(8) Party mit Hindernissen
Draußen angekommen, hören wir schon das Geschrei der Männer und ich renne einfach los. Susi hat keine andere Wahl als hinterher zu rennen.
Im Hotel angekommen, packen wir unsere Sachen zusammen und ziehen in ein anderes Hotel um. Erstens habe ich die Hoffnung, dort nicht belästigt zu werden und Zweitens will ich nicht, dass Tom wieder vor der Türe steht.
Erst Leben regeln und auf die Reihe bekommen und dann kann ich mich Tom widmen. Vielleicht klappt unsere Geschwisterbeziehung besser, wenn mein Kopf wieder normal funktioniert. Falls das überhaupt möglich ist.
Zuerst nehmen wir uns vor, den Abend chillig vor dem Fernseher zu verbringen, aber da nichts gescheites läuft, müssen wir uns doch auf den Weg in eine Bar oder einen Club machen.
Müssen...hahahahaha.
Susi zieht einen Minirock und eine tief ausgeschnittene Bluse an und ich trage eine enge hellblaue Jeans, an der mehr Löcher als Stoff existieren und wieder ein schulterfreies Oberteil, diesmal in schwarz. Wir ziehen los und finden nach kurzer Suche einen Club, an dem sich schon eine lange Schlange gebildet hat. Nach fünfzehn Minuten sind wir drin und holen uns als erstes einen Drink zum Locker werden. Martini-Vodka! Leider Geil, aber ballert ohne Ende.
"Hast du eigentlich was gegessen vorhin?", blickt mich Susi skeptisch an. "Ja, einen Kaffee", pruste ich los, "Dann kostet der Abend schon nicht so viel!" Sie schüttelt mit dem Kopf und merkt fast schon rräumdend an, dass Phil gut kochen kann. "Du mit deinem Phil... hier gibt es bestimmt auch geile Opfer!"
Wir flüchten uns auf die Tanzfläche und verausgaben uns richtig. Mit Matini-Vodka und Sekt vergisst man einfach alles.
Susi wird von zwei Typen gleichzeitig angebaggert und anfangs finden wir das noch witzig. Nach einer halben Stunde allerdings, ganz und gar nicht mehr! Die zwei Reviermakierer schlägern einfach drauf los, da jeder meine Freundin für sich beanspruchen will. Bis die Türsteher sich durch die Masse gekämpft haben, liegen beide schon am Boden.
"Scheiße!", ich renne zu dem ersten und checke die Lage. Puls leicht tachykard, Nase augenscheinlich gebrochen, eventuell zusätzlich Jochbeinfraktur, der Farbe unter dem Auge nach zu Urteilen, und somnolent. "Susi, komm her! Laber mit dem ohne Ende, der soll nicht die Augen zu machen! Hörst du?!" "Ja, mach ich!" Sie kniet sich zu dem Typ und textet ihn ohne Ende zu, was keinerlei Problem für die Gute darstellt. Der zweite sieht mir gar nicht so grün aus.
Tatsächlich, kein Puls.
Ich schreie einen der Türsteher an, dass er zwei Krankenwagen und einen Notarzt anfordern und das Stichwort "laufende Reanimation" durchgeben soll. Nebenher reiße ich dem Herrn unter mir das Hemd auf und beginne mit der Herzdruckmassage: Dreißig mal drücken, danach überstrecke ich seinen Kopf und beatme zweimal, um dann wieder dreißig mal zu drücken.
"Susi....wie..sieht es.. aus bei dir?", keuche ich nach fünf Minuten zu ihr rüber. "Er antwortet manchmal leicht auf meine Fragen und sieht mich die ganze Zeit an!"
Okay gut, der lebt, atmet und ist bei Bewusstsein!
"Wo bleibt denn der RTW? Ich sterbe gleich vom Fleck weg!" So eine Reanimation ist enorm kräftezehrend und eine Ablöse wäre echt klasse. Die restlichen Tanzflächenbesucher gaffen aber lieber anstatt zu helfen. So ist das eben meistens.
Nach insgesamt neun Minuten höre ich hinter mir: "Aus dem Weg bitte, Rettungsdienst!" "Euch schickt der Himmel, danke!", träller ich dem Team entgegen, schaue aber niemanden an, sondern konzentriere mich immer noch aufs Drücken. "Also hier, reanimiere ich schon seit ungefähr neun oder zehn Minuten. Tut sich aber nichts. Da drüben der Herr ist mittlerweile brachykard, vermutlich Nasen- und Jochbeinfraktur, anfangs stark somnolent, klart aber immer mehr auf. Für mehr hatte ich leider keine Zeit, war hier beschäftigt." "Okay, danke!" Ein Sani macht sich gleich mit einem Beatmungsbeutel auf den Weg zum Kopf, der andere setzt sich neben mich. Ich gebe an: "Auf fünf Wechsel! Eins - zwei - drei - vier - fünf!"
Der Notarzt, laut dem Schild Dr. Dreier, übernimmt den Beatmungsbeutel und der zweite Sani legt sofort einen Zugang. Ich rutsche weiter nach hinten und lehne mich gegen eine Wand. Meine Hände sind zittrig und momentan wohl nur noch aus Wackelpudding. Reanimationen sind echt anstrengend und kräftezehrend.
Susi kommt zu mir angekrochen: "Wow, ich hätte nicht gewusst, was ich machen soll!" Total erledigt schaue ich sie an: "Wäre schlecht, wenn ich es nicht gewusst hätte". Ich schließe für einen Moment meine Augen und versuche meine Atmung zu drosseln.
"Wir haben ihn!", gibt Dr. Dreier von sich, worauf die Retter den Typ für den Transport fertig machen.
"Bei Ihnen alles in Ordnung?", der Notarzt steht plötzlich vor mir und mustert mich kritisch. "Jaja, ein wenig tachykard, aber das legt sich gleich wieder! Hat er es erstmal geschafft?" "Ja, dank ihrer schnellen Hilfe. Wohl auch vom Fach?", grinst er mich an. "Genau. Rettungssanitäterin!", grinse ich zurück. "Guten Job gemacht. Wenn bei Ihnen soweit alles okay ist, würden wir die Herren jetzt weg chauffieren!"
"Jaja, sicher. Danke!"
"Josi?", höre ich irgendwoher meinen Namen. Fragend blicke ich mich um und einer der Sanis kommt auf mich zu. Es ist Florian. "Hey, mach hinne und bring die Burschen hier weg!", ordne ich spaßig an. "Ich hab das vorhin gar nicht kapiert, dass du das warst!" "Alles gut... los Abmarsch! Bei mir ist alles gut, verzieht euch!", lache ich ihn an und er eilt zurück zu seinen Kollegen.
"Ja, da drüben. Die zwei Frauen haben das übernommen", höre ich einen der Türsteher sagen, worauf zwei Polizisten auf uns zukommen und ich bete, dass ich keinen kenne! "Hallo, Moritz Breuer und Robin Sturm. Haben Sie hier einen Überblick über diese Situation?" "Hallo. Ja, wir haben Erste-Hilfe geleistet!", flüstere ich ihm entgegen, da ich immer noch total fertig bin. "Können Sie gleich mit auf die Wache oder sollen wir das auf morgen verlegen?", will der Blondschopf wissen.
Lass mich überlegen...Tom ist längst fertig mit seinem Dienst, falls die von der gleichen Wache kommen. Dann lieber heute als morgen.
"Können wir auch gleich, oder Susi? Mir ist die Partylaune vergangen", ich schaue sie erschöpft an und lege einen mahnenden Ausdruck in meinen Blick. "Ja, können wir machen!", lächelt sie mich wissend an.
Als ich wieder auf meinen Füßen stehe, kippe ich leicht gegen die Wand und ich bin froh, dass ich vorhin ohne Mühe funktioniert habe. "Gehts?", fragt mich Herr Sturm und bleibt kurz stehen, um sich zu vergewissern, ob man mich auch gleich vom Boden abkratzen muss. "Weis ich noch nicht", ich halte meinen immer stärker dröhnenden Kopf fest. "Hättest du mal was gegessen!", bekomme ich gleich von rechts reingedrückt. Ich äffe Susi nach, stoße mich von der Wand ab und laufe den Polizisten in Schlangenlinien hinterher. Der Alkohol drückt sich wieder durch und ich bekomme Laune: "Die Karawane zieht weiter, der Sultan hat durst...", trällere ich vor mich hin und Susi lacht sich halb schlapp.
Im Streifenwagen fallen uns auch noch eine Menge lustige Lieder ein, was die Polizisten nur mit dem Kopf schütteln lässt. An der Wache angekommen, falle ich dezent zur Türe des Streifenwagen heraus und Susi folgt mir unabsichtlich, ebenfalls auf den Boden. "Und Sie sind sich sicher, dass Sie vorhin eine Reanimation durchgeführt haben?", fragt Herr Breuer, während er eine nach der anderen vom Boden aufsammelt. Mein dämliches grinsen inklusive Kopfnicken scheint nicht allzusehr zu überzeugen.
In der Wache ist es jetzt wieder viel zu warm und mein Kopf samt Kreislauf fangen an zu rebellieren. "Jetzt setzen Sie sich mal hier auf den Stuhl und ich bringe mal eine Flasche Wasser!" Herr Breuer scheint nicht gerade die Nerven für zwei alkoholisierte Frauen zu haben, aber ersparen kann ich ihm das jetzt leider auch nicht. Mich überkommt eine Gänsehautwelle, danach wieder ein Lachflash und Susi kann sich auch nicht mehr halten und lacht Nonstop mit. Herr Breuer kommt mit zwei Gläsern und einer Flasche Wasser zurück und wir trinken brav ein paar Schlucke, da mir die blau Uniformierten nicht so aussehen, als wenn sie irgendetwas anderes dulden würden.
Irgendwie bekommen wir es auf die Reihe, den Hergang des Geschehen zu erläutern und die Herren Polizisten sind dann doch noch zufrieden.
"So, wir schauen mal, ob der Herr Kollege noch da ist, dann kann der sie nach Hause bringen!", sagt Herr Sturm. "Ich geh kurz Stephan suchen", erhebt sich Herr Breuer und bei mir klingeln alle Alarmglocken: "Nein, nein! Wir kommen schon nach Hause! Keine Umstände wegen uns!" "In diesem Zustand lassen wir Sie sicherlich nicht alleine in der Gegend herumlaufen!" Herr Breuer setzt seinen Weg fort. "Ich ruf meinen Freund an, der holt uns. Danke. Alles gut!", rede ich einfach, ohne nachzudenken. "Frau Mayer...Wo genau liegt das Problem? Der Kollege bringt sie sicher nach Hause!" Herr Sturm versteht die Welt nicht mehr.
Irgendwas bescheuertes muss mir jetzt einfallen.
"Also wissen Sie, ich habe ein starkes Problem mit Menschen, die Stephan heißen!" Ich versuche, ein zutiefst deprimiertes Gesicht zu ziehen. "Moritz, dann frag Paul!" "Ooooh Paul ist auch ganz schlecht. Ganz fies war mein Ex-Freund namens Paul damals! Das kann ich nicht verkraften!", jammere ich auf höchstem Niveau und verunsichere die Ordnungshüter damit ein klein wenig. Susi legt ihren Kopf auf ihre verschränkten Arme, auf dem Tisch, und ich sehe seitlich ihre Mundwinkel zucken. "Sehen Sie! Ihr geht das auch noch ganz nahe!" Die Polizisten stehen verwirrt vor uns und wissen gerade wohl nicht, was sie sagen sollen. Es dauert einen Moment, bis sich die Herrschaften wieder gesammelt haben. "Dann mach ich das eben. Oder gibt es auch noch einen Robin aus ihrem vergangenen Leben?", fragt Herr Sturm leicht überfordert. "Ne, Robin ist gut!", ich muss schon selber lachen und Susi bebt vor sich hin, da sie versucht sich das Lachen zu verkneifen.
Herr Sturm wirft mir seine Jacke drüber und Susi bekommt die von Herr Breuer. Wir laufen aus der Polizeiwache raus und setzen uns wieder in den Streifenwagen. "Also, wohin müssen wir?", will Robin wissen und wirft einen Blick in den Rückspiegel. "Können Sie uns vor diesem Club wieder rauslassen?", frage ich. "Es wäre besser, wenn sie jetzt nach Hause gehen würden!" "Ja, aber ich muss zum Club zurück, um den Weg zu finden. Ich sollte mir die scheiß Hotelnamen aufschreiben!", muss ich nachdenklich feststellen. "Vielleicht weiß ihre Freundin, wohin wir müssen?" "Nein, weiß sie nicht", lache ich. "Weiß sie tatsächlich nicht", lacht auch Susi.
Genervt atmet der nette Polizist aus und fährt wieder Richtung Club. Wir unterhalten uns auf der Rückbank und Susi sagt ohne Nachzudenken: "Wenn Tom jetzt da gewesen wäre, hätte er dir die Ohren lang gezogen. Hahahaha". "SUSI!", blaffe ich sie an, obwohl ich nicht weis ob er auf dieser Wache arbeitet. "Tom? Tom Mayer?", bekomme ich einen fragenden Blick durch den Rückspiegel geworfen. "Neeee. Kenn ich nicht!", wehre ich sofort ab. "Heißen Sie nicht auch Mayer?" "Allerweltsname oder?!" "Ja gut! Stimmt allerdings!"
Nochmal Schwein gehabt, Mensch...
Neben dem Club gibt es ein Hotel und wir lügen Herrn Sturm an, dass wir dort wohnen würden. Nicht, dass der noch auf die Idee kommt, Tom doch noch anzurufen. Falls er es morgen vielleicht doch macht, weiß er zumindest nicht, in welchem Hotel wir wirklich sind.
Als wir ausgestiegen sind, wartet Robin tatsächlich, bis wir im Hotel verschwunden sind, und fährt dann erst los. Nachdem die Luft rein ist, laufen wir wieder aus dem Hotel raus und suchen unser richtiges Hotel.
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