(54) Ab ins Bett!
"Wieviel Uhr haben wir es eigentlich?", ich habe absolut kein Zeitgefühl und drehe mich zu Tom, der einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr wirft: "Kurz nach halb vier." "Hä? Warum kommt ihr zu so einer komischen Uhrzeit nach Hause?" "Wir hätten eigentlich um zwei Uhr Feierabend gehabt, aber dank einem Einsatz, durften wir ein paar Überstunden schieben", schulterzuckend fährt sich Stephan durch die Haare und setzt sich neben Susi aufs Sofa, um das Chaos zu betrachten.
Gott sei Dank waren wir nicht in irgendeinem Club unterwegs. Wie bin ich denn bitteschön darauf gekommen, dass die beiden erst um sechs Uhr Feierabend haben? Danke! Danke!
"Da könnt ihr noch Pizza essen, wir haben extra mehr bestellt, damit ihr auch noch was essen könnt", ich deute mit meinem Finger auf die Pizzaschachtel, womit ich den Männern ein fettes Grinsen auf die Lippen zaubere. Die beiden schnappen sich die Schachtel und verschwinden in der Küche.
Ich stehe endlich mal vom Boden auf und versuche grob, die Sauerei im Wohnzimmer in den Griff zu bekommen. Susi sitzt wie versteinert auf dem Sofa: "Josiiii...jetzt sieht Phil, dass ich seine Klamotten an habe. Das ist so peinlich! Ich muss gehen, bevor er zurückkommt. Ich kann dem doch nie wieder in die Augen schauen!"
Irgendwie tut sie mir leid. Das ist wirklich absolut peinlich. Da ist der kleine Polizeieinsatz, aufgrund der Panik durch einen Horrorfilm und die zusätzliche Verwüstung der Wohnung, ein Scheiß dagegen. Obwohl ich mir das bestimmt auch wochenlang anhören darf.
"Ach quatsch! Vielleicht fällt ihm das auch gar nicht auf....und wenn, fühlt er sich bestimmt geehrt. Ich denke das ganze drumherum bietet genug Ablenkung!", vollgepackt mit den ganzen Gläsern und ein paar angefressenen Schlecktüten, laufe ich in die Küche. "Was machst du denn?" Stephan wärmt sich gerade die zweite Runde Pizza auf, während ich den ganzen Krempel zwischen meinen Armen auf der Arbeitsfläche ablege.
"Schadensbegrenzung. Wir wollten eigentlich vorher schon aufräumen, aber das hat anscheinend nicht so gut geklappt." Die Gläser landen in der Spülmaschine und als ich die Süßkram-Tüten in den Schrank packen will, fallen mir drei von sieben Tüten aus der Hand. Die kompletten Maoam-Kracher rollen über den Küchenboden und liefern sich mit den Skittlets ein heißes Kopf an Kopf rennen. Ich lehne genervt meine Stirn an den Hängeschrank vor mir: "Ich hasse mein Leben!" "Schwesterherz, mach das doch morgen, beispielsweise später. Ich denke, das bringt heute nicht mehr viel!", irgendwie habe ich den Eindruck, dass mein Bruder nachts viel chilliger drauf ist als tagsüber. "Nachdem ich diese Katastrophe beseitigt habe, überlege ich es mir!", während ich einen Besen hole, kommt Susi schon mit der nächsten Ladung angerannt. Keine Ahnung, ob ich erwähnen muss, dass Kellertüren und vollbeladene Susis sich nicht so gut vertragen... aber, ja.. Ich sehe nur noch die zwei Sektflaschen auf dem Boden zerschellen, während die Schokoladentafeln und die Kaubonbons einfach nur ganz ruhig auf dem Boden liegen und keinen Terror veranstalten. Bei dem Glück, das wir heute haben, könnte ich mir allerdings vorstellen, dass die Schokoladentafel explodiert und die Bruchstücke wie Granatsplitter durch den Raum fetzen. Es bleibt allerdings ausschließlich bei dem Kopfkino, worüber ich sehr dankbar bin.
"Alles okay, Susi? Sorry, hab dich nicht gesehen!", mein entschuldigender Gesichtsausdruck lässt sie versöhnlich lächeln: "Nichts passiert! Alles in Butter! Außer, dass wir eher nur das Chaos vom Wohnzimmer in die Küche verlegt haben." "Ihr bleibt jetzt beide an Ort und Stelle stehen. Keine bewegt sich!" Tom hat glücklicherweise noch seine Schuhe an, kommt auf mich zugelaufen und nimmt mir den Besen ab. In einem pizzakauenden Team, beseitigen die zwei Männer das Scherben-/Süßkramgemisch vom Boden und nehmen uns einiges an Arbeit ab. "Ihr geht jetzt ins Bett und zwar ohne Widerrede. Den Rest macht ihr einfach morgen!" Tom läuft auf mich zu, hebt mich in die Lüfte und lässt mich erst wieder im Flur ab. Stephan tut es ihm, mit Susi, gleich. "Morgen müssen wir erst saugen, wegen den Glasscherben. Nicht dass ihr mit euren nackten Füßen Magnet spielt und jetzt abmarsch!" Tom macht eine ausladende Geste mit der Hand und gesellt sich wieder zu Stephan in die Küche.
Susi und ich laufen völlig fertig die Treppen hoch, betreten mein Zimmer und schmeißen uns direkt ins Bett. Wir schaffen es nicht einmal mehr, uns eine gute Nacht zu wünschen, sondern driften nahtlos in einen ruhigen Schlaf über.
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Ein nervtötendes Geräusch, das dem eines Staubsaugers gleicht, reißt uns aus dem Schlaf. "Was ist das?" Susis Stimme wird durch das Kopfkissen gedämpft und dringt nur sehr leise an mein Ohr. "Keine Ahnung. Vielleicht hat das Universum einen alles vernichtenden Strudel gebildet, der die untere Etage gerade ins Verderben zieht." Eine bessere Erklärung fällt mir momentan nicht ein. Susi hebt ihren Kopf an, mustert mich kritisch und lächelt kurz darauf: "Wäre vielleicht gar nicht so übel, wenn ich an die letzte Nacht denke!"
"Wir ignorieren heute einfach unsere Handys und gehen der Konfrontation aus dem Weg. Das wird die beste Lösung sein!", ich richte mich langsam auf und reibe mir ordentlich durch mein Gesicht. "Ja klar. Dein Alex lässt sich nicht so einfach abschütteln und du kannst eh nicht wiedersehen, wenn sein Name auf dem Display erscheint!" Susi richtet sich ebenfalls auf und streckt mir die Zunge raus. "Ich kann es zumindest versuchen, okay. Ich gebe mir Mühe. Komm, lass uns runter gehen. Wir müssen noch die Bude aufräumen". Wir klettern aus dem Bett, schnappen uns frische Klamotten und laufen nach unten. Ich überlasse Susi den Vortritt ins Bad und lege dort nur kurz meine Klamotten ab, um danach in der Küche auf Tom zu treffen.
Hat er unsere Verwüstung beseitigt?
"Guten Morgen! Na, habt ihr gut geschlafen?" Tom stellt mir direkt eine Tasse Kaffee vor die Nase und streicht mir über den Kopf. "Ja, danke. Warum bist du schon so früh wach?", nach einem Blick auf die Uhr muss ich feststellen, dass es gar nicht mehr so früh ist. "Es ist elf Uhr. Mit Früh hat das nichts zu tun." "Naja, wenn man bedenkt, dass ihr Nachtschicht hattet, dann schon!", ich flöße mir den ersten Schluck heißen Kaffee ein und spüre förmlich, wie das Coffein seinen Weg in meinen Kopf bahnt. "Hast du etwa unsere Sauerei beseitigt?" "Ja. Hatte zu viel Zeit und dachte mir, dass ihr heute noch genug leiden müsst", sein amüsiertes Grinsen deutet mir schon unsere bevorstehende Demütigung an.
Mein Kopf lehnt sich seitlich an seinen Oberarm: "Danke! Das ist echt lieb von dir. Du solltest Alex bescheid sagen, dass mein Handy kaputt ist und ich mich leider nicht mehr melden kann. Susis Handy ist ebenfalls kaputt. Für immer." "Kein Problem. Ach komm, so schlimm wird es schon nicht werden. Wenn du nicht erreichbar bist, wird er durchdrehen und sich den ganzen Tag nur Sorgen machen!" Tom legt seinen Kopf auf meinem ab und für ein paar Minuten genieße ich den Frieden zwischen uns. "Du kannst ihm doch ein stündliches Update schicken, damit er beruhigt ist. Ich kann das Susi nicht antun!” "Warum? Weil sie Phil's Klamotten anhatte? Hahaha. Ist doch süß und glaub mir, er ist nicht sauer!" "Es geht ja nicht darum, ob er sauer ist... Das ist einfach peinlich...Das hätte er nie erfahren sollen. Aber mein geliebter Bruder muss uns total ausliefern und blamieren", ich ziehe meinen Kopf wieder zurück um in meinen Schmoll-Modus zurück zu kehren, aber Tom legt einen Arm um meine Schulter und zieht mich fest an sich ran: "Phil schmeichelt es eher, da er von deiner Freundin nicht wirklich abgeneigt ist. Das war also vielleicht sogar ein bisschen förderlich und hat für einen Schubs in die richtige Richtung gesorgt und der Rest, bezüglich des Chaos, ist nichts überraschendes und hat jeder erwartet. Aber die Tatsache, dass ihr wirklich zuhause geblieben seid, macht doch alles wieder wett."
"Morgen!" Stephan betritt die Küche und scheint vor Energie zu strotzen. Keine Ahnung, wie man sowas zustande bringt, das wird mir auf alle Ewigkeit ein Rätsel bleiben. "Morgen!", ertönt es von Tom und mir, während wir weiter an unserer Kaffeetasse nippen. "Was treibt ihr heute Josi?" Stephan setzt sich gegenüber von mir an den Tisch und scheint auf eine Antwort zu warten.
Außer Alex und Phil zu ignorieren, haben wir uns heute noch nichts vorgenommen.
"Keine Ahnung. Entscheiden wir spontan. Wann müsst ihr wieder arbeiten?", eigentlich wäre es mir wirklich recht, wenn die beiden heute Abend anwesend sind. "Gleich wie gestern und morgen dann frei. Aber gleich im Voraus: Heute gibt es keine Horrorfilme, okay?", sein kehliges Auflachen lässt mich nur meine Augen verdrehen. "Danke, das hätten wir uns heute auch ohne deinen Hinweis nicht angetan", ich trinke den restlichen Schluck meines Kaffees, stelle die Tasse in die Spüle und begebe mich ins Wohnzimmer.
Von der Verwüstung gestern ist nichts mehr zu erahnen. Tom hat wirklich alles sauber gemacht, worüber ich sehr dankbar bin.
Ich schnappe mir mein Handy und schalte es an, während ich mich auf das Sofa fallen lasse. WhatsApp zeigt mir einige Nachrichten von Alex, Franco und Phil an. Einen kurzen Augenblick verspüre ich den Drang, die Nachrichten einfach zu öffnen, lasse es aber dann doch sein. Momentan bin ich nicht in der Stimmung mich mit der belustigten Meute auseinander zu setzen.
"Bad ist frei, du kannst, wenn du willst!" Susi schmeißt sich neben mich aufs Sofa, während sich ihr Blick kritisch auf mein Handy legt. "Was machen wir denn heute? Ich will irgendwas unternehmen. Wir können heute nicht wieder den ganzen Tag lang zuhause rum klemmen!", in Susis Gesichtsausdruck finde ich Zustimmung und mir fällt auch sofort was ein. "Sollen wir zum Escher See und heute Abend vielleicht ins Kino?", mein Vorschlag trifft auf Zustimmung.
"Du musst mir aber einen Bikini leihen. Sowas hab ich nicht eingepackt!" ich nicke ihr zu und will gerade das Wohnzimmer verlassen, da kommt auch schon Tom mit seinem Handy in der Hand hineingelaufen: "Hier! Dein Freund würde gerne deine Stimme hören und kann dich aus unerklärlichen Gründen nicht erreichen. Erschrick nicht, ist ein Videoanruf!" Susi und mir entgleisen die Gesichtszüge und am liebsten würden wir Reißaus nehmen. Leider müssen wir uns eh irgendwann stellen und somit ergebe ich mich und nehme das Handy an.
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