich in eure Zweisamkeit zu drängen!" "Passt schon!", grinse ich vor mich hin und vernichte nebenher meinen letzten Krümel Brot.
"Wo ist eigentlich Tom?", da er mir mit einem Gespräch gedroht hat, muss ich ungefähr einschätzen können, bis wann ich damit konfrontiert werde.
Aaron gibt sofort die Antwort: "Abeit!" "Gette ist auf Arbeit?" "Ja!" Es ist immer wieder faszinierend, wie sich die Kinder Stück für Stück in die Gespräche einklinken und allmählich auch gewisse Infos wiedergeben können.
"Und wo sind Franco und Tonia?" Es ist nicht so, dass ich die Schnalle vermissen würde, aber interessieren tut es mich doch. "Die sind ins Kino und gehen danach noch was trinken. Wird spät, bis die wieder kommen!" Diesmal bekomme ich von Alex die Info, die mich erleichtert aufatmen lässt. So können wir nachher alle in Ruhe auf dem Sofa rumgammeln und uns eine Mega Ladung Eis in unsere Mägen schaufeln, ohne dass das kritisch von Frau Model beäugt wird.
"Ob die im Kino Popcorn isst oder dort auch nur Smoothie trinkt? Und was ist mit den Kalorien im Alkohol oder trinkt sie dann nur Wasser?" "Josi!", ermahnt mich Alex sofort. "Was denn? Ich bin nur interessiert...", naja, eigentlich wollte ich nur sticheln, aber anscheinend möchte sich keiner anschließen.
Nach einer geballten Stunde voller Kindertheater, da keiner der beiden ins Bett möchte, sitze ich in deren Zimmer und lese mir den Mund fusselig. Mittlerweile weiß jeder, dass der kleine hässliche Gnom Rumpelstilzchen heißt und Hänsel und Gretel schreckliche Eltern hatten. Irgendwie muss ich feststellen, dass die Märchen schon recht brutal sind, allerdings haben die mir auch nicht geschadet. Was nicht tötet, härtet ab. Als ich schon fast nicht mehr daran glaube, höre ich leises Schnarchen von den zwei Sabberschnuten. Auf Zehenspitzen schleiche ich mich so schnell wie möglich aus dem Zimmer und laufe erleichtert die Treppen nach unten, direkt in die Arme meines Bruders.
Na toll… Vom Regen in die Traufe
"Kannst gleich wieder umdrehen und direkt in mein Zimmer wandern!" "Hallo Tom. Freut mich auch dich zu sehen! Kann ich vielleicht noch schnell was trinken?" "Ja, nimm dir was mit hoch!", freundlich wie der Herr Mayer ist, winkt er mich durch, worauf ich mir eine Flasche Wasser organisiere und auf direktem Weg in das Zimmer meines Bruders laufe. Nachdem ich mir einen viertel Liter kühles Nass den Rachen hinunter geschüttet habe, schmeiße ich mich auf das Bett und lehne meinen Rücken gegen das Kopfteil. Tom setzt sich neben mich und nimmt mich genau ins Visier:
"Was war das heute Nacht für eine Aktion?" "Es war morgens und ich wollte mir nur Kartoffeln kochen!" "Ich weiß ja nicht... Aber kann man das denn nicht tagsüber machen, wenn man ausgeschlafen ist?" "Sorry, ich bin jetzt auch nicht in die Küche gestiefelt und habe mir gedacht "Jetzt hau ich die Kartoffeln in den Topf und schlafe dann ein"!" "Das hätte echt böse ins Auge gehen können!", der ernste Blick, der diese Aussage untermauert, lässt mich die Augen verdrehen: "Wie gesagt, es war keine Absicht!" Tom seufzt laut auf: "Lass die Kochversuche nachts oder morgens einfach bleiben, okay? Wo warst du eigentlich den ganzen Tag über? Du weißt, dass wir uns Sorgen machen und schon gerne wissen würden, wo du bist. Wenigstens Stephan hättest du Bescheid sagen können!" "Ich habe geschlafen. Vielleicht erscheint es dir logisch, dass man da nicht auf Nachrichten antworten kann!" "Hättest davor schreiben können. Josi, fang bitte nicht wieder an wegzulaufen. Wenn dir irgendwas passiert und keiner weiß wo du bist..." "Wenn ihr wisst, wo ich bin und mir passiert irgendwas, könnt ihr das aber auch nicht sehen und es kommt aufs gleiche raus!", ich ziehe die Augenbrauen nach oben und sehe ganz genau, dass ich recht habe und Tom gerade nach einem Gegenargument sucht. Um die Sache etwas zu entschärfen, erzähle ich ihm, wo ich war: "Nachdem ich in der KaS war, bin ich ans Rheinufer und von dort aus dann zu Papa nach Hause. Dort habe ich bis kurz vor fünf oder so geschlafen und dann kam Alex!" "Musste Nico nicht arbeiten?" "Doch, aber er hat mir verraten, wo der Ersatzschlüssel liegt. Das ist übrigens wirklich nicht weit weg von dem Bauernhof!", irgendwie freut es mich, dass wir bald so nah beieinander wohnen.
Tom legt einen Arm um meine Schultern und zieht mich mit einem unerwarteten Ruck zu sich: "Hast du das mit Alex geregelt? Es war wirklich kein feiner Zug von ihm und irgendwie kann ich ja verstehen, dass du abgedampft bist. Aber... Ach, ihr seid beide in letzter Zeit unmöglich... Wobei ihr auch wieder nicht wirklich was dafür könnt. Die Hormone regieren gerade euren Verstand!" "Wir wollten nachher nochmal in Ruhe reden. Er hat geweint und da bin ich eingeknickt. Das kann ich gar nicht ab!" Da mir diese halb schräge Position in Toms Arm gerade zu unbequem ist, lasse ich mich nach unten rutschen und lege meinen Kopf auf dessen Oberschenkel. "Wie geht es dir sonst so? Ich habe das Gefühl, irgendetwas macht dir in letzter Zeit ordentlich zu schaffen?" Ich lege die Stirn in Falten, da ich überlegen muss, was mir in letzter Zeit aufs Gemüt schlägt. Herr Mayer streicht sanft mit dem Daumen über meine Stirn und sorgt dafür, dass ich mein Gesicht wieder total entspanne. Hannes hat das früher manchmal gemacht, wenn ich trotzig war, und hat dann immer gesagt, dass die Falten bleiben werden, wenn ich das zu lange mache. Das war allerdings nur zwei, drei Mal, als er relativ gute Laune hatte. "Josi?" "Mh?" "An was denkst du?" "Ach, nichts Wichtiges. Um auf deine Frage zurückzukommen: Eigentlich beschäftigt mich nichts großartig. Klar, Tonia hat mich in letzter Zeit gestresst und ab und zu plagen mich ein paar Zukunftsängste. Aber ansonsten ist alles prima!" "Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst? Ich kann dir die Sorgen leider nicht abnehmen, aber manchmal hilft es schon, darüber zu reden. Bei der Sache mit Tonia kann ich aber ganz schnell Abhilfe schaffen. Die fliegt, wenn sie Theater macht!"
"Ja, weiß ich..... Sag mal, magst du von den neuen Zwillis denn auch den Gette-Part übernehmen? Wenn es dir zu viel ist..." "Ja!", wirft mir Tom dazwischen, doch ich möchte nicht, dass er sich gedrängt fühlt und rede deshalb weiter: "...Kann ich das verstehen. Ich meine, vier Kinder sind schon ne Hausnummer, aber..." "Josi! JA! Natürlich werde ich bei den Beiden auch gerne dieses Amt antreten. Das steht doch überhaupt nicht zur Debatte!" Wir grinsen uns gegenseitig an, womit sich das Thema dann auch erledigt hat. Ich bin froh, dass mein Bruder das als Selbstverständlichkeit sieht und diese Aufgabe wieder übernimmt. "Tom, ich muss jetzt unbedingt was anderes anziehen. Die Jeans drückt langsam ganz fies!"
Das fängt ja echt schon gut an! Ich sollte unbedingt weniger Kalorien zu mir nehmen, sonst muss ich in einem weißen Leintuch heiraten, weil ich nicht mal ansatzweise in das Brautkleid passe.
"Na dann los. Die Kinder fordern eben langsam ihren Platz!", mein Bruder schiebt mich in eine aufrechte Sitzposition, damit ich anschließend aus dem Bett krabbeln kann.
Vor meinem Kleiderschrank bekomme ich schon fast die Kriese. Entweder sind die Jogginghosen eingegangen oder ich habe innerhalb der letzten paar Stunden mindestens fünf Kilo zugenommen. "JOSI!! Komm jetzt! Das Eis wartet!", brüllt Stephan durch das Haus, was sich kontraproduktiv auf das Schlafverhalten der Zwillinge auswirken könnte. Deshalb spitze ich meine Ohren und bete, dass die Beiden schon fest genug schlafen. Nach ein paar Minuten ist immer noch nichts von den Sabberschnuten zu hören und ich atme erleichtert auf.
Was ziehe ich jetzt an? Verdammt nochmal...
"Alles okay Schatz?" Alex schleicht sich ins Zimmer und mustert mich ausgiebig. "Ja. Nein. Ach, ich weiß auch nicht!", da ich schon die Hälfte meiner eigentlich bequemen Hosen auf den Boden befördert habe, scheint dies bei Alex ein paar Fragen aufzuwerfen: "Was machst du denn? Zieh dir eine Jogginghose an und komm runter!" "Witzig. Genau das versuche ich ja!", ich kann es selbst nicht leiden, wenn meine Laune dermaßen umschlägt, aber was soll ich machen. "Wo genau liegt das Problem?" "Das ist alles nicht mehr bequem!", schnaube ich vor mich hin, da ihm das eigentlich einleuchten sollte. "Zieh doch eine von mir an! Wir können morgen deine Umstandsmode von der Bühne holen, dann..." "Nein!", schon alleine das Wort "Umstand" regt mich gerade wahnsinnig auf. "Wo liegt denn jetzt genau das Problem?" "Weil... Plötzlich passt das alles nicht mehr und ich weiß gar nicht, warum das so schnell geht. Gestern war noch alles prima!" "Das geht nicht so plötzlich von heute auf morgen! Das Bäuchlein ist nicht über Nacht entstanden." "Was genau willst du mir damit sagen?", ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und werfe meinem Verlobten einen trotzigen Blick zu. "Schatz, du bist schwanger! In der zweiten Schwangerschaft, sieht man den Babybauch eben etwas schneller. Dein Bauchumfang nimmt schneller zu, da sich dein Gewebe, vor allem aber die Bauchmuskulatur, bereits einmal stark gedehnt hatte!" "Das passt aber nicht in meinen Plan!"
"Wann verläuft denn schon mal was planmäßig? Bei uns sowieso nicht. Es ist doch überhaupt nicht schlimm, wenn man das jetzt schon sieht! Außerdem bekommst du zum zweiten Mal Zwillinge!" Herr Hetkamp sammelt nebenher die Klamotten vom Boden auf und wirft sie einfach unbedacht in meine Seite des Kleiderschrankes.
Als er die Türe geschlossen hat, öffnet er seine Seite, entnimmt eine seiner Jogginghosen und drückt sie mir in die Hand: "Zieh die an, okay?" Ich atme tief durch und mache, was mir gesagt wird.
Nachdem ich umgezogen bin, laufe ich mit einer Fresse bis zum Boden nach unten und treffe im Wohnzimmer ein. Stephan und Tom sitzen schon auf dem Sofa bereit und grinsen mich breit an. “Na endlich! Ich sterbe fast an Eismangel!", stöhnt Stephan laut auf und will sich gerade erheben, da werfe ich mich bockig neben ihn auf das Polster: "Ich will kein Eis!" Pures Entsetzen spiegelt sich auf den Gesichtern der beiden Männer wider, als wenn ich ihnen offenbart hätte, dass ich eine Leiche im Keller versteckt hätte. "Ähm... is dir nicht gut oder wirst du krank?" Stephan dreht seinen Kopf fast schon im Zeitlupentempo zu mir, was mich nur noch mehr nervt. "Nein. Alles prima! Ich will einfach nur kein Eis!", muffe ich meinen Kumpel an und verschränke die Arme vor meinem Körper. "Was hast du mit ihr da oben gemacht Alex?", meinem Bruder kommt es auch spanisch vor, dass ich mich gegen eine Eis-Session entscheide und vermutet, dass Herr Hetkamp etwas damit zu tun hat. "Ich bin total unschuldig! Die Hosen passen nicht mehr so gut und das macht ihr zu schaffen!", erklärt der Notarzt schnell, damit die Männer wissen, was Sache ist. "Und jetzt willst du deswegen kein Eis essen?" "Richtig erfasst, Sherlock!", ich lehne mich schnell über Stephans Füße, um an die Kuscheldecke zu kommen, die neben ihm liegt und ziehe sie anschließen um meinen Körper. Mein Bruder kratzt sich im Nacken und schüttelt seinen Kopf:
"Schwesterherz... Das ist doch ganz normal... Das weißt du doch!" "Aber nicht jetzt schon! Wenn ich jetzt schon bald nicht mehr in meine Hosen passe, dann kann ich mir mein Brautkleid abschminken und ich werde definitiv kein neues suchen!" Alex hat sich mittlerweile ebenfalls aufs Sofa gesetzt, allerdings mit etwas Abstand zu mir, da er anscheinend gerade nicht weiß, wie er sich verhalten soll. Stephan zieht scharf die Luft zwischen seinen Zähnen ein: "Ach, daher weht der Wind. Schnuckilein, jetzt mach dir doch deswegen keinen Kopf!"
Alex' Sicht
Und ob sich Schnuckilein deswegen einen Kopf macht. Der plötzliche Stimmungsumschwung hat uns alle mehr oder weniger aus der Bahn geworfen, da es wirklich ein sensibles Thema beherbergt. Jetzt hat es Josi tatsächlich geschafft, ein Brautkleid zu finden und läuft jetzt Gefahr, dass sie letztendlich aufgrund des Babybauches nicht mehr hineinpassen könnte. Meine Verlobte ignoriert gerade jegliche Aufmunterungsversuche von der Mayer- und Sinderafront und scheint nicht wirklich gewillt, daraus ein Geheimnis zu machen. In diesem Falle wäre ihre beste Freundin die perfekte Wahl, wenn es darum geht, Josi wieder irgendwie aus dem Loch zu holen. Aber jetzt, nach zweiundzwanzig Uhr, möchte ich auch nicht mehr bei Susi anrufen. Vielleicht sollte ich morgen eine der weiblichen Anwesenden um Rat fragen, da ich vage in Erinnerung habe, dass meine Mutter ebenfalls schwanger war, als sie meinen Vater geheiratet hat.
"Hey, wir sind wieder da!", vor lauter Gedankenkarussell habe ich gar nicht mitbekommen, das Franco und Tonia nach Hause gekommen sind. Ich hatte mir erhofft, dass die Beiden länger unterwegs sind, da Tonia nicht gerade die ideale Gesellschaft zu sein scheint. "Hi", ich mühe mir ein leichtes Lächeln ab, doch Franco merkt sofort, dass etwas im Busch ist. Er scannt alle Anwesenden ab und bleibt mit seinem Blick an Josi hängen. Ich schüttel ganz langsam mit meinem Kopf, damit er weiß, dass er Josi jetzt am besten in Ruhe lassen soll."Hi. Was ist denn hier für eine Trauerstimmung? Ist irgendjemand gestorben?" Tonia kommt blitzschnell ins Wohnzimmer geschossen und wirft sich ebenfalls aufs Sofa. "Ne. Manche Tage sind eben durchwachsen. Man kann nicht immer gut gelaunt sein!", antwortet Stephan, wahrscheinlich ebenfalls in der Hoffnung, dass Frau Model ihre Klappe hält. "Ja, aber Josi sieht so aus, als wenn sie gleich heult. Habt ihr sie geärgert oder ihr keine Kohlenhydrate gegeben?", mit diesem Satz, hat Tonia es geschafft, meine Verlobte zu vertreiben. Die fährt nämlich vom Sofa hoch, läuft schnurstracks nach oben und lässt mit einem lauten Donnerschlag die Türe zuknallen. "Ooookay.... Is die heute Sensibel?" Franco's Freundin scheint es nicht sonderlich zu stören, dass sich Frau Mayer verkrümelt hat und klopft neben sich auf die Sitzfläche, damit Franco sich zu ihr setzt. "Du könntest ein bisschen feinfühliger sein! Josi ist schwanger und du solltest doch selbst wissen, dass man da an manchen Tagen wegen einer Kleinigkeit die Wände hochgeht!" Franco atmet schwer auf, da ihm dieses trampelhafte Verhalten nicht in den Kram passt. "Ich war nie schlecht gelaunt. Warum auch?", mit einem fetten Grinsen drückt sie dem Italiener einen Kuss auf und kuschelt sich an ihn.
Herr Fabiano belässt das Thema so und wird sicherlich in einer ruhigen Minute, ohne seine Freundin, nach den Gründen fragen. Mir kommt währenddessen eine Idee, wie ich Josi eventuell unbemerkt helfen kann. Ich zücke mein Handy und starte einen Chat mit Susi:
Ich, 22:14 Uhr
Hi Susi. Du sag mal, kannst du mir sagen, wie der Laden heißt, in dem Josi ihr Brautkleid gekauft hat? Keine Sorge, ich will nicht stalken, aber hier hat sich ein gewaltiges Problem offenbart und ich würde ihr gerne helfen. Gruß Alex
Ich rechne heute mit keiner Antwort mehr, da es gut sein könnte, dass sie schon schläft. Es dauert keine Minute, da klingelt auch schon das Gerät in meiner Hand. Zu meiner Freude kann ich Susi's Namen auf dem Display erkennen. Damit Tonia nicht allzuviel mitbekommt und Josi damit womöglich noch aufzieht, verkrümel ich mich aus dem Wohnzimmer und mache mich auf den Weg in Flo's Zimmer, damit ich ungestört telefonieren kann:
Ich: "Hey S....."
Susi: "WAS IST PASSIERT?"
Ich: "Pass auf... Josi hat festgestellt, dass ihr langsam ihre Hosen nicht mehr passen und das hat sie total aus der Bahn geworfen un..."
Susi: "Hat sie keine Schwangerschaftshosen mehr?"
Ich: "Doch... Aber sie hat total Angst, dass ihr das Brautkleid nicht mehr passen wird und steht kurz vor der Verzweiflung. Sie hat sogar Eis abgelehnt!"
Susi: "Hast du schon Stephan rangelassen?"
Ich: "Hahaha.. Ja... Aber das hat nicht geholfen!"
Susi: "Fuck... Dann brennt die Bude... Was? Neee.... Jetzt halt die Klappe, das ist Alex und es brennt nur bildlich gesprochen!"
Ich: "Sag Phil nen Gruß"
Susi: "Jaja, später... Jetzt gibt es wichtigeres. Was willst du denn von Torsten?"
Ich: "Wer ist Torsten?"
Susi: "Achso... der Besitzer des Brautmodengeschäfts!"
Ich: "Ich hätte ihn einfach mal gerne angerufen und gefragt, ob er eine Lösung für unser eventuelles Problem hat. Er könnte vielleicht dieses Kleid vorausschauend eine Nummer größer bestellen oder irgendwas in der Art!"
Susi: "Das ist gar keine schlechte Idee und das muss die Frau Mayer ja nicht einmal wissen. Sehr gut Alex. Ich hoffe, dass sich da was machen lässt. Soll ich morgen vorbeikommen und ein bisschen den Druck rausgehen?"
Ich: "Kann ich diese Option mal offen halten? Wir sind morgen eigentlich bei meinem Vater beim Umzug helfen. Allerdings weiß ich noch nicht, wie sich die Stimmung bis dahin entwickelt!"
Susi: "Kein Problem! Du kannst dich einfach melden, wenn ich kommen muss.... Was? Das ist doch mir egal... Josi ist vielleicht morgen in einer Notsituation und da hat sie dann Vorrang! Schmoll jetzt nicht!!... Alex, ich schick dir gleich die Nummer von Torsten. Der hat sie uns gegeben, damit wir uns wegen den Kleidern austauschen können!"
Ich: "Ooookayyyy!"
Susi: "Boah, mach keinen Aufstand. Der ist schwul"
Ich: "Oh! Gut, dann schick sie mir bitte. Wenn es dir morgen aber nicht passt oder du schon was mit Phil aus..."
Susi: "Vergiss es. Josi und ich stehen uns zur Seite, wenn es Probleme gibt. Da stellt sich uns auch kein Notarzt in den Weg. Weder der Funke, noch der Hetkamp. Klar?"
Ich: "Schon kapiert. Also, dann störe ich mal nicht weiter. Danke, Susi. Ciao!"
Susi: "Kein Ding! Bis dann. Tschüssi!"
Man merkt auch bei Susi, dass sie eine Hormonelle überflutet haben muss. Allerdings bin ich heilfroh, dass Susi und Josi sich dermaßen unterstützen und immer füreinander da sind. So eine Freundschaft ist unbezahlbar. Nach einem kurzen ploppen, erscheint auch schon eine Nachricht von Susi:
Susi, 22:47 Uhr
0152/7541290 Torsten. Melde dich auch wirklich, BEVOR Josi morgen durchdreht! 🤨
Ich, 22:49 Uhr
Danke! 🫡 Mach ich Chef!
Susi, 22:51 Uhr
🤪 Blödmann!
Ich wähle die Nummer aus, damit ich sie abspeichern kann, werde aber durch ein plötzliches Türe aufreißen erschreckt: "Alex, wann gehen wir morgen zu deinem Vater?" "Boah, Tom... erschreck mich doch nicht so! So um zehn wollte ich los!" "Sorry, keine Absicht. Okay, ich hau mich dann mal aufs Ohr. Gute Nacht!", noch bevor ich Antworten kann, ist Herr Mayer auch schon verschwunden.
"Hallo?"
Ich schaue mich fragend um, da ich nicht weiß, wo die Stimme herkommt.
"Haaaaalloooo?"
Als ich auf das Display meines Handys schaue, sehe ich, dass ich aus Versehen Torsten angerufen habe.
Ich: "Hi, sorry... ähm, eigentlich wollte ich so spät gar nicht mehr anrufen!"
Torsten: "Hahaha. Warum tun Sie es dann?"
Ich: "Bin wohl aus Versehen beim Nummer abspeichern auf die falsche Auswahl gekommen"
Torsten: "Aha. Warum speichern Sie meine Nummer ab? Ich bin glücklich vergeben und habe kein Interesse an irgendwelchen One Night Stands!"
Ich fahre mir mit meiner Hand durchs Gesicht und hole einen tiefen Atemzug.
Ich: "Deswegen rufe ich nicht an. Ich habe da ein Problem!"
Torsten: "Wenn ihr Problem etwas mit einem Ständer zu tun hat, bin ich aber nicht bei der Lösung behilflich!"
Ich: "Nein, es geht nicht um mich, sondern um meine Verlobte!"
Torsten: "Sorry, aber da bin ich auch raus. Ich bin nicht bi!"
Ich: "Nein, um Gottes Willen! Es geht um ein Brautkleid!"
Torsten: "Achso, sagen Sie das doch gleich! Dann schießen Sie mal los"
Ich: "Meine Verlobte hat bei Ihnen ein Brautkleid gefunden. Jetzt ist es so, dass sie plötzlich schwanger ist..."
Torsten: "Hahaha, ui, wie konnte das nur so plötzlich passieren?"
Ich kann nicht anders, als bei dieser ironischen Frage in viel zu hoher Tonlage, lauthals mitzulachen.
Ich: "Es geht darum, dass meine Zukünftige fast durchdreht, da sie Angst hat, dass das Kleid bis zur Hochzeit nicht mehr passt. Das Problem ist, dass sie sich unter keinen Umständen ein neues suchen wird, da sie es nicht so mit Kleidern hat!"
Torsten: "Ach, kann es sein, dass wir über diese Zuckerschnute reden.... Ähm.. Josi!"
Ich: "Ja, genau!"
Torsten: "Sie hat mir doch schon gesagt, dass sie ein Kind erwartet!"
Ich: "Es werden zwei. Und...."
Torsten: "Oha. Verstehe. Ne, die wird auch auf kein anderes Kleid ausweichen.... Wissen Sie was? Ich bestelle das Kleid mal eine Nummer größer. Sicher ist sicher. Vielleicht zusätzlich nochmal eins, in zwei Nummern größer. Ich weiß ja nicht, wie sich das Wachstum verhält. Der Bauch muss reinpassen, den Rest bekomme ich schon irgendwie angepasst. Ich werde es schon irgendwie schaffen, die Frau glücklich zu machen.... Also in Hinsicht auf das Kleid..Sie verstehen schon!"
Ich: "Super! Vielen Dank! Sie wissen gar nicht, welch Stein mir vom Herzen fällt!"
Torsten: "Ich kann es mir vorstellen! Wenn ich dieser Frau ins Gesicht sagen müsste, dass sie dieses Kleid nicht tragen kann... Nein, daran will ich gar nicht denken! Wie heißen sie denn?"
Ich: "Alexander Hetkamp!"
Torsten: "Okay, ich brauche nur einen Namen, damit ich ihre Nummer abspeichern kann. Falls es Probleme gibt, melde ich mich. Ich werde mein Bestes geben!"
Ich: "Vielen Dank. Und schönen Abend noch!"
Torsten: "Danke, gleichfalls. Bis dann!"
Erleichtert über diese guten Neuigkeiten, speichere ich jetzt wirklich die Nummer ab und schleiche anschließend zu Josi. Meine kleine Hormonschleuder schläft schon tief und fest, weshalb ich mich fest an sie kuschel und ebenfalls die Augen schließe.
Ich bin guter Hoffnung, dass die Laune morgen wieder besser sein wird und wir uns auf den Umzug konzentrieren können.
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