Kapitel 5
Der nächste Morgen oder eher gesagt Mittag verlief so ähnlich, wie der Gestrige. Ich war einfach total müde und er wieder voller Energie. Auch der Tag im Restaurant war heute sehr angenehm. Hoseok redete, wie immer viel, während ich ihm nur zu hörte, aber nichts sagte, Gäste waren nicht zu viel und nicht zu wenig da. Also sehr angenehm meiner Meinung nach. Während ich gerade dabei war das Essen vorzubereiten, klingelte mein Handy. Ich angelte aus meiner Hosentasche und schaute nach wer es war. Es war meine Schwester. "Hoseok, schaffst du es für fünf Minuten hier alles alleine zu regeln? Ich müsste dringend telefonieren", fragte ich. Er nickte nur und lächelte mir zu. Irgendwie erinnerte mich dein Lächeln an ein Pferd. Ich huschte schnell nach draußen hinter das Restaurant und rief meine Schwester zurück. "Hallo", meldete sie sich. "Hanna, warum hast du angerufen?" "Darf ich nicht mal fragen, wie es meinem großen Bruder geht?", fragte sie gespielt entäuscht. Ich liebte sie für so etwas. Sie war irgendwie durchgehend gut gelaunt. "Doch klar. Also mir geht es soweit gut und dir?" Ich wusste, dass diese Frage eigentlich überflüssig war. "Wie immer gut. Und hast du dich schon gut eingelebt?" "Ja, es zwar noch etwas ungewohnt, aber es passt schon", sagte ich. "Und dein neuer Job? Wie läuft es da so?" Ja, wie lief es in meinem Job so? Genau beantworten konnte ich es nicht. "Also mein Chef und die Mitarbeiter scheinen echt nett zu sein, aber sie gehen mir tierisch auf die Nerven, so wie eigentlich jeder Mensch außer du." Sie kannte meine Einstellung zu Menschen, nur wusste sie nicht warum ich diese hatte. Sie hatte schon oft gefragt, aber ich hatte immer abgeblockt. Sie sollte nicht auch noch mit in die Scheiße reingezogen werden. "Jin, wie oft denn noch? Gib den Menschen eine Chance. Es sind nicht alle gemein und böse. Es gibt viele Menschen, die nett und liebevoll sind. Du willst doch auch mal geliebt werden, oder?" Nein, ich brauchte so etwas, wie liebe, nicht. Sie verletzt einen eh nur. Sie verstand es einfach nicht. "Hanna, wie oft denn noch? Ich brauche Liebe nicht! Liebe ist scheiße und überflüssig!" Ich wurde ungewollt lauter. Vom anderen Ende vernahm ich nur ein Seufzten und dann hatte sie aufgelegt. So endeten meistens unsere Gespräche. Aber was Schnitt sie auch immer wieder dieses Thema an? Ich ging wieder zurück in die Küche zu Hoseok und arbeitet einfach weiter. Es kam selten vor, dass ich auf meine Schwester sauer war, aber gerade war ich es. Sie akzeptierte diese eine Eigenschaft an mir einfach nicht. Ich bin eben das komplette Gegenteil von ihr.
"Jin, soll ich dich mit nach Hause nehmen?", fragte mich Namjoon wieder. Ich schüttelte den Kopf und ging. "Was ist los?" Warum konnten Menschen einen nicht einfach in Ruhe lassen?! Gerade wenn sie schlechte Laune hatten! "Namjoon, lass mich einfach in Ruhe! Deine scheiß freundliche Art kotz mich sowas von an! Kannst du nicht auch einmal unhöflich sein?", platzte es ungewollt aus mir heraus. Bei ihm tat es mir leid. Normalerweise wäre es mir egal, aber gerade merkte ich, dass Namjoon einer der wenigen Menschen war, die ich schon zu nah an mich ran gelassen habe. Obwohl wir nicht viel von einander wussten, war er mir irgendwie schon sympathisch. Nur seine freundliche Art und Weise nervte richtig. Namjoon stand dort immer noch und sagte immer noch nichts. Da ich heute schon Stress mit meiner Schwester bekommen habe, wollte ich nicht noch mehr schlechtem Gewissen nach Hause gehen. "Tut mir leid." Namjoons Blick richtete sich von dem Boden auf mich. Er schaute mir wieder in die Augen. Er schaute in meinen Schwachpunkt. Seine Augen waren die schönsten, die ich je gesehen habe. Wir standen dort und schauten uns einfach an bis er etwas tat was mich sehr überforderte. Er nahm mich in den Arm. Mir gefiel das gar nicht so gut. Ich mochte es nicht, wenn man mich anfasst. Ich wehrte mich, doch er war stark, wo ich im Leben nicht mit gerechnet hätte. Ich meine, ich wusste, dass er stark genug war um mich zu tragen, aber gerade hatte ich das Gefühl gegen Stahlseile an zu kämpfen. Also ließ ich es über mich ergehen. Ich stand dort, doch Namjoon wollte mich einfach nicht los lassen. Immer mehr bekam ich das Bedürfnis ihn ebenfalls zu umarmen. Ich kämpfte mit mir selber bis ich schließlich auch nach gab und die Umarmung erwiederte. Ich spürte, wie er anfing zu lächeln.
"Ich dachte du hasst mich?", fragte er nach einer Weile. Wie kommt er den darauf? Das habe ich nie gesagt. "Du solltest nicht so rum brüllen, wenn du telefonierst." Sofort löste ich mich von ihm. "Hast du etwa gelauscht?", fragte ich ihn und versuchte böse zu gucken. Namjoon fing an zu lachen. Warum lacht der Typ jetzt? "Sorry, aber ich kann dich gerade nicht ernst nehmen. Du bist viel zu knuffig, wenn du versuchst böse zu gucken." Knuffig, sein ernst? Ich bin alles anderes als knuffig. Der kriegt gleich knuffig auf's Maul. Ich ging auf ihn zu und versuchte ihn einzuschüchtern, doch er lachte immer mehr. Er ging mir gerade so auf die Eier. Ich holte aus und wollte ihm eine Schlag ins Gesicht verpassen, doch er hatte etwas dagegen. Er hielt meinen Arm fest. "Geht man so mit seinem Chef um?", fragte er nun ernst. Ach jetzt nutzt er seinen Chefbonus? Eigentlich hatte ja recht, aber ich ließ nicht so mit mir umgehen. "Provoziert man seine Angestellten ohne Grund?" Jetzt war er still. "Tut mir leid." Mit diesen Worten hatte ich gerade am wenigsten gerechnet. Er sagte sie so reuevoll, dabei hatte er doch gar nicht so erwas schlimmes gemacht. Er hat es schon wieder geschafft mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Verlegen sah ich auf meine Füße. "Dir brauch nichts leid zu tun. Ich hätte mehr Respekt haben sollen." Er nahm mein Gesicht in seine Hände. Schon wieder fasste er mich an, aber dieses mal hatte ich gar kein Problem damit. "Wir beide sind schuld, okay?" Ich nickte. Danach passierte nichts mehr. Also drehte ich mich um und wollte gehen. Ich wollte einfach nur noch ins Bett und schlafen. Einfach meine Ruhe haben. Aber es war dunkel und unheimlich. Es läuft immer noch ein Verrückter rum, der es auf mich abgesehen hat. Da war ich mir sicher. "Jin, soll ich dich nicht lieber fahren?" Ich drehte mich zu ihm und schüttelte den Kopf. "Du hast Angst." Woher wusste er immer, wie ich mich fühlte? Es regte mich sowas von auf. Er war der Einzige, der es immer wusste. Ließ meinen Kopf sinken und nickte. Es war mir so peinlich. "Komm ich bring dich nach Hause." Er nahm meine Hand, doch ich wollte nicht ins Auto steigen. Ich wollte laufen. Ich hatte so ein Gefühl, dass wir lieber laufen sollten und auf meinen Instinkt konnte ich mich echt verlassen. "Namjoon, können wir bitte laufen?" Ich sah ihn bittend an. Er wieder um sah mich skeptisch an. "Aber wie soll ich denn nach Hause kommen?", fragte er. "Als ob es schlimm wäre eine Nacht bei mir zu schlafen. Wäre ja nicht das erste Mal." Somit hatte ich ihn umgestimmt. Wir gingen. Währenddessen ließ er die ganze Zeit meine Hand nicht los, was mich verwirrte, aber sich auch schön anfühlte. Es war still und ich genoss es einfach. Kurz bevor wir bei mir waren, stellte er sich plötzlich in den Weg. "Jin, ich möchte das du weißt, dass ich immer für dich da sein werde und dass du dich auf mich verlassen kannst. Ich mag dich nämlich." Er mag mich. Noch nie hatte jemand Fremdes zu mir gesagt, dass er mich mag. Ich war gerade so glücklich. Ich war so glücklich, das ich sogar Freudentränen weinte. Namjoon strich sie mir weg. Er war einfach ein viel zu guter Mensch. Ich hatte einen Menschen gefunden, bei dem ich Ich sein kann und bei dem ich schwach sein durfte. Ich hatte einen Menschen gefunden der mich mochte.
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