Kapitel 31
"Ich hätte nicht gedacht, dass du das wirklich durchziehst." Kaoly sah mich an und wendete sich dann wieder an seine Freundin.
"Sie hat nun mal eben Stolz. Und sie wird sehr wahrscheinlich nur schwer einsehen, wie fatal ihr Stolz ist, zumal es sie angreifbar und verletzlich macht. Selbst wenn sie das nicht einsehen will."
"Wieso auch? Wieso sollte ich irgendwas einsehen?", gab ich zurück.
"Alles ist gut. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Alles wird gut, nur keine Probleme."
"Jetzt mal ernsthaft. Ein bisschen gesunder Menschenverstand kann doch nicht schaden?"
"Nur, dass du lieber etwas vollkommen abwegiges machst, als einzusehen, wie schwachsinnig das alles ist."
"Also mir geht es gut", mischte ich Sayla ein und die anderen verstummten alle. Ihr schwarzer Haar war immer noch gelockt. Sie lächelte und sah mich dann an. "Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen. Mir geht es geht. Er hat recht, alles ist gut." Dann sah sie zu Ley und Lyra hinüber. "Falls wir uns noch nicht vorgestellt haben, ich bin Saylen, auch genannt Sayla oder Sayl. Ich habe einen Bruder und von den hier versammelten kenne ich wohl Kaoly am besten."
"Hi Sayl, also ich bin Ley, eigentlich Cathley, werde aber von Lal Ley oder Leya genannt." Ley zeigte auf sich und dann auf Lyra. "Und das ist Lyra. Amelios Schwester."
"Auch Tag, freut mich dich kennen zu lernen."
"Es freut mich auch sehr, euch alle kennen zu lernen. Ihr seid bestimmt toll." Bei diesen Worten sah sie sich suchend um.
"Ist dein Bruder nicht da?", erkundigte sich Kaoly nun und sah sich ebenfalls um.
"Er meinte, er wolle nachkommen, sobald es ihm ermöglicht. Also wahrscheinlich gar nicht. Kaen ist noch da. Also bei ihm, zumindest wollten sie was zusammen machen." Sie hielt kurz inne und bedachte uns dann alle mit einem Blick.
"Kaen? Bin ich dann immer noch Ky? Fällt euch denn wirklich nichts besseres ein?" Kaoly verzog das Gesicht, so als bereite es ihm unheimliche Schmerzen.
"Frag Ayo doch selbst."
"Okay. Warum macht ihr das eigentlich? Also das mit den Anfangs- und Endungsbuchstaben?"
"Weil es lustig ist. Falls jemand fragt, Kaen heißt eigentlich Kerin. Keine Ahnung, wann er Ayo begegnet ist, aber die beiden verstehen sich recht gut." Sayla seufzte.
"Kerin?" Lyra sah fassungslos aus. Den Namen sprach sie ungläubig aus, so als könne sie nicht fassen, was gerade vor sich ging. Auch ich dachte angestrengt nach. Zwar sagte mir Kerin was, dennoch konnte ich mit Ayo niemanden direkt in Verbindung bringen.
"Vielleicht redet sie auch von jemand anderen", meinte ich an Lyra gewandt.
"Kerin? Er heißt Kerin? Und Lal, ich kenne nur einen Kerin auf der ganzen Welt."
"Als ob du die ganze Welt kennen würdest." Ich schnaubte.
Im nächsten Moment hörten wir ein Geräusch. Eine Schale flog klappernd zu Boden und der Inhalt verteilte sich, während fast die gesamte Menschenmenge auf den Eingang starrte.
"Ja, Kerin", erwiderte Seyla, "dachte ich mir doch schon, dass er euch was sagt." Mit diesen Worten ließ sie uns allein und ging auf den Eingang zu. Dort standen zwei Jungen. Das ganze an sich war ja kein Thema, aber während der eine über die Menge blickte und erfreut lächelte, als er Sayla bemerkte, kam der andere mir verdächtigt bekannt vor. Und nicht nur mir.
Neben mir keuchte Lyra auf. "Das ist unmöglich. Das kann nicht sein."
Ein Junge ganz in unserer Nähe sah sie an und nickte nur. Sein Blick galt aber ansonsten nur dem, was sich uns bot.
"Woher kennen ihn alle?", fragte ich flüsternd und Ley sagte: "Das müssen sie nicht. Aber ich nehme an, es kommt nicht alle Tage vor." Was genau sie damit meinte, war mir nicht klar.
Als Sayla sich mit den anderen beiden zu uns gesellte, war wieder Ruhe eingekehrt, auch wenn wegen der geltenden Dunkelheit kaum mehr was zu sehen war.
Dennoch hatte man, als die beiden gekommen waren, immer noch genug erkennen können. Zumal der Eingang beleuchtet gewesen war.
Nachdenklich betrachtete ich Kerin. Ganz im Ernst, ich dachte, er hätte eine Freundin. Nicht, dass ich was dagegen hätte, wenn es anders wäre. Es ist einfach nur so perplex. Sein Kleidungstil war immer noch recht ähnlich dem, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Ich glaube, dass was so für Aufmerksamkeit gesorgt hatte, war, wie sie zu einander standen. In dem Moment, in dem die Schüssel auf den Boden gefallen waren, war alle Aufmerksamkeit nacheinander auf sie gelenkt worden. In dem Moment, in dem ich sie erblickte, traten sie hastig auseinander, so als hätte man sie bei irgendwas gestört.
Kerin schien meinen Blick gespürt zu haben, denn nun sah er mich herausfordernd an.
"Falls du fragst, die kennen mich, weil sie Geschenke mögen, nicht wegen irgendwas anderen. Ewig nicht gesehen", kommentierte Kerin nur so am Rande.
"Geschenke?"
"Weißt du, sie mögen Überraschungen und ich weiß, wie man für welche sorgt. So ticken die Menschen. Mach genau das Gegenteil von dem, was sie denken, dass du es tun würdest. Das bringt sie aus dem Konzept und kann recht amüsant werden."
"Eine Frage, wenn ich sie dir so stellen darf. Deswegen? Wolltest du deswegen diesen einen Film machen?"
"Ich habe Ayo erst später kennengelernt", erwiderte er.
"Warum wolltest du nicht, dass Lyra und uns begegnen, nachdem du so lange auf diese eine Szene behaart hast?"
"Man kann Leute nicht zu etwas zwingen, was wider ihrer Natur ist. Manchmal brauchen Leute eben etwas Abstand. Du hast nie so empfunden wie sie und das ist okay. Ich wollte nur nicht, dass ihr euch streitet, zumal sie so aufgebracht und durcheinander war."
"Lyra sagte, du wolltest ohne mich nicht weiterdrehen. Wieso? Wieso in..."
"Das ist komplizierter, als es vielleicht aussieht. Nachdem das mit Lyra passiert ist, habe ich Ayo kennengelernt, ich habe eingesehen, dass es nichts bringt, Leute dazu zu bringen, etwas zu tun, was sie nicht tun wollen. Und falls du fragst, du brauchst keine Scheu davor zu haben, Fragen zu stellen. Ich bin auch nicht beleidigt, wenn du etwas brauchst, um das alles verarbeiten zu können. In der Regel bringe ich ihnen etwas mit. Auch wenn ich erst fünfmal hier war. Also so als Geschenk. Die meisten freuen sich über Szenen. Ausschnitte, Filmausschnitte, nicht, dass wir uns Missverstehen. Es ist einfach so. Apropos, ich habe schon gehört, dass ihr hier seid. Und zum Thema nicht zu Ende drehen, kein Problem, hier hab ich was für euch. Also für dich und Lyra. Ayo hat es fertig gemacht, also falls du Probleme hast, melde dich bei ihm."
Er reichte erst mir etwas und stand dann auf und Lyra ebenfalls was zu überreichen.
Als ich es aufmachte, war ich im ersten Moment wie erstarrt. So viel zum Thema Film. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
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